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Der Ausdruc,,locus", welcher im Jahre 1594 von einem unbekannten Pommerschen Gelehrten mit Staadt ins Deutsche überfest ist, bedeutet nichts weiter als den Ort, die Stelle, die Stätte (alterthümlich die Statt oder Staadt); er hat niemals die Bedeutung von civitas, urbs, oppidum die Stadt.

Wenn nun feststeht, daß der Ort Lebemünde im Jahre 1313 noch nicht vorhanden gewesen, so folgt von selbst daraus, daß Lebemünde erst nach 1313 angelegt sein muß. Von 1313 bis zur Regierung des Hochmeisters Winrich von Kniprode (1351 bis 1382) schweigen alle Quellen und wir erfahren über Lebemünde gar nichts. Der große Winrich war, bevor er den hochmeisterlichen Stuhl bestieg, Komthur zu Danzig vom 17. März 1338 bis 6. Januar 1341. In dieser Zeit bestand noch die Ordens- Komthurei zu Stolp und viele Gründe lassen darauf schließen, daß die äußerste westliche Gränze der Mark Danzig, welche Mark nicht erst seit 1313 oder 1310, sondern schon seit 1140 durch den Leba-Strom von der benachbarten Landschaft Stolp geschieden ward, von der Komthurei Stolp und nicht von der Komthurei Danzig beherrscht worden ist. Wir wissen nun nichts davon, ob und was die Ordenskomthure zu Stolp Ulrich von Hugewicz, Otto von Brien und Albert (oder Albrecht) von Leesten, mit dessen Abgange 1341 oder 1342 die Ordenskomthurei Stolp ganz einging, für die Gebiete am Ufer und Ausfluß des Lebastroms zu deren Wohlfahrt gethan haben. Wir wissen aber, daß der große Winrich außerordentlich viel zur Hebung des Handels seines Ritterstaates Preußen, zur Hebung der Schifffahrt seiner See-Städte und zur Befriedung der Ostsee durch Vertilgung der Seeräuber geleistet hat. Mit klarem Blick durchschaute er die geographische Lage seines Landes und erkannte, daß der Handel zur See eine unerläßliche Bedingung des Wohlstandes seiner ländlichen Bevölkerung war.

Wir wissen ferner, daß nach Einlösung der Landschaft Stolp durch die opferwillige Stadt Stolp und nach Aufhebung der Ordenskomthurei Stolp 1341 das ganze westliche Hinterland der Mark Danzig, aus dem sich nach Gründung und Bewidmung der Stadt Lewinburg die Voigtei Lewinburg als ein besonderer Verwaltungsbezirk seit 1341 allmälig herausgebildet hat, von dem Ordenskomthur zu Danzig beherrscht worden ist. Wir glauben, daß der große Winrich, als er 1351 den hochmeisterlichen Stuhl beftieg, sehr bald seine

Blicke auf die nordwestlichste Gränze seines Ritterstaates geworfen und den Entschluß gefaßt hat, hier einen friedlichen Ort für Fischer, Schiffer und Handelsleute anzulegen. So entstand unter seiner segensund ruhmreichen Regierung am Ausfluß der Lebe der kleine Fischer-, Schiffer- und Handels-Ort Lebemünde. Nach der jeßigen Richtung, welche der Lebastrom einschlägt, hat der alte Ort Lebemünde auf dem westlichen Ufer der Lebe gelegen, ist also, wenn die Lebe damals in derselben Richtung wie heute die Leba in die Ostsee sich ergoffen hat, auf Pommerschem Grund und Boden in der Landschaft Stolp angelegt. Denn nach dem Gränzscheidungsbriefe von 1313, nach der Gränzbestimmung von 1377 und nach allen spätern Gränzvergleichen bildet die Lebe bis zu ihrer Mündung in die Ostsee die Scheide zwischen Pommern und Preußen und es hat niemals ein Gränzstreit zwischen dem Orden und den Herzögen von Pommern darüber geschwebt, daß der Orden an der Ausmündung der Leba das Ufer und die Landes- Gränze überschritten und auf jenseitigem fremdherrlichen Boden eine Stadt angelegt und ein fremdes Landgebiet mit Landes-Hoheit darüber sich angemaßt oder widerrechtlich zugeeignet habe *). Wir glauben daher annehmen zu müssen, daß die alte Lebe früher in anderer Richtung in die Ostsee

Wie ungewiß die höchsten Behörden über die Lage von Leba uoch im Jahre 1708 fich befanden, beurkundet folgender Erlaß:

Von Gottes Gnaden Friedrich König von Preußen, Markgraf 2c. Aus dem Anschluß habt Ihr zu erfahren, waß bei Uns Daniel Kahrt Bürger und Schuster in Stolp wider euch und das Schustergewerk in Leba wegen des aus ftehens auf den Jahr-Marckten eingegeben 2c.

