Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

IV.

Neueste Notizen über die Dampfwagenfahrten auf der Eisenbahn zwischen Liverpool und Manchester.

Aus dem Mechanics' Magazine. N. 389. Januar. 1851.

Der neue Dampfwagen Wilhelm IV. erschien am 14. Jånner d. I. das erste Mal wieder auf der Eisenbahn, nachdem sein Maschinenwerk von dem am 24. September vorigen Jahres erlittenen

Dampfmaschinen (so wie von Pumpen, Wassersäulenmaschinen und Geblåsen) mit einer unmittelbaren, bestånbigen und gleichförmigen Radbewegung von der gewöhn lichen Bauart dieser Maschinen gewähren würde, bei welcher die ursprüngliche Wechsel: oder wiederkehrende Bewegung (mouvement de va et vien) durch einen mehr oder minder complicirten und Kraft rauhenden Zwischenapparat von Hebeln, Wagbalken, Kurbeln und Schwungrådern in eine Kreisbewegung verwandelt werden muß, wåren in der That, sowohl in Hinsicht auf Kraft als auf Raumersparniß, von sehr hohem Werthe, wenn diese Vortheile in der Ausführung fich wirklich und praktisch bestätigten. Die finnreichsten Mechaniker haben sich daher schon långst bemühet, und es sind seit hundert Jahren schon unzählige Vers fuche gemacht worden, diese Aufgabe zu lösen.

1

Schon unser wackerer Jacob Leupold hat in seinem 1724 zu Leipzig ers schienenen Theatrum machinarum hydraulicarum, oder Schaus plag der Wasserkünsté, 1. Th. 13 Kap., von Kapsel- oder Büchsen: künften, S. 123–135. eine Menge solcher Druckwerke mit umdrehender Be= wegung beschrieben, welche zum Theil schon lnnge vor ihm erfunden und bekannt waren, und deren Bau- und Wirkungsart auf demselben Principe beruhet. In England sind seit 50 Jahren mehr als dreißig Patente auf sogenannte rotative Steam-Enginés genommen werden, von welchen die neuesten und merkwürdigsten im Polyt. Journ. Bd. IX. S. 32.; Bd. XII. S. 307.; Bd. XX. S. 125.; Bd. XXI. S. 487.; Bd. XXII. S. 377.; Bd. XXIII. S. 201.; Bd, XXVIII. S. 240 und 334.; Bd. XXIX. S. 72.; Bd. XXXII. S. 378. angezeigt und be schrieben wurden. Abbildungen und Beschreibungen von früher patentisirten Erfindungen dieser Art sind in Robert Stuart's History of the SteamEngine, London 1824, S. 150, 152, 158, 172, 174, 177, 180 und 196. zu finden.

Indeffen hat keine von allen diesen Vorrichtungen in ihrer Ausführung den Erwartungen, welche man nach der Theorie sich davon machen konnte, genügend entsprochen. Es hat sich nämlich gezeigt, daß die Verfertigung dieser Maschinen, ungeachtet ihrer scheinbaren Einfachheit, ungleich schwerer und künstlicher ist, als die der gewöhnlichen Dampfmaschinen; daß der Dampfverlust zwischen den be weglichen und unbeweglichen Theilen (den Kolben und Cylindern) jenen, welcher bei gewöhnlichen Maschinen mehr oder weniger, doch unvermeidlich Statt findet, weit übertrifft, und daß, wenn man diesen Verluft weniger merklich machen will, die Kolben so fest in die Cylinder eingepaßt werden müssen, daß der Widerstand ihrer Reibung ungeheuer wird; daß folglich, im Ganzen genommen, die oben erwähnten theoretischen Vortheile durch diese technischen und praktischen Nachtheile weit überwogen werden, folglich die gewöhnlichen Dampfmaschinen mit vor: und rückwärts bewegten Kolben vor allen Maschinen mit umdrehenden Kolben noch immer den Vorzug verdienen.

Was nun die hier beschriebene Vorrichtung des Hrn. John Street in's Besondere betrifft, so müssen wir bemerken, daß dieselbe mit den von dem berühmten James Watt im Jahre 1784, und von Edmund Cartwright im Jahre 1797 patentisirten (im angeführten Werke des R. Stuart S. 158. dargestellten) Dampfmaschinen mit umdrehender Bewegung die auffallendste Aehnlichkeit hat, und fich von jenen nur durch eine weit mehr complicirte, künstlichere und kostbarere Bauart auszeichnet.

2. d. Ue.

