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Bez (Comedie die sich wol dem Sprichwort vergleicht, so gesagt wirt: Ein Betrug betreugt den andern.' Nürnb. 1546), 1) des Mag. Gregor Wagner (Ein hübsche deutsche Comedi, die da leret das Untrew seinen eigen Herrn schlecht'. Frankf. a. D. 1547), des Jakob Klyber aus Volkach (1558) und das Luzerner Neujahrspiel "Der kluge Knecht' (1560). Uebrigens kannte auch Luther Reuchlins Henno wohl. In einem Briefe an Joh. von Staupit (30. Mai 1518) citiert er aus dem Henno 'illud Reuchlinianum':

Qui pauper est, nihil timet, nihil potest perdere, und an Wenceslaus Link schreibt er am 10. Juli 1518: Canto cum Johanne Reuchlino:

Qui pauper est, nihil timet, nihil potest perdere,

Sed spe bona laetus sedet, nam sperat acquirere.2)

In demselben Jahre 1531 dramatisierte Hans Sachs auch eins der Totengespräche des Lucian: 'Der Caron mit den abgeschiedenen Geistern'. Er bediente sich dazu der lateinischen Bearbeitung des Veit Buerler, die 1516 in der Ausgabe der Luciani Samosateni dialogi unter dem Namen Scaphidium erschienen war. Er läßt den Herold sagen:

Gelück und heil wünsch ich euch allen.

In freuntschaft, gunst, euch zu gefallen,
Kom wir, eine tragedi zu halten;
Die hat gemachet bei den alten

Lucianus, der groß poet,

Kriechisch er die beschreiben tet,

Und wirt genant Skaphidion

Und sagt von einem, heißt Caron.

Im Judicium Paridis (1532) giebt er seine Quellen so an:

Homerus und Virgilius,

Ovidius, Lucianus,

Auch andre mehr gar kunstenreich,

Doch in Beschreibung ungeleich.

1) Die Widmung vom 6. April 1546 gilt dem Stadtschreiber von Weißenburg Wilhelm Schlecht. Der Wormser Stadtschreiber Johann Melchior Sehter hatte den Verfasser zur Bearbeitung, seine Freunde Leonhard Kettner und Wolfgang Lithorus in Nürnberg zur Veröffentlichung durch den Druck veranlaßt. Denn solcher Gedicht würden vorgestellt, um das menschliche Wesen der Welt zu einem Spiegel abzumalen und seien bei den alten Philosophen in löblichen Gebrauch gekommen'.

2) De W. 1, 118. 130.

Dem griechischen Sagenkreise entstammen seine Tragödien Jokaste, Klytämnestra, Zerstörung Trojas, die Irrfahrt des Odysseus, der getreue Fürst Alcestis, Klinias und Agathokles, Perseus und Andromeda, deren Entstehung in die Jahre 1550 bis 1558 fällt.

So fleißig studierte Hans Sachs die Schriftsteller des Altertums, wenn auch nur in Uebersehungen. Ebenso begeisterte er sich für die altdeutsche Heldensage: er lieferte u. a. die erste Dramatisierung des Nibelungenstoffes in der Tragödie vom hürnen Seufrid (1557), und eine Reihe anderer Dramen beweisen, wie er den Stoffen der mittelalterlichen Romantik aller Völker seine Aufmerksamkeit schenkte. Wir nennen hier nur die Tragödie vom Fürsten Tancred, die Komödien Griseldis, Titus und Gisippus, König Dagobertus aus Frankreich, Florian und Bianceffora, Tristan und Isolde, Fortunatus mit dem Wunsch seckel, Königin Rosamunde, die schöne Magelona 1), Melusina, Hugo Schapler.