Daferne nun Leba nicht im Lauenburgischen, sondern im Pommerschen liegt; So befehlen Wir Euch hiemit allergnädigst und ernstlich, Supplicanten und seine Kinder auff den Jahr-Marckten frey und ungehindert mit seinen Waaren ausstehen zu lassen. Wornach ihr Euch zu achten. Signatum Stargardt den 8. Juni 1708.

Von Ihro Königl. Majestät in Preußen, zu dero Hinterpommerscher und Camminscher Regierung verordnete Staathalter, Canzler und

Regierungs-Räthe.

An

den Ober-Hauptmann

von Somniz.

gez. von Below.

sich ergossen hat, als die neue Leba. Noch heute gehört ein Theil
des linken Ufers der Leba an ihrem Ausflusse zum Lauenburger
Landrathskreise und wir nehmen daher an, daß an den Gränzen dieses
Landstriches früher die Lebe in die Ostsee gegangen ist. Die alte
Stadt Lebemünde ist nach einer im Stadtbuch der neuen Stadt Leba
aufgezeichneten Nachricht etwa um das Jahr
das Jahr 1570 gänzlich vom
Sand und Wasser zerstört worden. Nach einer viel verbreiteten
Meinung soll Lebemünde am Ufer doch nicht an der Ausmündung
der Lebe, vielmehr eine ganze Meile von der Ostsee entfernt gewesen
sein und zwischen der alten Stadt und der Ostsee soll ein großer
mächtiger Wald von Laubholz gestanden haben. Die heutigen Rui-
nen von Alt-Leba liegen auf dem linken Ufer der heutigen Leba und
hart an der Ostsee. Doch werden noch heute weit ab vom Geftaðe
im Grunde der Ostsee fast eine Meile weit viele Eichenstubben von
mächtiger Stärke angetroffen, die bei der großen Untiefe des Meeres
in dieser Gegend den Schiffer mit vielen Gefahren bedrohen.
ist daher mit ziemlicher Gewißheit auzunehmen, daß durch ein noch
nicht aufgeklärtes Naturereigniß ein großer Strich Landes, auf dem
einst Lebemünde gestanden, von den Fluthen des baltischen Meeres
weggerissen und als Festland verschwunden ist. Auf diesem jezt im
Meeresgrunde liegenden Festlande hat der kleine Schiffers, Fischer-
und Handelsort Lebemünde gestanden. Nach Brüggemann's Angabe
(S. 1047), der Wuttstrack S. 729 gefolgt ist *) und die vom vor-
maligen Preußischen Justiz - Minister Herrn von Kampy in dessen
Provinzialrecht (Band II. S. 129. ff. Nro. 20.) bestätiget wird,
hat Lebemünde im Jahre 1357 Stadtrecht erhalten. Die darüber
ausgefertigte Handfeste ist am nächsten Sonnabende vor dem Mar-
garethentage zu Lewinburg vom damaligen Komthur aus Danzig
vollzogen. Der Magistrat zu Leba und das Königl. Geheime Staats-
Archiv zu Berlin nehmen an, daß die Handfeste erst fünf Jahre spä-
ter im Jahre 1362 ertheilt worden ist. Sie behaupten, daß der
Abschreiber - die Original-Urkunde ist verloren gegangen nicht
richtig gelesen und nicht richtig geschrieben habe, wenn er das Jahr
mit den Zahlen MCCCLVII bezeichnet hat, daß vielmehr die dritt-

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*) Wuttstrack sezt das Jahr 1457. Im Nachtrage S. 266 verbeffert er diesen Druckfehler in 1357.

lette Zahl fein V sondern ein X sein müsse. Der dafür angeführte Grund ist aber nicht stichhaltig. Sie berufen sich auf das vom Magistrat zu Leba dem dortigen Schuhmachergewerk im Jahre 1639 ertheilte und im Jahre 1642 in das Stadtbuch eingetragene Privile gium. Daselbst steht geschrieben:

,,Anno 1642 den 7. Martii in Behausung Unsers die Zeit „rahtenden Herrn Bürgermeisters Greger Zulfer seindt für Uns „Bürgermeister und Rahtmann dieser Königcklichen (nämlich Pol,,nischen) Stadt Leba in personii erschienen die Erbare Meister ,,des Gewerfs der Schustere hiefelbft 2c. vnd haben das Anno ,,1639 den 9. Aprilis bei Vns erhaltenes vf Pergamen ges schriebenes privilegium originaliter produciret und gebeten, ,,wir geruheten dasselbe 2c. vnserm Stadtbuch einverleiben zu „lassen 2. und lautet sothanes Privilegium von wordten zu „wordten wie folget:

Im Namen der Allerheiligsten Hochgelobten vnd

Vnzetrennlichen Dreyeinigkeit.

