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Denn auch der cafsubische Pan, welcher mit Magdeburgischem Rechte begabt wurde, hatte ebenso wie der culmische Befißer die hohe und niedere Gerichtsbarkeit, die sogenannten Gerichte an Hals und Hand; er leistete Kriegsdienste zu Landwehren und Heerfahrten zugleich mit seinem Hintersassen; er entrichtete Pflugkorn, zahlte den culmischen Pfennig und lieferte ein Pfund Wachs zur Anerkennung der Oberherrlichkeit des Ordens. Von der höchsten Wichtigkeit für den Orden und dessen äußere Stellung war die Kriegsverpflichtung. Deshalb sah der Orden bei jeder neuen Verleihung stets auf die Erhaltung des auf den Gütern ruhenden vollständigen Kriegsdienstes, und die Theilung eines Guts unter mehrere Brüder wurde nur unter der Bedingung, die oft schon in der ersten Verleihung gestellt würde, zugestanden, daß die einzelnen Gutsantheile dem Orden dann eben so viele besondere Dienste zu leisten hätten. Der Kriegsdienst war ein ungemessener; wann, so oft und wohin der Krieg losbrach, mußte auch der Unterthan folgen; dabei mußte er sich auf seine eigene Kosten ausrüsten und verpflegen.

Eine ganz bevorzugte Stellung nahmen zur Ordenszeit die Herren von Weiher ein, fic waren, wie wir bereits oben gesehen haben, in Lebemünde erbgesessen, führten den Vorsiß im Rathe und Schöppenstuhle, besaßen viele Güter, hatten aber keine Kriegsdienste zu leisten und so gut wie gar keine Abgaben zu entrichten; sie hatten weder polnisches Recht noch polnisches Ritterrecht, weder culmisches noch magdeburgisches Recht; sie beherrschten den äußersten nordwestlichen Winkel im Ordensstaate und lebten vollständig wie kleine Dy nasten oder wie reichsunmittelbare Freiherren.

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Die Sprache, in welcher die Brüder des Deutschen Ritterordens redeten und schrieben, war die Deutsche. Nur die ältesten Urkunden sind in lateinischer Sprache verfaßt, alle übrigen in deutscher Sprache, und zwar in der schönen oberdeutschen Mundart. Der Schriftwechsel und die Ausstellung von Urkunden bei Verträgen und Verhandlungen mit auswärtigen Mächten erfolgte dagegen meistens in lateinischer Sprache, wie diese überhaupt die diplomatische Sprache aller europäischen Staaten des ganzen Mittelalters war und bis zu den Zeiten Ludwig XIV. von Frankreich auch blieb. Bei der eingebornen cafsubischen Landbevölkerung blieb im Umgange und im geselligen Verkehr die cafsubische Muttersprache in Uebung; sie hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten.

Die Religion war die christliche, römisch-katholische. Das Heidenthum war schon unter den einheimischen Herzogen von Pomerellen untergegangen und dem Christenthum gewichen. Der Deutsche Ritterorden hatte es sich zur Aufgabe seines Wirkens und Strebens gemacht, den Glauben an den göttlichen Erlöser Jesus Christus zu verbreiten. Darum pflanzte er überall, wo er hinkam und seine Herr schaft begründete, das Kreuz auf, erbaute Kirchen und Pfarrhäuser und sorgte liebreich für die Verkündiger der göttlichen Wahrheit und Offenbarung. Die Kirchspiele und Kirchen der katholischen Religionspartei sind so, wie sie der Orden gegründet hat, im Lande Bütow noch heute vorhanden. Vom Orden sind folgende Gotteshäuser, Kirchen und Kapellen im Lande Bütow erbaut:

1. Die Stadtkirche zu Bütow, geweiht der heiligen Margarethe; fie ist in den Feuersbrünsten von 1629 und 1700 niedergebrannt; die neu erbaute Kirche ist der heiligen Katharina geweiht.

2. Die Dorfkirche zu Bernsdorf, geweiht der heiligen Maria Magdalena.

3. Die Dorffirche zu Damesdorf, geweiht dem heiligen Nicolaus. 4. Die Dorfkirche zu Damerkow, geweiht dem heiligen Adalbert; wegen Baufälligkeit ist sie im Jahre 1849 abgebrochen.

5. Die Dorfkirche zu Groß Tuchen, geweiht dem heiligen ErzEngel Michael.

6. Die Dorffirche zu Borntuchen, ganz zerfallen.

7. Die öffentliche Dorfkapelle zu Kathkow, ganz zerfallen.

8. Die öffentliche Dorfkapelle zu Stüdniß, geweiht der heiligen Dreifaltigkeit, jeßt Tochterkirche von Bernsdorf.

9. Die Hauskapelle im Schloffe zu Bütow für die Brüder und Diener des Deutschen Ritterordens, ganz zerfallen.

10. Die adliche Gutskirche zu Groß Pomeiske. Die evange= lische Tochterkirche zu Jassen ist erst nach Einführung der Reformation erbaut.

