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Scenen zu unterhalten, und wenn auch Rinckarts dramatisches Geschick in diesem Stücke weniger hervortritt als in seinen beiden andern, so muß doch anerkannt werden, daß der Verfasser das Bestreben gehabt hat, ein neues kräftiges Zeugnis für die Wahrheit und Echtheit der von ihm hochverehrten lutherischen Kirche zu geben; denn er begnügt sich nicht mit einer Darstellung des Bauernkrieges, sondern er berücksichtigt alle historischen Ereignisse, die mit der Reformation im Zusammenhang stehen, indem er dieses fünfte Stück seiner dramatischen Heptas als die Fortseßung des vierten Stückes, das vom Reichstag zu Worms handeln sollte, betrachtet wissen wollte. So wird u. a. Karlstadts Unwesen geschildert; er selbst wird als ein dominus zelotypus, ein dominus ABCD bezeichnet,

Das ist soviel als ich versteh:
Aufrührerische Bilderstürmerei,
Calvinische Duckmäuserei
Beweist Andreas Bodenstein

Carlstadt Doctor mäßig fein!

Die päpstliche Jubeljahrsbulle von der Eröffnung der goldenen Pforte auf das Jahr 1525 glossiert Luther mit folgenden Reimen:

Was zu Rom sein für heilige Stätten,
Das zeigen ihre Thaten und Poeten,
Und giebt das Wort ROMA die Summ,
Denn es heißt Radix Omnium
Malorum Avaritia,

Und das bestätigt diese Bulla.

Man erinnere sich, daß hundert Jahre zuvor der wegen seiner Predigten über die Unsittlichkeit der Geistlichkeit aus Freiburg vertriebene, als Liederdichter bekannte Ludwig Deler ein satirisches Gedicht auf jenes Jubelfest verfaßt hatte.')

Rinckart schließt sein Drama mit einer Verherrlichung von Luthers Ehe. Zunächst halten Luther, Melanchthon und Katharina ein Pfingstgespräch vom Lobe des Ehestandes. Der Ehestand ist ein heiliger, freier, nötiger und seliger Stand.

1) Schade, Satiren und Pasquille 1, 38–43.

Der Ehstand ist ein seliger Stand,
Daraus Gott mit selbsteigner Hand
Sein Kirch und Himmel will erbaun,

Dadurch Ehleut, die Gott vertraun,
Mit Kind und Gsind können selig werden,
Wenn sie sie ziehn zu Gottes Ehren.

Dieser Scene folgt das Hochzeitsgedicht des Cochläus u. a. auf Luther und Luthers Hochzeit.

Neuntes Kapitel.

Das historisch-novellistische Drama.

Wir fassen in diesem Kapitel diejenigen Dramen zusammen, welche einerseits der allgemeinen Geschichte, andrerseits dem Sagenstoff und der Novelle entnommen sind. Die Verschmelzung dieser beiden an sich getrennten Gebiete erklärt sich daraus, daß die Verfasser der historischen Dramen nicht genau dem geschichtlichen, durch den Stoff bedingten Verlauf folgen, sondern die Dichtung über die historische Wahrheit stellen. Zunächst war es das große Gebiet des klassischen Altertums mit seinem reichen. Sagenstoff, durch welches besonders Hans Sachs angezogen wurde Seine erste Tragödie behandelte die Geschichte der edlen Lucretia (1527), die auch der Schweizer Reformator Heinrich Bullinger (1533) dramatisierte, dieser jedoch, indem er eine politische Tendenz damit verband. Im allgemeinen steht Hans Sachs fast allein als Bearbeiter von Dramen, die dem klassischen Altertum entlehnt sind, und er giebt in dieser Beziehung einen glänzenden Beweis von der außerordentlichen Vielseitigkeit seiner Bildung und seines Studiums. Die dem König Friedrich II. von Dänemark gewidmete Komödie 'von Dionysii Syracusani und Damonis und Pythiä Brüderschaft' des Güstrower Rektors Franciscus Omichius (Rostock 1578) behandelt den auch von Schiller in seiner Bürgschaft' benußten Stoff. Der Verfasser wollte darin 'den Unterschied wahrer treuer Freundschaft und falscher Heuchelei fein artig fürbilden'. Die Zerstörung Trojas dramatisierte der Bürger und Eisenkrämer Georg Gotthart zu Solothurn (Freiburg 1599). Sein Drama war am 20. und 21. September 1598

