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abendländische Kaiserthum, das weströmische Weltreich und aus den Trümmern erhoben sich neue Staaten.

Auch die Völker an der Küste wurden von der allgemeinen Wanderlust ergriffen; sie verließen die Wälder, Sümpfe und Auen im falten Norden und suchten unter dem milden südlichen Himmel eine neue Heimath. Die Rugier ließen sich an der Donau nieder; in Verbindung mit den Herulern und andern germanischen Völkerschaften gingen sie unter ihrem Anführer Odoaker nach Italien, eroberten Rom, stürzten den leßten römischen Kaiser Romulus Auguftulus vom Thron (476 nach Chr. Geb.) und herrschten bis 493, wo sie vom großen Ostgothen Könige Theodorich, besiegt und überwunden wurden.

Dritter Zeitraum.

Die Slaven, Wenden und Cafsuben.

600-1108 nach Chr. Geb.

Nach dem Abzuge der deutschen Völker rücken im sechsten und fiebenten Jahrhundert nach Chrifti Geburt in die von den Deutschen verlassenen Wohnpläße die Wenden ein und lassen sich in den Landen zwischen der Weichsel, Oder und Elbe nieder. Die Wenden find ein Zweig des großen und mächtigen Völkerstammes der Slaven. Die Slaven kamen aus Rußland, eroberten alle Länder an der Donau, von dem schwarzen Meere bis zur Elbe und Ostsee, Slavonien, Kroatien, Pannonien, Gallizien, Polen, Mähren, Böhmen, Schlesien u. f. w. Die Slaven, welche sich in früher von Deutschen bewohnten und sodann von diesen verlassenen Gegenden niederließen, wurden vorzugsweise Wenden genannt. Sie waren ein starkes, an Beschwerlichkeiten gewöhntes Volk, fie liebten die Geselligkeit, erbauten sich Dörfer und Burgen, die sie Grod nannten, und verehrten verschie= dene Götter. Bilbog, oder Bialbog war der weiße oder gute und oberste Gott; Czernibog, der schwarze Gott, der Urheber alles Bösen und Uebels auf Erden. Die Wenden waren weit verzweigt und führten verschiedene Benennungen, Sarben, Soraben, Sorben in der Lausiß, Wilzen in der Mark, Dbotriten in Meklenburg, Lutizier in Vorpommern an den Ufern der Peene und Pomorsi oder Pomes

raner in Hinterpommern an der Ostseeküste zwischen Oder und Weichsel. Der Namen Wenden wird abgeleitet von Woda,, Wafser" oder „Wanda" Meer; also find die Wenden die Bewohne wasferreicher Gegenden und der Meeresküsten. Der Namen Pommern hat eine ähnliche Bedeutung und Ableitung. Schon Herbord, ein Begleiter des Bischofs Otto von Bamberg, bezeugt in seiner Geschichte und Lebensbeschreibung des ersten Pommerschen Apostels [Herbordi vita Ottonis lib. II. cap. I.]

Pomorania provincia ex ipsa nominis ethimologia qualitatem sui nominis et situs indicare videtur. Nam ,,pommo" lingua Slavorum juxta sonat vel circa,,,moriz" autem mare; inde Pommorania quasi Pommorizania, idem juxta vel circa mare sita.

Also bedeutet Pommern das Land ein Küstenland und Pommern das Volk ein Küstenvolk oder Meeranwohner. Die alten polnischen Geschichtsschreiber bezeichnen das Land Pommern einfach mit maritima d. h. Land am Meer.

Neben den Wenden werden als alte Bewohner von Pommern die Cassuben genannt. Die Cassuben sind mit den Polen ftammverwandt, ein slavischer Völkerzweig, der nach dem Zeugnisse des alten Kanzow zuerst in der Gegend von Neuftettin und Belgard auftritt, von dort aber ganz verschwunden und weiter nach Osten gezogen ist und sich im südlichen Theile von Bütow, sowie im nördlichen Theile der Lande Stolp und Lauenburg, noch mehr aber im heutigen Regierungsbezirk Danzig ausgebreitet und bis auf den heutigen Tag erhalten hat.

Die Cafsuben haben ihren Namen von ihrer. Tracht erhalten. Der polnische Schriftsteller Boguphal meldet von ihnen, daß sie lange und weit gefaltete Kleider getragen und daß ihr Führer nahe an der See, gewohnet.

