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manns Eckard von dem Walde*) troß kaiserlichen Geleitsbriefes auf offener Landstraße wie ein Landstreicher überfallen, ergriffen und zu Boden geworfen, in Ketten und Banden gelegt, von Dorf zu Dorf geschleppt und endlich in einen finstern Kerker in Falkenburg eingesperrt. Der Meister Konrad wurde über diefen unerhörten Frevel erbittert, er lud den Herzog Wartislaw, in dessen Gebiet solche Frechheit begangen war, zu einer Tagfahrt nach Lauenburg, und da niemand erschien, ließ er die Falkenburg erstürmen, und dem Erdboden gleich machen, den gefangenen Herzog aber in Freiheit seßen. Auch die Schlösser der übrigen Raubritter, die er Krähennester nannte, ließ er niederreißen und sodann der Stadt Cöslin seine Rache füh len. Sie hatten den Großkomthur, als er auf einer Gesandtschaftsreise an das kaiserliche Hoflager durch ihre Mauern fam, übel behandelt; zur Strafe mußten die Bürger dem siegreichen Ordensherrn die Thore öffnen und mit eigener Hand einen Theil ihrer Stadtmauer niederreißen. Aehnlich wie dem Herzog von Geldern erging es dem Schwedischen Gesandten Claus Plate; er hatte von dem Schwedischen Reichsrathe dem Hochmeister Briefe überbracht, und als er heimkehrte wurde er in dem Dorfe Cölln bei Danzig, also mitten im Ordenslande, auf offner Straße auf Antrieb des Herzogs Wartislaw des Jüngern gefangen, durch Lauenburg nach Stolpe geschleppt, in Ketten gelegt, in einen Thurm geworfen und aller seiner Habe beraubt. Nach seiner Freilassung ging er nach Bütow und flagte von hier aus in einem Notariatsinstrument am Abend unseres Herrn Auffahrt 1389 der Nachwelt seine Leiden **).

*) Der Bischof von Pomesanien hat uns die Namen der angesehensten Ritter in einer Urkunde aufbewahrt; es werden genannt: Eckhard von dem Walde der Jüngere, Graf von Dewicz in Dobern geseffen, Johannes von Lantkow in Norenberg gesessen, Paul Krancsporn, Raymar Pudewilsch, Woldike vom Walde, Lange vom Walde, Woldike Bruder Hennings vom Walde, Henning vom Wedel von Meldin, Hans von Wedel von Mumenberg, Hans von Wedel von Falkenberg, Maczke Borke von Stramele, Gernold von Dens czur Dewir, Zciczik von Bolzin, Michel Mantüfel von Bolczin, Raymar Pudewelsch in Berenwalde in Czulchhain, Michel Pudewels bei Berenwalde. Vgl. Voigts Gesch. Bd. V. S. 508.

**) Siehe das Notariats - Instrument vom 26. Mai 1389 in der UrkundenSammlung I. Nro. 30. und Voigts Gesch. Bb. V. S. 516. Note 1.

Geschichte d. L. Lauenburg und Bütow

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Diese grausamen Gewaltthätigkeiten führten einen vollständigen Bruch des Bündnisses herbei. Die Herzöge von Pommern verbanden sich mit den Polen gegen den Deutschen Orden.

Am 20. August 1390, als das Ordensheer von einer Kriegsreise aus Wilna zurückkehrte, starb der Hochmeister Conrad Zöllner von Rotenstein und ward in der St. Annengruft zu Marienburg beigeseßt.

Am Sonntage vor Palmarum, am 12. März 1391, wurde vom Wahlkapitel in Marienburg der bisherige Statthalter*) der GroßKomthur Conrad von Wallenrod einmüthig zum Hochmeister ers wählt. Er hatte in seiner früheren Stellung als Ordensmarschall durch Tapferkeit und Kriegskunft sich sehr ausgezeichnet. Er regierte nur kurze Zeit; schon am 25. Juli 1393 starb er. Sein Tod war von der heiligen Dorothea im Dome zu Marienwerder vorausgesagt. Von dem Mönch Simon Grunau wird er als ein Feind der Priester und als Beschüßer der Keßer und Irrgläubigen schlecht geschildert, dagegen von Johannes von der Pufilie, Official des Domstiftes zu Pomesanien, dessen Jahrbücher bis auf unsere Zeit gekommen find, wegen seiner Milde und Gerechtigkeit gelobt.

Einer der edelsten Hochmeister war Wallenrods Nachfolger, Conrad von Jungingen, ein Mann von reinem Adel der Tugend und Gesinnung, fromm, milde, weise und friedfertig. Mit Polen suchte er in Frieden zu leben und die Preußischen Städte zur hohen Blüthe zu bringen. Er berief die Abgeordneten der Städte 1394 zu einer Tagfahrt nach Marienburg um über eine allgemeine städtische Willführ zu berathen. Seit jener Zeit datiren die verbesserten Willkühren unserer drei Städte Bütow, Lauenburg und Leba; sie regeln und ordnen das gesellige Leben der Bürger, fie enthalten Saßungen über Handel und Wandel und geben Vorschriften zur Beförderung guter Sitten, der Reinlichkeit und Gesundheit.

