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Wratislaw IV. von Pommern seinem Marschall Henning Beer (von Bähr) das Land Bütow. Acht Jahre später im Jahre 1329 verkauften die Söhne des Marschalls Beer das Land und Schloß Bütow an den deutschen Orden.

Die Vorgeschichte der beiden Lande Lauenburg und Bütow ist zum Verständniß der nachfolgenden Begebenheiten zu erforschen und zu wissen nothwendig, doch ist sie in tiefes Dunkel gehüllt. In alter grauer Vorzeit vor Chrifti Geburt find beide Lande wahrscheinlich nur mit Wäldern, Seen, Sümpfen, Mooren, Wiesen und Weiden bedeckt und der Aufenthalt mehr der wilden Thiere als der Menschen gewesen.

Ein Begleiter des ersten Pommerschen Apostels, des Bischofs Otto von Bamberg, welcher zweimal 1124 und 1128 das Kreuz Christi in Pommern aufgepflanzt hat und bis Colberg vorgedrungen, ist berichtet, daß in Hinterpommern bis an Polens Gränze fast ununterbrochen eine aneinanderhängende Waldung war, in der eine große Menge wilder Schweine, Wölfe, Füchse, Bären, Auerochsen, Elennund anderer jagdbarer Thiere sich befand, deren Fleisch zur Speise und deren Haut zur Bekleidung diente").

So viel steht fest, daß, soweit die Geschichte reicht, die ältesten. Ureinwohner Deutsche Völkerschaften, Sueven, Vandalen, Heruler, Rugier, Lemobier, Gothen, Gepiden und Burgunder gewesen, daß diese in den Zeiten der großen Völkerwanderung im vierten bis siebenten Jahrhundert nach Chr. Geb. von Norden nach Süden in die gesegneten Länder des großen Römischen Weltreichs gezogen, doch keine Denkmäler, keine Spuren ihres Daseins zurückgelassen; daß als ihre Nachfolger, die Slaven, Wenden und Caffuben eingewandert und einheimisch geworden, später aber von den, von Westen her wieder vordringenden Deutschen verdrängt worden sind.

*) Die verschiedenen Lebensbeschreibungen des Bischofs Otto von Bamberg, des berühmten Apostels der Pommern, deren eine ein Begleiter des Bischofs auf seinen Bekehrungsreisen nach Pommern verfaßt hat und die sämmtlich in lateinischer Sprache im 12ten Jahrhundert geschrieben sind, heißen Vitae Ottonis und find am besten gesammelt in dem 14 ten Theil der von Pert herausgegebenen Monumenta Germaniae historica.

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schreibt:

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Erster Zeitraum.

Deutsche Ureinwohner.

Thomas Kanzow, *) der älteste Pommersche Chronist

,,Es ist on Zweifel, das in diesem Lande Pommern von erster
,,urkhunt her Teutsche seint geseffen geweft.

„Nachdem Albert Kranz und die andern es also verstehen,
,,das von Anfange Wende oder Slafen in diesem Lande sollen -
„gesessen fein gewest, so will ich das mit gutten glaubwürdigen
,,Argumenten beweisen, das es nicht sei. Und erstlich allhie aus
Cornelio Tacito und Ptolomão, welche die Folder und Lande
,,dieses orts clar Teutsch seßen und nennen."

Die großen berühmten Geschichtsschreiber der alten Welt, der
Griechen und Römer lehren deutlich, daß in den ältesten Zeiten an
den Gestaden der Ostsee und im Innern des Landes zwischen der
Oder und Weichsel Deutsche Völkerschaften gewohnt haben.

Herodot, der Vater der Geschichte (geboren 484 v. Chr. Geb. zu Halicarnaß in Carien, einer Landschaft Kleinasiens) bezeugt in seinem dritten Buche, das nach der Muse Thalia den Namen führt, daß im äußersten Europa nach gemeiner Aussage der Seefahrer und Kaufleute ein Fluß, der in der Sprache der Barbaren Eridanus heiße und in das nordländische Meer fich ergieße, sehr viel Bernstein mit sich führe. Der Bernstein ist der sicherste Führer in der tiefen Finsterniß des grauen Alterthums; er wird noch heute an den Küften der Oftsee ausgespült und im Innern des Landes gefunden. Gar anmuthig sind die Erzählungen (Mythen) der griechischen Dichter über die Entstehung des Bernsteins, die wir, da der Bernstein noch heutigen Tages häufig in unfern Landen ausgegraben wird und ein köstlicher Edelstein ist, unsern schönen Leserinnen hier mittheilen wollen.