„Wir Jeßiger Zeit Burgemeister Friedrich Bienewald ,,vnd Raht 2c. der Stadt Leba bekennen, das vor Uns ,,die Erbaren . erschienen, höchlich beklagende, den Men,,niglich bekannten Vntergang, so hinbevor sich durch gottes ,,verhengknus an der alten Stadt Leba zugetragen, den Ja lei,,der! dieselbe gänzlich vom Wasser vnd Sande verwehet vnd abgespuelet das nicht mehr den nur ein Stud Kirchen Mawer „davon vorhanden. Bei solcher Verwueftung ists ferner gesche ,,hen, das auch damals die Meisten Burgere an andere örter fich Ihrer Nahrung halber zu wohnen begaben, vndt sindt also ,,in dieser New Erbaweten Stadt bei Nahe alle die gemeine ,,Städtische ordnungen zunften und gewerke in die 70 Jahr ,,(also von 1639 zurück gerechnet im Jahr 1570 und nicht 1572, wie ,,Brüggemann schreibt, indem er irrig von 1642 ab rechnet) ,,ober welche Vnsere Vorfahren allbereits ein Hochansehnlicher Creußorden Anno 1362 privilegia ertheilet, das ,,unter andern, Fleisch- Brodt vnd Schuebanden sollen ver„gönnet fein ac."

Aus welcher Quelle der Magistrat und die Rathmänner, die fich im weitern Verlauf des Privilegs Väter des Vaterlandes nennen, in dem Jahre 1639, wo sie das Schusterprivilegium gaben

und 1642 wo sie es in das Stadtbuch eintrugen das Jahr 1362 als Verleihungs-Jahr geschöpft haben, ist von ihnen nicht angegeben. Damals war die Original-Handfeste schon verschwunden und nur eine (fehlerhafte) Abschrift vorhanden. Die Handfeste selbst ergibt, daß sie im Jahre 1362 nicht ertheilt sein kann. Als Verleiher wird nämlich der Komthur von Danzig Welßeram von Bilterschein (oder -die noch vorhandenen Abschriften nennen stets andere Namen: Welsram von Biltersheim, Wilftram von Bildersheim, Wolferam von Baldersheim, Wilhelm von Waldersheim) angegeben. Da nach Voigts Namens-Coder im Jahre 1357 Wilhelm von Baldersheim, im Jahre 1362 aber Gieselbrecht von Dudelsheim Komthur von Danzig gewesen, so kann nur 1357 nicht 1362 das richtige Verleihungsjahr sein. Hierzu kommt, daß im Amtsbuche der Komthurei zu Danzig Handfesten aus dem Februar, Juni und November 1362 beruhen, welche für das ganze Jahr 1362 Gieselbrecht von Dudelsheim als Komthur von Danzig unwiderleglich feststellen. Das Jahr 1362 kann daher unmöglich das Verleihungsjahr sein.

Die Handfeste ist demnach gegeben 1357 von dem Komthur zu Danzig Wilhelm von Baldersheim für das Weichbild Lebemünde und den Schultheißen daselbst. Das Weichbild soll haben 15 Hufen und Lübisch (? culmisch) Recht und dem ersamen Manne Heinrich Flemming werden erblich verliehen 14 Hufen frei mit dem Schultheißen - Amte und dem dritten Pfennige von dem Gerichte; die andern zwei Pfennige von dem Gerichte sollen dem Orden zufallen. Von den Gärten außerhalb der 15 Hufen soll der Schultheiß Heinrich zu dem Gerichte den zehnten Garten frei haben. Von den Zinsen, die im Weichbilde von den Badstuben, Fleischbänken, Brodbänken und Schuhbänken, sowie Hökerbuden erhoben werden, sollen ein Viertel dem Schultheißen, ein Viertheil dem Weichbilde und zwei Viertheile dem Ordenshause zu Danzig zufließen. Die Einwohner haben die Erlaubniß, allerlei Kaufmannschaft zu treiben und im Lebeschen See mit kleinem Zeuge zu fischen. Gott zu Lobe wird dem Pfarrer zur Widdem eine Hufe frei gegeben. Von den übrigen 13 Hufen soll jede Hufe jährlich an das Ordenshaus zu Danzig unter dem Namen eines rechten Zinses zu Martini eine Mark Pfennige gewöhnlicher Landesmünze entrichten. Von den Gärten außerhalb der 15 Hufen soll jeder Morgen, jedoch mit Ausschluß des Schultheißen Gartens, welcher frei ist, jährlich einen Firdung Pfennige an das

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