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mauern noch heute vorhanden und das älteste Bau-Denkmal in unseren Landen.

Der friedliebende Meister Conrad erweiterte den Ritterstaat. Jm Juli 1402 faufte er vom Könige Sigismund von Ungarn die Neumark für 63,200 ungarische Goldgulden, erlebte jedoch hieran nicht viele Freude; er zog sich durch diese Gebietserweiterung den Neid und die Feindschaft der benachbarten Fürsten zu. Namentlich erhob sich um Driesen ein Streit und später ein Krieg, der den Deutschen Orden an den Rand des Verderbens brachte. Im Jahre 1406 kurz vor seinem Tode kam der Meister Conrad nach Bütow und mahnte von hier aus die Stadt Stolp an Abtragung der alten Schulden, die der Orden von Jahr zu Jahr gestundet. Da seine höfliche Mahnung nichts fruchtete, so schrieb er aus Bütow im Jahr 1406 folgenden derben Brief an die Stadt:

„Burgermeister und Rathmannen! Obgleich wir Euch viel und ,,gefach vermahnt haben zur Bezahlung unseres Geldes, das Ihr ,,uns schuldig seid, hoffend Euch sollte Euer Ingefiegel und Ehre lie,,ber sein denn Mahnungen um unser Geld zu leiden. Nun befin,,den wir wohl, daß Euch eine kleine Mahnung wenig zu Herzen geht. So oft wir auch ernstlich um Bezahlung schreiben, so ist ,,Euch unser Geld doch immer lieber als Euere Ehre. Ihr habt „uns bisher mit Eueren Worten gespeiset und lüget uns doch vor ,,als Bösewichte und haltet uns keins, weder Eure Briefe noch Sie,,gel, was wir Euch nicht zugetraut hätten. Darum heischen wir ,,nochmals von Euch und begehren in ganzem Ernste, daß Ihr uns unser Geld nach Eueres Briefes Laut bezahlet ohne längern Ver„zug, sofern Euch Ehre und Gerechtigkeit lieb ist. Thut Ihr das nicht „und verzieht Ihr, in Bosheit und Trug verstockt, uns noch länger, „so wisset, daß wir Gott und unsere Gerechtigkeit zu Hülfe nehmen ,,und Euch in aller Weise, wie wir das nach Eurer Briefe Laut thun ,,mögen, unser Geld abmahnen wollen als an ungetreuen Bösewich,,ten, die nicht Ehre noch Wahrheit an sich haben und wollen dazu gedenken, daß wir uns erklagen gegen alle Städte, die Eueren Na„men wissen, daß Ihr uns treulos und ehrlos geworden seyd als Bösewichte und es Schade ist, daß Ihr vor einer ehrbaren Stadt „Infiegel rathen follet, denn alles, was Ihr uns geschrieben habt ,,und gelobt, ist Lüge gewesen und Ihr habt uns bisher mit bos:

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,,haftiger Lift als rechte Bösewichte vorgegangen und wir wollen alle ,,diejenigen warnen, die wir mögen, daß sie keinen Glauben noch Wahr,,heit an Euch legen, du Ihr weder Treue noch Ehre habt. Wird „Euch aber auch diese unsere Mahnung nicht zu schuldiger Bezahlung ,,bewegen, so wollen wir Euch hiernächst ein anderes zu erkennen ,,geben, was Euch leicht mehr wird verdrießen, und begehren wir ,,eine unverzügliche Antwort dieses Briefes bei diesem Boten." Gegeben zu Bütow am Donnerstage nach St. Aegidiitage im xive. „und vjten Jahre *).

Conrad von Jungingen starb am 30. März 1407. Er war ein Fürst von seltener Herzensgüte; er reiste selber durch sein ganzes Land, begleitet von seinem Treßler (Schaßmeister) und spendete überall Gaben der Liebe, Milde und Wohlthätigkeit. Unter seiner Regierung stand der Deutsche Ritterorden in der höchsten Blüthe. So berichtet Hartknoch in seiner preußischen Chronik (S. 617):

„In diesen Zeiten war der Orden sehr mächtig und alle Aem„ter waren wol besegt. Erftlich war der Hochmeister, zunächst der Groß-Komthur, darnach der Marschalk, darnach die drei Bischöfe, ,,28 Komthure, 46 Hausfomthure, 87 Spitalherren, 35 Convents„herren, 65 Kellermeister, 40 Küchenmeister, 37 Pfleger, 18 Voigte, ,,39 Fischmeister, 98 Mühlmeister, 114 alte kranke Kreuzherren, ,,700 gemeine Ritterbrüder, 162 Chorherren und Kreuzpriester, ,,35 Thumbherren, 25 Pfarrherren, die das Kreuz hatten, 6200 Dienst,,Knechte und Gesinde."

Ferner soll Preußen nach den von dem Franzosen de Wal (tom. IV. pag. 252 seq.) gesammelten Nachrichten zur Zeit Conrads von Jungingen 55 Städte, 48 Schlöffer, 19,008 Dörfer worunter 640 mit Kirchen und 2000 Freihöfe gehabt haben.