Die fünf evangelischen Kirchspiele im Lande Bütow zu Bütow, zu Groß- und zu Born-Tuchen, zu Jassen und zu Sommin sind erst unter der Herrschaft der Hohenzollern gegründet. Das sechste evangelische Kirchspiel zu Groß- Pomeiske bestand als Kirchspiel schon zur Ritterzeit.

Von der Zahl der Kirchen und Kapellen, welche unter der Herrschaft des Deutschen Ordens in der Voigtei zur Lewinburg ge

gründet sind, fehlen uns zuverlässige Nachrichten. Die Akten des katholischen Dekanats zu Lauenburg enthalten darüber gar nichts. Aus sonstigen Quellen haben wir ermittelt, daß zur Ritterzeit Kirchen erbaut sind:

1. Zur Lewinburg eine Stadtkirche; ob in der gebrochenen Burg außerhalb der Stadt eine Burgkapelle gewesen, bleibt ungewiß. 2. Zu Lebemünde eine Stadtkirche.

3. Zu Belgard eine Dorffirche.
4. Zu Garzigar eine Dorfkirche.

5. Zu Roslasin eine Dorfkirche.

6. Zu Neuendorf eine Dorfkapelle oder Dorfkirche und Tochter von der Mutterkirche zur Lewinburg.

Außerdem sollen die adlichen Guts-Kirchen 7. zu Charbrow, 8. Groß- Jannowitz, 9. Schwartow, 10. Gnewin, 11. Bukowin, 12. Dzincelig, 13. Labun, 14. Dfseken, 15. Earbske und 16 Saulin sämmtlich zur Ritterzeit erbaut sein.

Die Kirchen im Gebiete des Voigts zur Lewinburg standen unter der Gerichtsbarkeit des Bischofs von Cujavien zu Leslau (Wladislavia); dagegen die Kirchen im Gebiete des Pflegers zu Bütow unter der Gerichtsbarkeit des Bischofs von Pommern zu Camin. Die Gränzen der bischöflichen Gewalt zwischen den beiden Bischöfen von Ost-Pommern zu Wladislaw und von West - Pommern zu Camin waren durch die oben Seite 15 erwähnten päpstlichen Bullen von 1140 und 1148 gezogen. Die Leba bildete im Norden die Scheide. In allen Handfesten über Gründung neuer Dörfer im Gebiete zur Lewinburg wurde der Bischof von der Cujav als bereits bestellter Landesbischof mit der ihm schuldigen Abgabe bedacht. Dagegen finden wir in keiner Handfeste über Gründung eines Dorfes im Gebiete von Bütow die Erwähnung eines Landesbischofs oder einer Abgabe an den Landesbischof. Die Gränzen des Ordensgebiets im Lande Bütow waren nach Westen gegen Pommern oft streitig und der Gegenstand gütlicher Vereinbarung. Im Jahre 1329, als der Orden die Landschaft Stolp bereits in Pfandbestß hatte, versprach der damalige Hochmeister Werner von Orseln dem Bischof Arnold von Camin soviel Bischofsgeld zu entrichten, als bisher üblich gewesen. Im Jahre 1350 verglich sich der Hochmeister Dusmer von Arffberg mit dem Bischof Johann von Camin sowol wegen des Bischofsgeldes als wegen der Gränze und übernahm die Verbindlichkeit,

