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und Theilnahme an allen wichtigen Landesangelegenheiten mit der Befugniß, ohne ihre Zustimmung keine neue Steuern, Abgaben, Schoß und Zinsen zu erheben.

Im September 1417 ftand an der Gränze unserer Lande ein Heerhaufe, um einen Angriff, den der Herzog von Stolp auf unsere Lande im Schilde führte, zurückzuweisen. Es kam zu keinem Kampfe. Der Herzog von Stolp hielt Friede.

Im Orden selbst entstand eine Verschwörung. Das Kapitel, welches am 14. Oktober 1413 tagte, sprach die Amtsentseßung des Hochmeisters aus. Der edle und tapfere Heinrich Reuß von Plauen, der die Hauptstadt Marienburg und den Ritterstaat vom Untergange gerettet, fügte sich diesem Spruche; er legte ruhig sein Amt nieder und zog sich nach der Engelsburg bei Graudenz zurück.

Der Nachfolger, der bisherige Ordensmarschall Michael Küchmeister von Sternberg, der am 9. Januar 1414 zum Hochmeister erwählt wurde, war nicht im Stande, die gesunkene Macht des Ordens wieder aufzurichten. Er legte im März 1422 freiwillig fein hochmeisterliches Amt nieder, wurde Komthur zu Danzig und starb daselbst am 20. Dezember 1424.

Auch Küchmeister von Sternbergs Nachfolger Paul von Rußdorf war seiner Aufgabe nicht gewachsen. Schon im ersten Jahre seiner Regierung wurde er vom König von Polen mit Krieg überzogen, überall zurückgeworfen und auf Bitten des Landesraths, der jezt schon polnische Sympathieen offenbarte, zu einem schmachvollen Frieden am See Melno gezwungen.

Im Jahre 1433 wurden unsere Lande von den Hussiten, die im Bunde mit den Polen standen, sehr beunruhigt und belästigt. Die Hussiten führten ihren Namen von Johannes Huß, einem böhmischen Prediger und Professor zu Prag, der die Thorheiten der päpstlichen Hierarchie öffentlich rügte und die christliche Kirche von manchen Mißbräuchen zu reinigen sich bestrebte. Er tadelte die verwilderten Sitten der Priester, predigte wider den Ablaß, mit dem der Papst damals in Böhmen einen einträglichen Handel trieb, erklärte Seelenmessen, Bilderdienst, Mönchsleben, Ohrenbeichte, Fasten u. dergl. für Erfindungen des geistlichen Despotismus und Aberglaubens und die Vorenthaltung des Kelchs beim Abendmahle für schriftwidrig. Er bestritt den Glauben an Pabst und Heilige, die Kraft der Absolution eines lasterhaften Priesters, die Verwandlung der Hoftie, die

unbedingte Unterwerfung unter irdische Obern und machte die heilige Schrift zur alleinigen Richterin in Glaubenssachen. Vom Papste in den Bann gethan appellirte er an eine allgemeine Kirchen - Versammlung und folgte mit Freuden der Einladung des Kostnißer Conciliums, um seinen Glauben vor den Gottesgelehrten aller Völker zu vertheidigen. Das Concil aber verurtheilte ihn zum Tode und ließ ihn 1414 öffentlich verbrennen. Seine sehr zahlreichen Anhänger in Böhmen ergriffen hierauf die Waffen, um seinen Tod zu rächen und ihre Gewissensfreiheit zu behaupten. Doch Grausamkeiten aller Art befleckten ihren Ruf und schändeten ihren Namen. Sie waren es, die Polens König gegen den Deutschen Ritterorden aufftachelte. Im Jahre 1433 fielen sie in die Neumark ein, erstürmten die Städte Friedeberg und Woldenberg, verdrängten die Besaßungen aus Soldin und Königsberg, verwüsteten das platte Land und drangen bis Konig und Tuchel vor. Dort gesellten sich zu ihnen polnische Heerhaufen und Freischaaren. Die Komthure von Danzig und Christburg konnten die Neumark nicht vertheidigen und wichen zurück. Mit ihrem Fußvolk und 5000 Pferde stark rückten sie über Polzin und Pollnow ins Gebiet von Bütow ein und warteten hier auf Verstärkungen. Sie hatten kaum noch für eine Woche Kriegs- und Mundvorrath, warfen sich nördlich in das Herzogthum Pommern und drangen bis in die Gegend von Stolp, um ihre ermatteten Kriegsgäste, die sich nur durch Raub und Plünderung nährten, nach Lauenburg und Danzig zurückzuführen. Doch schon in der Stadt Lauenburg und auf den Waldauer Gütern, mußte der Komthur von Chrift burg wegen Mangels an Unterhalt und wegen Abgangs der Pferde alle seine Ritter und Reisige in ihre Heimath entlassen. *)

