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nen. Im Weichbilde der Stadt Bütow licßen sich nicht nur Deutsche als Bürger nieder, sondern als Besizer von Höfen im Bürgerfelde auch caffubische Panen (eingeborne Edelleute) z. B. Wussow, Brüskow, Eidiro, Niße aus Trzebetka; fie traten nicht unter die Gerichtsbarkeit der Stadt, sondern des Pflegers. Wenn Auswärtige im Weichbilde der Stadt Unfug erregten, sich gegen die Ordnung und Sicherheit vergingen und auf handhaftiger That ergriffen wurden, so verfielen sie der Strafgewalt der Stadt und wurden nach Stadtrecht gerichtet. Wenn aber Einheimische außerhalb des Stadtgebiets Verbrechen begingen, so verfielen sie der Strafgewalt des Landrichters und wurden nach Landrecht gerichtet.

Der Schultheiß und die Schöppen verwalteten auch die freiwillige Gerichtsbarkeit. Vor ihnen mußten alle im Weichbilde der Stadt liegenden Häuser, Gärten, Aecker, Wiesen und Höfe bei Besißveränderungen aufgelaffen, alle legtwilligen Verordnungen, Vermächt nisse, Erbverbrüderungen, alle Schicht- und Theilungsfachen verlautbart, Schuld- und Pfandbestellungen, Zinsverpflichtungen, Vormundschaftsund Waisen-Angelegenheiten und überhaupt alles verhandelt werden, was privatrechtliche Verhältnisse berührte und einer gerichtlichen Festsezung oder Bekräftigung bedurfte. Es erschienen beide Theile in Person vor Richter, Schöppen und gehegtem Ding zn rechter Dingstatt und verlautbarten ihre Willensmeinung, die zu fortdauernder vollständiger Rechtsgültigkeit in das Schöppen- oder Stadtbuch eingetragen ward. Die Schöppenbücher des Städte Lauenburg und Bütow find in den Feuersbrünsten, welche die Rathhäuser in Asche legten, verbrannt. Von dem Stadtbuche der Stadt Lebemünde sind noch einzelne Aufzeichnungen als Trümmer gerettet.

Vor Richter, Schöppen und gehegtem Ding wurden alle Strafsachen verhandelt und die Strafurtheile gesprochen. In Fällen, wo auf Tod, Hals und Hand und ähnliche peinliche Strafen erkannt wurde, mußte in Lewinburg der Komthur aus Danzig oder sein Bevollmächtigter und in Bütow der Pfleger gegenwärtig sein und den Vorsig führen; der Urtheilsspruch konnte erst nach eingeholter Bestätigung des Hochmeisters als Landesherrn vollstreckt werden.

Dem Bürgermeister zur Seite standen die Rathmannen. Der Bürgermeister und die Rathmannen bildeten den eigentlichen Vorstand der Stadtgemeine; sie verwalteten selbstständig das gesammte städtische Gemeinwesen; sie handhabten die Polizei und hielten die Ordnung in

der Stadt aufrecht. Jährlich wechselnd wurden sie von der Bürgerschaft gewählt und in Lewinburg vom Komthur zu Danzig, in Bütow vom Pfleger bestätiget. Der Bürgermeister konnte nach jährlich erneueter Wahl sein Amt viele Jahre nach einander verwalten und hatte zu seiner nächsten Umgebung im Amte einen Kumpan. Der Bürgermeister und die Rathmannen traten in den Rathsversammlungen als Rath der Stadt auf und erließen ihre Verordnung und Beschlüsse mit den Worten beginnend: „Wir Bürgermeister und Rathmanne der Stadt u. s. w." Sie seßten mit Zuziehung der Schöppen den Preis der Lebensmittel und deren Maaß und Gewicht nach dem Verhältnisse der Getreidepreise fest und wer von den Bäckern, Fleischern, Höckern u. f. w. ihren Bestimmungen nicht gehorchte, dem entzogen sie das Bürgerrecht und verboten die Stadt. Sie führten die Oberaufsicht über die Innungen der Handwerker, fie gaben den Innungen ihre Willkühren oder Ordnungen, bestätigten die GewerksAeltesten, erschienen in den Versammlungen der Gewerke und übten das Strafrecht, wenn Unordnungen vorfielen. Sie hatten die polizeiliche Oberaufsicht über Alles, was die städtische Sicherheit betraf; sie handhabten die Feuer-, Sitten- und Gesundheitspolizei und sorgten für die Sicherheit und Reinlichkeit der Märkte und Straßen. Wer sich dem Rath ungehorsam bewies oder sich seinen Anordnungen wtderseßte, wer den Rath, die Schöppen, ehrbare Leute, Frauen oder Jungfrauen in Schankhäusern oder sonst übel beredete und dessen durch zwei Biedermänner überführt wurde, den strafte der Rath mit Geldbuße oder Einsperrung ins Gefängniß. Körperliche Züchtigung war kein Strafmittel. Gar strenge strafte der Rath zu Lebemünde die Verläumder und Ehrenschänder; er sperrte fie in das Gefängniß, ließ sie einen Besen über den Markt tragen und verwies fie aus dem Weichbilde der Stadt. Mit Gewehren, Spießen, ungewöhnlichen und heimlichen Waffen durfte Niemand weder bei Tage noch bei Nacht auf der Straße oder in Wirthshäusern sich blicken lassen; er verlor sie und mußte Buße entrichten. Wer nach der Glocke, die zur Nachtruhe läutete, mit Waffen auf der Straße betroffen wurde, verlor die Waffen und das Bürgerrecht. Wer seinem Nachbarn, der von bösen Buben überfallen wurde, auf das Gefchrei nach Hülfe die Hülfe versagte, verlor das Bürgerrecht.

