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Belgard an Ratibar, der sich Fürst von Pommern und Herzog von Belgard nannte. Das Herzogthum Belgard, dessen Umfang_wir nicht genau kennen, hatte keinen langen Bestand; nach dem kinderlosen Absterben Ratibors († 1275) wurde es von Mestwin II. eingezogen, jedoch im Jahre 1291 dem wendischen Fürsten Pribeko, als dieser Mestwins II. einzige eheliche Tochter Katharina heirathete, als Mitgift verlies hen. Der Fürst Pribeko starb 1315 während des Erbfolgestreites um Ostpommern. Die weiteru Schicksale des Herzogthums Belgard werden daher in folgendem Kapitel erzählt werden. Von Beamten, die nicht auf dem Schloffe (Grod) zu Belgard wohnten und das zum Schlosse gewiesene Land beherrschten, werden in alten Urkunden erwähnt: der Palatin, Kastellan, Drost und Kämmerer. Da das Land von Belgard nur klein war, so konnte auch das Beamtenpersonal, welches zugleich den Hofstaat des Herzogs von Belgard bildete, nur klein sein. Aus der Geringfügigkeit des ländlichen Besißes ist zugleich zu schließen, wie einfach die Lebensweise der (wendischen) einheimischen Fürsten gewesen sein muß. Denn das unmittelbare Gebiet der weißen Burg (Belgrød) auf der die Fürsten Mestwin I., Ratibor und Pribeko wohnten, hatte, wie wir aus der Handseste von 1354 erfahren, nur einen Umfang von 20 culmischen Hufen. Wenn auch die umliegenden Güter und einige Güter bei Pußig und Mirchau zum erblichen Besißthum des Herzogs Ratibor gehörten, so sind demnach die Einkünfte bei der damaligen geringen Bodencultur und dünnen Bevölkerung nur dürftig und bescheiden, keineswegs aber fürstlich zu nennen. Dennoch reichten sie hin, nicht nur den fürstlichen Haushalt zu bestreiten, sondern auch vier vornehme Beamte und Würdenträger zu besolden. Alle jene Aemter und Würden waren nicht erblich, sie wurden nur einzelnen Edelleuten von Bedeutung als Auszeichnung auf Lebenszeit verliehen. In einigen Urkunden fommt der Titel Pane vor. Pane ist ein altes wendisches Wort und bedeutet soviel als „Gnädiger Herr. Mitglieder der erlauchten Familie Swenza führten den Ehrentitel Pane Suenza.

Die weltliche Gerichtsbarkeit wurde von den Burggrafen (Caftellanen), die deshalb auch den Titel Landrichter (judex terrae) führten, geübt. Geseße, geschriebene Saßungen, landesherrliche Verordnungen gab es noch nicht, es galt das Herkommen; erst die Deutschen AnFiedler führten Deutsches Recht ein. Die üblichen Strafen waren Köpfen, Hängen, Rädern, Augenausstechen und Gliederverstümme

lung. In einer Urkunde Mestwins II. von 1280 wird gesagt: ,,videlicet quod scultetus eorum habeat auctoritatem decollandi, suspendendi, rotandi, exoculandi, mutilationem membrorum et cetera judicia, quae juribus eorum cedunt". (Sell. I. S. 389.)

Die Herzöge von Pomerellen hatten die volle Landeshoheit. Sie verliehen an Besizer von Landgütern das Recht, Bernstein, den die Ostsee ausspülte und der im Innern des Landes ausgegraben wurde, innerhalb der Grenzen ihrer Feldmarken zu sammeln, Bieber, Störe, Lachse, Heringe, Ottern und Fische aller Art zu fangen und sonstige Gerechtigkeiten zu üben. In den Verleihungsbriefen erwähnen sie den Nath und die Zustimmung der angesehensten Männer des Landes, der Ritter und Barone, woraus hervorgeht, daß ihre Regierung nicht unumschränkt war. Namentlich war Mestwin II. von den Ständen des Landes sehr abhängig.

Der Adel hatte sehr viele Vorrechte, die hohe und niedere Gerichtsbarkeit über seine Hintersassen und die Gewalt über Leben und Tod. (sententia manualis sive capitalis, „Gericht an Hand und Hals.")