Ein großer Heerhaufe der Polen und Kezer so hießen die Hussiten gegen 24,000 Mann stark, belagerte Koniß und ver= wüstete die ganze Umgegend. Als das ganze Land um Konig verheeret und aller Mundvorrath weit und breit verzehret war, fiel ein Theil der Polen und Hussiten in das kurz zuvor von den Kriegsgästen des Deutschen Ordens arg heimgesuchte Land Bütow ein, raubte und plünderte, was noch übrig geblieben war, zündete viele Dörfer an und belagerte die Burg. Doch der tapfere Pfleger Lucas von Lichtenstein vertheidigte sich standhaft und schlug mit seiner

*) Siehe die Kriegsberichte in der Urk.-Samml. I. Nro. 40 bis 43.

wackern Besaßung alle Angriffe zurück. Die Hussiten zogen ab, doch das Land war verwüstet.

Gegen Ende des Jahres 1433 wurde ein ewiger Frieden zu Brzesc mit dem König von Polen geschlossen, doch nicht aufrichtig gehalten. Denn noch in demselben Jahre am 15. Dezember wurde zu Lancziz ein neuer Beifriede auf 12 Jahre geschlossen. Im folgenden Jahre, am 31. Mai 1434, starb des Ordens erbitterter Feind, der König von Polen Jagiello (als Christ Wladislaw genannt); und sein Nachfolger der König Wladislaus IV. schloß mit dem schwachen Hochmeister Paul Belliger von Rußdorf am Sylvesterabende 1435 zu Brzesc einen neuen ewigen und für den Orden schimpflichen Frieden. Pomerellen und somit auch unsere Lande verblieben beim Ritterstaate in Preußen.

Im Orden zeigte sich Zwietracht und Hader, Uebermuth und Ueppigkeit, im Lande Aufruhr und Empörung. Auf einer Tagfahrt zu Elbing i. 3. 1439 beschlossen Abgeordnete der Städte und Ritterschaft, an ihrer Spiße Hans von Czegenberg aus dem Culmer Lande einen Bund zu stiften, um sich gegen die Bedrückungen des Ordens zu schüßen. Auf der Tagfahrt zu Marienwerder, am Sonntage Judika, 14 Tage vor Ostern am 14. März 1440 wurde der preußische Bund förmlich geschlossen, feierlich beschworen und am folgenden Tage besiegelt. Der Adel aus unsern Landen und die beiden Städte Lauenburg und Leba traten auf einer spätern Tagfahrt zu Danzig, zu der sie mit den übrigen Städten und dem Landadel in Pomerellen von der Stadt Danzig eingeladen waren (Schüß 139-141) dem preußischen Bunde bei und besiegelten gleichfalls den Bundesbrief. *)

Bald darauf erhielt der Preußische Bund von dem ohnmächtigen Hochmeister Paul Bellizer von Rußdorf seine förmliche und rechtliche Bestätigung. Der Landesherr genehmigte die Empörung!

*) An der Beitritts - Urkunde der pomerellischen Städte zum preußischen Bunde, die im Rathsarchiv zu Thorn aufbewahrt wird, sind die alten Wappen der beiden Städte Lauenburg und Leba in Wachs abgedrückt und in einer mit seidner Schnur angehängten blechernen Kapsel noch erkennbar vorhanden. Die Handfesten dieser Städte, welche im zweiten Theile dieses Buchs abgedruckt werden, sind mit einem Abdruck der alten Wappen an der Stirne geschmückt. Diese Beitritts - Urkunden selbst sind abgedruckt in der U.-S. I. Nro. 45 und 46,

Nicht lange ertrug er die Schmach; am 9. Januar 1441 starb er und ward in der St. Annen-Kapelle begraben.

