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um sich gegriffen und die Gemüther zu sehr erbittert. Der Hochmeister, die Ordensgebietiger und die Ritterbrüder hatten keine Macht die allgemeine Gährung und Unzufriedenheit im Lande zu ersticken. Der Orden hoffte dennoch, die Ruhe wieder herstellen zu können. Er verklagte den Preußischen Bund beim Deutschen Kaiser und bat, den Bund als unnüß, unrecht, untauglich und nichtig zu erklären. Am 29. October 1453 wurde der Gerichtstag vor dem Kaiserhofe angefeßt und eröffnet. Der Sprecher des Drdens führte aus, daß der Bund wider göttliches, natürliches, geistliches und kaiserliches Recht, wider die Freiheiten des Ordens, wider die guten Sitten, wider die alte löbliche Landesgewohnheit und den geleisteten Eid der Treue und des Gehorsams streite. Der Sprecher des Bundes rechtfertigte den Bund gegen die erhobenen Beschuldigungen und trat mit einer Gegenklage auf. Er führte aus, daß der Bund nur geschlossen sei zur Be= schirmung gekränkter Rechte, zur Abwehr des Unrechts und der Gewalt. Am 5. December 1453 sprach der Kaiser Friedrich III. fein Urtheil und erkannte für Recht, daß die von der Ritterschaft, Mannschaft und die von den Städten des Bundes in Preußen nicht billig den Bund gethan noch ihn zu thun Macht gehabt hätten; daß also derselbe Bund von Unwürden, Unfräften, ab- und vernichtet sei.

Der Kaiserliche Richterspruch hatte aber die beabsichtigte Wirkung nicht. Der Bürgerkrieg war die Losung des Bundes. Die Eidechsen-Ritter fannen auf Hoch- und Landes-Verrath. Gabriel von Baisen ging nach Krakau und trug dem König von Polen im Namen des Preußischen Bundes die Landesherrschaft über Preußen an. Hans von Baisen verfaßte mit den Eidechsen-Rittern und Bundeshäuptern zu Thorn am 4. Februar 1454 einen Absagebrief aw den Hochmeister. Am 6. Februar 1454 wurde der Absagebrief unter zeichnet, an einem weißen Stock befestiget und durch einen Stadtknecht aus Thorn dem Hochmeister Ludwig von Erlichshausen überreicht. So sagen wir" -- heißt es am Schluffe dieses schmachrollen Blattes →→→ ,,Ritterschaft und Städte des Bundes in Preußen Euer Chrwürdigkeit „auf Huldigung und alle Pflicht von der Huldigung und wollen uns ,,durch diese Auffagung an Ehren und Glimpf gegen Euch und ,,Euren Orden verwahret haben und uns gegen Unrecht und ,,Gewalt mit der Hülfe Gottes erwehren." Der König Kasimir von Polen zögerte nicht allzulange, für den Bund das Schwert zu ergreifen, und schon am 22. Februar 1454 fandte er dem Hochmeister und

mus

dem Orden von Krakau aus einen Fehdebrief mit der Kriegserklärung. Unmittelbar darauf am 6. März 1454 fertigte er für die abgefallenen treulofen Unterthanen des Ordens den Einverleibungsbrief (privilegium incorporationis) aus, wodurch er die bisher vom Deutschen Orden besessenen Lande diesseits und jenseits der Weichsel, Preußen und Pommern dem Polnischen Reiche einverleibte dergestalt, daß sie niemals verringert, verkleinert, abgerissen oder dem Polnischen Reiche entfremdet werden sollten, indem er sagte: Terras praedictas Regno Poloniae redintegramus, reunimus invisceranius et incorperanec Terras praedictas a corpore et integritate Regni nostri Poloniae alienari sequestrari, scindi patiemur. Er nahm alle Preußen in sein Reich und in seinen Schuß als seine Unterthanen auf; er verlich der Preußischen Geistlichkeit und dem Preußischen Adel dieselben Rechte und Vorzüge, deren sich die Polnische Geistlichkeit und der Polnische Adel (Praelati, Barones et Nobiles Regni Poloniae) erfreuten, sogar mit der Befugniß, fünftighin an der Wahl und Krönung der polnischen Könige Theit zu nehmen; er versprach, die Geistlichen (Praelatos Spirituales et Seculares) die heiligen Altäre und Kirchen, die Barone, Edelleute und Bürger sowie sämmtliche Einwohner in Preußen in allen Rechten, Gerechtigkeiten, Freiheiten, Briefen und Privilegien, die sie von geistlichen und weltlichen Fürsten, von Königen und Landesherrn erlangt haben, zu schüßen, zu vertheidigen, zu erhalten, zu befördern und niemals zu verleßen oder verleßen zu lassen; er versprach, die verlorenen Verschreibungen mit Zuziehung der Landesräthe aus Königl. Gnade zu erneuern. Damit die neuen Unterthanen in Preußen über den Regierungswechsel sich freuen und so recht von Herzen das Glück ge= nießen solten, unter die Herrschaft und Hoheit der Polnischen Krone zu treten, so hob er auf und schaffte ab aus Königl. Huld für ewige Zeit den verhaßten Pfundzoll *), alle in Preußen bestehenden Zölle zu Wasser und zu Lande, die alten wie die neuen; desgleichen den in Pomerellen aus der Zeit der Herzöge von Polen von Altersher üblichen Vich- oder Sauzins datia, quae porcus alias Narsas z veteri institutione Ducum Poloniae vocabatur. Aus christlicher Liebe und Barmherzigkeit als ächter katholischer König vernichtete er das vom Orden ausgeübte, vom Apostlischen Stuhl verdammte, vom natürlichen

