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wurde die Ablieferung von Schweinen und Kühen noch aufrecht erhalten, doch endlich auch durch Umwandlung in Schweine- und Kuhpfennige abgelöst. Die Ablösung wurde gewöhnlich also ausgesprochen:

,,Ouch sal man wissen, das man pflag zu geben von diesem ,,gute küe und swyn und andir Polensche Dynfte, des sal derselbe „und syne erben und nachkomlinge vry syn ewiclich; davon sal uns „gefallen alle jar uf Martini eine Mark Pfennige vor kű und ,,vor swyn und vor gebüerliche arbeit und vor Polensche recht, das ,,uff demselbe gute han gehat wir und unfir brüder."

Neben dem landüblichem Polnischen Rechte bestand noch ein besonderes Polnisches Ritterrecht, ius polonicum militare. Die adlichen Besizer solcher ritterlichen Güter mußten dieselben Kriegsdienste leisten, wie die Besizer Deutscher oder culmischer Güter; fie waren aber frei von allen polnischen Diensten. So wurde 1362 das Gut Crampechowicz dem Pan Maczei von Malezicz zu polnischem Ritterrecht verliehen, desgleichen 1363 das Gut Sechlin dem Pan Woyczech mit folgenden Worten:

,,und vorlien wir dem getruwen Stanislao Peter Woyczech und „Jacobo zcu polenschen ritterrecht unfir gut Sechlin, davon sie uns „dgenen salen glich andern guten lüten, dy dasselbe recht haben. ,,Ouch salen sy fry syn kü vnd swyn, do vor sy vas uff lichtmesse „dry mark gewonlicker muncze dises landes salen_zcinsen.“

Jeder Edelmann, er mochte reich oder arm, vornehm oder gering sein, hieß Pan d. h. gnädiger Herr. Doch wird unter dem PanenAdel gewöhnlich nur der einheimische eingeborne cassubische Adel, nicht der eingewanderte Deutsche Adel verstanden. Im Lande Bütow lebten sehr arme Edelleute und ernährten sich nur kümmerlich vom geringen Ertrage ihrer Hufen, namentlich in Groß und Klein Gustkow in Czarn-Damerow, in Panen Stüdniß, in Recow und Trzebetke. In einem Zins- und Dienstregister von 1430 heißt es:

Item Ant aldo Ochsen-Panen, dy haben viij. dinßte, iclicher dinet mit eynem pferde.

Unter Ochsen-Panen find wahrscheinlich solche cafsubischen Edelleute zu verstehen die nur Ochsen nicht Pferde zum Angespann und zum Kriegsdienst nur ein Reitpferd gehabt haben.

In allen Handvesten des Ordens über adliche Güter, die zu Deutschem, culmischem oder magdeburgischem Recht ausgegeben wurden, finden sich die Verpflichtungen: Burgen zu brechen, zu bessern und zu bauen, ferner Kriegsdienste zu leisten, zu Landwehren (Landesvertheidigung) und zu Heerfahrten (Kriegsreisen, Angriffskriegen.)

Das Recht, welches der Orden einführte war das in Preußen. übliche culmische Recht. Es ist entstanden aus dem Privilegium culmense, welches der Landmeister Hermann Balk am 28. Dezember 1233 der Stadt Culm bei deren Gründung ertheilte und auf die Stadt Thorn ausdehnte. Als das Original der culmischen Handfeste verbrannte, wurde es vom Statthalter des Ordens, Eberhard von Sayne erneuert und diese erneuerte culmische Handfeste vom 1. Oktober 1251, ursprünglich nur für die Städte Culm und Thorn gegeben, wurde das Grundgesez für alle neu gegründeten Städte im ganzen Ordensgebiete in Preußen *). Obwohl nach seiner Entstehung, seiner eigentlichen Bestimmung und Verfassung ein Stadtrecht, wurde es später nach und nach auf Dorf und Land übertragen und zugleich ein viel verbreitetes Landrecht, indem der Orden neu gegründete Dörfer und Güter damit bewidmete. Von den Deutschen Ansiedlern wurde es gerne angenommen. Denn es hatte Erblichkeit und Eigenthum des Grund und Bodens nebst der persönlichen Freiheit der Besizer zum Gegenstande **). Seine Quellen find das Magdeburgische, das Flämingsche und das Freibergsche Recht, das erste im Civil- und Criminalrechte, das andere im Erb- und ehelichen Güterrechte und das dritte im Bergwerksrechte. Als Probe geben wir aus der culmischen Handfeste von 1251 folgende Stelle:

Denselben unfern Bürgern virkaufen wir ire Gut, da sy von unsem Huse haben, das bekenntlich ist, zu Vlemischem Erbe ihn und iren Erben beiderley Geschlechts mit allem Nutze ewiclich vri czu besitzen.... Den Bürgeru, die von unsem Huse beerbet fyn, haben wir auch die Vrihet geben, daß fte ir gut virkeufen

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*) Der s. g. alte Culm oder alte Colm ist nur eine Deutsche Uebertragung. Das alte Culmische Recht ius culmense, privilegium culmense ist in lateinischer Sprache verfaßt und häufig abgedruckt, so bei Lucas David Buch 4 S. 868 ff. Dogiel Cod. diplom. Polon. Tom IV. p. 21–24 von Baczko Th. I. G. 379-388.