Abgaben und Lasten, Zinsen und Dienste von den bäuerlichen Hinterfassen werden schon sehr frühe erwähnt, insbesondere Zehnten von Körnern, von Erträgen des Ackerbaus (Pflugkorn), der Bienenzucht (Wachs und Honig), der Viehzucht (Lieferungen von Kühen, Ziegen und Schweinen) und der Fischerei, ferner Fuhren (probot) und Frohn-, Hof-, Burg-, Acker und Pflug-Dienste; sie werden insgesammt unter der Bezeichnung

,,Polnisches Recht, jus polonicum"

begriffen. Dem Deutschen Ritterorden, dessen segensreiche Herrschaft wir bald werden kennen lernen, war es vorbehalten, die schweren Lasten und Frohnden in mäßige Geldzinsen umzuwandeln.

*) Vergl. die Urkunde über Crampe von 1313 in der U.-S. I. Nr 23 a. und sehr viele Lehnbriefe aus Herzoglicher Zeit.

fünfter Zeitraum.

Pomerellischer Erbfolge- Krieg,

1295-1343.

und

Erwerbung der Lande Lauenburg und Bütow durch den Deutschen Orden.

(1308-1343.)

Nach dem Tode Mestwin's II., des lezten Herzogs von Pomerellen, erhoben fast alle benachbarten Fürsten Ansprüche auf das erblose Land. Przimis law II., Herzog von Polen, griff zuerst zu. Ihm hatten die Großen des Landes als ihrem fünftigen Oberhaupte noch zu Lebzeiten Mestwins II. i. J. 1290 gehuldigt. Daher wurde er, als Mestwin II. i. J. 1290 mit Tode abging, allgemein als Her30g anerkannt. Er legte sich wegen Vergrößerung seiner Macht den Königlichen Titel bei und ließ sich am 26. Juli 1290 in der Domkirche zu Gnesen als König von Polen und Herzog von Pommern salben und krönen; auch nahm er den Pommerschen rothen Greif im weißen Felde in sein königlich polnisches Wappen auf. Er regierte jedoch nur wenige Monate. Am 6. Februar 1296 kam er bei einer Jagd in Rogosno ums Leben. Seine Gegner, die Markgrafen Otto und Johann von Brandenburg, hatten ihn so berichten die polnischen Geschichtschreiber überfallen und in einem Kampfe erschlagen.

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Auf Przimislaw II. folgte Wladislaus Loktek oder Loktinek (der Ellenlange) aus Polen. Er regierte nur drei Jahre von 1296 bis 1299. Er wurde für untüchtig befunden und abgefeßt. Mit allen benachbarten Fürsten hatte er Kriege zu führen und konnte fich nicht behaupten. Im Jahre 1298 wurde sein Heer von Bogislaw IV. Herzog von Slavien oder Westpommern angegriffen, am See Bukow geschlagen und in die Fluth getrieben. Bogislaw IV. eroberte Rügenwalde, Schlawe und alles Land an der

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Wipper und Grabow und nannte sich seit dieser Zeit auch „Herzog der Wenden."*)

Mit bewaffneten Schaaren erschienen ferner im Süden an der Warthe und Neze die Herzöge aus Glogau und Schlesien und im Norden der Fürst Wizlaff III. (IV.) von Rügen. Ein jeder suchte aus der Verwandtschaft und aus alten Verträgen sein Erb- und Anrecht darzuthun und mit dem Schwerte zu erkämpfen. Der Fürst aus Rügen Wizlaff III. hatte eine uneheliche Tochter Mestwins II., Margaretha, zur Gemalin; doch gründete er seine Ansprüche nicht auf seine Heirath, sondern auf seine Abstammung. Seine Großmutter Elisabeth Euphemia, eine Schwester Mestwin's II., hatte bei ihrer Verheirathung mit Jaromir II. oder Jaromar II. 1270 die Länder Rügenwalde und Schlawe zum Brautschaß erhalten und sowol sein Großvater Jaromir I. als sein Vater Wizlaff II. hatten in diesen Ländern Hoheitsrechte ausgeübt. Sein Vater Wizlaff II. hatte im Jahre 1277 das Schloß und Land Schlawe nebst der Stadt Rügenwalde den Markgrafen Conrad, Otto und Johann von Branden= burg für 3000 Mark Silber verkauft **) und in der frohen Hoffnung auf die glänzende Erbschaft des erblosen Oheims Mestwin's H. mit den mächtigen Markgrafen zu Brandenburg i. J. 1289 durch einen neuen Vertrag sich in die erblosen Länder getheilt. Nach Mestwin's Tode griff Wizlaff III. zum Schwerte; er landete mit seinem Heere bei Rügenwalde, bemächtigte sich dieser Stadt und eroberte einen Landstrich an der Seeküste, konnte sich aber nicht lange behaupten; er mußte dem mächtigen Könige Wenzel von Böhmen, dessen kriegsgewandte Völker am Schlusse des Jahres 1299 anrückten, das Feld räumen, alle Eroberungen herausgeben und sich mit der Verlassenschaft und den Kleinodien Meftwin's II., welche der Böhmenkönig ihm ausantworten ließ, begnügen.