Der Pfundzoйl wurde aber schon im folgenden Jahre 1455 wieder erhoben,

um die Kriegskosten bestreiten zu können.

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und göttlichen Rechte nicht anerkannte, unbillige und grausame Strandrecht); er gab die gestrandeten Güter dem schiffbrüchigen Rheder zurück und ließ sie für die Krone Polen nur dann einziehen, wenn sich fein rechtmäßiger Bestßer melden würde. Er versprach alle Aemter und Würden, die gegenwärtig bestehen und neu errichtet werden, alle Befehlshaberstellen in den Städten und Schlöffern nur mit Eingebornen zu befeßen und an keinen Fremden zu vergeben. Er versprach, alle wichtigen, die Lande Preußen betreffenden Angelegenheiten causas notabiles mit Zuziehung der geistlichen und weltlichen Räthe, des Adels und der größern Städte (Nobilium et Civitatum majorum consilio) zu berathen, zu beschließen und zu vollführen. Er gestattete jedem Preußen die Beibehaltung des ihm verliehenen und von ihm angenommenen Rechts, des Magdeburgischen, Kulmischen, Polnischen oder Preußischen Rechts **) mit der Erlaubniß, insofern er die Rechte anderer nicht verlegte, sich unter ein anderes Recht zu begeben. Da er, der König, wegen der Größe seines Reiches, häufig entfernt sei und damit die Regierungs-Geschäfte nicht litten durch seine Abwesenheit, so versprach er nach Anhörung der Geistlichkeit, des Adels und der größern Städte einen Statthalter für Preußen zu ernennen. Endlich erlaubte er allen Preußischen Kaufleuten, ihre Waaren überall in Polen zu verführen und feil zu bieten, auch nach Erlegung der Zölle und Straßengelder nach Ungarn, Rußland, Mähren, Schlesien, Destreich, Sachsen, Walachei und in andere Länder zu ziehen.

Wahrlich verführerischer, verlockender konnte fein Brief eines-auswärtigen Herrschers lauten, um ein abtrünniges, zum Aufruhr geneigtes Volk zum gänzlichen Abfall hinzureißen. Alle Beschwerden wurden abbestellt; alle Wünsche, selbst die kühnsten wurden erfüllt. Ein dreizehnjähriger Krieg entbrannte. Es dauerte gar nicht lange, so war fast das ganze Preußische Land in der Gewalt des Bundes; nur die Städte und Burgen Marienburg, Stuhm und Konig hatten treue

*) Vergleiche übrigens über das Strandrecht in Preußen zur Zeit der Or, densherrschaft den vortrefflichen Aufsatz in den Beiträgen zur Kunde Preußens von Schubert. Bd. 5. S. 245 ff.

**) Unter dem Polnischen Rechte jure polonicali haereditario ist das im Lande Pommern und also auch in unsern Landen bestehende alte polnische Recht verstanden. Mit dem Jus Pruthenicum fann nur das altpreußische Heidenzeit stammende

Recht gemeint sein.