So segensreich der Hochmeister Conrad wirkte und allen Brüdern und Unterthanen als Muster eines reinen und edlen Menschen vorleuchtete, so zeigten sich doch schon im Orden die Keime der Zwietracht und des Hochmuths, die Ursachen des späteren Verfalls und im Landadel die Keime des Aufruhrs und des Hochverraths. Am 21. September 1397 bildete sich unter dem mächtigen Landadel im Culmer Lande in der Umgegend von Rehden ein Ritterbund, welcher

*) Statthalter hieß derjenige Ordensbeamte, welcher nach dem Tobe eines Hochmeisters bis zur Neuwahl die Regierungsgeschäfte führte.

sich die Gesellschaft der Eidechsenritter nannte und später dem Orden sehr gefährlich wurde.

Große Verdienste erwarb sich der Meister um den Seehandel durch die Vertilgung der Seeräuber. Diese trieben ihr Unwesen auf der Ostsee; fie gaben vor, die Stadt Stockholm mit Lebensmitteln (Vitalien) zu versorgen, weshalb sie den Namen Vitalien - Brüder führten. Sie hatten besondere Hauptleute, unter denen sich ein Henning von Mandüvel hervorthat. Ihr Schlupfwinkel und Raubnest war die Insel Gothland. Conrad von Jungingen rüstete im Frühlinge 1398 eine Flotte Friedeschiffe aus und schickte sie mit starker Bemannung nach Gothland. Das Ordensheer bemächtigte sich des Eilandes, trieb den Anführer Swen Sture mit 400 Raubgesellen in die Flucht und ließ die übrigen gefangenen Vitalien-Brüder enthaupten. Der Bestß von Gothland verwickelte den Orden in viele Mishelligkeiten mit der Königin von Dänemark, der großen Margaretha, die aber nach Verlauf einiger Zeit in Güte beigelegt wurden.

Ein ewiges Denkmal hat sich Conrad von Jungingen in Bütow gesezt. Nahe bei der Stadt Bütow ostsüdostwärts auf einer Anhöhe liegt ein Schloß, von Feld- und Mauersteinen auferbaut in einem Viereck, mit einem viereckigen*) und drei runden Thürmen mit vier Flügeln und einem Schloßhofe, mit Gräben und Wällen umgeben, vormals eine starke Festung mit Schießscharten und einer Zugbrücke. In seinen Grundmauern und in seiner Bauart gleicht es den alten Schlössern im Ordenslande Preußen. Erbauer dieses Schlosses ist der gedachte Hochmeister. Der Aufbau begann im Jahre 1399 und dauerte bis 1406. Im Treßlerbuche des hochmeisterlichen Schaßmeisters, das noch heute im geheimen Landes-Archiv zu Königsberg aufbewahrt wird, finden wir ganz genaue Angaben über die Höhe und Dicke des Mauerwerks an den verschiedenen Theilen des Schlosses und über die Kosten ihres Aufbaues, außer dem Koftenanschlage aber auch Nachrichten über die in den Jahren 1399-1406 für den Aufbau des Schlosses wirklich verwendeten Ausgaben. Neben den vier Thürmen, einem viereckigen und drei runden, werden beschrieben ein großes Haus, ein rechtes Haus, Mittelmauern, Quermauern und Ringmauern, ein Thor, ein Brunnen, eine Kapelle, ein

*) Der viereckige Thurm ist 1658 von den Schweden gesprengt und liegt in Trümmern. Siehe im Anhange die ausführlichen Nachrichten über das Schloß.

Remter, Keller, Wagendroffel, zwei Thorhäuser und ein Backhaus. Der Bau hat 5000 Mark und weit darüber gekostet. Alle Arbeiten find mit baarem Gelde bezahlt. Alle Handwerker Maurer, Ziegelstreicher und gemeinen Arbeiter fanden beim Bau ihren reichlichen Lohn. Ganz falsch ist die Behauptung, die hin und wieder aufgestellt wird, als habe das Landvolk aus den umliegenden Amtsdörfern den Aufbau des Schlosses als Zwangsarbeit unter Blut und Schweiß verrichten müssen*).