„Phaëton, ein Sohn des Helios und der Merope zweifelte an feiner göttlichen Abkunft und bat seinen Vater um die Erlaubniß

*) Thomas Kantom ist der älteste einheimische d. h. Pommersche Schriftsteller; er hat seine Chronik in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in deutscher Sprache und zwar in der niederdeutschen Mundart geschrieben.

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Der

einen Tag lang den göttlichen Sonnenwagen leiten zu dürfen. Vater gewährt die Bitte des Sohnes. Phaëton bestieg den Sonnenwagen, konnte ihn aber in richtiger Bahn nicht lenken; er kam der Erde zu nahe und versengte sie. Voll Zornes darüber schleuderte Zeus mit einem Blizstrahl den Phaëton vom Sonnenwagen hernieder in den Eridanus, in dessen Fluthen er sein Grab fand, beweint von seinen Schwestern, den Heliaden oder Elektriden. Lange weinten um den Phaëton die Heliaden; ohne sich zu regen umftanden ste sein Grab und der Kummer dörrte sie aus und verwandelte ihre Leiber, so daß sie endlich in neuer Gestalt als Pappelbäume festgewurzelt dastanden. Aus den Bäumen quollen Thränen, die sich zu Stein verhärteten und in Bernstein (Elektron) verwandelten."

Artemidorus von Ephesus beschreibt die Entstehung des köstlichen. Bernsteins etwas abweichend. Er sagt: „Aesculap (oder Asklepius) ein Sohn des Apollon, der göttliche Arzt, der alles physische Weh und Leid beseitigte, erregte durch sein mächtiges Walten den Zorn des Allvaters Zeus, welcher besorgte, es möchte durch diesen gewaltigen Sohn des Apollon aller Dinge Ordnung unterbrochen und das Gefeß der Weltordnung, die Sterblichkeit der Menschen, durch ihn umgestoßen werden. Deshalb sandte er seinen Bliß hernieder und tödtete den Aesculap. Des Sohnes Tod erfüllte das Gemüth des Vaters mit Schmerz und Zorn und racheübend tödtete Apollon mit sicherem Geschoß die Kyklopen, weil diese es gewesen, die dem Mörder des Sohnes den Bliß gegeben. Die Tödtung der Kyklopen erregte den furchtbaren Zorn des Olympischen Herrschers und aus Rache legte Zeus dem Mörder der Kyklopen harte Buße auf. Apollon ging in die Länder des Nordens, wo Schnee und Eis die heißen Leidenschaf= ten abkühlen; er kam bis zum Fluß Eridanus und vergoß dort viele Thränen so lange und so viel, daß sie alle in Bernstein sich verwandelten."

Pytheas, der kühne Seefahrer, welcher zur Zeit Alerander des Großen 325 Jahre vor Chr. Geb. lebte und von seiner Vaterstadt aus, der phönizischen Pflanzstadt Massilia (Marseille) die Säulen des Herkules durchschifft und kühne Seereisen unternommen, verfündet nach den von dem ältern Plinius aufgezeichneten Berichten, daß die Bewohner der Ostseeküsten, die er zuerst besucht, germanische Völker find und Guttoner heißen, daß ste viel Bernstein besißen und diesen theils zum Opferfeuer für ihre Götter verbrennen, theils an

ihre Nachbaren die Teutonen verkaufen. Das Land, welches damals die Guttoner bewohnten, ist Alt-Preußen rechts der Weichsel, das Land aber diesseits der Weichsel, welches damals die Teutoner bewohnten, Pommern.

Plinius der Aeltere beschreibt in seinem Buche der Natur die Länder der Nord- und Ostsee; er theilt Germaniens Bewohner in fünf Hauptvölkerstämme und nennt zuerst als den am weitesten nach Osten wohnenden Stamm die Vindiler und als Zweige derselben die Guttoner, die Carier, die Wariner und Burgundionen. Der ganze Hauptstamm der Vindiler bewohnt die Länder an der Ostseeküste; er ist derselbe, den später Tacitus Wandalier, Vandalen (Vandali) schreibt; er führt seinen Namen von Wand", das im Altdeutschen Meeres= wand oder Seeküste bedeutet. Die Vindiler, Vandalen oder Wandalier sind also Küstenbewohner, Meeranwohner gewesen *).

