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ten, daß bei ihrer Weigerung fte aller Vorzüge, Freiheiten und Rechte verlustig erklärt werden würden.

Der Deutsche Kaiser Ludwig IV. nahm sich des Deutschen Ordens an und trat gegen die Anmaßungen des Papstes mit seiner ganzen weltlichen Macht in die Schranken. Er erließ aus Frankfurt am Main den 22. Juli 1338 an den Hochmeister den Befehl, ohne kaiserliche Erlaubniß vor keinem geistlichen Gerichtshofe zu erscheinen und keinen Fuß breit Landes abzutreten. Die frühern päpstlichen Richter hatten den Orden zu einem Schadensersatz von 30,000 Mark verurtheilt. Die neuen päpstlichen Richter überließen, als ste in Polen anlangten, von dieser Strafe den Polen die Hälfte mit 15,000 Mark als Schenkung für die päpstliche Schazkammer mit der Erlaubniß, sie mit Waffengewalt vom Orden einzuziehen. Zugleich erließen sie an den Hochmeister und die obersten Ordensgebietiger eine Vorladung, am 4. Februar des Jahres 1339 vor ihrem Richterstuhle in Warschau zu erscheinen und sich wegen der Klage der Bischöfe und Großen des polnischen Reiches zu verantworten. Der Meister gab dieser Ladung keine Folge; er schickte einen Ritter nach Warschau und ließ durch diesen erklären, daß er die päpstlichen Botschafter im feindlichen polnischen Lager als seine Richter nicht anerkenne und im Voraus ihren Spruch als nichtig verwerfe, da der König Kasimir von Polen den Frieden bereits geschlossen und dessen Heilighaltung mit einem körperlichen Eide bekräftiget habe. Die päpstlichen Botschafter ließen sich nicht irren und durch die vorgebrachten Gründe nicht bewegen, ihr Richteramt einzustellen. Sie gingen nach Thorn, der Gränzburg des Ordens, erließen von hier aus eine neue Vorladung und trugen zur Ausgleichung des Streits einen Vergleich an. Sie versprachen die Bestätigung des mit dem Könige Kasimir geschlossenen Friedens auszuwirken, wenn der Orden die Summe von 14,000 Gulden erlegen würde. Der Orden verwarf diese Bedingung und die päpstlichen Richter sprachen ihr Urtheil. Sie erklärten den Hochmeister und alle Gebietiger wegen der Verwüstungen in Polen in den Bann und verurtheilten den Deutschen Orden zur Herausgabe von Pommern an das polnische Reich, zum Ersaße des Schadens mit 194,000 Mark und zur Tragung der Kosten mit 1600 Mark. Von allen polnischen Kanzeln wurde dieser geistliche Richterspruch verkündet, im preußischen Ordens - Lande blieb er ohne Wirkung.

In dieser Zeit drohender Gefahren erhielt unsere Stadt Lauenburg vom Hochmeister Burggrafen Dietrich von Altenburg städtische Rechte und Freiheiten. Am Neujahrstage 1341 wurde die Handfeste ausgefertigt *) und dadurch der Grundstein zur Stadt, zur Burg und zum Lande Lauenburg gelegt. Lewinburg oder Lewenburg hieß die neue Stadt. Von ihrer Befestigung und Bewidmung, von Erbauung der Burg und Einsegung eines Voigts werden wir später ausführlich berichten.

In demselben Jahre 1341 war die 12jährige Frift verstrichen, nach deren Ablauf die Herzöge von Pommern durch Zurückzahlung des Pfandschillings die verpfändete Landschaft Stolp einlösen mußten. Die Einlösung erfolgte wirklich **). Doch suchten die Herzöge Bogislaw V., Barnim IX. und Wartislaw V., die inzwischen volljährig geworden und nicht mehr unter Vormundschaft standen, ein neues Darlehn nach. Sie begaben sich zum Hochmeister Dietrich von Altenburg nach Marienburg und empfingen 2766 Mark. Dafür stellten fie laut Urkunde vom 1. Mai 1341 ***) dem Deutschen Orden wiederum die Stadt, Burg und ganze Landschaft Stolp als Pfand mit derselben Bedingung wie früher vor 12 Jahren, daß das ganze Pfand dem Orden verfallen sein sollte, wenn die Herzöge nicht binnen einer von ihm selbst festgesezten Frist den Pfandschilling zurückzahlen würden. Die Pommerschen Geschichtschreiber, welche die Herrschaft des Deutschen Ordens in Stolp als eine sehr unbeliebte darzustellen sich bemühen, melden, daß die Einlösung in Jahresfrist erfolgt sei. Denn um die verhaßte (?) Fremdherrschaft los zu werden, steuerten die Bürger von Stolp, alt und jung, die Frauen und Jungfrauen soviel zusammen, daß der Pfandschilling zurückgezahlt †)

*) Urt-Samml II. A. Nro. 1.