Aus der Inventur, die Hans Sachs am 28. Januar 1562 vornahm, ersehen wir, daß er eine recht ansehnliche Büchersammlung besaß, darunter die bedeutendsten Vertreter des klassischen Altertums, meist in Uebersehungen, die Uebersetzungen Boccaccios und Bandellos, die Gesta Romanorum, das Buch von den sieben weisen Meistern und andere Volksbücher; ein Beweis, wie sehr er auch die Bestrebungen des Humanismus unterstüßte.2)

Wie er das kühne Auftreten Luthers begrüßt hatte, so betrauerte er auch das Hinscheiden des Reformators in seinem 'Epitaphium oder Klagred ob der Leych M. Luthers'. Er selbst starb in der Nacht vom 19. auf den 20. November 1576, zweiundachtzig Jahr alt, der reichste Dichter der Reformationszeit, der fruchtbarste Dichter der deutschen Litteratur, der wirklich meisterliche Dichter ein wahres Talent, freilich nicht wie jene Ritter und Hofmänner, sondern ein schlichter Bürger'.3) Das ehrendste Denkmal hat ihm Goethe in ‘Hans Sachs' poetischer Sendung' geseßt.4)

1) Zeitschrift f. deutsche Philologie 18, 205.

2) Das Verzeichnis seiner Bibliothek s. Archiv f. Litteraturgesch. 7, 1 ff. 3) Goethe W. 23, 50. 4) W. 1, 113.

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Sechstes Kapitel.

Das biblische Drama.

Ein wunderbar mächtiger Zug nach Dramatisierung biblischer Stoffe erfaßte das ganze Reformationszeitalter, nachdem die Bibel durch Luthers treffliche Verdeutschung Gemeingut des deutschen Volkes geworden war. Es genügte nicht, die Jugend mit der biblischen Geschichte auf dem Wege des Unterrichtes bekannt zu machen die Mecklenburger Schulordnung von 1552 schrieb dem Schulmeister sogar vor, den Knaben etliche schöne Historien, als von Joseph, Samson, David, vom verlornen Sohn, zur Uebung im Ueberseßen aus dem Deutschen ins Lateinische zu diktieren; Geistliche und Schulmänner wetteiferten mit einander, die biblischen Geschichten dem Volke, Jungen und Alten, in dramatischer Darstellung vorzuführen, damit die Lehren des göttlichen Wortes fester und fester eingeprägt würden. So stellte sich das biblische Drama gewissermaßen neben die Predigt, und wie es gute und schlechte Kanzelredner giebt, so schuf die fruchtbare Dramatik des sechzehnten Jahrhunderts gute und schlechte Dramatiker, aber mehr schlechte als gute, mindestens nur mittelmäßige, denen der gute Wille höher steht als die That, wenn nur der gewünschte Zweck erreicht wird. Vollends nachdem Luthers Vorreden zu Judith und Tobias bekannt geworden waren und seine Billigung der Bearbeitung biblischer Stoffe die Weihe der Autorität verliehen hatte, entstand eine Flut dramatischer Erzeugnisse, deren Wert oft ein sehr geringer ist. Aber nicht nur Geistliche und Schulmänner versuchten ihr oft nur geringes Talent daran, auch aus dem Kreise der protestantischen Bürgerschaft erhoben sich Dramendichter und wurden so die Schöpfer des Volksdramas, das meist von jungen Bürgern gespielt zu werden pflegte, während das von Geistlichen und Schulmännern für die Schulaufführung gedichtete Schuldrama in der Regel nur von Schülern aufgeführt wurde. Aber Schuldrama und Volksdrama standen nicht unvermittelt nebeneinander, sondern ergänzten sich gegenseitig, und die Vermischung beider zeigt sich in keiner Dramengattung deutlicher, als im biblischen

Drama; denn das Schuldrama wurde bisweilen auch von Bürgern aufgeführt.

So beteiligte sich auch das Volk an der großen Bewegung der Geister, die in dem Drama der Reformationszeit einen so lebendigen Ausdruck fand.