Verschieden von diesem Schlosse ist die Burg, welche in dem Kaufbriefe von 1329 erwähnt wird. Ueber die Bauart, Beschaffenheit und Größe derselben fehlen alle Nachrichten, nür dunkele Sagen - über ihre Lage sind auf die Nachwelt gekommen. Als der Marschall Henning Beer das Eigenthum der Herrschaft Bütow zum Geschenk erhielt, war die Burg noch nicht vorhanden, wenigstens wird sie im Schenkungsbriefe von 1321 nicht erwähnt. Es ist daher mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß sie in den Jahren 1321-1329 von dem Marschall Henning Beer oder dessen Söhnen erbaut ist. Denn als die Söhne die ihrem Vater geschenkte Herrschaft Bütow dem Hochmeister Werner von Orfeln und dem Deutschen Orden zum Kauf anboten, da verkauften sie nicht nur ihre Güter in Bütow, sondern ausdrücklich auch die Burg (castrum). Ja, wir glauben mit Sicherheit behaupten zu können, daß diese Burg zur Vertheidigung des Landes Bütow vom Marschall Beer angelegt ist. Denn die ganze Landschaft Stolp, deffen südlichste Spise das Land Bütow bildete, war dem Herzog Wartislaw IV. von Pommern von dem Markgrafen Waldemar von Brandenburg erst im Jahre 1317 abgetreten. Der Besiß war noch sehr unsicher. Die Polen erhoben Ansprüche und zur Abwehr aller feindlichen Angriffe der Polen schloß der Herzog Wartislaw IV. durch seinen tapferen Marschall Henning Beer an den Ufern der Leba 1320, also schon nach 8 Jahren mit dem Deutschen Orden ein Schuß- und Truß-Bündniß und im folgenden Jahre 1321 schenkte er die südliche, dem Angriff am meisten ausgeseßte Herrschaft Bütow seinem Kriegsobersten dem Marschall Beer. Was war natürlicher, als daß der tapfere Marschall in der Mitte der ihm geschenkten Herrschaft zur Vertheidigung des Landes eine Burg (castrum) erbaute? In dieser Burg war 1335 eine Kapelle, in der ein Prie

Vergleiche im Anhange die ausführlichen Nachrichten über das Schloßz Bütow.

fter (plebanus) den Gottesdienst verrichtete. In dieser Burg trat 1335 unter dem Vorfiße des Komthurs Otto aus Stolp, das Schiedsgericht zusammen, welches den Streit zwischen dem Abte zu Oliva und dem Ritter Razeslaus von Jafsona über das Eigenthum des Lupowsker See's entschied. Als Schiedsrichter waren, erwählt vom Abt zu Oliva der Herr Ritter Kasimir von Tuchom, vom Ritter Razeslaus aus Jassona der Herr Jesko, Kämmerer von Stanziz. Was weiter in dieser Burg geschehen, 'gehört in das Gebiet der Sage, nicht der Geschichte, und verweisen wir auf die weiter unten folgenden be sonderen Nachrichten vom Schlosse zu Bütow.

Ganz verwerflich und bereits widerlegt sind die Nachrichten derjenigen Geschichtsschreiber, welche die Erbauung der Burg mehrere Jahrhunderte zurückverseßen. So schreibt Barthold in seiner Geschichte Pommerns (Bd. I. S. 498).

,,Durch eine wunderliche Verwechselung mit Bytom*), ,,Beuthen bei Glogau, ist die Burg Bütow schon im XI. Jahr,,hundert in die pommersche Geschichte aufgenommen."

Ferner schreibt der gelehrte Pastor Quandt zu Persanzig in seinem Aufsage: „Das Land an der Neße“ (Baltische Studien, Jahrgang 15, 1853, Seite 174:

„Für eine dritte Feste der Harnker halte ich das nach 1107 ,,von den Polen zerstörte Bitom, (Martin Gallus 195), die„ses nämlich für den durch Bruch abgeschnittenen s. g. Schloß,,berg auf einer Landzunge im Böttinsee, die unzweifelhafte Stelle ,,des im vierzehnten Jahrhunderte genannten Schlosses Boiten, ,,Beutin, zu dem 1337 die Dörfer um Tüß gehörten; auch die ,,beiden schlesischen Bitom sind zu Beutin, Beuthen geworden."

Ift die Burg des Marschalls Beer auch verschüttet, so ist doch das Schloß des Hochmeisters Conrad von Jungingen in seinen Grund

*) Einen Ort Beuthen bei Glogau haben wir nicht ermitteln können. Wahrscheinlich meint der geistreiche Profeffor die Stadt Beuthen an der Oder, unweit Carolath in Niederschlesien, im Landrathskreise Freistadt, Regierungsbezirk Liegnitz. An der polnischen Gränze in Oberschlesien liegt auch eine Kreisstadt Beuthen, die in der polnischen Sprache den Namen Bytom führt. Noch heute gelangen aus dem Königreiche Polen Briefe, die an die Kreis- und Gerichtsbehörde in Bytom gerichtet sind, nach Bütow und werden natürlich von hier aus nach Beuthen in Oberschlesien befördert.

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