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von der ehrsamen Bürgerschaft zu Solothurn gespielt worden. Ein Spiel von den sieben Weisen aus Griechenland, eine Paraphrase des Ludus des Joachim Camerarius, verfaßte um 1550 der gekrönte Poet und Geschichtschreiber Kaspar Brusch und ein zweites Georg Reypchen aus Kronstadt, Pfarrer zu Sindelfingen in Württemberg, das am 20. Februar 1558 in seinem Wohnorte aufgeführt wurde und 1559 zu Pforzheim im Druck erschien. Einen Teil der 'zehn Alter' des Gengenbach hat Reypchen stillschweigend seinem Stücke einverleibt und überhaupt gottesfürchtig und dreist, wie es im Sprichwort heißt, aus anderen Dramen geschöpft. Er sagt selbst darüber:

Ein armer Bettler, bloß und nackt,
Will er voll haben seinen Sack,

So nimpt er einen guten Stab

Und sammlet die Gassen auf und ab;
Also hab ich auch viel Mühe vollbracht,
Bis ich dies Spiel hab zusammen gebracht,
Aus vielen Büchern gemacht also,

Hie genommen ein Spruch, den andern do.

Das schmeichelhafte Urteil des Diakonus und Schulmeisters Jakob Cappler zu Sindelfingen über das Stück seines Pfarrers lautet:

Ich habs gelesen gar oft und viel,
Mein lebenlang ichs loben will
Und haben allzeit in großer Ehr,

Auf Erden ich keins bessern beger.

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Aus Gellius (Noctes Atticae 1, 23) nahm Leonhard Culmann den Stoff zu seiner Komödie 'von dem Aufruhr der ehrbaren Weiber zu Rom wider ihre Männer' und den Bericht des Hesiod (Werke und Tage 48) legte er seinem Spiel von der schönen Pandora' (Nürnberg 1544) zu Grunde. Das erstere er nennt es ein Fastnachtspiel widmete er der Frau Hanna Bernpeck in Kizingen: es soll den frommen, gottesfürchtigen und züchtigen Weibern zu einem Trost und zur Lehre dienen; weil sie durch den Glauben an Gott Töchter der Sarah geworden sind, sollen sie auch mit ihrem Wandel ihren Männern Gehorsam, Liebe und Treue erweisen; dann werden sie Ruhe haben, auch Lob, Ehre und Preis erlangen. Sodann solle sein Spiel den vorwißigen,

groben, haderischen Weibern zur Lehre und zur Warnung dienen, damit sie nicht durch unnötige Empörung, Hader oder Gezänk in Schande, Schmach und weltliche Strafe kommen, wie die Papiria, die Frau des römischen Ratsherrn Papirius. Diese beredete nämlich ihren Sohn, ihr die Beschlüsse der lezten Ratssizung mitzuteilen. Als dieser nun erdichtet:

Man hat gehandelt, welches besser sei,
Auch nüh und gut der Gemein dabei,

Daß man eim Mann zwo Frauen erlaub,
Oder eine Frau zween Männer hab,

verkündet sie es ihren Freundinnen in einer Versammlung ‘zum Küchleinshof'. Die Frauen stürmen auf den Saal des Rathauses, erfahren aber, daß man über das genannte Thema gar nicht verhandelt habe. Zur Belohnung seiner Verschwiegenheit wird der junge Papirius hoch geehrt, die Frauen aber werden verlacht und Papiria mit einer viertägigen Haft bestraft. Im Prolog spricht Culmann von der Sitte der jährlichen Aufführung eines deutschen Spieles zur Fastnachtszeit und schreibt Greffs Prolog zu seiner deutschen Aulularia aus, ohne seine Quelle zu nennen. Denselben Stoff behandelte der pommersche und mecklenburgische Schreib und Rechenmeister Matthäus Forchem in seinem dem Syndikus von Stralsund (Lübeck, den 27. September 1551) gewidmeten, in plattdeutschen Versen abgefaßten Spiele, das er ‘der jungen Jögendt tho eynem evenbilde der Dögeth' vorstellte.

