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Das Wunder, durch welches der Prophet Elisa einer verschuldeten Prophetenwitwe hilft, dramatisierte der Nürnberger Schulmann Leonhard Culmann aus Krailsheim in seinem geist= lichen Spiele 'von der Widtfraw') (1544), um einerseits die Glaubensstärke, die der Christ haben muß, zumal wenn ihn Sorgen, Not und Kreuz plagen, zu preisen, andrerseits um zur Beweisung der Liebe und Uebung der Barmherzigkeit an den notleidenden Mitchristen aufzufordern,

Denn Leihen ist ein Werk der Lieb;

und endlich um vor den kommunistischen Bewegungen unter den Wiedertäufern zu warnen, die alle Dinge gemein haben wollen, fein Gericht, kein Recht anerkennen, sondern alles, was ihnen gefällt, für recht halten. Der Christ dürfe kaufen und mit Gewinn verkaufen, eigenes haben, borgen und leihen, und so er betrogen ist, vergeben; er müsse seine milde Hand dem Dürftigen darreichen und helfen.

Wol den, die solches Thun beweisen,
Die Armen mit den Gütern speisen,
Die ihn Gott aus Gnad hat geben,
Die werden han das ewig Leben.

Culman widmete sein geistliches Spiel der Markgräfin Aemilia von Brandenburg, der Tochter des Herzogs Heinrich von Sachsen, die eben erst durch den Tod ihres Gemahles, des Markgrafen Georg, des eifrigen Beförderers der Reformation († 1543), in die größte Betrübnis versezt worden war. Georg hatte 1527 nach dem Tode seines Bruders Kasimir die Reformation in den fränkisch - brandenburgischen Landen eingeführt; er gehörte zu den Fürsten, welche am 19. April 1529 dem Reichstage zu Speier die bekannte Protestation vorlegten, und war in Augsburg unter den Wortführern der Protestanten. Uebrigens ist Culmanns Spiel vor acht und ehrbaren Frauen gespielt worden, und er bittet sich aus, daß man seine Spieler nicht für Spielleute nehme, die ‘Narrenteidung fürbringen; das gehöre hinter (die Thür: ihr Thun sei göttlich und recht.'

1) Neudruck von J. Tittmann, Schauspiele aus dem 16. Jahrhundert. 1, 107-162.

Die Bußpredigt des Propheten Jonas in Ninive wurde von Simon Roth und Balthasar Klein (Schweinfurt 1582) und von Ambrosius Pape (Magdeburg 1612) dramatisch gestaltet. Pape hatte schon 1605 seinen Ionas Rhythmicus ausgehen lassen und wollte die Schrift dem neuen Administrator des Erzstiftes Magdeburg bei seinem Einzuge in Magdeburg überreichen; da sich aber der leztere verzögerte, so richtete er die Widmung an einige ihm befreundete Pastoren. Die Widmung der zweiten Ausgabe an die Bürgermeister der Städte Calbe, Burg und Loburg rechtfertigt er damit, daß diese Städte stets feine, wohlbestellte Schulen gehabt, auch viele Bürger dieser Städte mit ihm die Schule zu Magdeburg und die Universität Wittenberg besucht hätten, und er beabsichtige nun, da er 'fast auf der Gruben gehe', sie mit seiner Schrift zu besuchen und zu beehren, 'obwohl die meisten schon entschlafen sind'. Auch in diesem Spiele schließt jeder der fünf Akte mit einem Chorliede.

Die Geschichte des Propheten Jeremias behandelte Thomas Naogeorg (1551) in einer lateinischen Tragödie, welche 1603 im akademischen Gymnasium zu Straßburg aufgeführt und von Mag. Wolfhart Spangenberg überseßt wurde; die Geschichte des Propheten Ezechiel wurde von Sixt Birck (1538) und von Georg Mauricius (1607) dramatisiert.

