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Kalisch vom 28. Febr. 18132. Die Proklamation von Kalisch vom 25. März 1813 3 >> an die Deutschen « verhiess >> Herstellung der deutschen Verfassung in lebenskräftiger Verjüngung und Einheit, ohne fremden Einfluss, allein durch die deutschen Fürsten und Völker und aus dem ureignen Geiste des deutschen Volkes. Durch die Verträge von Teplitz am 9. Septbr. 1813 trat Oesterreich der Alliance bei (Meyer, I. S. 144).

Man dachte damals wohl in patriotischen Kreisen >> an die Wiedergeburt des ehrwürdigen Reiches « (Proklam. von Kalisch); aber selbst die Pläne und Gedanken der besten und einsichtsvollsten Männer waren vielfach unklar und schwankend in Betreff der neuzugestaltenden deutschen Gesammtverfassung. Die Macht französischen Reiche einverleibt hatte. Auch das Grossherzogthum Berg bildete, nach Mürat's Abtretung, nur nominell noch einen Staat für sich. Kaiserl. Dekret vom 3. März 1809.

6) Kaltenborn a. a. O. B. I. S. 81 ff.

1) Vor allem sind hier zu benutzen Klüber's Akten des Wiener Kongresses in 8 Bänden, nebst der trefflichen Uebersicht der diplom. Verhandlungen (S. 94). Für die Geschichte des Wiener Kongresses vergleiche Gagern, Mein Antheil an der Politik, B. II. (Der Kongress zu Wien.) G. Flassan, der Wiener Kongress, übersetzt von A. L. Herrmann, 2 Bde. Leipzig 1830. Varnhagen von Ense, Denkwürdigkeiten des eigenen Lebens. 2. Aufl. Leipzig 1843, besonders III. Theil. Gervinus, Geschichte des XIX. Jahrhunderts. B. I. S. 174-317. Speciell für die Gründung des deutschen Bundes von Wichtigkeit ist ein Aufsatz von A. F. H. Schaumann, Geschichte der Bildung des deutschen Bundes auf dem Wiener Kongresse in Raumer's histor. Taschenbuch vom J. 1850 (III. Folge, I. Jahrgang, S. 151-281), ferner ein Artikel von K. L. Aegidi, »der deutsche Bund«, in Bluntschli's Staatswörterb. B. III. S. 1 ff. Häusser, B. IV. Abschn. VIII, der Wiener Kongress, und Abschn. X, der deutsche Bund. Unerschöpftes reiches Material liefert G. H. Pertz im Leben des Frhrn. von Stein, im dritten und ganz besonders im vierten Bande. Die umfassendste monographische Darstellung giebt uns K. von Kaltenborn in seinem oben genannten, überaus stoff- und inhaltreichen Werke: Geschichte der deutschen Bundesverhältnisse u. s. w. B. I. S. 83-266.

2) Traité de paix, d'amitié et d'alliance entre la Russie et la Prusse, signé à Kalisch le 28 Février et à Breslau le 27 Févr. 1813, bei G. v. Meyer, I. S. 135. Als allgemeines Ziel wurde die »délivrance de l'Europe«, als nächste Aufgabe >> die Wiederherstellung Preussens « hingestellt. Näheres in den geheimen Artikeln.

3) G. v. Meier a. a. O. S. 146.

4) Die früheste Denkschrift über die künftige deutsche Verfassung ist wohl die von Stein, d. d. Petersburg, 18. Sept. 1812. Pertz, B. III. S. 140; sie nimmt verschiedene Möglichkeiten an: eine wahre deutsche Monarchie, aber nicht die Verfassung des westph. Friedens, sondern einen Einheitsstaat, wo die deutschen Fürsten nur als Pärs fungiren; ist dies nicht zu

der Thatsachen stellte einer Reichseinheit fast unbesiegliche Hindernisse in den Weg, besonders in dem einmal vorhandenen Dualismus der beiden Grossmächte und der anerkannten Souveränetät der ehemaligen Rheinbundsfürsten. Hatte doch schon der Vertrag von Ried vom 8. Oktbr. 1813 die »indépendance entière et absolue de la Bavière« und die »plénitude de la souveraineté« zugestanden. Dasselbe ward, mit etwas vorsichtigerer Beschrän– kung, im Vertrage von Fulda am 2. Nov. 1813 dem Könige von Würtemberg eingeräumt 6. Aehnliche Accessionsverträge schlossen dann zu Frankfurt a. M. die übrigen deutschen Fürsten.

