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Speer. Platen hießen die Brustharnische im Gegensaße der Panzer oder ganzer Rüstungen. Die Besißer der Schulzenhöfe mußten mit einem leichten Pferde (Sömmerling im Gegensage der gepanzerten Streithengste) und mit leichten Waffen dienen und einige Dienstknechte mit Büchsen gestellen, nicht nur zu den Heerfahrten oder Kriegsreisen außerhalb des Landes Bütow, sondern auch zu den Landwehren, zur Vertheidigung des Landes und Hauses Bütow; cum uno spadone (Wallach) et armis levibus, quod vulgariter dicitur ein Platendienst, deservire tenentur. Eigenthümlich war die Abgabe des Starosten oder Schulzen des von eingeborenen Cassuben bewohnten jedoch zu culmischem Rechte und zu Deutscher Wohnung ausgegebenen Dorfes Dslaw-Dame row; der Starost mußte Heu zur Jagd liefern. Das Heu diente zur Fütterung der Jagdpferde des Pflegers zu Bütow und der eingefangenen Hirsche, die im hochmeisterlichen Thiergarten gehegt wurden. Die Hochmeister besuchten gar nicht selten ihre Burg in Bütow und vertrieben ihre Zeit nach Vollführung ihrer Amtsgeschäfte mit dem Jagdvergnügen. Nach dem Halali ergößten sie sich im Rempter des Schlosses zu Bütow am fröhlichen Mahle und legten ihren Gaumen mit perlendem Weine und Bären-, Wild- und Hirschbraten. In der Speisekammer des Schlofses fand der Hochmeister Bären-, wildes Schweine- und Hirschfleisch stets vorräthig.

Als unzweifelhaft können wir annehmen, daß die große Masse der ländlichen Bevölkerung, welche der Orden vorfand, in beiden Landen Lauenburg und Bütow überwiegend undeutscher Zunge war. Slaven, Wenden und Caffuben bewohnten vorzugsweise die Landstriche, deren Geschichte wir schreiben. Im Gebiet des Voigts zur Lewinburg erhielt sich die slavisch-cafsubische oder polnische Bevölkerung viel länger und reiner als im Gebiete des Pflegers zu Bütow. Die Deutsche Ansiedelung zog sich fast ausschließlich in die Deutschen Dörfer. Im Lande Lauenburg war die bei weitem größte Fläche in den Händen des eingeborenen Adels und die Hintersassen der cafsubischen Panen redeten die Sprache ihrer Herren. Im Lande Bütow war die bei bei weitem größte Fläche Eigenthum des Ordens, der mit unermüdlichem Eifer die vielen undurchdringlichen Urwälder, die nur den Båren und wilden Schweinen zum Aufenthalte dienten, lichtete und das der Kultur abgewonnene Land an Deutsche Ansiedler vergab. Die Zahl der vom Deutschen Ritterorden gegründeten Deutschen Dörfer

ift weit größer in Bütow als in Lauenburg. Die einheimische casffubische Landbevölkerung wurde aber vom Orden nicht verdrängt auch nicht unterdrückt, im Gegentheil besonders liebreich in Schuß genommen und ausschließlich unter seine Gerichtsbarkeit gestellt. Doch vermischte sich der Cafsube mit dem Deutschen, der Deutsche mit dem Cafsuben; der Cafsube nahm ohne Zwang Deutsche Sitten an, erlernte die Deutsche Sprache und bewies sich so dankbar gegen seine gütige Deutsche Landesherrschaft. Wahrlich nicht genug können wir auch hier die Weisheit und väterliche Fürsorge des Ordens rühmen. Mit seinem tapfern Glaubensschwert und Glaubensmuthe hatte er sich hier im äußersten Nord-Westen eine neue Herrschaft erkämpft; er schlug die durch göttliche Fügung ihm anvertrauten und unterworfenen Völfer nicht zu Boden, er rottete die einheimische Bevölkerung nicht aus; nein er suchte sie zu bilden, aus der Rohheit herauszureißen und als treue Unterthanen zu gewinnen. Er pflanzte die Keime Deutscher Bildung, er streute die Saat, die munter aufging und herrliche Blüthen trieb, doch durch den kalten Ostwind der kommenden Jahrhunderte verborrte, bis sie in der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts es find jest gerade zweihundert Jahre her von Neuem wieder erwachte.

