Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Gefängnis durch den Engel Michael und die Abführung Tezels und seiner Gesellen zur Hölle dar. Dann folgt die Einsegnung Luthers und Bugenhagens zu dem großen Werke der Reformation durch den Engel Michael:

Nach hundert Jahren soll man Gott loben,
Daß er die Kirche hat wieder erhoben.

Und sein Licht wieder hell gemacht,

Den Antichrist durchs Wort umbracht.

Der Epilog endet mit Dank gegen Gott für das gesegnete

Werk Luthers:

[blocks in formation]

Kielmanns treffliches, mit liebevollem Verständnis verfaßtes Reformationsspiel benußte Martin Rinckart, damals Pfarrer zu Erdeborn, zu seinem 'Indulgentiarius confusus oder Eislebisch Mansfeldische Jubel-Komödie von der öffentlichen wundermächtigen Beschämung des großen und greulichen Gotteslästerers Johann Tezels samt der unverschämten päpstischen Ablaßkrämerei, wie noch des ganzen römischen und antichristischen Papsttums' (Eisleben 1618).') Dies Spiel wurde zum Reformationsjubelfest von Gymnasiasten auf dem Waghause zu Eisleben aufgeführt und zwar, wie die Chronik berichtet, mit großem Beifalle. Von Kielmann entlehnte Rinckart die Personificierung der Religion, der Wahrheit und des Glaubens, die Ausplünderung Tezels durch den Kapitän, den Betrug des Leimstänglers und das Spottlied. Zu seiner eigenen Erfindung gehören die Einführung des

1) Neudruck von H. Rembe. Eisl. 1884.

jungen Mykonius, der von Tezel Ablaß ohne Geld begehrt nach dem Wortlaut der Ablaßbulle: 'ex singulari gratia detur tamen pauperibus gratis', und die Einführung des Doktor Claus, des Hofnarren des Kurfürsten Friedrich des Weisen. 1) Ferner erweitert Rinckart die Handlung durch die Darstellung verschiedener Reformationsakte: Unterredung Luthers mit Cajetan und Verbrennung der Bannbulle.

Dieweil du, Teufels Alkoran,

Den heilgen Gott betrübt fortan,
So betrüb und verzehre dich

Das hellisch Feuer ewiglich.

Auch Luthers Auftreten in Worms ist hinzugefügt:
Wird man mein Bücher nicht überwinden
Mit heilger Schrift und satten Gründen,
So weich und wank ich nicht ein Haar,
Geschweig daß ich sollt widerrufen gar;
Das ist mein Herz: ich kann nicht mehr,
Allhier steh ich, Gott helfe mir.

Außer den genannten Dramen erschienen zum ersten Reformationsjubiläum noch zwei. Das eine, 'Echo Jubilaei Lutherani das ist ein christlich Gedicht und Widerschall vom lutherischen Jubelfest, so des abgewichenen 1617. Jahres in der christlich katholischen uralten und lutherischen Kirchen celebrieret worden', von einem Liebhaber der katholischen Wahrheit gestellet und dem andächtigen und würdigen Pater Sixt, dem obersten deutschen Priester in Rom (‘Datum in eyl, zu Rathweyl'), gewidmet, ist eine feine Satire auf die alte Kirche. Der Jubilierer' Luther ist von den Toten auferstanden und wird von den Gesandten aus Spanien, Portugal und andern Ländern aufgesucht, um ihnen zu der köstlichen Perle des Evangeliums zu verhelfen. Er vertreibt Tezel (Decelius) mit seinem Ablaß und seinen Heiltümern.

1) Claus Narr ist eine historische Person. Er war zu Remstedt in Meißen geboren, lebte am Hofe der Kurfürsten von Sachsen 1486-1532 und starb zu Weida. Mag. Wilh. Buttner gab 1552 zu Eisleben seine Historien (627 an Zahl) in einer Schrift heraus, die bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts ungefähr zwölf Auflagen erlebte. (H. Rembe, Rinckarts Eislebisch - Mansfeldische Jubelkomödie. S. 6.)

Wanna postausend guter Jahr,

Was find ich hie vor seltsam War,
Eselsfuß, Schwanz, Haar, alte Lumpen,
Nägel, Würfel und allerlei Grumpen?
Was hat der Teufel auf diesem Plan

Vor ein Kretschmer [Wirtshaus] gerichtet an?

Auch er bringe Gaben für Reich und Arm, aber göttliche Gaben, die jeder umsonst empfangen könne, die himmlische Perle, die alle Schäße übertreffe. Der Papst erschrickt, als er von der großen Bewegung hört, die Luthers Auftreten hervorgerufen, und beschließt den Jubilierer mit seinem Anhang zu vertilgen; er rechnet besonders auf den Beistand der 'Jesuwider', die

allermaßen

Sich gern hierzu gebrauchen lassen,

Denn sie auf Gift, Geschoß, Mordstich

Sind wolgeübt und abgericht.

Bei der Nachricht, daß ihm die Könige und Fürsten den Beistand versagen, fällt er in Ohnmacht, und obwohl seine Kardinäle Bembus, Bellarminus und Hosius ihn zu exorcieren anfangen, wird er doch vom Teufel geholt.