Schon bei den Besprechungen der Alliirten zu Langres im Januar 1814 und bei den Verhandlungen zu Chaumont vom 1. März 1814 war bestimmt worden, dass Deutschland eine Bundesverfassung erhalten sollte 8.

Der erste Pariser Frieden vom 30. Mai 1814 (Meyer, 240) liess dem besiegten Frankreich nicht nur den ganzen Territorial— bestand vom 1. Jan. 1792, sondern bereicherte dasselbe noch durch

erreichen, dann Theilung zwischen Preussen und Oesterreich, wenn auch mit Belassung der vertriebenen Fürsten (nicht der Rheinbundsfürsten) in einem Bundesverhältnisse.

5) Traité préliminaire d'alliance entre l'Autriche et la Bavière, signé à Ried le 8 Oct. 1813, bei G. v. Meyer, I. S. 217, nebst den Articles séparés et secrets. Daselbst auch die Convention entre S. M. Impériale d'Autriche et S. M. le Roi de Bavière, signé à Paris le 3 Juin 1814. Hier wurde Bayern ausser der vollen Gebietsentschädigung auch noch Mainz, die Rheinpfalz in Verbindung mit dem übrigen Körper der Monarchie zugesagt, ja noch weitere Mediatisirungen in Aussicht gestellt.

6) Traité préliminaire d'alliance entre S. M. l'Empereur d'Autriche et S. M. le Roi de Wurtemberg, signé à Fulde le 2 Nov. 1813. Hier heisst es, nachdem die Auflösung des Rheinbundes ausgesprochen ist, »S. M. le Roi de Wurtemberg, dégagé de tout lien constitutionnel étranger, jouira en conséquence de toute sa souveraineté, sous la garantie des rapports politiques, qui devront être la suite des arrangemens à prendre à l'époque de la paix future dans le sens de rétablir et assurer l'indépendance et la liberté de l'Allemagne, «

7) Diese Verträge stehen bei Meyer a. a. O. S. 200 ff. Ueberall findet sich die Klausel: »S. A. s'engage à se conformer aux engagemens, qu'exigera l'ordre des choses, qui sera définitivement établi pour le maintien de l'indépendance d'Allemagne.«

S) Pertz, III. S. 558. Die Denkschrift Stein's vom 10. März 1814, über die Grundzüge einer Bundesverfassung, in den Beilagen, S. 718; Stein verlangt eine Bundesversammlung und ein Direktorium mit dem alleinigen Rechte des Kriegs und Friedens, Landstände, welche auch in der Bundesversammlung vertreten sein sollten u. s. w.

die päpstlichen Besitzungen Avignon und Venaissin, durch Mömpelgard und viele andere deutschen Enklaven. Art. II.

In Betreff der künftigen deutschen Gesammtverfassung bestimmte der Art. VI.: »Les états de l'Allemagne seront indépendans et unis par un lien fédératif«. Die nähern Festsetzungen wurden dem Gesandtenkongresse zu Wien überlassen, welcher bereits am 1. August zusammentreten und die neue Feststellung der erschütterten europäischen Staatenverhältnisse durchführen sollte; doch erfolgte die förmliche Eröffnung erst am 1. Nov. 1814.

§. 102.

Die Sitzungen des Fünferkomité's vom 14. Oktober bis 16. November 18141.