Die Pandora' widmete Culmann der ehrbaren und tugendhaften Frau Helene Vogler geb. Bernpeck zu Windsheim (Mittwoch nach Lätare 1544) aus Dankbarkeit für die freundliche Aufnahme, die er bei der Hochzeit des Mag. Heinrich Schübel in ihrem Hause gefunden hatte. Nach der aus Hesiod bekannten Erzählung befiehlt Zeus dem Hephästos zur Strafe für den durch Prometheus verübten Raub des Feuers eine schöne, mit allen Tugenden ausgestattete Jungfrau zu bilden,

Die Pallas ihr die Kunst eingeb,
Daß sie gar Garne spinne und web,
Venus freundlich Gestalt und Geber,
Dazu ihr geb Wort, Kunst und Lehr,
Wie sie mit schönen Worten viel
Die Leut auf Erd bereden will.

Und weil alle Götter sie begabt hatten, erhielt sie den Namen Pandora. Hermes führt sie dann dem Epimetheus zu, der sie troß der Warnung seines Bruders Prometheus zuletzt zur Frau nimmt. Nun kommen aus der Büchse der Pandora alle Uebel, Jammer und Plagen der Menschheit, aber die Hoffnung tröstet den Frommen und erlöst ihn von der Strafe,

Daß er darinnen nicht verdirbt,

Sein Hoffnung nicht zu Schanden wird,
Den allein des wüsten Lebens verdreußt,
Drumb er auch seiner Frömmkeit geneußt.

Auch die Einleitung Hesiods benußt Culmann in geschickter Weise. Hesiod ermahnt seinen Bruder Perses, der ihn um sein Erbteil betrog, daß er sich an dem Seinen solle begnügen lassen; denn Betrug habe stets Unglück herbeigeführt.

Der Verfasser eines Dramas von der Susanna (S. 122), Samuel Israel aus Straßburg, zog aus Ovid den Stoff für seine Tragödie von der großen und unaussprechlichen Liebe zweier Menschen Pyramus und Thisbe', welche am 19. August 1604 zn Münster im St. Georgienthal aufgeführt und 1616 zum dritten mal gedruckt wurde. Eine Tageweise von Pyramus und Thisbe', eine Art Meistergesang, fügte Gabriel Rollenhagen, ein Sohn Georg Rollenhagens, des Rektors des altstädtischen Gymnasiums in Magdeburg, seinem vortrefflichen Spiele Amantes amentes d. i. ein sehr anmutiges Spiel von der blinden Liebe oder wie mans deutsch nennt von der Leffeley' (Magdeb. 1609, fünfmal gedruckt bis 1614) hinzu, dessen Stoff der Dichter der Erzählung ‘Eurialus und Lucretia' des Aeneas Sylvius Piccolomini, des späteren Papstes Pius II., (in Niclas von Wyles Uebersetzung aus dem fünfzehnten Jahrhundert) entlehnte, aber in so geschickter Weise dramatisierte, daß er einen vorzüglichen Plaß unter den Dramatikern jener Zeit einnimmt. 1)

Horatius Cocles, der berühmte teure streitbare Held', wurde von Petrus Andreä aus Weida in einem Drama (Stettin 1600) gefeiert, wobei der Verfasser ein lateinisches Gedicht des Martin Marstaller benußte.

1) K. Th. Gaedery, Gabriel Rollenhagen, sein Leben und seine Werke. Leipz. 1881. S. 36.

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