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suit, dazu berieth ihn die Klugheit; denn nichts davon zu sagen, daß es aller Verschämtheit zuwider liefe, die Re

Quod si ad praesens tempus tu videris succumbi. Edendaselbst: Quid sum nisi Stips inutilis? da doch stehen follte: aliis quam; succumbere; stirps oder stipes. Wie, durfte etwa Kempis den Zusatz potius nicht auslassen? Thut doch dieß sogar Tacitus, Anal. Lib.¡I. cap. 58., wo er spricht: Pacem, quam bellum probabam; ferner Lib. III. cap. 32. honori, quam ignominiae habendum; ferner: Histor. Lib. III. cap. 6. Legiones praedae, quam periculorum socias etc. Konnte aber der Verfasser wohl schreiben: Videris succumbi? Dieß konnte er freylich nicht, ohne gegen die lateinische Sprache zu fehlen; doch stellen wir es nicht in Abrede, daß er zuweilen dagegen fehlte. An dieser Stelle aber ist von Beleidigungen die Rede, durch die der Unschuldige unterdrückt wird; es versteht also der Verfasser durch das Zeitwort succumbi so viel als dejici, prosterni, was er durch succumbere fürwahr minder kräftig ausgedrückt hätte; weil dadurch nicht sowohl eine fremde Gewalt als eigene Gebrechlichkeit ausgedrückt wird. Aus diesem Grunde behielt, wie ich erachte, Rosweyde das Wort succumbi in seinen beyden Auflagen bey; auch befindet sich diese Leseart in den Ausgaben vom Jahre 1487 und 1489. Hinsichtlich des Wörtchens Stips statt Stirps, mag dieß allerdings ein Schreibfehler des Verfassers seyn; denn es findet sich in den vier erwähnten Auflagen; wiewohl dieß sonst gegen seine gewöhnliche Weise ist. Endlich wird Lib. I. cap. 13. n. 5. der Vers Ovid's angeführt: Principiis obsta, sero medicina paratur; der folgende Vers aber: Cum mala per longas invaluere moras, der zum vollen Sinne nothwendig ist, blieb hinweg. Füglich aber konnte der Verfasser ihn auslassen, da jenes

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gungen, Versuchungen, Mängel und Trübsale seines eige nen Gemüthes unter seinem Namen der Welt zur Schau zu stellen; wäre es auch gegen alle Besonnenheit gewe sen, die Erschlaffung der klösterlichen Zucht jener Zeit so lebendig zu schildern, die Ausgelassenheit in den Klöstern so scharf zu rügen, das gierige Streben nach Pfründen, und das eitle Disputiren über erhabene Gegenstände der Theologie so bitter zu tadeln; ohne dabey jemand andern als die Carthäuser und Cisterzienser zu loben. Sicherlich wäre er, wofern es kund ward, daß er der Verfasser dieser Bücher sey, den Verfolgungen gehässiger Feinde, deren sie ohnedieß in großer Anzahl hatten, so wenig entgangen, als Gerson selbst, und andere Wahrheit liebende Männer früherer und späterer Zeiten denselben entgingen.

Eine andere Einwendung, die die Gegner für das Recht Gersons anführen, ist das dritte Capitel des ersten Buches. Denn, sprechen sie, die Stelle: „Sag mir, wo sind nun alle jene Herren und. Magister, die du gut gekannt hast, als sie noch lebten und durch Studien blühe ten? Schon besißen Andere ihre Präbenden.

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Schweiz

Distichon Allen bekannt ist. Und es ließen ihn ja selbst die Aronische Handschrift und die Ausgaben Valgrave's, Rossignol's und Chifflet's hinweg. Indessen ist es wohl auch zur Vollständigkeit des Sinnes erlaubt, ihn beyzuseßen. Desbillons Disp. crit. XXVI.