Die Einnahmen der drei Städte bestanden in einem Antheile an den Strafgefällen, in den Gebühren für Gewinnung des Bür

gerrechts, in einem Antheile an den Zinsen der Fleisch-, Brod-, Kauf-, Gewand- und Schuhbänken, in den Pächten, die aus der Verpachtung der städtischen Aecker, Wiesen und Vieh- Weiden in die städti= schen Kaffen flossen, und in einer Vermögenssteuer, weshalb jede Stadt ihre Bürger in drei Ordnungen je nach der Größe des Vermögens eintheilte.

Von den Städten gehen wir zu den Dörfern über. Hier müssen wir die Gebiete des Voigts zu Lewinburg und des Pflegers zu Bütow besonders betrachten, weil sie mannigfache Verschiedenheiten darbieten.

Die Gründung, Bewidmung und Verfassung der Dörfer aus dem Gebiete des Voigts zur Lewinburg erfahren wir aus ihren Handfesten, von denen uns 16 aufbewahrt und in der UrkundenSammlung nach ihrem Wortlaute oder wesentlichen Inhalte abgedruckt sind. Als Stifter der Dorfgemeinen tritt allein der Komthur zu Danzig auf, der die Handfesten fast sämmtlich in Lewinburg und nur wenige in Danzig ausfertigte. Sämmtliche Dörfer sind zu culmischem oder zu deutschem culmischem Rechte ausgethan.

An die Spize eines jeden Dorfes wird ein Schultheiß gesezt, welchem das Schultheißenamt erblich verliehen wird. Er erhielt zur Verwaltung seines Amts den zehnten Theil der ganzen Dorfsfeldmark frei von allen Abgaben, die Dorfsgerichtsbarkeit und den dritten Theil von den Gerichtsgefällen. Ausgenommen von seiner Gerichtsbarkeit sind die Straßengerichte, die der Orden seiner Herrlichkeit vorbehielt, die Lehnleute und alle Leute undeutscher Zunge, welche vom Komthur zu Danzig oder in deffen Auftrage vom Voigt zu Lewinburg gerichtet wurden. Bisweilen erhielt er die Kruggerechtigkeit und mußte dafür eine Preußische Mark und 10 Hühner an das Ordenshaus in Danzig abliefern. Dem Orden diente er mit einem Sommerling d. h. einem leichten Pferde und mußte einen Platendienst leisten d. h. einen Kriegsdienst zu Pferde in leichter Rüstung. Der Orden behielt sich die höhere Gerichtsbarkeit, zwei Theile von allen Gerichtsgefällen, alle Erze, Mühlen und in der Regel auch die Krüge vor. Die polnischen Eingebornen, die Cafsuben und alle Leute undeutscher Zunge standen unter dem besondern Schuße des Ordens, nur wenn fie innerhalb der Dorfgränzen von den Dorfseinwohnern auf handhaftiger That bei Verübung eines Verbrechens sich ergreifen ließen, wurden sie von dem Dorfschultheißen in Gegenwart des Voigts

zur Lewinburg nach Landrecht gerichtet. Die Einwohner des Dorfs erhielten zur ersten Einrichtung ihrer Wirthschaft, zur Erbauung ihrer Hofstätte und Bestellung ihrer Aecker drei Freijahre. Nach Ablauf der Freijahre mußten sie von jeder zinshaftigen Hufe an das Ordenshaus in Danzig 5 bis 15 Preußische Scot, oder einige Pfennige Preußischer Landesmünze, sowie zwei Hühner abliefern, ferner an den Pfarrer des Kirchspiels, dem sie zugewiesen waren, von jeder zinshaftigen Hufe 1 Scheffel Roggen und einen Scheffel Hafer als Meßforn, endlich an den Landesbischof, den Bischof von Cujavien, jährlich als Zehnten eine Firdung Preußischer Landesmünze entrichten. Diese Abgaben waren wahrlich so geringfügig, daß der Deutsche Ritterorden sich durch Gründung der Deutschen Dörfer ein unvergängliches Denkmal seiner segensreichen Herrschaft gefeßt hat.