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Der einheimische Landadel erfreute sich gleichfalls vieler Wohlthaten der neuen Landesherrschaft. Offenbar zeigt er im Anfange eine feindliche Gesinnung. Wir haben in den vorigen Abschnitten erzählt, daß zur Zeit des leßten Herzogs von Pomerellen, Mestwin II. und nach seinem Ableben die Großen des Landes unter Führung des Palatin von Danzig des Grafen Swenza auf die Nachfolge einwirkten; wir haben gesehen, wie sie den Herzog Przimislaw von Polen zu ihrem Oberhaupt erwählten, wie sie den Herzog Wladislaus Loktinek zu ihrem Beherrscher ein- und abseßten; wie sie den König von Böhmen Wenzel I. annahmen und nach der Ermordung Wenzels II. so wie nach Verjagung Loktineks den Markgrafen von Brandenburg ins Land riefen. Den Deutschen Ritterorden haben sie nicht gerufen; der Orden kam auf den Ruf ihres abgeseßten Herzogs Wladislaus Loktinek und erkämpfte das Land mit dem Schwerte. Der Adel konnte den neuen Landesherrn mit aufrichtiger Freude nicht begrüßen; er verlor seine einflußreiche Stellung, die er am Hofe des schwachen Mestwin II. einnahm, er fiel herab von seiner Höhe in die Gewalt eines ihm fremden Siegers, er kannte dessen Sprache, Sitten und Gewohn.

heiten nicht; er mußte sich ergeben und in sein Schicksal fügen. Auch im Gebiete von Lewinburg saßen mächtige Barone. So erfahren wir aus der Verschreibung von 1284 über Reschzino und Kodutow (God= dentow) daß der Herzog Meftwin II. diese Güter dem Edeln Bozei verkaufte nach heilsamen Rathe seiner Barone. (de salubri nostrorum baronum consilio).

Im Gebiete des Voigts zur Lewinburg war der Landadel besonders mächtig und mit großem Grundbesig ausgestattet. Viel weniger begütert und sogar dürftig war der Landadel in Bütow.

Von den größeren Adelsgeschlechtern, die im Lande Bütow saßen, ist wol fein einziges mehr vorhanden. Die Familie von Pomeiske (Pomoiske, die Hirsche; sie führen im Wappen einen Hirsch), die seit 1390 auf dem gleichnamigen Gute und auf Georgendorf (Gersdorf) gewohnt, und durch viele ihrer Mitglieder das Amt eines Landrichters verwaltet, ist ausgestorben. Der lezte seines Namens und Stammes war der im Jahre 1786 zu Riesenburg in Preußen verstorbene General-Lieutenant der Cavalierte und Chef eines Dragoner-Regiments Nicolaus Alerander von Pomeiske; er stiftete durch Teftament vom 12. Mai 1785 ein Fideicommiß und legte dem jedesmaligen Befizer des Gutes Groß Pomeiske die Verbindlichkeit auf, neben seinem eigenen Namen auch den Namen und das Wappen derer von Pomeiske zu führen*).

Die Besizer von Jaffen, Nikel und Bartusch, welche dies Gut (damals Gessyna genannt) vom Hochmeister Winrich von Kniprode im Jahre 1365 erhielten, sind verschollen und von ihren Nachkommen ist feine Spur zu entdecken. Der Ritter Kasimir von Tuchom, der die Herrschaft Tuchim besessen und über zwei Quadratmeilen beherrscht hat, ist von der Schaubühne der Welt abgetreten ohne bekannte Nachkommen zu hinterlassen. Nach einer Sage soll er zum Geschlecht derer von Putkammer gehören. Ist diese Sage richtig wir haben keine Beweise dafür oder dagegen so blüht sein Geschlecht noch heute in den Kreisen von Rummelsburg und Stolp und auch der zeitige Landrath von Rummelsburg von Puttkammer auf Cremerbruch, sowie der zeitige Landrath von Bütow von Puttkammer auf Klein Guftkow zählen zu diesem alten Geschlecht. Doch leiten

*) Der gegenwärtige Fideicommißbefizer von Groß Pomeiste ist der Gutsbesitzer von Schwerdtner-Pomeiste im Königreiche Sachsen.

die Puttkammers ihre Abstammung vom Palatin von Danzig und Kanzler von ganz Pommern, dem Grafen Swenza her und es ist nicht unmöglich, daß der Ritter Kasimir von Tuchom zum Geschlecht der von Puttkammer gehörte und entweder in gerader oder in der Seitenlinie mit dem Grafen Swenza blutsverwandt war. Nachkommen des ersten Besizers von Moddrow, Heinrich Rosen, werden noch im sechszehnten Jahrhundert in Lehnbriefen als Antheilsbestßer von Moddrow erwähnt, seitdem aber verschwinden sie gänzlich.

Von den einheimischen uralten cassubischen Adelsgeschlechtern aus dem Gebiete von Lewinburg sind noch heute viele Mitglieder vorhanden, wenngleich nicht alle mehr im Kreise Lauenburg mit adlichen Gütern angesessen find. Wir nennen die Geschlechter Prebentow, Tauenzin (Towenzin), Rerin, Lettow, Grella, Jaßkow, Goddentow, Chmilinski, Lantow, Chinow, Kosse, Lissow, Velstow, Schwichow u. a.