Des Propheten Daniel Geschichte gab den Dramatikern einen willkommenen Stoff. Seine Errettung aus der Löwengrube war ein Werk Gottes, mit dem die Standhaftigkeit des Glaubens belohnt wurde; seine Niederwerfung des Gößen Bel, sein sieg= reicher Kampf wider die Abgötterei war der Triumph des wahren Glaubens. Sixt Bircks Tragödie wider die Abgötterei, in der gezeigt wurde, durch welche Mittel eine rechte Religion im Staate anzurichten sei, wurde am 9. Mai 1535 durch junge Bürger zu Basel aufgeführt. Der Dichter, welcher 1538 sein Drama durch eingeschobene sapphische Chöre erweiterte, sezte mit demselben den Kampf gegen die katholische Idololatrie fort. Noch 1615 wurde Bircks Drama von Ostermeier in das Lateinische überseßt und am Gymnasium zu Ulm öffentlich aufgeführt. Aus dieser Version machte dann in demselben Jahre Johann Konrad Merck wiederum eine deutsche Uebersehung. Auch Hans Sachs behandelte den

Stoff in einer Komödie 'Daniel' (1557) und in einer Tragödie "Der Gott Bel' (1559). Der Hofteufel' des Johannes Chryseus zu Allendorf in Hessen, aus Daniel Kap. 6 entlehnt, der zuerst zu Wittenberg 1545 erschien und wiederholt aufgelegt wurde, gehört zu den bedeutendsten Dramen der Reformationszeit: er wurde der Begründer der gesamten Teufelsliteratur des sechzehnten Jahrhunderts; denn ihm folgten der Hosenteufel, der Fluchteufel, der Eheteufel, der Saufteufel, der Jagdteufel, der Faulteufel, der Hoffahrtsteufel u. a., mit denen der theologische Eifer des Jahrhunderts eine Art erbaulicher Unterhaltungslektüre schuf. Die Reihe der Teufelsbücher wuchs so ansehnlich an, daß der BuchHändler Peter Schmidt zu Frankfurt a. M. 1575 ein Theatrum Diabolorum herausgeben konnte, dessen 24 Teufel dazu bestimmt waren, die Laster und die verderbten Sitten jener Zeit zu rügen. Aber damit war das Ende noch nicht erreicht, denn bis zur Wende des Jahrhunderts erschienen noch 16 andere Teufelsbücher. Aber das Drama des Chryseus ist noch aus einem anderen Grunde von großer Bedeutung: es ist ein protestantisches Tendenzdrama, in welchem, wie im Pammachius des Thomas Naogeorg, von dem Chryseus offenbar angeregt wurde, die Beziehungen der Gegenwart deutlich hervortreten. Es ist am Tag und für Augen', sagt Chryseus in der Widmung an die Herzöge Johann Friedrich und Johann Wilhelm zu Sachsen, die Söhne des Kurfürsten Johann Friedrich, 'wie und mit was seltsam, ganz geschwinden, ja grausamen, recht mördlichen, zuvor unerhörten und unmenschlichen Griffen, Praktiken und Listen der Satan zu diesen unsern lezten und wahrlich recht gefährlichen Zeiten sich unterstehet und aufs höchste bemühet, den Namen unseres Herrn Jesu Christi, sein heiliges Evangelium und Kirche zu lästern, zu verdunkeln und zu verkehren, an allen Orten bitterlich zu perturbieren und von Grund auszurotten'. Unter dem Hofteufel versteht er 'die boshaften, grimmigen und wütenden Papisten', durch deren 'verzweifelte, blutdürftige Anschläge, Finanz und heimliche böse tückische Praktiken' der Satan es dahin gebracht, daß der Kurfürst Johann Friedrich mit anderen protestantischen Fürsten und Ständen 'gleichsam schon vor der Löwen Rachen geworfen' war. 'Aber Gott hat jene klugen, weisen und unbetrüglichen Anschläge zu