*) Alle nachfolgende Herzöge von Pommern und die Könige von Preußen nennen sich in feierlichen Urkunden: „Herzöge der Wenden_und_Cafsuben.“ Ein besonderes Herzogthum Wenden hat aber nie existirt, ebensowenig ein besonderes Herzogthum Caffuben. Nach Kanzow wird unter dem Herzogthum Wenden die Landschaft um Stolp, Schlawe, Pollnow, Rügenwalde und Nummelsburg, unter dem Herzogthum Cassubien dagegen die Landschaft um Neuftettin und Belgard begriffen. Vergleiche auch das Gesetz vom 12. Oktober 1854 über

die Bildung des Herrenhauses und das dazu erlaffene Reglement.

*) Vergl. Gercken. Cod. dipl. Brandenb. Tom. I. pag. 247. von Lancizolle S. 558. Sell I. S. 447–450.

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Der mächtigste Mann im ganzen Lande war damals Pan Swenza, Woiwode oder Palatin von Danzig. Er stammte aus einer alten einheimischen (wendischen) und angesehenen Familie ab. Er gilt als der Stammvater der in Hinterpommern weit verzweigten, sehr reich begüterten und vornehmen Familie Puttkammer (Putkomer Unterkämmerer). Er war Meftwins II. vertrautester Rath, schon 1262 Kämmerer, 1274 Unterkämmerer, 1276 Kastellan von Stolp, 1277 Graf und Palatin von Danzig. Er war es, der 1287 die Barone des Landes zusammen berief und auf dem Landtage zu Belgard an der Leba, einem alten jeßt verfallenen Schlosse (Grod) und damals Sig eines Kastellans, zu dem Beschlusse veranlaßte, nach dem Tode Mestwin's II. feinen andern Fürsten als Landesherrn anzuerkennen, als solchen, der des Landes alte Rechte, Freiheiten und Gewohnheiten aufrecht erhielt und bestätigte. Swenza (Swenzo, Suenza) war es, der im Auftrage der Barone des Landes an den altersfchwachen Mestwin II. die Aufforderung richtete, einen der Wendischen Landschaft angenehmen Fürsten zu seinem Erben zu ernennen; Swenza war es, der die Ansprüche der Herzöge von Slavien oder Westpommern, welche Mestwin II. als seine natürlichen und nächften Erben vorschlug, zurückwies, weil sie zu sehr dem wendischen Wesen entfremdet und dem deutschen Wesen zugethan waren; Swenza war es, der den Schwestersohn Mestwin's den Herzog Przimislaw von Polen zum Erben und Nachfolger vorschlug, auch durchseßte und zur Huldigung einlud. Nach Mestwin's II. Tode erhöhte sich seine Macht und sein Einfluß. Przimislaw fand in ihm seine kräftigste Stüße. Wladislaus Loftek ernannte ihn beim Beginn des Feldzuges gegen die Schlesischen Fürsten zum Statthalter. Als Wladislaus Loftet sich als zu schwach bewies und überall Niederlagen erlitt, da berief der Statthalter Swenza 1299 die Barone des Landes zusammen und schlug den mächtigen König Wenzel von Böhmen einen für die Wendische Nation angenehmen Fürsten als neuen Herzog vor. Der König Wenzel von Böhmen wurde einstimmig zum Herzog erwählt und zur Huldigung eingeladen. Er erschien mit starker Heeresmacht, entfernte alle Feinde und wurde 1300 alleiniger Herrscher des ganzen erblosen Landes. Er nahm die Huldigung an und suchte seine Herrschaft dadurch zu befestigen, daß er die Barone für sich gewann. Den mächtigen Swenza bestätigte er in der Würde als Woiwoden von Danzig und Statthalter von Pommern; auch den

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