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Kriegsvölker des Ordens etliche Reiter in die Stadt zur Hülfe geschickt und versprochen, noch mehr Hülfstruppen nachzusenden. Wirklich schickte er auch noch 200 Mann, welche die kreuzherrlichen Söldner durch ihr Lager frei in die Stadt marschiren ließen. Dann kam Herzog Erich selbst mit noch 200 Mann in die Stadt geritten und war jetzt den Danzigern weit überlegen. Da änderte er seine Farbe und zwang den überraschten Rath- und Hauptmann Jochim von der Becke mit der ganzen Besaßung abzuziehen und die Stadt für immer zu verlassen. Er stellte ihm vor, daß er sich genöthigt sehe, damit die ihm zu treuer Hand übergebenen Lande nicht verheeret würden, mit seinen Feinden den Deutschen Rittern ein Bündniß zu schließen. Auch gab er vor, daß 13 seiner Edelleute, die er dem Könige Kaftmir von Polen als Kriegshülfe gesendet, in feindliche Gefangenschaft gerathen wären, daß er nicht Reichthümer genug besäße, das vom Ritterorden geforderte hohe Lösegeld zu erlegen und deßhalb, um die 13 getreuen Vasallen aus der Gefangenschaft zu befreien, die Stadt Lauenburg und das Schloß Bütow überliefern müßte. Die abtrünnigen Bürger der Stadt Lauenburg fürchteten die gerechte Strafe ihres Abfalls und ihrer Untreue; sie wollten die Söldner des Ordens nicht aufnehmen, vielmehr bei der Stadt Danzig und unter dem König von Polen, dem sie Treue geschworen, verbleiben; sie erboten sich, das geforderte Lösegeld aufzubringen. Doch Herzog Erich wies sie ab und erklärte sie zu arm, das hohe Lösegeld zu erschwingen.

Gleich nach dem gezwungenen Abzuge der 'Danziger Besaßung ließ Herzog Erich das Belagerungsheer des Ordens frei in die Stadt Lauenburg einziehen und übergab, um, wie er sich ausdrückte, dem Morden ein Ende zu machen, dem Deutschen Orden die Stadt Lauenburg und das Schloß Bütow.

So kamen Lauenburg und Bütow am 9. Oktober 1460 wieder in die Gewalt ihrer rechtmäßigen Landesherrschaft*). Bütow jauchzte auf, doch Lauenburg trauerte, es wurde für die Untreue hart gestraft.

Auch Herzog Erich mußte für die Treulosigkeit, die er gegen Polen begangen, schwer büßen. Bewaffnete Horden wilder Tartaren und anderer Völker fielen verheerend in Pommern ein und verwüste

*) Ueber die vom Orden mit dem Herzog Erich II. vorher gepflogenen Unterhandlungen wegen Rückgabe von Lauenburg und Bütow vergleiche die in der Urk. - Samml. unter I. Nro. 58. abgedruckten Berichte.

ten die Umgegend von Neustettin. Da erschien die schöne Herzogin Sophie, die Gemalin Erichs, im Lager des polnischen Königs und wußte durch ihre Anmuth den für holden Liebreiz und weibliche Schönheit gleich sehr empfänglichen König Kasimir so zu bezaubern, daß er von der Verheerung abließ und den wilden Horden der Tartaren befahl, das Gebiet von Pommern zu räumen. Herzog Erich war stets auf der Seite des Stärfern. Als er den Stern des Ordens erbleichen sah, fiel er vom Orden ab und schloß sich wieder an den König von Polen an. Im Jahre 1465 brachen verschiedene Söldnerhaufen des Ordens aus Lauenburg, Stargard, Konig und Friedland verheerend in Pommern ein und zogen raubend gen Stolp. Ein Cassube verlockte ste in einen unwegsamen Sumpf und als sie hier in der Frre waren, meldete er solches dem Landvoigt Rüdiger von Massow. Dieser überfiel die Söldner so plöglich, daß nur sieben Mann entrinnen konnten, die übrigen dem Schwerte erlagen oder in Gefangenschaft geriethen.