Dank den kräftigen Bemühungen Stein's hatten, vor Eröffnung des Kongresses 2 am 28. und 29. Septbr, 1814, die Alliirten sich dahin geeinigt, die deutsche Verfassungsangelegenheit als eine besondere deutsche Sache anzuerkennen und sie einem Ausschusse von fünf deutschen Mächten zu überlassen. Diesen Ausschuss bildeten die Gesandten von Oesterreich, Preussen, Bayern, Hannover und Würtemberg. Zunächst suchten sich die beiden Grossmächte über einen Verfassungsentwurf zu verständigen. Bereits am 13. Sept. hatte der Staatskanzler Fürst Hardenberg dem Fürsten Metternich einen solchen Entwurf in 41 Artikeln vorgelegt, welcher Oesterreich und Preussen nur mit einem Theile ihrer deutschen Länder beitreten lässt, Deutschland in sieben Kreise mit Kreisobersten eintheilt, den Unterthanen und Landständen sehr bedeutsame, durch den Bund zu garantirende Rechte beilegt, ein allgemeines Gesetzbuch, gleiches Zoll- und Münzwesen verlangt. Die Bundesversammlung soll bestehen 1) aus dem Direktorium, welches Oesterreich und Preussen gemeinsam führen, 2) aus dem Rathe der Kreisobersten, 3) aus dem Rathe der Fürsten und Stände. Ausserdem wird ein Bundesgericht angeordnet 3.

1) Die Protokolle über die Sitzungen des Fünferkomité's, geführt von dem Hofrathe von Martens, stehen bei Klüber, B. II. S. 64-197, mit allen Beilagen; sie sind unserer Darstellung zu Grunde gelegt.

2) Pertz, IV. S. 110 ff.

3) Dieser » Entwurf der Grundlage einer deutschen Verfassung « steht bei

Am 14. Oktbr. hielt das Fünferkomité seine erste Sitzung; in der zweiten Sitzung am 16. Oktbr. legte Fürst Metternich einen zwischen Oesterreich und Preussen » koncertirten« Entwurf in 12 Artikeln vor, eine Modifikation des preussischen Entwurfs in 41 Artikeln ^.

In jeder Beziehung zeigte sich in diesem »koncertirten Entwurfe« schon Metternich's abschwächender Einfluss; aber der rheinbündnerischen Souveränetätssucht war auch dies bescheidene Mass von Einheit und Freiheit noch viel zu viel. Bayern und Würtemberg wollten dem Bunde nur den »Charakter einer Alliance gegen Auswärtige« einräumen (Klüber, II. S. 167), ihm aber jeden Einfluss auf die Ordnung der innern Verhältnisse der einzelnen Staaten nehmen 5; sie verwarfen jedes Uebergewicht von Oesterreich und Preussen, besonders die den beiden Grossmächten beigelegten Doppelstimmen im Rathe der Kreisobersten (Klüber, II. S. 92 ff. S. 99), ebenso das Bundesgericht und die Beschränkung des selbstständigen Kriegs- und Friedensrechtes, sowie des Bündnissrechtes mit Auswärtigen; dagegen

Klüber, B. I. S. 45 ff. Mit Bemerkungen von Stein bei Pertz, IV. S. 49 ff.

4) Oesterreich und Preussen treten mit allen ihren deutschen Landen zum Bunde, Preussen verzichtet auf die Parität, Oesterreich erhält in beiden Räthen das Direktorium, welches jedoch nur in formeller Geschäftsleitung bestehen soll. Zweck des Bundes ist » die Erhaltung der äussern Ruhe und Unabhängigkeit und die innere Schonung der verfassungsmässigen Rechte aller Klassen der Nation«; die Kreiseintheilung und die einflussreiche Stellung der Kreisobersten wird beibehalten, das Recht des Kriegs und Friedens lediglich dem Bunde zugesprochen, die Rechte der Unterthanen und der Landstände nur sehr flüchtig erwähnt. Klüber, I. S. 57 ff.