Wie groß aber des Landes Wohlstand zu jener Zeit gewesen, geht aus folgender Sage hervor. Auf der Marienburg bewirthete Conrad von Jungingen einst einige Herren und Ritter, die aus andern Landen hergezogen waren, um das gesegnete Preußenland kennen zu lernen. Als sie nun gegen den Hochmeister den Reichthum rühmten, der ihnen auf ihrem Wege durch Preußen aus den stattlichen Dörfern und üppigen Feldern und Auen überall entgegen ge

*) Original-Copie im Geh. Archive zu Königsberg im Hochmeister-Registrant Nr. 1 b. Fol. 130. Vergl. Voigts Gesch. Bd. 6, S. 361. Außerdem befiten wir noch einige ähnliche Mahnbriefe. Urt.-Samml. I. Nro. 36.

glänzt hatte; so versprach ihnen der Landesfürst noch mehr zu zeigen, und führte sie zu einem Bauern in Niklaswalde auf der frischen Nehrung, der Bauer nahm die vornehmen Gäfte gar höflich und freundlich auf, und lud sie ein, mit einem ländlichen Mahle bei ihm vorlieb zu nehmen. Statt der Sessel aber waren um die Tafel zwölf kleine Tonnen gestellt, mit Brettern überdeckt. Die Gäste konnten an allem, das sie hier sahen, keinen großen Wohlstand wahrnehmen; ja einer wunderte sich sogar, daß der Wirth ihnen keine bessern Size anzubieten hätte. Ich habe euch keine kostbareren Sessel geben fönnen," entgegnete der Bauer,,,beliebet nur nachzusehen, worauf ihr ges sessen!" da fanden sie, daß eilf von den Tonnen ganz, die zwölfte Tonne aber zur Hälfte mit Silber und Gold angefüllt waren*).

Conrads Bruder, der tapfere und feurige Ordensmarschall Ulrich von Jungingen, wurde am 24. Juni 1407 sein Nachfolger. Die Gränzen unserer Lande mit Stolp waren wieder verdunkelt; alle Streitigkeiten und Irrungen wurden aber durch einen im Jahre 1408 zu Hammerstein mit dem Herzoge Bogislaw VIII. von Stolp geschlossenen Vergleich in Güte beigelegt**).

Im folgenden Jahre 1409 machte er eine Rundreise durch das Land und kam in der Fastenzeit auch in unsere Lande. Dabei erwies er sich sehr gnädig und freigebig. Die Armen und die Blinden, die. Schüler in Lauenburg und in Bütow und die Jungfrauen in Camelow erfreute er durch milde Gaben. Einem armen Landmanne, der ihm auf das Schloß zu Bütow zwei junge Bären brachte, gab er einen Firdung zum Geschenk***); dem Schulzen in Damesdorf gab er zu einem Kelch zwei Mark.

*) Die Sage vom Reichthum des Bauern in Niklaswalde wird zuerst vom Mönch Simon Grunau erzählt und von fast allen Preußzischen Geschichtsschreibern Lucas David, Schütz, Pauli, von Baczko, Kotzebue, Heinel u. a. nachgeschrieben. Der gelehrteste und gründlichste Forscher der Preußischen Geschichte, der geheime Negierungsrath Prof. Dr. Johannes Voigt stellt sie sowie die Erzählung vom Uebermuthe der Lichtenauer Bauern und ihrer Strafe beim Aufbau des Buttermilchthurmes (eines Thurmes bei Marienburg an der Nogat) in die Reihe der offenbarsten Erdichtungen und Lügen des Mönchs von Tolkemit. Vergleiche Voigt Bd. VI S. 411, Not. 1.

**) Siehe Urk.-Samml. I. Nr. 35.

***) Ein Firdung wird nach heutiger Währung nicht mehr als ein Silbergroschen werth sein. Nach dieser geringen Gabe zu urtheilen, müssen damals in unserm Lande Bütow die Bären noch sehr häufig gewesen sein. Jetzt sind fie gänzlich ausgerottet.