Die Burg Konig, vor welcher im ersten Kriegsjahre 1454 der König von Polen eine schimpfliche Niederlage erlitt, erlag im leßten Kriegsjahre 1466 der feindlichen Uebermacht. Nachdem der vierte Theil der Stadt mit einem guten Theil ihres Mundvorraths und Proviants niedergebrannt war, begehrte der Befehlshaber Caspar von Nostiz zu unterhandeln. Er erhielt mit allen Hauptleuten und allem Volk, mit allen Pferden, Harnischen, Drabgeschirren, Waffen und Wagen freien und ehrenvollen Abzug. Er zog nach Bütow und Lauenburg. Schon vorher hatte Herzog Erich mit den Kriegsoberften des Ordens zu Lauenburg und Bütow unterhandelt und ihnen versprochen, gegen Uebergabe der Städte und Gebiete 8000 Gulden auszuzahlen. Er schickte den Ritter Nicolaus von Massow und den Geistlichen Heinrich Schonebeck ins polnische Lager, ließ den König Kasimir begrüßen und anfragen, ob er den Söldnerhauptleuten des Ordens gegen Abtretung von Lauenburg und Bütow 8000 Gulden zahlen dürfe. Der König Kafimir sagte freundlich zu. Daß auch der Hochmeister zu dieser Besiß-Einräumung der beiden Ordenshäuser Lauenburg und Bütow an den Herzog Erich gegen Zahlung einer Geldsumme seine Zustimmung ertheilt haben wird, geht mit größter Wahrscheinlichkeit aus einem noch vorhandenen Berichte des Komthurs von Elbing vom 4. März 1466 hervor, in welchem dem Hochmeister dringend angerathen wird, die beiden Schlösser Lauenburg und BüGeschichte d. L. Lauenburg und Bütow.

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tow an den Herzog von Pommern zu verseßen, weil wenn dies nicht geschähe, die Schlösser doch verloren gehen würden *). Herzog Erich zahlte das Geld aus. Die Söldner zogen ab und ihre Hauptleute übergaben dem Herzog Erich Lauenburg und Bütow mit allem Ge schüße am 11. Oktober 1466. In einer besonderen Urkunde bekannte Herzog Erich den Empfang des Geschüßes **). So gelangte Herzog Erich noch mitten im Kriege auf friedliche Weise mit Zustimmung beider Theile in den Besiz (anscheinend Pfand - Befit) der Voigtei Lauenburg und des Amtes Bütow.

Am 19. Oktober 1466 schlossen nach 13jährigem Kriege der König Kasimir von Polen und der Hochmeister Ludwig von Erlichshausen den Frieden zu Thorn. Feierlich wurde der Frieden beschworen. Knieend leistete der Hochmeister dem stolzen Polen - König die Huldigung; knieend gelobten die Gebietiger des Deutschen Drdens dem hochfahrenden Jagellonen, alle Bedingungen des Friedens getreulich zu halten. Der Deutsche Ritterorden verlor und trat an Polen ab die Länder Ermeland, Marienburg, Culm und Pomerellen mit den Gebieten von Lauenburg und Bütow ***). So endete der Bürgerkrieg in Preußen und die Herrschaft des Deutschen Ritterordens in Lauenburg und Bütow. Der Orden hatte sich überlebt; ein Staat, der aus lauter Kriegern und Priestern zugleich bestand, konnte einen langen Bestand nicht haben. Er hatte seine Aufgabe erfüllt; er hatte mit dem Schwerte und Kreuze das Heidenthum vernichtet, das Licht der göttlichen Botschaft und Offenbarung ausgebreitet, auf preußischem und slavischem Boden eine Heimath für Deutsche Bil dung, Deutsches Recht und Deutsche Sitten gepflanzt und die Grundlage zur staatlichen Freiheit gelegt. Durch eine innere Umwälzung zerfiel er und als nach 50 Jahren das Licht der Reformation von Wittenberg nach Königsberg, der neuen Hauptstadt von Preußen, soweit es seit 1466 dem Orden noch verblieben war, hineindrang, da starb er. Der lezte Hochmeister, Markgraf Albrecht von Brandenburg, bekannte sich zur reinen Lehre Luthers, legte den Ordensmantel nieder, lös'te den Deutschen Orden auf und empfing 1525 vom Könige von Polen das ihm verbliebene Preußen als ein erbli ches weltliches Herzogthum zu Lehn.

*) Vergl. den Bericht vom 4. März 1466 in der Urf. S. unter I. Nr. 59. **) Vergl. Urk.- Samml. I. Nro. 60.

***) Vergl. Urk.-Samml. I. Nro. 61.

Unsere Lande nehmen an den weitern Schicksalen ihrer bisheri gen gütigen Landesherrschaft, des Deutschen Ritterordens, keinen Antheil; sie gehen einer trüben und schweren Zeit entgegen.

Achter Zeitraum.

Die Herrschaft der Herzoge von Pommern

und

die Reformation.

a. von 1466—1526 ungewiffer Stand.
b. von 1526—1637 polnisches Lehn.