Das andere, das lateinische Drama des Rektors Mag. Heinrich Hirzwig zu Frankfurt a. M. 'Lutherus', giebt eine ziemlich vollständige, an die großen Thaten Luthers angeschlossene Uebersicht über den Verlauf der Reformation bis zum Tode des Reformators, wobei alle bedeutungsvollen Personen fener Zeit, sowohl aus dem protestantischen als aus dem katholischen Lager, auftreten. Die Widmung an den Herzog Johann Georg von Sachsen, den edlen Nachkommen der ruhmwürdigen Beschüßer der Reformation, erwähnt, daß die Feier des Reformationsjubiläums an feinem Orte würdiger veranstaltet werden könne, als in Wittenberg, dem erhabenen Zion, und auf keine Weise würdiger, als durch die Verherrlichung Luthers. Ob durch ein Drama, sei dem Verfasser selbst zuerst zweifelhaft erschienen, aber er sei durch Freunde dazu veranlaßt worden, und er glaube auch, daß das Drama nichts anderes sei als ein Bekenntnis, das laut und offen abgelegt werden müsse. Da gebe es keinen besseren Inhalt als Luther selbst, dessen Geschichte freilich, weil es seit dem Zeitalter der Apostel keine zweite gebe, einen echten Dichter

wie Buchanan oder Frischlin oder einen Dichter des alten Rom verlange. Nichtsdestoweniger habe er es gewagt und bitte, sein Werk mit Wohlwollen aufzunehmen. Die Aufführung des Hirhwigschen Dramas in Speier, wo der Verfasser früher Rektor gewesen war und wo seine beiden anderen Dramen Balsasar (1609 im akademischen Theater zu Straßburg aufgeführt) und Iesulus (1613) entstanden waren, ist bezeugt. Den Titel seines Lutherus zieren die Bilder Tezels und Luthers, denen folgende Verse beigegeben sind:

Tecelius Papac bullis, Lutherus Iovae

Verbo ductat: utro tutius ire duce?

Perspicuum Domini verbum, Luthere, triumphas,

Factio caeca Stygem Teceliana bibit.

Der Verfasser beweist eine große Gewandtheit im Ausdruck und in der Versifikation. Die bekannten Worte 'Denn wo das Geld im Kasten klingt' 2c. lauten:

Simul nummus in cistam proiectus percrepat,

Animac caelos solutae recta petunt via.

Und Luthers denkwürdige Antwort, die er dem Eilboten Spalatins auf die Bitte, nicht sofort nach Worms zu gehen, in Oppenheim gab, jene Worte, die von der höchsten männlichen Kraft und Entschlossenheit zeugen: 'Und wenn so viel Teufel zu Worms wären als Ziegel auf den Dächern, so wollt ich doch hinein!' sind von Hirzwig so wiedergegeben:

sic sciam,

Totidem quot sunt in tectis tegulae omnibus,
Adversaturos genios malos multos mihi.

So ehrte man in jenen Tagen der ersten Säkularfeier der Reformation das Andenken des großen Reformators. Und wir sind nicht zurückgeblieben, als wir mit der ganzen evangelischen Christenheit den vierhundertsten Geburtstag Martin Luthers feierten; auch damals ist Luther im Drama verherrlicht worden, und es zeugt von der Tiefe und Kraft evangelischen Bewußtseins, daß dem historisch treuen, von protestantischem Geiste getragenen, echt volkstümlichen Festspiele D. Devrients, das seit dem 10. November 1883 schon oft wieder aufgeführt ist und Tausende

erwärmt und in ihrem evangelischen Bewußtsein gestärkt hat, in Jena durch die Gründung eines Lutherfestspiel - Vereines eine jichere Heimat bereitet worden ist.

In aller Kürze seien noch zwei dramatische Erzeugnisse des siebzehnten Jahrhunderts erwähnt, die wir nur der Vollständigkeit halber nennen. Die Tragikomödie 'Nolbruder Curd' (1617) ist ist eine wüste Verhöhnung des ärgerlichen Mönchslebens. Curd, der zwar nicht viel ehrenwerte, gottesfürchtige, aber um die Klosterjungfrauen und Bauernweiber der benachbarten Dörfer wohlverdiente Visitator venereus des Klosters Hamersleben, wird bei einem Ehebruchsversuche ertappt und findet bei einem Sprung über die Mauer seinen Tod. Den Schlußgesang bildet eine Parodie des Liedes: Nun laßt uns den Leib begraben. Der Verfasser dieses scheinbar auf Thatsachen beruhenden satirischen Stückes nennt sich Pamphilus Münnigsfeind; es ist gedruckt zu Strickmauer, typis claustralibus, sumptibus Conradi von der Leiter, sub signo pendentis Cuculligeri. Das Jahr der Entstehung erhellt aus dem Chronogramm: CorD hat seIn broDt VnD bler Verh Vrt.

Mit seinem dritten Stück: 'Monetarius Seditiosus oder Tragödie von Thomas Münzern, d. i. der Münzerische Bauernkrieg' (Leipz. 1625), das den Städten Mühlhausen, Langensalza und Eisleben gewidmet ist, wollte Martin Rinckart 'der jeßigen sichern Welt einen Lehr- und Warnungsspiegel beim instehenden Säkulum vor Augen stellen'. Unter Benußung von sechzehn Quellenwerken (darunter Luthers und Melanchthons Werke, Sleidan, Mathesius, Selneccer, Chemnig' Examen Concilii Tridentini, Sebastian Franck, Chroniken von Mühlhausen und Mansfeld) hat er einen getreuen historischen, sogar auf Monate, Wochen und Tage sich erstreckenden Bericht über den Verlauf des Bauernkrieges in Form einer Komödie gegeben, sodaß wir in der That ‘ein richtiges und lustiges Compendium historicum' erhalten. Dem Urteile eines bedeutenden Litterarhistorikers, es sei ein unsäglich roher Wust von Scenen, in einem drolligen, auf komische Wirkung abzielenden ungeschickten Stile', vermag ich nicht beizustimmen. Es lag in der Natur der Schauspiele jener Zeit, die schaulustige Menge mit einem Aufwand von komischen

« ZurückWeiter »