Wir wissen, daß das deutsche Drama jener Zeit von der Schweiz ausgehend seine höchste Ausbildung in Sachsen erfuhr und sich von hier aus über Mittel- und Norddeutschland ver breitete, und es wäre leicht, nach dem lokalen Auftreten desselben die einzelnen Erscheinungen zu ordnen, da an mehreren Orten der Schweiz und Deutschlands, wie Basel, Bern, Augsburg, Nürnberg, Annaberg, Freiberg, Zwickau, Magdeburg, in der That das Schauspiel, namentlich das biblische, mit Vorliebe gepflegt wurde; allein wir ziehen es vor, das biblische Drama nach stofflichen Gesichtspunkten zu gliedern, wie dies das Alte und Neue Testament an die Hand giebt. Dabei werden wir nur diejenigen Dramen genauer berücksichtigen, welche teils durch ihren inneren Wert, teils durch die Beziehung ihrer Verfasser zur Reformation oder zu den Reformatoren eine hervorragende Bedeutung gewonnen haben.

Zuvor jedoch haben wir zwei Dramen zu nennen, die in großen Zügen den ganzen Heilsplan Gottes behandeln, wie er sich in der Geschichte des Reiches Gottes entwickelt hat und in der heil. Schrift zum Ausdruck gebracht ist. Valten Voith aus Chemnitz, der 1507 in Wittenberg studierte,') in den dreißiger Jahren in Magdeburg lebte und nach 1558 starb, führt in seinem schönen, lieblichen Spiel von dem herrlichen Ursprung, betrübtem Fall, gnädiger Wiederbringung, mühseligem Leben, seligen Ende und ewiger Freude des Menschen' (Magd. 1538) 2) den Saß aus, daß der Mensch nur durch den Glauben an das Wort Gottes von seinen Sünden erlöst werde, indem er mit der Erschaffung des Menschen und dem Sündenfall beginnt und dann Schilderungen der Kirche von Adam bis auf Abraham, von Abraham bis auf David und von diesem bis auf Christus folgen läßt. Dabei

1) Album 25: Valentinus Voydt de Kemnitz.

2) Neudruck von Holstein, Stuttgarter Litterar. Verein Nr. 170.

erscheint Kain als der Typus der Gottlosen und Heuchler, Abel und Abraham werden als das Vorbild der Frommen und Gläubigen geschildert. Den Anlaß zur Abfassung dieses Stückes erhielt Voith durch ein in der Ratsstube zu Magdeburg 1535 aufgestelltes Gemälde, welches das A. und N. Testament, den Zorn und die Gnade, den Tod und das Leben darstellte. Er habe, sagt er in der Widmung an die Kämmerer der Stadt Magdeburg vom Neujahrsabend 1538, oft gewünscht und herzlich begehrt, daß jemand das Gemälde weiter ausstreichen und vorklären' möchte, damit der gemeine Mann wissen könne, aus welchem Brunnquell solches doch herflösse und wie man solchen Quell in die großen Kifer und gewaltigen Wasserströme, ja in das tiefe große Meer d. i. aller Menschen Herzen, welche die Seligkeit begehren, bringen und austeilen möchte. Deshalb habe er sich 'wiewol ungeschickt und vormessentlich unterstanden', solches liebliches Gemälde und Bild aus dem rechten Ursprung der biblischen Historien mit gebundenen deutschen Reimen, wiewol weitleufftig umb der Simpelen willen' in ein Spiel zu teilen. Zwar ist Voiths Spiel ohne alle dramatische Entwickelung und in einer ungewandten und harten Sprache geschrieben, aber anerkennenswert ist doch des Verfassers Bestreben, die neue Lehre auf Grund biblischer Anschauung zum lebendigen Ausdruck zu bringen, und da ihm die heil. Schrift als die alleinige Erkenntnisquelle gilt, so werden auch die der Bibel entnommenen Stellen noch besonders durch betreffende Nachweise am Rande gekennzeichnet. Neben den Personen der heil. Geschichte treten Gesez, Sünde und Tod als die drei großen Feinde des Menschen redend auf und werden schließlich von Christus überwunden. Christus sagt am Schluß zu den Auserwählten in den lezten elf Zeilen nennt sich der Verfasser -:

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Also hab ich ist zu der fart
Euch überwunden al zu gut

Al euer veind, das halt in hut!
Und weil ihr das habt glaubet vest,
So solt ihr sein mein lieben gest
Wol dort in meines vaters reich
Und auch die andern alzugleich,
Die hinforder den glauben hon,
Bis an das end der wellet schon

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