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erschallte, und bezog nach Eintritt der Dunkelheit beim Dorfe Leuilly das Biwak.

Tags darauf veränderten die Truppen ihre Stellungen etwas, da Feldmarschall Blücher beschlossen hatte, bei Laon eine Schlacht gegen Napoleon anzunehmen, und das Yorcksche Korps nahm sein Lager zwischen dem Dorfe Chambry und der Vorstadt Vauxe. 12 000 Paar Schuhe, welche Oberst v. Lobenthal mit jenem Transport mitgebracht hatte, kamen hier zur Vertheilung, eine wahre Wohlthat, da der Mangel an Fußbekleidung bei der Infanterie am fühlbarsten war.

Eine Schlacht stand nun in sicherer Aussicht, denn es wurde bekannt, daß das Geschützfeuer, welches man am 7. gehört, von einem Treffen herrührte, welches Napoleon den russischen Korps von Sacken und Woronzoff bei Craonne geliefert hatte. Die Größe der Verluste 4000 Russen und 8000 Franzosen -bewiesen, wie andauernd und blutig gekämpft worden war, aber auch, wie heiß Napoleon danach strebte, der Blücherschen Armee, als seinem gefährlichsten Gegner, eine Niederlage beizubringen.

Schlacht bei Laon.

9. und 10. März 1814.

100 000 Preußen und Russen standen jezt hier in einer guten Stellung vereinigt, etwa 50 000 Mann konnte Napoleon nur gegen sie zur Schlacht führen, es war also alle Hoffnung zu einem glänzenden Siege vorhanden. Leider jedoch war das Haupt des Heeres, der alte Blücher, erkrankt; ein Augenübel nöthigte ihn, das Zimmer zu hüten, und so gingen sein scharfer Blick, seine Thatkraft und vor Allem seine entscheidende Stimme der Armee in diesem Augenblick verloren.

Schon vor Tagesanbruch griff der Feind das von Truppen des Bülowschen Korps besetzte Dorf Semilly an, und das Gewehrfeuer rief die verbündete Armee in Schlachtordnung. Auf dem rechten Flügel bei Clacy stellten sich die Russen unter Winzingerode auf; General v. Bülow besetzte die auf einem 100 m über der Ebene aufsteigenden Berge gelegene Stadt Laon mit dem Vorgelände, und auf dem linken Flügel bei Athies marschirten die Korps von Kleist und Yorck auf. In Reserve blieben die russischen Korps von Langeron und Woronzoff.

Die Nacht war kalt gewesen und der Boden ziemlich fest gefroren. Gegen 6 Uhr morgens, nachdem ein kurzes Gebet gehalten worden, rückte die Division Prinz Wilhelm in ihre Aufstellung bei der Meierei Manousse, ins erste Treffen, Dorf Athies vor der Front. Bon Laon her tönte heftiger Kanonendonner - Napoleon griff dort die Korps von Bülow und Winzingerode an, aber bei Athies zeigte sich kein Feind, und in gespannter Erwartung standen hier die Truppen, auf den Schall des Feuers horchend, da ein dichter Nebel jede Fernsicht verwehrte.

Erst um 11 Uhr lichtete sich derselbe, und gegen 2 Uhr lief die Meldung ein, daß feindliche Kolonnen auf der Rheimser Straße im Anrücken gegen den linken Flügel begriffen seien. Es war das etwa 16 000 Mann starke Korps des Marschalls Marmont, des alten Gegners von Möckern, welches hier erschien, um 4 Uhr das schwach bejezte Athies angriff, sich desselben größtentheils bemächtigte und dann 50 Geschüße in Thätigkeit setzte. Kräftig antworteten die preußischen Kanonen, und das Füsilier-Bataillon Borcke besetzte die auf dem linken Flügel der Division gelegene Ferme Manousse zur Deckung zweier dabei aufgefahrenen 12pfündigen Batterien.

So dauerten der Geschützkampf und das Schüßengefecht bei Athies bis gegen Abend, ohne daß die Infanterie viel Verluste zu beklagen hatte; vom Regiment verlor z. B. das kombinirte MusketierBataillon hierbei nur einen Mann, wozu der Eifer einiger Offiziere die Veranlassung gab. Dieselben gingen nämlich auf die Höhe, binter welcher das Bataillon gedeckt stand, um den Aufmarsch der Franzosen zu sehen. Kaum dort angelangt, bemerkte sie Major v. Othegraven und rief: „Meine Herren, gehen Sie sogleich zu Ihren Zügen! Sie verrathen durch Ihr Besteigen der Höhe unsere Stellung!" Schnell gehorchten die Offiziere, aber gleich, nachdem sie umgedreht waren, sauste eine Kanonenkugel über ihre Köpfe hinweg, schlug in das Bataillon und riß einen Musketier nieder.