**) Bergl. Lette in Rottecks neuestem Staatslexikon. Das neueste Gesellschaftslexikon von Wagener hat sich mit diesem Gegenstande noch nicht befaßt.

megen, das fie besitzen von unsem Huse, solchen Futen, die unsem Huse wol fugen, so das jene, die das gut koufen, das Gut von unfirn Brüdern haet entpfan, und unsem Huse zu demselben Rechte und zu demselben Dienste pflichtic syn, das uns jene thun sollen, darum zu thune, unde wir sollen es jenen lihen ane allirli widdersprache.... Ouch setzen wir, das iczlich Mensche von unsem Huse Erbe habende unsen Brudern järlich uff Martini. davon Gelde einen Cölmischen Pfennig_adir davor vief cölmische und zwei Mark Gewicht Wachses, in Herrschaft Bekenntniß unde in beichen, daß er syn Gut habe von unsem Huse und unsem Gerichte undirtan sal wesen unde wir faln in gunstlich enthaltend widder die ime Unrecht thue, unse Hülfe. Alle richterlichen Erkenntnisse und Strafurtheile mußten nach Magdeburgischem Rechte gesprochen werden. Dasselbe verlor nach und nach seinen Namen und wurde durch das neue sich bildende culmische Recht ganz verdrängt. Sowie in den Städten der Stadtschultheiß und die Stadtschöppen im gehegten Ding an rechter Dingstatt zu Gericht saßen und in den Deutschen Dörfern der Dorfsschultheiß bisweilen unter Zuziehung der Dorfschöppen das Recht hegte, so saßen im Landding der Landrichter und die Landschöppen. Ein Landding war in Bütow wie in Lewinburg. Der Landrichter und die Landschöppen wurden vom angesessenen Adel gewählt und zum Gerichtshof über den Landadel eingesetzt. Wohin seine gescholtenen Urtheile verwiesen waren, haben wir nicht ermitteln können. Die gescholtenen Urtheile der drei Städte Bütow, Lewinburg und Lebemünde waren nach Culm verwiesen. Die Stadt Culm war im Beginne der Ordensherrschaft zur Hauptstadt des ganzen Landes auserkoren, mußte aber im Jahre 1307 diese Ehre an die Marienburg abtreten, behielt dagegen ihre Macht in Rechtssachen bei. Die Stadtrichter und Stadtschöppen in Tulm bildeten den obersten Gerichtshof für alle Städte; sie entschieden über alle gescholtenen Urtheile (Appellationen) und ertheilten auf rechtliche Anfragen Bescheide. Durch ihre Aussprüche und durch die Sazungen der Hochmeister wurde das Stadt- und Landrecht, welches nach der Stadt Culm allgemein das culmische Recht hieß, sehr ausgebildet, weiter entwickelt, vervollkommnet und von Jahrhundert zu Jahrhundert verbessert. Ein Rechtsinstitut des alten Colm hat sich bis auf den heutigen Tag in unsern Landen erhalten, das ist die culmische eheliche Gütergemein

schaft, freilich durch den spätern Einfluß des falsch verstandenen Römischen Rechts sehr verunstaltet *).

Verschieden von dem Magdeburgischen Rechte, welches in seinen Bestimmungen über das Civil- und Criminal - Recht, sowie über das Gerichtsverfahren vollständig in das culmische Recht aufgegangen war, bildete sich ein neues besonderes Magdeburgisches Recht neben dem allgemeinen Land- oder culmischen Rechte. Alle Städte, Dörfer Schulzenhöfe und Edelhöfe, die mit culmischem Recht begabt waren, hatten in ihren Gerichtsverhälnissen das alte Magdeburgische Recht und mußten nach diesem, welches, wie gesagt, vollständig unterund in das allgemeine culmische Recht auf und überging, in allen Rechtssachen verfahren und entscheiden. Das neue Magdeburgische Recht trat erst unter den Hochmeistern Dieterich von Altenburg und Heinrich Dusemer von Arffberg in Gebrauch und nur bei neuen Verleihungen adlicher Güter an eingeborne cafsubische Panen. Der Hochmeister Winrich von Kniprode in der Fülle seiner Macht vergab die adlichen Güter (z. B. Jassen) zu culmischem Rechte. Unter den nachfolgenden Hochmeistern, namentlich seit der unglücklichen Schlacht bei Tannenberg, wurde bei neuen Güterverleihungen das culmische Recht gar nicht verliehen, sondern nur das neue Magdeburgische Recht. Es war dazu bestimmt, das alte polnische Recht gänzlich zu verdrängen und erfüllte seine Bestimmung vollständig. Der Deutsche Ritterorden zog es dem culmischen Recht vor, um seine Macht zu kräftigen; der cassubische Pan zog es dem polnischen Recht vor, um gleichfalls seine Macht zu kräftigen. Das culmische Recht verlieh Freiheit der Person, Freiheit des Eigenthums und Gleichheit der