Wir treten aus dem Zeitalter der Deutschen Ritter in das Zeitalter der Pommerschen Herzöge. Welch ein Gegensaß. Durch ein und ein halbes Jahrhundert gehörten unsere Lande einem Staate an, der durch den strahlenden Ruhm seiner ritterlichen Thaten und Werke die ganze Christenheit ja die ganze Welt erfüllte und für alle Folgezeit erfüllen wird. Von diesem, dem Preußischen Ritterstaate, der milde, gütig, weise und gerecht über sie gewaltet, wurden sie losgerissen. Und wohin famen sie? Welchem größeren und glücklicheren Reiche wurden sie zugewiesen? Tiefe Wehmuth erfüllt uns bei dem Wechsel. Keine Freiheit, keine Selbstständigkeit erlangten sie; sie waren von keinen Bergen eingeschlossen, durch keine natürlichen Festungen geschüßt und viel zu flein. Und dennoch, so klein sie waren, wurden sie keinem größern Staate einverleibt, vielmehr als abgesonderte Länderchen besonders verwaltet. Und wie war die Verwaltung? Kein Glück erblühete ihnen aus dem Tausche; keine Liebe, keine Gnade, kaum Gerechtigkeit wurde ihnen zu Theil. Der Segen Gottes blieb aus; die Hand des Allmächtigen wandte sich ab.

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Das Land Lauenburg die Voigtei Lewinburg — durch die abtrünnige Stadt Danzig und durch die abtrünnige Ritterschaft des Preußischen Bundes verführt und hingerissen, war vom Freiheitsschwindel ergriffen und gegen seine rechtmäßige Landesobrigkeit, der es als Land sein Dasein und die größten Wohlthaten verdankte, aufgestanden; es hatte sich zum Preußischen Bunde gesellt und unter den Schuß eines feindlichen Herrschers gestellt; es hatte dem Könige von

Polen gehuldiget und das schwerste Verbrechen — Hoch- und Landesverrath begangen. Schwer mußte es für seinen Abfall büßen. Es gelangte nicht unter die ersehnte polnische Hoheit; es genoß nicht die Freiheit, die es erträumte. Es wurde von Nordpomerellen, vom Lande, dem es seit einem Jahrtausend angehörte, getrennt und einem fremden Gewalthaber überantwortet; es wurde erobert, zurückerobert und endlich als Waare verkauft. Beklagenswerth ist das Schicksal Bütows. Das Land Bütow hatte nichts verbrochen, es hatte nur das Unglück, an der Gränze der Komthurei Danzig und des Herzogthums Stolp zu liegen. Es hatte mit Lauenburg nichts gemeinsam als seit 1329 dieselbe Landesherrschaft; es mußte aber alle Schicksale der abtrünnigen Nachbarlandschaft theilen. Die Herzöge von Pommern, die wir jeßt als Herrscher erblicken, bekümmerten sich um die an den äußersten Grenzen ihres eigenen Gebiets belegenen, unter ungewissem Titel ihnen zugefallenen Lande, um deren Glück und Wohlfahrt wenig; fie ließen die Abgaben beitreiben und ihren Statthalter walten. Eine landesväterliche Fürsorge fehlte; ste konnte nicht eintreten, so lange der Befiz ungewiß war. Die Pommerschen Hauptleute, welche an die Spiße der Verwaltung gestellt wurden, schalteten nach ihrem Belieben *). Der Adel wurde gedrückt und mancher alten und geliebten Vorrechte beraubt. Nicht einmal das Wild durfte er jagen auf seinem eigenen Felde. Die cassubischen Panen, ureingeborne Edelleute, wurden als ebenbürtig und vollblütig nicht anerkannt und zu Freien ja zu Wendischen Bauern herabgewürdigt. Wer von ihnen auf Verträge hinwies und verbriefte Rechte zu vertheidigen sich erlaubte, wurde verfolgt und als meineidiger Rebell zur Verantwortung gezogen. Zur Stärkung der neuen herzoglichen Gewalt wurde das Lehnswesen eingeführt, das culmische Recht, welches die persönliche Freiheit anerkannte, verdrängt und der Bauernstand, unter dem Orden persönlich frei, erbunterthänig. Bei allem Druck und Elend brach dennoch die Reformation sich Bahn und fand in den Städten und bei der Ritterschaft begeisterten Eingang.

Herzog Erich II. von Pommern hatte in Folge der Kriegshülfe, die er dem Feinde des Ordens zugesagt, auf Befehl des Königs von

*) In einigen lateinisch verfaßten Urkunden werden sie Satrapen genannt. Satrapen hießen die Persischen Statthalter.

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