Die Familie von Malschiß, die durch viele ihrer Mitglieder das Amt eines Landrichters verwaltete, verschwindet im sechszehnten Jahrhundert und scheint ausgestorben zu sein. Das alte Geschlecht der Weiher, welches zuerst 1373 urkundlich auftritt, ist eingewandert und stammt aus dem Frankenlande. Das alte Geschlecht der Pirch, das zuerst 1340 auftritt, ist eingewandert und stammt aus dem Böhmerlande. Das alte Geschlecht der Somniß, das erst zu herzoglicher Zeit im sechszehnten Jahrhundert unter Barnim XI. in Lauenburg auftritt, ist aus Pommern eingewandert.

Seine Güter besaß der einheimische cafsubische Landadel zu polnischem Rechte oder zu polnischem Ritterrecht. Das polnische Recht galt allgemein in ganz (Oft-) Pommern oder Pomerellen; es hatte seinen Ursprung ohne Zweifel aus Polen und zur Zeit der polnischen Beherrscher Eingang gefunden. Hauptsächlich übte es seinen Einfluß auf die Gerichtsverhältnisse. In vielen Urkunden heißt es: Unsir Polenschen lüte, die sal niemand richten denn wir adir unsir brüder." Alle neue Unterthanen undeutscher Zunge standen unter der unmittelbaren Gerichtsbarkeit der neuen Landesherrschaft und wurden nach polnischem Rechte gerichtet. Der Geift und Inhalt deffelben ist uns nicht aufbewahrt. Sehr häufig werden in Urkunden des Adels polnische Rechte genannt und darunter verschiedenartige Leistungen, Abgaben und Dienste verstanden. Unter ihren besonderen Benennungen kommen im Anfange der Ordensherrschaft vor:

1. Prowod, d. Führung, die Verpflichtung dem Landesherrn Dienstfuhren im Kriege und Wegweiser zu stellen.

2. Podwoda, d. h. Vorspann, Spanndienste für außerordentliche Boten und Gesandtschaften.

3. Natural-Abgaben an den Landesherrn, als: Ochsen, Kühe, Schweine und Schafe in bestimmter Anzahl von jedem Gute.

Im Allgemeinen führten die Abgaben die Benennungen in lateinischer Sprache angariae et perangariae, exactiones et servitia. Am vollständigsten finden wir die Abgaben in einer Urkunde des Herzogs Meftwin II. von 1285, worin er ein Gut freispricht ab omnibus exactionibus et solucionibus, quae sic vulgariter nuncupantur Naraz, Povoz, Prowod, Podwoda, Podworove, Poradene (Pflugfteuer) Stroza (Nachtwachen der Bauern auf den Adelshöfen, auch Geldabgabe zur Unterhaltung der Burgwachen) Bove, Vacca, Porco, Opole, Edificatione castri vel aliarum municionum, Mostne, Targove, Stanownic, ab urna mellis (Pfund Wachs) a solutione frumenti (Pflugforn) falconem nec custodiant nec solvant, tentorium ducis non ducant nec farinam, a caniductoribus et canibus et ab equis.

Alle diese verschiedenartigen Leistungen und Frohnden werden in den Urkunden „polenschen Rechte“ genannt d. h. Rechte des polnischen Landesherrn und Dienste des polnischen Unterthanen. Augenscheinlich leistete der Landadel diese Dienste nicht selber, sondern er ließ sie durch seine Hintersassen, oder die auf seinen Gütern angesessenen cafsubischen Bauern leisten. Der Deutsche Ritterorden konnte aber diese schweren Lasten, die auf den in adlichen Gütern wohnenden cafsubischen Bauern ruhten, nicht lange dulden. Aus seiner weisen Verwaltung blickte der Grundfaß durch, nach welchem er die Freiheit der Person und die Freiheit des Eigenthums zur Geltung brachte. Die f. g. polnischen Rechte mußten fallen; sie wurden abgelöset und in eine feste Geldabgabe umgewandelt. Hierbei verfuhr der Orden nicht gewaltthätig; sondern jede günstige Gelegenheit, namentlich die Bestßwechsel wurden benußt, die Frohnden aus polnischer Zeit abzuschaffen und durch Deutsche Geldzinsen in sehr geringem Betrage abzugelten. Ganz neu verliehene Güter wurden ganz frei von den alten f. 8. polnischen Rechten und auf Deutsches, Magdeburgisches oder Culmisches Recht ansgegeben. So wurde das Polnische Recht nach und nach durch das Deutsche Recht ganz und gar verdrängt. Am långsten

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