Ebenso segensreich, ja noch viel bedeutender für die Landeswohlfahrt wirkte der Orden im Gebiete des Pflegers zu Bütow, das dem Hochmeister zur Bestreitung seines fürstlichen Haushaltes angewiesen war. Unläugbar hat der Orden, als er das Land Bütow fäuflich erwarb und im Laufe der Zeit durch Ankauf vergrößerte, eine slavische Bevölkerung und einige Wohnpläge vorgefunden. Doch hat er die allermeisten Dörfer insofern neu gegründet, als er ihnen durch eine Handfefte eine Verfassung gab. Die neuen Ansiedlungen erfolgten zu culmischem Rechte und zu Deutscher Wohnung d. h. mit Erhaltung voller persönlicher Freiheit zu freiem Erbe und Eigenthum nur gegen mäßige Zinsen und Dienste. Eine Leibeigenschaft war dem Orden gänzlich fremd und die Erbunters thänigkeit entstand erst unter der nachfolgenden Herrschaft der Herzöge von Pommern. Der Bauernstand genoß unter dem gütigen und milden Scepter der Deutschen Ritter die größten Wohlthaten. Die Vergabungen geschahen in folgender Weise: Ein treuer, zuverlässiger oder sonst tüchtiger Mann, er mochte ein Deuts scher Einzögling (Hasse, Wolter, Rudnick) oder ein eingeborner Cassube (Wenko, Weyrach) sein, wurde mit einer umrittenen oder ausgemessenen Fläche Landes, mit einer bestimmten Anzahl culmischer Hufen als der Dorfsfeldmark erblich beliehen mit der Verpflichtung fie zu bebauen oder zu beseßen, d. h. Ansiedler heranzuziehen und in ein Dorf zu sammeln. Ueber das Maaß und die Art der Landvertheis lung wurde ihm nichts vorgeschrieben. Er selbst erhielt für die erfte Beseßung und zugleich als dauernden Lohn für seine Amtsgeschäfte

eine Anzahl von Freihuben (im Lewinburger Gebiete auch Haken ges nannt) je nach der Größe des Dorfes bald 2, bald 4, bald 6 Freihufen. Er wurde als die erste Obrigkeit des Dorfs eingeseßt. Das Gericht und Schulzenamt wurden ihm als ein veräußerliches und vererbliches Recht verliehen. Die Veräußerung war gestattet, jedoch an die Zustimmung des Pflegers gebunden, der das obrigkeitliche Amt dem neuen Befizer neu verlieh, daher die Schulzen, ebenso wie die Müller und Krezschmer (Krüger), die beim Verkauf ihrer Mühlen und Krügen einer gleichen Beschränkung unterworfen waren, Lehnleute genannt wurden, mithin ihre Besißungen gleichsam als Lehen zu culmischem Rechte besaßen. Starb der Schulz ohne Erben oder hinterließ er untüchtige Erben, so verfiel das Amt an den Orden, der es an einen tüchtigen und zuverläßigen Mann neu vergab und die Erben anderweit abfand. Bei der Gründung neuer Dörfer wurde jederzeit auch für das Seelenheil der Einwohner gesorgt und für den Pfarrer ein Widdem (Wohnung) mit 4 bis 6 Freihuben ausgeseßt. Die Abgaben, Dienste und Leistungen waren sehr mäßig; die Ansiedler erhielten zur ersten Einrichtung ihrer Wirthschaft, zur Erbauung ihrer Hofstätte und Urbarmachung ihrer Felder neun Freijahre. Nach Ablauf der Freijahre mußten sie jährlich zu Martini an das Ordenshaus in Bütow von jeder Hufe Mark Preußische Pfennige und zwei Hühner abliefern und dem Pfarrer ihres Kirchspiels einen Scheffel Roggen, sowie einen Scheffel Hafer entrichten. Ein Bischofszehnte wird in keiner einzigen Handfeste erwähnt. Außerdem mußten sie von den herrschaftlichen Wiesen, die der Pfleger zur Nuznießung hatte, das Gras mähen und das Heu in das Ordenshaus nach Bütow fahren oder in die benachbarten Ordenshöfe von Tuchen, Damerkow und Wusseken abliefern. Der Schulz hatte in den Ordens- oder Amtsdörfern als Dorfsobrigkeit Zank und Streit zu schlichten, über Mein und Dein Gericht zu üben und außerdem die Zinsen und Abgaben von den Bauern zu erheben, einzuziehen, zu sammeln und an das Ordenshaus zu Bütow dem Pfleger richtig abzuliefern. Die Abgaben änderten sich, als die Dörfer gehörig besegt waren, sie wurden nicht nur in Körnern (Roggen, Hafer und Gerste), sondern auch in Gelde abgeführt. Die Bauern waren kriegsdienstpflichtig. Fast in allen Handfesten wird der Platendienst erwähnt. Unter Plata wurde eine leichte Rüstung verstanden; fie bestand aus einem Brustharnisch, einem Eisenhut, Helm, Schild und

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