Die Dunkelheit war bereits hereingebrochen, die Franzosen hatten sich eben auch der letzten Häuser von Athies bemächtigt, als ganz unerwartet dem Prinzen Wilhelm der Befehl zum Angriff zuging. General Yorck hatte die Ueberzeugung gewonnen, daß ihm nur das schwache Marmontsche Korps gegenüberstehe, und sich mit dem General Kleist über eine nächtliche Attacke verständigt, die von Blücher gutgeheißen wurde. Prinz Wilhelm sollte mit seiner Division Athies selbst angreifen, rechts von ihm General Horn

vorgehen, andere Truppen Infanterie und Reiterei wurden in Flanke und Rücken des Feindes angesetzt. „Das Vorrücken ge= schieht in geschlossenen Kolonnen und mit lautloser Stille, bis man an den Feind kommt. Es fällt kein Schuß, es wird nur mit dem Bajonett angegriffen." „Gott" hieß die Parole, „Friedrich" die Losung. In tiefster Stille, nur unterbrochen durch den dumpfen Schall der in Sturmschritt vordringenden Kolonnen, ward vorgerückt; das noch in Flammen stehende Athies, die Biwakfeuer, die brennenden Lunten bei den in Stellung gebliebenen feindlichen Geschützen und die Sterne leuchteten durch die Finsterniß.

Das Bataillon Borcke, bei welchem Kapitän v. Drewit den aus Brandenburger Füsilieren bestehenden Theil führte, Kapitän v. Brandenstein die Schützen kommandirte, drang, gefolgt von dem kombinirten Musketier-Bataillon des 12. Reserve-Regiments, in die nordwestliche Ecke von Athies ein, warf feindliche Schüßen, die sich ihm entgegenstellen wollten, und stieß inmitten des Dorfes auf zwei feindliche Bataillone, welche ohne alle Vorsicht herangezogen kamen, um dort zu biwakiren. Kein Schuß fiel, aber unter Trommelschall und Hurrahruf stürzten die Füsiliere auf den Feind, und jetzt ward es auch bei den anderen Bataillonen der Division lebendig; weiter, immer weiter pflanzten sich die Klänge fort, fast mit zauberhafter Schnelligkeit ertönten bei beiden Korps alle Flügelhörner, alle Feldmusik, Sturmmarsch bei allen Bataillonen und donnernde, nicht endenwollende Hurrahs.

Links von dem Bataillon Borcke war auch das Bataillon Othegraven — die Schüßen unter Lieutenant Rössel voran — in Athies eingedrungen, überall stürmte unaufhaltsam die preußische Infanterie vorwärts, und Schrecken ergriff den Feind. Gänzlich überrascht durch den unerwarteten Angriff, leisteten die vorderen Truppen nur geringen Widerstand, auch die beiden oben erwähnten Bataillone in Athies wurden ohne Weiteres über den Haufen geworfen und durch das Dorf hindurch verfolgt. Zwar brachte am anderen Ende desselben die Salve einer verdeckt stehenden feindlichen Abtheilung eine große Anzahl der braven Füsiliere zum Stürzen, aber nur, weil ein Theil derselben sich gerade auf dem zugefrorenen Teiche befand und die wenigen Getroffenen im Fallen eine Menge ihrer Kameraden umrissen. Auch jene Abtheilung mußte dem Andrange weichen, und Athies war in kürzester Frist in preußischen Händen. Dagegen hatte sich der Feind hinter dem Dorfe auf einer

beholzten Anhöhe wieder gesezt und suchte, verstärkt durch Reserven, sich hier zu halten. Prinz Wilhelm ließ ihm dazu keine Zeit. Wohl wurden seine von Athies aus weiter vordringenden Bataillone mit Gewehr- und Kartätschfeuer empfangen, aber nichts hielt sie mehr auf. Der Prinz selbst führte die Ostpreußischen Füsiliere gegen den Feind, „mit dem — man kann sagen — löwenhaften Muth, den er besaß, und dem er es zu verdanken hatte, daß er schon zweimal in und vor feindlichen Karrees gelegen, auch hier mitten im nahen Gewehrfeuer, wo die Kugeln uns hageldicht um die Ohren pfiffen."*) Während ein Theil den rechten Flügel der Franzosen nach La Mouillée zu umging, stürmten andere Truppen, unter diesen die Bataillone von Othegraven und von Borcke, gegen das Gehölz an. In demselben herrschte ein gewaltiger Wirrwarr; die französischen Offiziere riefen fortwährend: En avant, mes enfants! aber die enfants" bezeigten keine Lust, den Preußen entgegen zu gehen, und verließen den Waldsaum nicht. Daher gelang es schon den Schüßen, denselben im ersten Anlauf zu nehmen; jetzt ermannten sich die Franzosen noch einmal und griffen verstärkt nun ihrerseits an. Es kam zum hißigen Handgemenge, mit Kolben und Bajonett ward gefochten, aber auch die Schützen vertheidigten die errungenen Vortheile mit großer Tapferkeit, und das Eingreifen der preußischen Unterstüßungstrupps nöthigte den Gegner schnell, nunmehr das Feld zu räumen.