Unfall, in der Fabrik der HHrn. Fawcett und Comp. zu Liver pool wieder vollkommen hergestellt war. ") Folgende Nachricht von dem ersten mit dieser Maschine angestellten Versuche geben wir aus dem Briefe eines Correspondenten, welcher dabei gegenwärtig war.

Die Maschine begann ihren Lauf an der Mündung des Tunnels von Liverpool mit einer Ladung von 53, Tonnen (970 Zent. Bayerisch). Sie ging ziemlich rasch bis zur schiefen Fläche von Whiston, auf welcher sie eine beträchtliche Länge zurücklegte, bis der Widerstand dergestalt zunahm, daß die Råder an den Schienen Feuer schlugen, ohne weiter zu kommen. Nun ward eine von Hrn. Ste= phenson's Maschine zur Hülfe genommen, und dieser ungefähr ein Drittel des Wilhelm aufgegeben, bis der ganze Zug den höch sten Punkt der schiefen Fläche erreicht hatte. Als der Wilhelm auf der Mitte der Rainhill-Ebene angekommen war, hielt man um zu sehen, wie viel Wasser im Kessel verdampft war. Dieß be trug genau 48 Kubikfuß. Die Ladung von 53% Tonnen ward nun durch zwei Dampfwagen des Hrn. Stephenson weiter geschafft, und der Wilhelm kehrte ohne alle Ladung nach Liverpool zurück. Sieben Meilen auf diesem Wege wurden jeßt in ungefähr einer halben Stunde zurückgelegt, und während dieser Zeit 24 Kubikfuß Wasser verdampft. Hiedurch hat sich eine Schnelligkeit in der Dampfentwickelung erwiesen, welche die vorherigen Angaben und selbst die kühnsten Erwartungen der Patent-Tråger weit übertrifft. 18)

Auch die Reparation der Adelaide ist ihrer Vollendung nahe, und diese und der Wilhelm werden beide nächstens zum regelmå ßigen Dienste verwandelt werden.“

Auszug eines anderen Briefes von demselben Correspon= denten, batirt 17. Sånner.

,,Der Wilhelm ist heute wieder, und zwar mit einem noch mehr entscheidenden Erfolge, versucht worden. Das endliche Resultat ist, daß diese Maschine mit Dampf von 21 Pfd. Druk auf den

17) Die Beschädigung dieses Dampfwagens (so wie eines anderen: die Adelaide genannt) ward dadurch herbeigeführt, daß die Kette, an welcher der= felbe durch einen Krahn aus einem Kanalbothe gehoben wurde, brach, und der Wagen mehrere Fuß hoch herabfiel. 2. d. D.

18) Rühmlicher wåre es für diese Herren gewesen, wenn ihre Maschine denselben Weg in derselben Zeit mit einem geringeren Verbrauche von Dampf zurückgelegt hatte. Denn eben in diesem ungeheueren Aufwande von Wasser und Dampf, folglich auch von Brennmaterial, welcher den gewöhnlichen Aufwand von fest stehenden Dampfmaschinen weit übertrifft, und außer allem Verhåltnisse zur hervorgebrachten Wirkung stehet, liegt noch die größte Unvollkommenheit der bis jest erfundenen und gebrauchten Dampfwagenmaschinen.

2. d. Ue.

Quadratzoll, und mit dem angehängten Wasserwagen allein, mit der Geschwindigkeit von 15 Meilen in einer Stunde gehen, und mit Dampf von 15 Pfd. Stärke, und 60 Tonnen (1093 bayerische Zent.) Ladung in jeder Stunde 10 Meilen zurük kann, Bei dem heutigen Versuche arbeitete sich dieser Dampfwagen im kleinen Tunnel über eine Anhdhe hinauf, deren Steigen 1 auf 64 beträgt (82%, Fuß auf eine englische Meile), und über welche, wie ich glaube, vorher noch keine solche Maschine gegangen ist; und von da hinauf bis in den Hof der Werkstätten der Gesellschaft, wo das Steigen noch größer ist. Die einzige Schwierigkeit, welche sich hiebei zeigte, bestand in einem von Zeit zu Zeit eingetretenen Mangel von Uebereinstimmung zwischen der Wirkung des Evacuators (exhauster) und jener des Kef= sels; was aber leicht zu verbessern seyn wird, und weßhalb die Maschine wieder in die Werkstätte der HHrn. Fawcett und Comp. gebracht worden ist.