Wegen der von seinem Bruder Conrad im Jahre 1402 erkauften Neumark, namentlich wegen des Gebiets von Driesen, hatte Ulrich von Jungingen vielen Hader mit dem Könige von Polen, der diese Lande für sich beanspruchte. Die Friedensvermittelungen der Könige von Ungarn und Böhmen scheiterten. Es kam zum Kriege und am 15. Juli 1410 zur blutigen Entscheidung. Die unglückliche Schlacht bei Tannenberg brach die Macht des Ordens. Der Hochmeister selbst blieb in der Schlacht und starb den Heldentod; mit ihm fielen die tapfersten Ritter und 40,000 Mann. Von den Polen waren 60,000 Mann erschlagen. Auf Seiten des Ordens fochten mit großer Tapferkeit die Herzöge von Dels und Kasimir von Stettin; ste sahen alle die ihrigen fallen und geriethen in feindliche Gefangenschaft. Das Heer war vernichtet und das ganze Land schien verloren, und eine Beute der Polen zu werden. Die Polen durchstürmten das Drdensgebiet in Preußen, eroberten Bütow und viele andere Burgen, brachen die Burg bei Lauenburg und zogen vor das Haupthaus Marienburg, das sie mit Heftigkeit belagerten. Im polnischen Lager vor Marienburg erschien der Herzog Bogislaw VIII. aus Stolp und schloß in der ehrgeizigen Hoffnung, sein Ländergebiet zu erweitern mit dem Könige Jagiello (Wladislaw) ein Bündniß. Am 29. Auguft 1410 wurden ihm die Burgen Bütow, Schlochau, Friedland, Baldenburg, Hammerstein und Schiefelbein verschrieben mit dem Besitzrechte auf seine Lebenszeit. Dagegen übernahm er die Verpflichtung, den König von Polen unter keinem Vorwande zu verlassen und den Kampf gegen die Kreuzritter, sollte er auch sein ganzes Leben hindurch dauern, auf seine eigenen Kosten mit aller Macht fortzusehen und die Waffen nicht eher niederzulegen, als bis der König von Polen das ganze Ordensgebiet in Preußen bis Königsberg hin erobert und den sichern Frieden errungen.

Das Glück der Waffen verließ jedoch die polnischen Krieger, der Komthur von Schweß, Heinrich Reuß von Plauen eilte mit seiner tapferen Schaar nach Marienburg die Hauptstadt zu retten. Mit unerschütterlichem Heldenmuthe, mit standhafter Ausdauer vertheidigte er die Königin der Burgen und schlug alle Angriffe zurück. Im feindlichen Lager brachen pestartige Seuchen aus und am 19. Septbr. 1410 mußte der stolze Polenkönig die Belagerung aufheben und in sein Reich zurückkehren. Die gefallenen Burgen wurden wieder gewonnen. Der Retter Marienburgs Heinrich Reuß von Plauen ward Hoch

meister; er schloß am 9. December 1410 einen Waffenstillstand, die Burg Bütow blieb noch in feindlicher Gewalt des Herzogs Bogislaw von Stolp mit polnischer Besagung. Doch bald wurde auch sie genommen. *)

Am 1. Februar 1411 wurde zu Thorn zwischen Polen, Preußen und Pommern Friede geschlossen. Der Herzog Bogislaw VIII. von Stolp mußte die ihm versprochenen Burgen, die er noch inne hatte, an den Orden wieder herausgeben. Unsere Lande Bütow und Lauenburg verblieben dem Orden. Der Streit über Driesen, die Ursache des Krieges, wurde einem Schiedsgerichte überwiesen, bei unzureichender Entscheidung aber der Pabst zum Oberrichter bestellt. In einem besondern Vertrage verpflichtete sich der Deutsche Orden, die gefangenen Herzöge von Dels und Stettin durch ein Lösegeld von 100,000 Schock Groschen zu befreien.

Der Friede zu Thorn untergrub des Ordens Glück und des Landes Wohlfahrt. Der Ruhmesglanz der Deutschen Ritter erblich, ihr Ansehn schwand, ihre Macht sank. Das unerschwingliche Lösegeld zur Loskaufung der gefangenen Herzöge, die bedeutenden Kriegskosten, die Forderungen der unbezahlten Söldnerhausen zwang den Hochmeister, da der sonst so reich gefüllte Ordensschag erschöpft war, neue Auflagen auszuschreiben, wodurch er sich die große Unzufriedenheit der steuerpflichtigen Unterthanen zuzog. Noch schlimmer wurde seine Lage, als der zum Schiedsrichter erkorne Römische Kaiser, der König Sigismund von Ungarn, zu Ofen am 24. August 1412 seinen Spruch fällte und den Deutschen Orden verurtheilte, dem Könige von Polen die am Lösegeld noch schuldige Summe zu erlegen und bis sie bezahlt sei, die Neumark nebst dem Hause und Gebiet von Driesen als Unterpfand einzuräumen. In seiner Bedrängniß ernannte der Hochmeister zu Elbing am 28. Oktober 1412 einen Landesrath, zusammengeseßt aus 20 der einflußreichsten Männer vom Landadel und aus 27 Abgeordneten der Städte zur Mitberathung

*) Vergleiche Lindenblatts Jahrbücher, woselbst es heißt:

1411. Duch fulde yn den Teydingin blibin (d. h. in den Friedensschluße zu Thorn mit eingeschlossen sein) der Herczoge von der Stolpe (nämlich Bogislaw VIII. von Pommern), der den ordin auch beschediget hatte in defim krige, unde hatte Bütow inne, das Im doch wedir abe gewonnen wart mit macht (d. h. mit Waffengewalt) unde wort obir rethin unde die synen, her mochte is als mer habin gelosin.

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