5) Der König von Würtemberg erklärte, »sich auf nichts einzulassen, was die Rechte des Souveräns im Innern beschränken könne und dass das, was die Rechte der Einzelnen gegen ihre Souveräne betreffe, nicht in die Bundesakte gehöre«. Klüber, II. S. 107. Die Bestimmung eines >> Minimums ständischer Rechte sei kränkend für die Rechte jedes Landesherrn«. »In einem Staatsvertrage könne nie von einem Verhältnisse einzelner Unterthanen gegen ihre Staaten die Rede sein« (S. 102). Vor allem protestirte W. gegen die Absicht, »aus verschiedenen Völkerschaften, z. B. Preussen und Bayern, so zu sagen Eine Nation machen zu wollen «<. Gegen ein solches Gebahren erklärte selbst Metternich am 20. Oktbr., dass auch »in der vorigen Verfassung den deutschen Unterthanen gewisse Rechte zugesichert gewesen «<. Besonders energisch war aber der Widerspruch des hannöverschen Bevollmächtigten Grafen Münster gegen den rheinbündnerischen » Sultanismus«. Siehe seine berühmte Erklärung vom 14. Oktober 1814, Klüber, I. Heft. S. 68.

6) Hierauf legte besonders Bayern das Hauptgewicht; sein Bevollmäch

adoptirten sie die Kreiseintheilung und die ihnen gebotene Stellung der Kreisobersten, um dadurch die kleinern Staaten von sich abhängig zu machen oder wo möglich ganz zu mediatisiren.

Nach 13 Sitzungen des Fünferkomité's erfolgte aber ein plötzlicher Stillstand der Verhandlungen, veranlasst durch eine Note der 29 vereinigten Fürsten und freien Städte, welche gegen ihren Ausschluss von den Verhandlungen energisch protestirten, vorzüglich aber durch die unterdessen eingetretene Spannung zwischen Oesterreich und Preussen wegen der polnischen und sächsischen Frage. So folgte von Mitte November 1814 bis Mitte Mai 1815 »eine Zeit der Wirren und Projekte«.

§. 103.

Zeit der Ungewissheit bis zum Mai 1815.

Die 29 (nachher 32) vereinigten kleinern Staaten nahmen ihr unläugbares gutes Recht, an der Konstituirung des Bundes Theil zu nehmen, in Anspruch, erklärten sich aber bereit, zum Besten des Ganzen sich diejenigen Einschränkungen, sowohl im Innern ihrer tigter Fürst Wrede reservirte der Krone Bayern das Recht des Kriegs und Friedens aufs bestimmteste. >> Eine Verzichtleistung auf das Recht der freien Verträge könne zum Vortheile des künftigen deutschen Bundes von Bayern nicht gefordert werden. Es würde sich dadurch eines vorzüglichen Rechtes seiner Krone begeben und dafür keinen andern Vortheil als denjenigen erhalten, welchen ihm eine eigene Verbindung mit einer der grössten Mächte Europa's ohnehin verschafft haben würde. Es könnten Kriege im Orient oder Occident von Europa ausbrechen, an welchen Bayern ein Interesse hätte, Antheil zu nehmen. Es sei ein Recht der Unabhängigkeit, an welchem der Nationalstolz Gefallen trägt.« (Klüber, II. S. 115.)

7) Der erste Zusammentritt dieser kleinstaatlichen Elemente wurde bewirkt durch Gagern (Mein Antheil, II. S. 202), die freisinnige und patriotische Richtung ihrer Politik wurde wesentlich durch Stein bestimmt, der sich mit diesen Elementen verband, um der Lauheit der Grossen und dem bösen Willen der Mittlern einen wirksamen Sporn zu geben. Häusser, IV. S. 682. Die 29 Staaten verlangten, »dass dem Reiche der Willkühr ein Ende gemacht werde, wie im Ganzen durch die Bundesverfassung, so im Einzelnen durch Einführung landständischer Verfassungen «. Als nothwendige Rechte der Landstände sahen sie an: Steuerbewilligungsrecht, Theilnahme an der Gesetzgebung, Mitaufsicht über die Verwendung der Steuern, Recht der Beschwerdeführung gegen Staatsdiener und gegen Missbräuche in der Verwaltung. Die Ideen über landständische Verfassungen in diesem staatsmännischen Kreise stellt am vollständigsten dar der treffliche Aufsatz des weimarischen Bevollmächtigten von Gersdorff, bei Pertz, B. IV. S. 624. Ueber ihn siehe G. Th. Stichling, Ernst Christian August von Gersdorff, weimarischer Staatsminister. Weimar 1853.

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