gen sollen alle Doctoren!-Was kümmern uns Gattun= gen und Geschlechter? Was nüßt erhabenes Disputis ren über die Dreyeinigkeit ?"— könnten sich unmöglich auf einen stillen und unbekannten Klostermann beziehen, der nie, eine Universität bezogen, noch unter gelehrten Professoren und Doctoren gelebt habe; wohl aber sey dieß der Fall bey Gerson, der selbst gelehrt, Doctor und Kanzler der Universität zu Paris war; sich mit der scholastischen und mystischen Theologie beschäftigte und manchen Disputationen beywohnen mußte. — Wer aber diese Stelle aufmerksam liest, der ersieht aus dem Worte Präbende, daß hier von Geistlichen die Rede ist, die die Magisterwürde erlangt hatten; denn der Ausdruck Präbende bezieht sich auf den Stand weltlicher Chorherren und so genannter Beneficiaten, deren Thomas allerdings eine große Anzahl zu Deventer kennen konnte, wo drey Stiftskirchen waren, von welchen späterhin der heilige Papst Pius V. eine zur bischöflichen Cathedrale erhob. Auch blühte zu Deventer, woselbst Thomas acht Jahre stu dierte, eine der trefflichsten Academien seiner Zeit; und viele tausend Jünglinge studierten daselbst, wie er im Leben des Priesters Florentius, und des Diaconus Gerardus Groß erzählt, die Beyde selbst Magister der freyen Künste waren, und Präbenden hatten. Überdieß sehen wir aus dem ersten Buche der Chronik von Windesheim, welch ein heilloser Unfug damahls mit der scholastischen

Theologie, sogar von unwissenden Weiblein getrieben ward, die sich unterfingen, über die Wesenheit der göttlichen Dreyeinigkeit zu disputiren; und wie sehr verkehrte Menschen, zumahl ein gewisser · Bettelmönch, Bartholomäus genannt, diese Wissenschaft mißbrauchten. Es ermahnt also der fromme Thomas, den Eifer der Wissenschaft zu mäßigen ; nie zu studieren um gelehrt zu scheinen; und nach Demuth und Liebe zu streben; denn, spricht er: „Was nüßt es, hohe Dinge von der Dreyeinigkeit zu erörtern, wenn es dir an Demuth gebricht, wodurch du der Dreyeinigkeit mißfällst?"

Eine dritte Einwendung, welche die einstigen Gersenisten zum Beweise aufwarfen, der Verfasser sey ein Italiener gewesen; was insbesondere der Cardinal Gan= ganelli that, der späterhin unter dem Namen Clemens XIV. zur päpstlichen Würde erhoben ward, ist die Stelle des fünften Capitels aus dem vierten Buche: „Der Priester, mit den heiligen Gewanden angethan, hat vor und hinter sich das Zeichen des Kreuzes des Herrn ,,nämlich auf dem Meßgewande; weil dieß blos in Italien üblich sey. Diese Behauptung ward aber bereits von du Fresne und A. Mongez widerlegt, welche Beyde beweisen, daß in früheren Zei ten die Meßgewande in Frankreich voran und zurück mit dem Zeichen des römischen Kreuzes bezeichnet waren, und daß in den Sacristeyen großer französischer Kirchen noch derley alte Meßgewande zu sehen seyen. U.. Mongez bo

schreibt zumahl ein Meßgewand dieser Art, das dem heiligen Erzbischof Edmundus gehört hatte.

Wichtiger ist die Einwendung, der Verfasser sey kein regulirter Chorherr, sondern ein Mönch gewesen; da er selbst bekenne (Lib. III. c. 10. n. 2.): Quid retribuam tibi pro gratia ista? non enim omnibus datum est, ut omnibus abdicatis, saeculo renuntient et monasticam vitam assumant. Lib. III. c. 56. n. 4. Vere, vita boni monachi crux est etc., und Lib. I. c. 25. Attende diversae religionis Monachos et moniales, quomodo omni nocte ad psallendum surgunt. Doch erstens wäre es ein sehr fehlerhafter Schluß: Der Verfasser des Buches stellt die Mönche zu einem Beyspiele auf, folglich war er selbst ein Mönch; denn sonst müßte er aus eben diesem Grunde auch eine Nonne, ein Carthäuser, Cisterzienser, ein Einsiedler der Thebaidischen Wüste 2c. gewesen seyn, da er die Nonnen, die Carthäu ser 2c. zu einem Beyspiele aufstellt. Zweytens ist es die Weise des Thomas von Kempis, in allen seinen Werken immer das Beyspiel strengerer Orden vor Augen zu stellen, wiewohl er dieß in einem allgemeinen und ausge-dehnteren Sinne thut. So spricht er z. B. gleich in der ersten Rede an die Ordensjünger: „Ein Mönchskloster ist gleich einem gesalzenen Meere, das todte Körper auswirft;" und (neunte Rede): „Nichts ist friedlicher, als daß ein frommer Ordensmann und. Mönch,, der durch die

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