daß in dem Ordensgebiete, soweit die Gerichtsbarkeit und der Sprengel des Bisthums Camin sich erstreckte, von allen Gütern, fie möchten. Lehnleuten oder Bauern gehören, jährlich auf Martini von jeder culmischen Hufe zwei Silberlinge flavischer Münze gegeben würden *). Seit jener Zeit werden bis auf den heutigen Tag von den alten Ortschaften des Amts Bütow: Bernsdorf, Borntuchen, Damerkow, Damesdorf, Dampen, Gramenz, Kathkow, Kroßnow, Mañgwiß, Meddersin, Morgenstern, Oslaw - Damerow, Klein Pomeiske, Strussow, Stüdniß, Tangen, Groß und Klein Tuchen, Wusseken und Zerrin Abgaben unter dem Namen Bischofsgeld im Gesamtbetrage von 5 Thlr. 22 Sgr. 6 Pf. erhoben und da das Bisthum Camin seit der Reformation und zufolge des Westphälischen Friedens ganz fäcularisirt ist, zugleich mit den Domainengefällen zur Staatskaffe abgeführt. Die Geistlichkeit bezieht davon nichts, weder die evangelische noch die katholische. Wegen dieses Bischofsgeldes und zugleich wegen. eines Bischofszehnten wurden zur Ordenszeit von 1450-1452 von den pflichtigen Unterthanen des Landes Bütow beim Pfleger häufig Beschwerden vorgebracht. Der Bischof von Camin begehrte nämlich von sämmtlichen Einkünften aller Priester, Pfarrer, Kapläne, Vicarien, Schulmeister und Glöckner den Zehnten als Opfergeld, Meßkorn u. s. w. Aehnliche Auflagen begehrte der Probst zu Colberg, von dem die Priester aus Bütow das Chrisma holen mußten. Der Pfleger zu Bütow fand diese Beschwerden seiner Unterthanen und seiner Geistlichkeit über Bedrückungen durch den Bischof zu Camin und den Probst zu Colberg ganz gerecht und bat den Hochmeister um Abhülfe **). Welchen Erfolg diese Beschwerden gehabt haben, ist nicht bekannt geworden.

Die Einkünfte der Pfarrer waren reichlich und anständig. Der Stadt-Pfarrer in Lewinburg erhielt 14 Freihufen Acker und 2 Morgen Wiese im Bürgerfelde und 6 Hufen in Neuendorf; der Stadtpfarrer in Bütow erhielt 6 Freihufen im Bürgerfelde; der Stadtpfarrer in Lebemünde eine Freihufe im Weichbilde; jeder Dorfpfarrer

*) Vergl. Schöttgen S. 657. Dreger Nro. 1813. Voigt Bd. 5. S. 84. Original - Urkunde im Geh. Archiv zu Königsberg. Schiebl. 50. Nro. 75. Abgedruckt in der U.-S. I. Nro. 31.

**) Vergleiche die in der Urk.-Samml. unter I. Nro. 48 bis 52 abgedruckten Berichte des Pflegers zu Bütow von 1451-1452.

erhielt 4 Freihufen. Außerdem erhielt jeder Pfarrer von jeder Hufe im Bürgerfelde resp. im Bauerfelde an seinen Wohnsiß (Widdem), sowie von jeder Hufe aller eingepfarrten Dörfer das Messekorn d. H. einen Scheffel Roggen und einen Scheffel Hafer, ferner von jedem Gärtner den sog. Messepfenning im Betrage eines Schillings. Er war persönlich frei von allen Lasten und Abgaben. Für gottesdienstliche Verrichtungen durfte er Geld und Gaben nicht fordern. Aber jeder Erbe, jeder Tauf- und Brautvater brachte ihm „Gott zu Lobe Liebesopfer nach des Landes guter Gewohnheit."

Das Patronat über alle Kirchen im ganzen Preußischen Ritterstaate hatte der Deutsche Orden. Der Römische Stuhl hatte ihm solches ausdrücklich zugesprochen. Denn also heißt es in der päpstlichen Bulle Urban's IV. von 1261: (Voigt 6. S. 741.)

Vestris devotis precibus inclinati presentium vobis auctoritate concedimus, ut fratres ordinis vestri ad ecclesias, in quibus ius patronatus habetis, diocesanis earum presentare possitis, sibi de spiritualibus et vobis de temporalibus responsuros.

Der Orden verlieh aber das Patronatrecht auch vornehmen cafsubischen Edelleuten mit der Verpflichtung, eine Kirche zu erbauen und zu unterhalten, sowie mit der Berechtigung, bei Erledigung der Pfarre einen Nachfolger auszuwählen und dem Landesbischof zur Einweihung in das Amt in Vorschlag zu bringen. Der Landesbischof (von Cujavien für Lewinburg, von Pommern für Bütow) bekleidete den neuen Pfarrer mit dem Ringe und seßte ihn als geistlichen Hir ten und Seelsorger in das erledigte Pfarramt ein. Der Genuß der Amtseinkünfte wurde ihm im Gebiete Lewinburg vom Komthur aus Danzig und in adlichen Kirchdörfern vom Gutsherrn (Pan), im Lande Bütow dagegen vom Pfleger als Ordensgebietiger überwiesen. Von der Amtsthätigkeit der Geistlichen, von ihren Verordnungen und Verdiensten um das Landschulwesen haben wir nichts auffinden können.

Auf eine ganz unerklärliche Weise hörte die geistliche Gerichtsbarkeit des Bischofs von Camin über das Land Bütow in der Folgezeit ganz auf und ging, wie in den folgenden Abschnitten gelehrt werden wird, auf den Bischof von Cujavien über.

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