aus der

Besaßungen, welche allen Versuchungen widerstanden und die anschei nend verlorne Sache des Ordens aufrecht erhielten. Am eifrigsten und thätigsten von allen treulosen Städten zeigte sich die mächtige See- und Handelsstadt Danzig. Sie brach die vom legten Danziger Haus-Komthur Pfersfelder gegen Zahlung einer Geldsumme ohne Schwerdtstreich schimpflich geräumte Ordensburg und zerstörte sie dergestalt, daß keine Spur der einft stattlichen Veste übrig blieb. Darauf rüstete sie zwei Heere aus, das eine zur Eroberung von Pomerellen, das andere zur Eroberung der Marienburg. Sie wurde von dem Wahn ergriffen, in Preußen ein neues Deutsches Venedig zu begründen. Mit leichter Mühe eroberte sie die ganze Komthurei Danzig; in ihrer eingebildeten Freiheit ließ sie Zwingburgen niederreißen; sie zerstörte die hehren Denkmäler einer großen Zeit, und die leßten Refte der nach der Tannenberger Schlacht gebrochenen Ordensfestung Lewinburg; in ihrem Freiheits- und Siegestaumel überschritt fie die Gränzen der Danziger Komthurei, überfiel das benachbarte Land und Schloß Bütow und eroberte diese treu gebliebene hochmeisterliche Kron-Domaine. Wohl hatte das Schloß zu Bütow im Jahre 1433 unter dem Befehl seines tapfern Pflegers Lucas von Lichtenstein allen Angriffen der wilden Hussiten widerstanden. Doch jezt war es vom Meister und Herrn verlassen; es hatte keinen Pfleger, keine Befaßung, es war der Gnade siegreicher Rebellen preisgegeben und öffnete, um nicht das Schicksal der übrigen Burgen zu theilen, freiwillig seine Thore; es blieb verschont. Die Danziger legten eine Besaßung hinein und träumten von einem neuen Freistaate, den sie nach Bestegung und Niederwerfung des Ordens zu begründen und aufzurichten gedachten. Darum behandelten sie die Stadt, Burg und Landschaft Bütow mit großer Milde, gleichsam als neues eignes Gebiet und die Bevölkerung als neue Unterthanen oder künftige Mitbürger ihres Stadtreiches. Der König von Polen erkannte sehr bald die hochfliegenden Plane der reichen Stadt; um ihren Geist zu gewinnen, beschenkte er sie am Sontage Trinitatis mit vielen Gütern des Deutschen Ordens. Er stellte jezt an die Spiße der ganzen Landesverwaltung in Preußen den tapfern und klugen Hans von Baisen und ernannte ihn zum Gubernator der Lande Preußen. Zum Woiwoden von Pomerellen bestellte er den Mewer Hauptmann Jon von der Jene. Darauf fam er selbst nach Preußen, begleitet von seiner jungen Gemahlin Elisabeth, einer Tochter des Kaisers Albrecht,

begleitet von den Großen des Reichs und einer stattlichen Heerschaar. In Thorn empfing er die Huldigung der Eidechsenritter, der Städte und Ritter des Culmer Landes; in Elbing empfing er die Huldigung. der übrigen Städte und Ritterschaften. Nur Land und Stadt Bütow sandten keine Huldigungsbriefe und keinen Boz ten zur Huldigung; sie hatten dem Preußischen Bunde 1440 ihren Beitritt versagt; fie blieben auch jest treu ihrer Pflicht. Zwar waren sie in der Gewalt der abtrünnigen Stadt Danzig, ließen sich aber dennoch nicht beirren und verführen von der Pflicht des Gehorsams abzuweichen und den Feind des Vaterlandes, den König von Polen, als ihren neuen Beherrscher anzuerkennen. Der Orden schien verloren. Die Stadt Danzig hatte die Werder befeßt und die Marienburg belagert; die Bundestruppen hatten Stuhm belagert und erobert; es war nur noch die Burg Koniß zu brechen und dann die Marienburg zu stürmen. Der König Kasimir von Polen rückte selbst mit einem Heere von 40,000 Mann vor Konig, um diese Burg zu bezwingen und die aus Deutschland herbeigeeitten Söldnerhaufen zu vernichten. Am 18. September 1454 kam es zur blutigen Schlacht. Herzog Rudolf von Sagan und Bernhard von Zinnenberg führten die Söldner, Heinrich Reuß von Plauen befehligte das belagerte Ordensheer in der Burg. Um die Stadt und Burg zn entseßen, begann der Herzog von Sagan die Schlacht. An der Spiße von 4000 Böhmen und Deutschen stürmte er in das Polnische Heer und hieb alle Feinde, die sein tapfres Schwert erreichen konnte, nieder, bis er selbst erschlagen wurde. Um seinen Tod zu rächen, sprengte eine neue Schaar von 3000 Mann in das Polnische Heer, warf die Schlachtordnung über den Haufen und drang bis vor die Thore der Burg. Da machte Heinrich Reuß von Plauen mit dem Drdensheer einen Ausfall und drang dorthin, wo der König selbst befehligte. Die Polen wurden auf das Haupt geschlagen; sie ergriffen die Flucht und die Söldner machten unermeßliche Beute. Die Reichsfahne, des Königs Kriegeszelt nebst allen Kleinodien und Schäßen an Gold und Silber, fielen in die Hände der Sieger. Der Kanzler des Reichs, der Marschall, der neue Woiwode von Pomerellen Jon von der Jene, viele Großen und Edle geriethen in Gefangenschaft.

Groß waren die Folgen dieses Sieges. Dem Orden hatte das Glück der Waffen gelächelt. Die Marienburg wurde frei, das Dan

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