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Tacitus de situ moribus et populis Germaniae — der 100 Jahre nach Chr. Geb. zur Zeit des Kaisers Trajan gelebt und die Sitten der alten Deutschen beschrieben, lehrt, daß im Osten die Guttoner, im Westen der Weichsel die Rugier und Lemovier und weiter füdlich am Weichselstrom aufwärts die Burgundionen gewohnt haben. Als eine Spur der Rugier wird auf den Namen der Stadt Rügenwalde hingewiesen. Nach einer Sage sind die Rugier von Hinterpommern nach Vorpommern gezogen und haben dort die nordöftliche Spize, welche später im Jahre 1209 in Folge einer großen Ueberschwemmung vom Festlande abgerissen und zu einer Insel, die noch heute den Namen Rügen führt, umgeschaffen ist, in Besiß genommen und bis zur Völkerwanderung behauptet. Die Rugier auf der Insel heißen Ethel d. i. edle Rugianer.

Ptolomäus, der berühmte Aegypter, welcher in den Jahren 175 bis 182 nach Chr. Geb. die damals bekannte Erde beschrieben, nennt, wie Tacitus, als die Völker westlich von der Mündung der Weichsel an den Gestaden der Ostsee das alte Volk der Rugier und weiter südlich an der Neße im heutigen Großherzogthum Posen das alte Volk der Burgundionen. Die Weichsel bezeichnet er als die Grenzscheide zwischen Sarmatien und Germanien.

*) Vergl. Barth, Deutschlands Urgeschichte. Band I. Seite 109 und Wilhelm, Germanien und seine Bewohner. Seite 87.

Die übrigen Schriftsteller, Pomponius Mela, Strabo u. s. w. enthalten keine Andeutungen über die Völkerschaften, welche in den Landen Lauenburg und Bütow gewohnt oder gehauset haben können.

Mit Ptolomäus schließt die Reihe der großen Forscher des clas fischen Alterthums, die über die Vorzeit unserer Lande einiges Licht verbreiten und es tritt tiefe Nacht auf mehrere Jahrhunderte ein.

3weiter Zeitraum.

Völkerwanderung.

200-600 nach Chr. Geb.

Jornandes, ein gothischer Mönch und Verfasser einer Geschichte der Gothen, der in der Mitte des sechsten Jahrhunderts lebte, meldet, daß von Skandien (Skandinavien) aus die Gothen um 200 nach Chr. Geb. über das baltische Meer in drei Schiffen gefahren, das edle Volk der Ulm - Rugier (Holm - Strand - Rugianer) an der Mündung der Weichsel westlich am Ostseestrande überwältiget, neue Wohnpläße sich erobert und zur Befestigung ihrer Herrschaft an der Mündung der Weichsel eine Burg Gothiseanzia (später Gdanzf, Gedanum, Gidania, Danzig) *) erbaut, demnächst aber mit den Rugiern und Gepiden nach Süden gezogen, die Vandalen und die Burgundionen verdrängt, die Donau überschritten und unter ihrem Könige Hermanrich um 350 nach Chr. Geb. von der Donau bis zum schwarzen Meere ein neues Reich gegründet haben. Ihr Reich war zu groß, es theilte sich in zwei Reiche, der Ostgothen und Westgothen. Da kamen von Aften her (375 nach Chr. Geb.) die witden Hunnen, wälzten sich auf die Oftgothen am schwarzen Meere, vertrieben sie aus ihren Wohnfißen, warfen sie auf die Westgothen und erregten einen allgemeinen Völkersturm, der in der Weltgeschichte unter dem Namen die Völkerwanderung" bekannt ist. Volk drängte fich auf Volk; es entstand ein allgemeines Getümmel, Treiben und Wandern. Unter den Streichen der germanischen Völker zerfiel das

*) Vergl. Hanow Preußische Sammlung allerley Nachrichten. Erster Band. Danzig 1747. Seite 651-693.

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