nichte gemacht. Denn wie Daniel von seinem Hofteufel und Widersacher errettet wurde, weil er getreu war, daß man keine Schuld an ihm finden konnte, also vermögen auch jeßige Hofteufel nicht zu beweisen, daß der Kurfürst dem Reiche und dem Kaiser untreu oder ungehorsam sei. Nun lehrt die Geschichte des Daniel, 1) wie Fürsten und Herren nach von Gott gegebenem Sieg oder Gewalt mit Ernst danach trachten sollen, in ihren Landen gut Regiment, Recht und Gericht, die wahre Religion zu ordnen, zu bestellen, zu fördern und zu erhalten; 2) wie ihnen not thut, sich vor den listigen Anschlägen ihrer höchsten Räte sonderlich in Befehlen, Saßungen und gemeinen Geboten zu hüten.' An Daniel will der Verfasser zeigen, wie einem Christen nicht gebühre, in Sachen des Glaubens zu konnivieren oder auf beiden Achseln zu tragen. Daniel lobt und preist Gott, nicht wie im finstern Winkel, sondern bei offnen Fenstern. Es sollen auch billig alle Widersacher des Evangeliums eine Entseßung ob dieser Geschichte, wo sie nicht gar zu eitlen Hofteufeln geworden wären, nehmen und sich von ihrem bösen Vornehmen abschrecken lassen, wann sie sehen, wie Gott doch allezeit seines Wortes und Diener Verfolger so ernstlich straft und verstört'. Ueber den Anlaß der Widmung an die beiden jungen Fürsten spricht er sich so aus: 'E. F. G. Herr Vater hat viel Jahre her mit großer Gefahr des Leibes und Lebens, Verderbung von Land und Leuten wohl erlernt, was für Ruhe und Frieden der Satan allen frommen, gottesfürchtigen und evangelischen Fürsten gönnet und was die Hofteufel wider solche anrichten können, aber auch erkannt, wie Gott so treulich über die Seinen wacht und sie über alle menschliche Vernunft erhalten kann. Der aber, so Daniel errettet, zu Ehren gesezet, seine Widersacher so erschrecklich ausgerottet hat, der lebet noch und wird und will auch zu seiner Zeit solchen Hofteufeln gewißlich die Backenzähne ausreißen und endlich (wo sie sich nicht bekehren) selbst dem rechten Löwen, dem Teufel fürwerfen'.

Der König Darius hat den Daniel zum Statthalter bestimmt, aber seine Feinde haffen ihn darum so sehr, weil er ein vom höchsten Bischof längst verbannter Keßer sei. Die gegen Daniel vorbereiteten Anschläge seiner Feinde hinterbringt der Schleicher

Blepsidemus den beiden Freunden Daniels, Hanania und Michael. Der erstere von ihnen bricht darüber in Klagen aus:

Du lieber Gott, wol ists ein Ding,
Wie acht die Welt dich so gering,
Daß auch die müssen Keßer sein,
Die glauben wollen dem Worte dein,
Die Gößendiener, die gottlosen Leut,
Verdammen uns zu dieser Zeit,

Mich trügen denn gar die Sinne mein,
Ich wolt erraten schier, wer sie sein.

Sie raten darauf wechselsweise und nennen unter verdecktem Namen den von Luther 'Hans Worst' benannten großen Feind der Protestanten, Herzog Heinrich von Braunschweig, unter leiser Andeutung des romantischen Liebesbundes desselben mit der schönen Eva von Trotha, und den wegen seines unreinen Lebens berüchtigten Kardinal Albrecht, Erzbischof von Mainz, die beide nach bekannten Thatsachen von Blepsidemus also geschildert werden: Gewis, wenn mans mit Fleiß sol wählen,

Sie sind gleich in Leben und Lehr,

Ihr keiner tracht nach Bidermanns Ehr,

Der ein sein Hure zur Erden bestet,
Noch lebendig herrlich begeht
Mit allen Exequiis, geleich

Als wer sie ein verstorben Leich,

Die doch hernach viel Kinder trägt,

Wie solchs die Zeit uns hat entdeckt.
Der ander aber als ein geistlich Mann
Hats wahrlich weislich griffen an;
Daß Hurerei nicht würd verdacht,
Hat er die Meyen ehrlich bracht
In einem Sarg für Heiltum groß
Mit Kerzen und Fahnen in sein Schloß,

Ja vollend gar in die Schlafkammer sein.

Zur Erklärung diene eine Stelle aus Luthers Schrift 'Wider Hans Worst', die zu Anfang des Jahres 1541 erschien. Du speiest', so redet Luther zu dem Herzog Heinrich von Braunschweig, 'eitel Teufel aus deinem ganzen Leibe in allen deinen Werken und Wesen mit Gotteslästern, Fluchen, Lügen, Ehebrechen, Wüten, Schinden, Mordbrennen 2c., daß man deinesgleichen in keiner

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