*) Das culmische Recht ist aufgegangen in das Landrecht für das Herzog. thum Preußen von 1620 und demnächst in das verbesserte Landrecht für das Königreich Preußen von 1721. Das leßte ist 1772 in Westpreußen und 1773 in Lauenburg und Bütow eingeführt, sodann in Ostpreußen 1801 und in Westpreußen 1844 abgeschafft. In Lauenburg und Bütow gilt es noch heute, weshalb man nicht ganz mit Unrecht sagen kann, daß das alte culmische Necht wenngleich in ganz veränderter Form, Fassung und Gestalt hier noch heute gilt. Das alte culmische Recht (Jus culmense ex ultima revisione. Gedani 1767) hat zuleht in der Stadt und im alten Stadtgebiet Danzig sich behauptet, indessen auch dort durch das Gesetz vom 16. Februar 1857 (G.-S. 87.) seine verbindende Kraft verloren. Seit dem ersten Oktober 1857 gilt in Danzig das Westpreußische Provinzialrecht vom 19. April 1844 mit einigen Zusätzen und Abweichungen.

Geschlechter bei der Vererbung; das neue Magdeburgische Recht verlich Freiheit der Person, ein beschränktes Eigenthumsrecht und einen Vorzug des männlichen Geschlechts vor dem weiblichen Geschlechte bei der Vererbung. Die Töchter hatten keine Erbfolge in den Magde burgischen Gütern; sie wurden erst in Ermangelung männlicher Erben zur Erbfolge berufen. Die Söhne hatten ein ausschließliches gleiches Erbfolgerecht und daneben die Verpflichtung, die Töchter auf dem väterlichen Erbgute zu unterhalten und bei der Verheirathung daraus mit einer Ausstattung zu versorgen. Die Bewidmung mit Magdeburgischem Rechte war regelmäßig mit der Ablösung der alten polnischen Rechte d. h. der aus dem polnischen Rechte fließenden Frohnden, Dienste und Leistungen verbunden. Deshalb nahm der cassubische Pan das neue Magdeburgische Recht mit Dank und Freuden an, weil es ihn vom Drucke schwerer Lasten befreite. Zwar erlangte er nicht volles freies Eigenthum seiner Güter, denn er durfte ohne der Landesherrschaft Wissen und Willen seine Güter weder veräußern noch beschweren und sobald sein männlicher Stamm ausstarb, so fielen seine Güter an den Orden zurück; allein er wurde durch diese Einschränkung rechtlich nicht schlechter gestellt. Denn unter der Regierung der einheimischen Herzöge von Pomerellen, die 1295 mit Westwin II. ausstarben, war von einer rechtlichen Sicherheit des ländlichen Besißthums noch keine Rede. Der ruhige Besiß hing von der Gnade des Herzogs oder der Gunst seines Hofes und der allmächtigen Barone ab; wer in Ungnade fiel und mochte er ein Baron sein, der verlor seine Güter. Unter der gerechten, milden, weisen und ächt deutschen Regierung des Deutschen Ritterordens erfreute sich der cassubische Pan einer vollen Freiheit seiner Person, einer vollen Sicherheit seines Besizes und konnte in voller Ruhe an Verbesserung seiner Güter denken. Freilich konnte er nicht mehr an einem Hofe einheimischer Fürsten glänzen; er konnte nicht mehr im Verein mit den Baronen des Landes in der Entfaltung äußern Prunkes wetteifern; er konnte sich nicht mehr im Sonnenscheine seines Herrschers selber sonnen. Allein diesen Kummer mußte er verschmerzen und im Gefühle seiner rechtlichen Sicherheit den glücklichen Tausch zu schäßen wissen.

Mit Ausnahme der verschiedenen Erbfolge und der Einschränkung bei der Veräußerung und Beschwerung fand zwischen Culmischen und Magdeburgischen Gütern kein sichtbarer Unterschied Statt. Geschichte d. L. Lauenburg und Bütow.

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