In derselben Nummer des Mechanics' Magazine befinden sich (S. 361.) von einem Ungenannten folgende

"

Fragen an Herrn Stephenson.

Der Caledonian Mercury enthält ein langes Schreiben von eis nem Forscher nach Wahrheit“ über die erzählten Leistungen des Dampfwagens: der Planet auf der Liverpool- und Manchester-Eisenbahn, in welchem folgende sehr vernünftige Fragen gestellt werden:

1) Wie viel betrugen die wirklichen Kosten des Transportes von 51 Tonnen 11% Zent. Waaren zwischen Liverpool und Manchester? 2) Wie viele andere Maschinen wurden verwendet, um den Planet über die Rainhill-Fläche hinauf zu ziehen, und wie viele Menschen wurden dabei gebraucht?

3) Warum die 15 Männer, welche diesen Zug begleiteten, Handlanger oder Arbeiter, um nach Erforderniß zu helfen?

4) Leisteten diese Hülfsmaschinen und Männer denselben Tag noch sonst etwas für ihre Löhnung?

5) Was war Ursache, daß der Planet auf diesem Wege zu drei verschiedenen Malen, jedes Mal 5 Minuten lang anhielt, da doch behauptet wird, daß unter gewöhnlichen Umständen ein einziges Anhalten hinreiche?

6) hat eine von Hrn. Stephenson's Maschinen je mehr als eine Reise zwischen Liverpool und Manchester hin und zurück in ei ́nem Tage (von 12 Stunden) gemacht, ohne daß einige Ausbesse= rungen an den Kesseln oder Federn der Maschinenwagen nöthig wurden? Was mag eine solche Reparation für jede Reisekosten, und wie

oft ist eine doppelte Reise ohne dergleichen Reparaturen gemacht worden?

Ich weiß, daß eine Hochdruckmaschine zuweilen selbst ohne Gefahr über ihre eigentliche und vortheilhafte Kraft angestrengt werden kann; allein nach meiner Erfahrung soll dieses, so viel möglich, vermieden werden, da hiedurch alle Theile der Maschine beständigen Be schådigungen und Brüchen ausgesetzt sind, und die Kosten und der Zeitverlust ungeheuer vermehrt werden. Ich war begierig zu erfahren, ob dieses der Fall mit dem Liverpool-Dampfwagen sey, wenn solche den Weg bis Manchester in 1 Stunde und 50 Minuten, oder in 2 Stunden, mit Einschluß der Anhaltungen, zurücklegen; und ich håtte mich hievon gèrn selbst durch Untersuchung der Maschinen nach der ihrer Zurückkunft überzeugt, wenn nicht ein mechanischer Freund, welcher in der Absicht diese Maschinen zu sehen, Liverpool besucht hatte, mich versichert håtte, daß ihm der Zutritt in den Werkhof, in welchen die Dampfwagen nach ihrer vollendeten Reise geführt werden, verwahrt worden sey. Ich erlaube mir daher noch eine letzte Frage:

7) Ist es wahr, daß in den Werkhdfen zu Liverpool und zu Manchester, wo die Dampfwagen nach jeder vollbrachten Reise ankommen, die größte Eile und Thätigkeit unter einem Haufen von Künstlern und Arbeitern herrscht, welche alle in Bereitschaft stehen, die Beschädigungen an den Maschinen und Wagen auszubessern, und andere vorråthige Maschinen und Wagen an ihre Stelle zu setzen, gleichfam als ein Reservecorps, wenn jene nicht zeitig genug wieder ins Feld gebracht werden können?

[ocr errors]

Wenn zahlreiche Versuche mit Dampfwagen - Maschinen von verschiedener Bauart irgend Jemand in Stand sehen können, diese Fragen zu beantworten, so sollte, wie ich denke, der Ingenieur der Liverpool und Manchester - Eisenbahn dieß zu thun fähig seyn; denn wie ich höre, sind nicht zwei dieser Maschinen sich gleich da bei einigen die Cylinder vertical, bei anderen horizontal, und bei anderen in verschiedenen schiefen Stellungen angebracht sind, einige über den Kessel, einige unter, und andere zu beiden Seiten des Kessels. Eis nige haben Röhren von durchaus gleicher Weite und Dicke, andere von verschiedener Größe und Stärke. Da der Planet die leßte, und folglich ohne Zweifel die beste dieser Maschinen ist, so wünsche ich zu erfahren, zu welcher Classe von diesen verschiedenen Bauarten derselbe gehört?" 19)

19) Aus allen diesen Nachrichten, Bemerkungen, Bedenklichkeiten und Fragen geht deutlich hervor, daß die Herren Mechaniker in England mit ihren Dampfs

V.