An der Chaussee hatte Marschall Marmont inzwischen einen Theil seiner Truppen einigermaßen gesammelt, allein der Angriff der Division Horn und des Korps Kleist in der Front, das Vordringen der Division Prinz Wilhelm und der Kavallerie unter General Zieten in Flanke und Rücken erzeugte bald einen panischen Schrecken unter den Franzosen, alle Bande der Ordnung und Disziplin lösten sich auf, und in wilden, wirren Haufen eilten sie zurück, um sich zu retten. In der Dunkelheit war Freund und Feind nicht zu unterscheiden, fast überall ertönten die preußischen Hörner, und so stürzten die Massen der Flüchtigen zum großen Theil mitten unter die Bataillone der Division Prinz Wilhelm. Wo sie erkannt wurden, gab es dann noch zuweilen ein kurzes Handgemenge, meist ergaben sie sich rasch; oft jedoch marschirten Trupps eine ganze Zeit lang neben den verfolgenden Preußen her, bis sie an der Sprache erkannt

*) Schreiben des Grafen Brandenburg. Droysen.
Grenadier-Regiment Prinz Carl von Preußen. 2. Aufl.

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wurden. So fuhr eine Batterie neben der Chaussee, in gleicher Höhe mit dem Bataillon Othegraven, welches auf derselben marschirte. Diese Batterie ward für eine preußische gehalten, bis sie auf die Chauffee einbiegen wollte und ihr Kommandeur rief: Faites place, messieurs! und sich selbst verrieth. Ein französisches, noch ziemlich geordnetes Bataillon wurde von einem französischen KürassierRegiment überritten in der Meinung, es seien Preußen.

Durch alles dies war die Division Prinz Wilhelm auch in Unordnung gekommen, und es wurde nothwendig, sie an der Chaussee einigermaßen wieder nach Truppentheilen zu formiren. Nur einige Füsilier-Bataillone und die Kavallerie folgten dem Feinde, und mit ihnen gingen, wahrscheinlich, weil sie nicht gleich gesammelt werden konnten, fast alle Schützen des Bataillons Borcke. Diese Truppen verfolgten den Feind noch eine Meile weit auf der Rheimser Chaussee, in der Dunkelheit einander immer an dem Ruf „Heurich" erkennend, den die Franzosen nicht gut aussprechen konnten. Jedesmal, wenn als Erwiderung ein „Eirich" kam, knallte es auch gleich und ging frisch darauf los; so wurden noch zahlreiche Gefangene gemacht, und viele verlassene Geschüße gefunden. Die ganze Masse des Marmontschen Korps war aufgelöst in heller Flucht. Nur ein Bataillon zog sich geschlossen, Sturmschritt schlagend auf der Chaussee zurück; an der Ordnung, die da herrschte, vermuthete man, daß der Marschall in diesem Karree abgezogen sei. Der Name dieses Bataillons ist leider nicht bekannt geworden; jedenfalls gab es ein schönes Beispiel echter, ungebeugter, kriegerischer Haltung, welche auch den Sieger mit Achtung erfüllen mußte und in ähnlichen Lagen der Nacheiferung jeder Truppe würdig ist. Nachdem beide preußische Korps wieder gesammelt waren, bezogen sie ein Biwak zwischen Eppes und Lavergy, wo dann auch die von der Verfolgung zurückkehrenden Schützen des Bataillons Borcke zu ihrer Truppe stießen.

Abermals war ein glänzender, viel verheißender Erfolg errungen worden, und der alte Blücher, als ihm spät am Abend die Meldung davon wurde, brach in die Worte aus: „Bei Gott, Ihr alten Yorckschen seid ehrliche, brave Karls; wenn man sich auf Euch auch nicht mehr verlassen könnte, da fiele der Himmel ein."

Der preußische Verlust war im Vergleich zu der Größe des errungenen Erfolges - der Feind hatte 4000 Mann, 45 Geschütze und 131 Munitionswagen eingebüßt nur gering. Was das

Regiment betrifft, so betrug er beim

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