Est quaedam gens Slavonica, quae Cassubitae dicuntur, et hi a longitudine et latitudine vestium, quas plicare ipsos, propter earum latitudinem et longitudinem oportebat, sunt appellati. Nam Huba in Slavonico plica (Falte) seu ruga vestium dicitur. Unde las z. Hubi id est plica rugas interpretatur. Harum Magister circa mare septemtrionale moratur. (Tom. II. pag. 19.)

Der spätere Schriftsteller Polens Dlugoßus stimmt mit dieser Ableitung des Wortes überein, indem er sich klar dahin ausspricht: Kaszubianiae a plicatione rugarum in vestimentis, quibus primum vestiri consueverant. Huba enim in Polonico ser Slavonico dicitur Ruga. Kasz autem dicitur plica in modo imperativo. (lib. I. pag. 45.)

Auch er seßet die Caffuben unter die Völker, die an der See gewohnet. Sie haben das kann man mit Bestimmtheit annehmen besondere Fürsten gehabt, doch kein fest begränztes, in sich abgeschlossenes Land als ihr Eigen befessen. Ihre Sprache, die von der plattpolnischen Sprache nur wenig abweicht, hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten. Auch ihre Kleidung ist ihnen eigenthümlich. An ihren langen Röcken und grauen Pelzmüßen sind die Cassuben sehr leicht zu erkennen und von ihren deutschen Nachbarn ohne Mühe zu unterscheiden. Sie sind gehorsam und unterwürfig, zähe und standhaft, gottesfürchtig und kirchlich, versäumen nie die Kirche und verehren ihre (katholischen) Priester wie Heilige. *)

Die Anfänge der Geschichte Pommerns d. h. des Küstenlandes an der Ostsee zwischen den Mündungen der Oder und Weichsel find sehr dunkel und verworren. Die polnischen Geschichtsschreiber berichten von einer Oberherrschaft der Herzöge von Polen über die Pommern. Die Herzöge von Polen forderten von den Pommern Tribut und führten um ihre Forderungen zu erzwingen, viele Kriege. Im Jahre 1026 nach Chr. Geb. zog Miecislaus (Micislaw, Nießlaff) Il. mit einem mächtigen Heere aus Polen nach Pommern, unterjochte die Häuptlinge und erweiterte seine Herrschaft bis zum Baltischen Meer. In seinem Heere diente der aus Ungarn vertriebene Königssohn Bela, welcher sich durch große Tapferkeit auszeichnete und deshalb die polnische Königstochter Richa zur Gemalin und das eroberte Land oder nach anderen Nachrichten den Tribut der Pommern zum Brautschaß erhielt. Bela soll 35 Jahre lang von 1026 bis 1061 das unterjochte Land beherrscht oder den Tribut der unterjochten Häuptlinge erhoben haben.

*) Vergleiche den Aufsatz von Seidel: „Das Land und Volk der Caffuben“ in den Neuen Preußischen Provinzialblättern. Jahrgang 1852 Band 48 Seite 104-121.

Gegen das Ende des eilsten Jahrhunderts nach Chrifti Geburt taucht in der Geschichte ein Namen auf, Suantibor, der von Thomas Kanzow als der Stammvater der Herzöge von Pommern bezeichnet wird und von 1080-1107 alles Land von der Oder bis zur Weichsel, von der Neze und Warthe bis zur Ostsee beherrscht haben soll. In seinem Wappenschilde führte er einen Greifen d. h. einen fliegenden Löwen mit einem Habichtskopf und noch heute stellt der Greif das Sinnbild der Pommerschen Macht und Herrlichkeit dar.

Nach der geschichtlichen Darstellung des Danziger Chronisten Caspar Schüß war Suantibor (oder auch Sambor genannt) ein Sohn von Bogislaw und ein Enkel von Mestibock (sonst auch Mestiboi genannt). Mestibock noch ein Heide lebte um das Jahr 960 und ist nach Caspar Schüß, dem auch Mikräl folgt, der älteste Ahnherr des cassubischen Pommerschen Fürsten-Stammes.

Euantibor starb, so berichten die alten Pommerschen Geschichtsschreiber und die Chronik zu Oliva, 1107 und hinterließ vier Söhne, welche sich in die väterliche Erbschaft theilten.