Bemerkungen über einige Hindernisse, durch welche die Fahrt auf Eisenbahnen im Winter erschwert werden kann, und Vorschläge zur Hebung dieser Hindernisse. Von Joseph Ritter von Baader.

Zu den verschiedenen Einwürfen, welche von den Gegnern der Eisenbahnen sorgfältig hervorgesucht werden, gehört auch die Behauptung, daß die eisernen Geleise im Winter durch Schnee und Eis so bedeckt und verstopft werden, daß die Wagen auf denselben nicht mehr fortkommen können. - Die Erfahrung hat indessen seit 40 Jahren in England bewiesen, daß dieses Hinderniß von keiner großen Bedeutung ist. Was den Schnee betrifft, so kann freilich ein außerordentlich starkes und anhaltendes Gestdber die Bahn, besonders an einzelnen Stellen, wo der Wind ganze Massen zusammen treibt

Schnellposten doch nicht ganz im Reinen sind, und daß die locomotive Engines noch großer Verbesserungen bedürfen, wenn sie allgemein auf Eisenbahnen einge= führt werden sollen. Die Geschwindigkeit, welche man dicsen Fuhrwerken zu geben gewußt hat, ist in der That außerordenlich, und grånzt an das Unglaubliche; sie wird aber offenbar nur mit dem ungeheuersten Aufwande von Bewegungskraft, d. i. von Dampf und Brennmaterial, und mit einer bedeutenden Abnügung aller Maschinentheile erzwungen. Die Råder, deren Durchmesser höchstene 4 Fuß beträgt, müssen bei dem gewöhnlichen Laufe dieser Wagen 160 bis 200 Mal in jeder Minute sich umdrehen, und da, bei der gegenwärtigen Bauart, die Kolben der Dampfmaschinen eben so viele Züge in derselben Zeit machen müssen, so ist leicht einzusehen, daß durch den Widerstand der Trägheit von so ungeheuer schnell in ihrer Richtung und ihrem Momente wechselnden Massen, und durch die unvollkommene Wirkung der Ventile oder Schieber, durch welche der Dampf in die Cylinder eindring und aus denselben entweichen muß, und deren regelmäßiges Deffnen und Schließen in so kurzer Zeit nicht möglich ist, bei Weitem der größte Theil der bewegenden Kraft ganz unnüt verschwendet werden muß. Die allergrößte Unvollkommenheit der bisher erfundenen und gebrauchten Dampfwagen liegt aber darin, daß sie nur auf ganz wagerechten Eisenbahnen sich leicht und schnell fortbewegen, über schiefe Flächen aber, deren Steigen mehr als 1' auf 60′ Långe beträgt (88 Fuß auf eine englische Meile, oder 20′′ auf 100′) nur sehr langsam und mit vieler Mühe sich hinaufarbeiten können, und daß daher, um ein so gleichförmiges Niveau mit solchen sanften Steigungen zu erhalten, die kostbarsten Erdund Mauerarbeiten, Durchstiche, Ubgraben, Stollen, hohe und lange Dåmme, Brücken u. d. gl. ausgeführt werden müssen, welche in den meisten Gegenden einen ungeheueren Aufwand erfordern, wie die Erfahrung an der Liverpool- und Manchester Eisenbahn beweiset, wo diese Vorbereitungsarbeiten, die Zurichtung und Ebnung des Grundes acht Mal mehr als die eigentliche (doppelte) Eisenbahn gekostet haben. Bei der so hohen Wichtigkeit dieses Gegenstandes, und bei dem lebhaften Interesse, welches derselbe überall erregt, darf man indessen hoffen, daß die Mängel, welche dieser wichtigsten Erfindung unserer Zeit noch ankleben, allmählich gehoben werden, nnd daß es dem menschlichen Erfindungsgeiste und Fleiße endlich gelingen werde, alle Schwierigkeiten zu besiegen, welche der allgemeinen Einführung bis jezt noch im Wege stehen. Vielleicht erleben es dann unsere Ure ur-Enkel, daß im Jahre 1931 oder 2000 auch in Bayern eine vollkommene Eisenbahn zu Stande kömmt, nachdem ihre Ahnen vorher ein Paar Duhend Millio= nen Gulden auf Kanalbau- Experimente ins Wasser geworfen. haben werden. 2. d. ue.

[ocr errors]
[ocr errors]
« ZurückWeiter »