**) So behauptet der Pastor Quandt in feinem Aufsatz: Pommerns Oftgränze. Er citirt dabei Delrichs Urk. Berz. 79 Nro. 3. Rügenwalder Urk. Baltische Studien Jahrgang 15. Heft 1. S. 219.

***) Urf.-Samml. I. 18.

†) Mikräl, der Pommersche Livius, wie ihn Berthold nennt, schreibt (Bd. II. S. 188.)

Da nun das Jahr herum war, und die Fürsten das Geld nicht aufbringen konnten, haben die Stolpischen, damit sie nur der übermüthigen Teutschen Herren entledigt würden, ihrer Weiber Geschmuck dahin gegeben, und nicht

und das Land nebst der Stadt und Burg Stolp den Herzögen von Pommern zurückgegeben wurde. *) (Wuttstrak S. 679.)

Inzwischen tobte der Streit um Pommern und um unsre Lande, als Glieder Pommerns fort und fort. Der Papst erfuhr den Spruch seiner Botschafter, er prüfte und verwarf ihn. Noch im Sommer 1341 bestellte er drei neue Schiedsrichter und gab ihnen den Auftrag, über die Besißrechte und Ansprüche der Polen und Deutschen Ritter auf Pommern eine neue gründliche Untersuchung anzustellen. Im Oktober 1341 erschienen die neuen Richter in Thorn. Doch der Hochmeister erschien nicht. Der Tod hatte ihn am 6. Oktober hingerafft'; in der St. Annen-Kapelle im Haupthause zu Marienburg ward er mit großem Gepränge beerdigt. Der Gerichtshof in Thorn lös'te sich auf. Denn auch der Pabst Benedikt XII. war vom Schauplaß des Lebens abberufen.

Zum neuen Hochmeister wurde im Anfange des Jahres 1342 der bisherige Großkomthur Ludolf König von, Weizau, ein Sachse von Geburt, erwählt. Er fnüpfte die abgebrochenen Friedens - Unterhandlungen wieder an. Der neue Pabst Clemens VI. beauftragte die drei Bischöfe von Meißen, Krakau und Culm den Frieden herbeizuführen. Im Juli des Jahres 1343 erschienen die neuen Botschafter in der polnischen Stadt Kalisch und am 8. Juli 1343 fam der Friede zu Kalisch zu Stande. **) Der König Kafimir von Polen entsagte nochmals allen Ansprüchen auf Pommern, ***) mithin auch auf unsere Lande als Theile von Pommern

nur die Summe, so der Pfand-Brieff in sich hat, nemlich 2766 Mark Lübisch Gewicht, sondern 600 Mark ausgezahlet, die sie doch, weil sie das Land lieber behalten als das Geld nehmen wollten, ungern empfangen haben.

Mit dieser Darstellung des Pommerschen Livius ist der Brief zu vergleichen, den der Hochmeister Conrad von Jungingen aus Bütow i. J. 1406 an die Stadt Stolp gerichtet hat und den wir später (U. S. I. 36.) nach seinem ganzen Inhalt werden kennen lernen.

*) Aus jener Zeit stammen die Reim - Verse:

Stolpa, du bist Ehrenrick;

Im Lande find man nicht dyn Glick.

Du hest dy dreymal löhnt vom Pande,
Deß hestu Roem im ganzen Lande.

**) Urf. S. I. Nro. 25.

***) Unter Pommern wird in diesem Zeitraume stets das alte, an dem linken Ufer der Weichsel belegene Pommern standen.

Oftpommern oder Pomerellen

bera

für sich und alle seine Nachfolger und gelobte, daß er fortan den Titel eines Herzogs von Pommern in Siegeln und in Briefen niemals wieder annehmen und gebrauchen wolle. Alle weltlichen Stände des polnischen Reichs, die Woiwoden, Castellane und Starosten verbürgten sich für die Aufrechterhaltung des Friedens und erklärten feierlich, daß sie dem Könige, wenn er den Frieden brechen würde, nicht nur nicht den geringsten Beistand leisten, sondern mit aller Macht den Deutschen Orden im ungestörten Besize von Pommern schüßen wollten.