Wartislaw und Ratibor erhielten Westpommern, welches bis 1317 den Namen Slavien und Cassubien führte, zwischen der Peene und Persante lag und südlich bis an die Neße und Warthe sich erstreckte; Bogislaw und Suantopolk erhielten Ostpommern (Pomerellen), das zwischen der Persante und Weichsel lag und südlich sich bis an die Nege und Brahe erstreckte. Bei vielen Schriftstellern werden die Herzöge von Slavien die Herzöge von Pommern Stettiner Linie und die Herzöge von Pomerellen die Herzöge von Pommern Danziger Linie genannt. *)

*) Neuere deutsche Geschichtsforscher Röpell, Barthold u. a. verwerfen diese ganze Erzählung und erklären fie für eine Erdichtung. Es ist jedoch noch nicht erwiesen, daß Kanzow und seine Nachfolger, sowie die Chronik zu Oliva gelogen haben. Es fehlen uns zuverlässige Quellen. Die polnischen Schriftsteller jener Zeit sind 1. Martinus Gallus, geb. 1060 und gest. 1118, sein Werk geht bis 1109. Er war ein Geistlicher, ob von Geburt ein Franzose oder Deutscher, ist nicht gewiß. 2. Vincenz Kablubko, aus einer adlichen polnischen Familie, 1208 Bischof von Krakau, † 1223 als Möuch, durch Pabst Clemens VIII. 1764 heilig gesprochen. 3. Boguphal, 1242 Bischof von Posen, † 1253. Seine Geschichte geht bis zu seinem Tode 1253 und ist vom Domherrn Basko aus Posen bis 1271 fortgesetzt. 4. Dlugoß im 15ten Jahrhundert aus einer adlichen polnischen Familie, Erzbischof von Lemberg, † 1480. 5. Martin Cromer, Bischof von Ermland, im 16ten Jahrhundert; seine Geschichte erschien 1568 zu Basel; † 1589.

Vierter Zeitraum.

Das Herzogthum Ostpommern oder Pomerellen.

1108-1295.

Das also entstandene Herzogthum im öftlichen Pommern hatte stets nach zwei Richtungen feste Grenzen, die Ostsee gegen Norden, die Weichsel gegen Osten; gegen Süden und Westen waren die Grenzen meist ungewiß und wechselnd; gegen Süden die Brahe, Neße und Warthe; gegen Westen bis 1140 die Leba und von 1140-1295 die Graba, Wipper und zeitweise die Persante. Danzig war die Hauptstadt des Landes und Oliva die Begräbnißstätte seiner Fürften. In der Staatssprache der damaligen Zeit hieß das Land und Volf am linken Ufer der Weichsel vorzugsweise Pommern, dagegen das Land an der Dder Elavien. Zwischen Pommern und Elavien lag Cassuben, dessen Einwohner Cassuben hießen. In vielen Büchern findet man häufig für das Herzogthum Pommern am linken Weichselufer die Bezeichnung Pomerellen. Diese Bezeichnung ist nicht ganz richtig. Pomerellen, soviel als Klein Pommern, bezeichnet nur denjenigen Theil des ehemaligen Herzogthums Pommern, welcher nach dem 1295 erfolgten Aussterben der Herzöge von Pommern Danziger Linie mit Mestwin II. unter die Herrschaft des Deutschen Ordene kam. Der Deutsche Orden bediente sich in seiner Staatssprache für diesen Landestheil zwar niemals des Ausdrucks Pomerellen, sondern schrieb stets Pommern. Dagegen finden wir den Ausdruck schon in der Ordenschronik und in den vom Deutschen Orden geführten, im Geheimen Archiv zu Königsberg noch vorhandenen vielfachen Zinsbüchern. *) Als nach dem Frieden zu Thorn 1466 der Deutsche Orden die westliche Hälfte seines Gebietes an Polen

*) Ferner kommt der Ausbruck Pomerellen vor 1. öfters in Lindenblatts Chronik Seite 281, 304, 350 u. 357; 2. in einem Schreiben des Hochmeisters Ludwig von Erlichshausen an den Ordensmeister in Liefland vom Jahre 1452; abgedruckt in den Beiträgen zur Kunde Preußens Bd. 5. S. 466, wo es wörtlich heißt:

Daruff begerben sie (nämlich Land und Städte des Bundes) van uns eyn endlich antwort und als wir denn uff dieselbe czeit woren an unfirm czoge, die land Pomerellen nach ierlicher gewonheit umme czu ziehen, so konden wir en alda unser antwort nicht geben.

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