Unter dem Nachfolger Konrad von Erlichshausen wuchs der Aufruhr und die Macht des preußischen Bundes, der seine Forderungen an die Landesherrschaft stets höher spannte und mehr Gewalt sich anmaaßte. Konrad bestrebte fich den Bund aufzulösen; seine Bemühungen scheiterten. Er starb am 7. November 1449 und fand feine Ruhestätte in der St. Annenkapelle zu Marienburg, wo nach ihm kein Hochmeister mehr beerdigt ward.

Der neue Hochmeister Ludwig von Erlichshausen, der am 21. März 1450 erkoren wurde, war ein schwacher Fürst und nicht fähig, den drohenden Verfall des Ritterstaates abzuwenden. Die Eidechsenritter im Culmer Lande, von denen der Geist der Empörung ausging und durch das ganze Land sich verbreitete, erhoben kühner ihr Haupt und fannen schon auf Hoch- und Landes- Verrath. Ihr Abgesandter Gabriel von Baisen begab sich zu Ende des Jahres 1453 nach Krakau an den Hof des Königs von Polen, als der Reichstag versammelt war und sprach in voller Reichsverfammlung: (Voigt VIII. S. 343.)

„Weil Lande und Städte in Preußen von alten langen Jahren „her durch mannigfaltige Gewalt und Unrecht bedrückt worden, ,,so sind sie alle einträchtig zu Rath gekommen, solche Gewalt und „Unrecht von den Kreuzigern ferner nicht zu dulden. Weil „aber das Land Preußen von Alters her und die Herrschaft der Kreuziger daselbst aus der Krone Polens ausgegangen ist und „die Kreuziger selbst noch den König für einen Patron erken„nen, so hat keiner billigeres Recht zu dem Lande als Seine Königliche Gnade. Deßhalb haben alle Lande und Städte Preußens den König zu ihrem rechten Herrn erkoren und fle,,hen und bitten, daß er sie wieder in seine Herrschaft und Beschirmung aufnehmen und ihr Herr sein wolle, wie ihm fol,,ches mit Recht gebühret."

Dem Könige Kasimir von Polen gefiel diese Rede wohl. Er befragte die Bischöfe, Woiwoden, Starosten und Rechtsgelehrten der Universität Krakau und einmüthig fiel das verlangte Rechtsgutachten dahin aus: „der König von Polen hat vollkommen Recht zum Lande Preußen."

Da war der Aufruhr nicht mehr zu dämpfen. Die Eidechsenritter, an ihrer Spiße Hans von Baisen, die Sendboten des Landadels und der Städte sagten sich 1454 von der Herrschaft des Deutschen Ritterordens förmlich los, kündigten Gehorsam und Huldigung auf und griffen zum Schwerte. Es entbrannte ein 13jähriger blutiger verheerender Bürgerkrieg und unsere Lande gingen dem Staate der Deutschen Ritter verloren.

Darstellung der innern Geschichte im Zeitalter der Kreuzritter.

Nach diesem Abriß der äußern Geschichte wenden wir uns zur innern Geschichte und wollen die Verfassung und Verwaltung, die Gründung und Bewidmung der Städte und Dörfer, Kirchen und Pfarreien, die Bevölkerung, Sprache und Religion, die Geseze und Zustände unserer Lande im Zeitalter der Deutschen Ritter betrachten und schließlich den Umfang und die Gränzen unserer beiden Gebiete festzustellen suchen.

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Der Deutsche Ritterorden hatte nach seiner Stiftung im gelobten Lande und nach seiner schnellen Entwickelung im neuen Ritterstaate Preußen eine feste Gliederung. An der Spize stand der Hochmeister magister generalis als wirklicher Landesfürst, der jedoch die oberste Gewalt nicht ganz unumschränkt führte, sondern bei allen wichtigen Vorfällen und Begebenheiten ein General - Kapitel der Ordensgebietiger einberief und auf den Rath und die Stimme der erfahrensten Brüder großes Gewicht legte. Ihm folgten und standen zur Seite die 5 obersten Gebietiger des Ordens. 1. Der Großkomthur magnus commendator; er hatte die oberste Landesverwaltung als Minister des Innern und des Hauses; er wohnte beständig in der hochmeisterlichen Hofburg und bekleidete beim Tode eines Hochmeisters bis zur Neuwahl das Amt eines Statthalters. 2. Der Oberst-Marschall Marscalcus; er hatte die Oberaufsicht über das gesammte Kriegswesen, die Bewehrung der Ordensburgen, die Waffenrüftung u. s. w. als Kriegsminister und im Kriege stand

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