Am 23. Juli 1343 wurde dieser Friede auf einer lieblichen Aue bei Wirbigino (Wierzbiezanow) zwischen Neu-Leslau oder Inowrazlaw und Morin, wo zwei prächtige Zelte aufgeschlagen waren, mit vieler Feierlichkeit vom Hochmeister durch Berührung seines Ordensfreuzes und vom Könige von Polen auf die Krone seines Hauptes in Gegenwart der höchsten weltlichen und geistlichen Würdenträger des polnischen Reichs, der obersten Gebietiger des Deutschen Ordens und vieler fremden Gesandten beschworen. Der Deutsche Hochmeister und der polnische König betheuerten bei Auswechselung der Friedensbriefe und durch den Friedenskuß gegenseitig ewige Freundschaft. Die polnischen Bischöfe aber versicherten in einer urkundlichen Erklärung, daß sie dem Friedensschlusse persönlich beigewohnt und es selbst vernommen, wie der König von Polen für sich und seine Nachfolger mit einem förperlichen Eide auf alle Ansprüche von Pommern für immer Verzicht geleistet. So endete die lange Feindschaft zwischen Polen und Preußen und der Deutsche Orden schien im Besize Pommerns und unserer Lande gegen alle Angriffe Polens für ewige Zeiten gesichert. Unsere Lande jauchzten auf; sie waren von den Schrecken des Krieges verschont geblieben und gingen im glücklichen Frieden einer gedeihlichen Entwickelung entgegen.

Bald nach dem Frieden zu Kalisch und noch in demselben Jahre 1343 trug sich in unserer neu gegründeten Stadt Lewinburg eine wunderbare Begebenheit zu, die einer Sage ähnlicher flingt, als einer wahren Geschichte. Wegen des weichen Winters und heftiger Regengüsse entstand in Preußen eine böse Krankheit. Aus Furcht vor der Pest floh der Bruder Steino von Netten aus Marienburg nach Lauenburg. Aber wie er dahin gekommen war, starb er daselbst des Todes, dem er zu entfliehen gedachte. Der dasige neu eingesetzte Voigt ließ ihn zur Abendzeit ganz ehrlich begraben; aber

des andern Morgens frühe ward der Leichnam wieder außer dem Grabe gefunden. Als der Hochmeister von dieser erstaunlichen - Geschichte, die sich an beiden folgenden Tagen wiederholte, Kunde erhielt, schickte er den vorgeseßten Komthur aus Danzig nach Lewinburg mit dem Auftrage, den ausgegrabenen Bruder mit dem Degen zu strafen, ihn an den eidlich angelobten Gehorsam zu erinnern und ihm anzubefehlen, sich nicht mehr aus dem Grabe zu rühren. Als der Komthur seinen Auftrag vollführet, wurde der Bruder Steino von Netten wieder in sein Grab hineingelegt und blieb nunmehr gehorsam dem Gebote seines Meisters ruhig darin liegen. *)

Der Hochmeister Ludolf König von Weizau verfiel in eine tiefe Schwermuth, die in Geisteeverwirrung und endlich in Wahnsinn überging. Er legte im Herbste des Jahres 1345 seine Würde nieder und zog sich nach der Engelsburg bei Graudenz zurück. Dort lebte er in friedlicher Stille, bis er 1348 starb und in der Domkirche zu Marienwerder seine Ruhestätte fand.

Um jene Zeit lebte in der Nähe von Bütow auf der Burg zu Tuchon ein angesehener slavischer Edelmann, der Ritter Kasimir, welcher das umliegende Gebiet, das Land Tuchim beherrschte. Herrlich war die Lage der Burg, reizend die Umgebung. In einem anmuthigen Wiesenthale, auf einer sanften Anhöhe, umringt von fischreichen Seen, eingeschlossen von umkränzten Hügeln und umgeben von fruchtbaren Aeckern und Fluren stand die Burg, auf welcher der Nitter Kafimir nach Westen fast zwei Meilen weit wie ein Landesfürft waltete. Die Burg ist im Sturm der kommenden Kriege gebrochen und kaum erinnern einige Trümmer auf dem heutigen Deutschen Edelhofe in Groß-Tuchen an den Wohnsiß des mächtigen slavischen Nitters vor fünfhundert Jahren **). Der Name des Ritters wird in alten Urkunden verschieden geschrieben, bald Chocimirus, bald Cocci

*) Diese Sage wird zuerst berichtet von Sebastian Möler, Domherrn zu Guttstadt, in seiner Preußischen Chronik, die mit dem Jahre 1564 aufhört. Leo, der 100 Jahre später als Möler gelebt, führt diese Sage in seiner Hist. Prussiae S. 149 von Wort zu Wort ebenso an. Vergl. Preuß. Lieferung alter und neuer Urkunden. Leipzig 1755. Bd. I. S. 654–655.

**) Der mit Gräben umgebene künstlich aufgeschüttete Berg im Schulzenhofe zu Groß Tuchen ist zu klein und kann nur ein Jagdschloß getragen haben. Der evangelische Kirchhof in Groß Tuchen ist ebenfalls eine Bergaufschüttung und nach einer Sage weiland eine Heiden-, Polen-, Hussiten- oder Schweden - Schanze gewesen.

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