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einzurichten haben, daß sie sowohl für endliche, als auch für unendlich kleine Bogenstücke des Kreises ihre Gültigkeit behält.

γ

1

r

Unter der Krümmung k verstehen wir beim Kreise den. reciproken Wert seines Radius r, also: k=. Ist aber 7 die Länge eines Kreisbogens und der zugehörige Centriwinkel, so hat man: k = = = 1; und diese letztere Definition gilt auch dann noch, wenn der Kreisbogen und damit der zugehörige Centriwinkel unendlich klein werden.

1

r

A

B

Die Schenkel des genannten Centriwinkels sind aber nichts anderes als die Normalen in den Endpunkten des Kreisbogens 1, und der Winkel dieser Normalen ist gleich dem Winkel der Tangenten in den Endpunkten des Bogens 7. Daher läßt sich unsere Erklärung sofort auf beliebige Kurven übertragen, bei denen sich freilich die Krümmung von Stelle zu Stelle ändert. Man nennt nämlich den Ausdruck: k = die mittlere Krümmung eines Kurvenbogens von der Länge 1, wenn seine Endtangenten den Winkel einschließen.

γ

Fig. 282.

Geht man zur Grenze über, indem man den Kurvenbogen unendlich klein, d. h. zum Kurven element e werden läßt, wobei dann der Winkel der Endtangenten zum Winkel zweier Nachbartangenten oder Kontingenzwinkel & wird, so heißt: k = = die Krümmung der Kurve in dem betreffenden Punkte. 15)

င်

e

Ändert sich die Krümmung einer Kurve stetig, wenn der zugehörige Punkt sich stetig auf der Kurve fortbewegt, so heißt die Kurve stetig in Bezug auf ihre Krümmung, und nur mit solchen Kurven haben wir es in unseren Problemen zu thun. Auch diese Eigenschaft der Kurven bleibt bei einer Projektion ungeändert.

435. Für das Weitere wird es gut sein, folgende Bemerkungen vorauszuschicken. Ist ein Kurvenbogen AB gegeben und soll man den Winkel der Tangenten in den Endpunkten bestimmen, so verschlägt es nichts, wenn man an Stelle der Tangenten in A und B die Sekanten AA, und BB, zu Grunde legt, wobei AA, und BB, unendlich klein sind. Denn diese Sekanten bilden nur einen unendlich kleinen Winkel mit den entsprechenden Tangenten, so daß der begangene Fehler als unendlich kleine Größe gegenüber dem endlichen Winkel nicht in Betracht kommt. Ist dagegen der Bogen AB bereits unendlich klein, also auch der Winkel der Endtangenten ein un

endlich kleiner Kontingenzwinkel, so darf man nur Fehler außer acht lassen, welche von höherer Ordnung unendlich klein sind als der gesuchte Kontingenzwinkel. Teilt man aber den Bogen AB in n Teile und läßt die Zahl n über jede Grenze wachsen, wobei AA, den ersten Teil, BB, einen gleichen Teil darstellt, so werden A1 und BB1 unendlich klein von der 2. Ordnung und ebenso die Winkel der Sekanten AA1 und BB1 mit den bezüglichen wirklichen Tangenten. Der Winkel der Sekanten A1 und BB1 unterscheidet sich also nur um eine unendlich kleine Größe 2. Ordnung von dem gesuchten Kontingenzwinkel, und man kann den ersteren an Stelle des letzteren setzen.

436. Berührt ein Kreis eine Kurve in einem Punkt und stimmt daselbst bei beiden die Krümmung der Größe und dem Sinne nach überein, so heißt der Kreis der Krümmungskreis und sein Mittelpunkt der Krümmungsmittelpunkt für den betreffenden Kurvenpunkt. Die gegebene Kurve und der Kreis müssen an der bezüglichen Stelle auf der nämlichen Seite der zugehörigen Tangente liegen und dies soll dadurch ausgedrückt werden, daß wir sagen: die Krümmung beider Kurven stimmt dem Sinne nach überein. In jedem Kurvenpunkte unterscheidet man eine konvexe Seite, nämlich diejenige auf der die zugehörige Tangente liegt, und eine konkave Seite. Bei einer Kurve wird es im allgemeinen einzelne Punkte geben, in denen ein Wechsel der Krümmung eintritt, sind das diejenigen Punkte, die nach 422 als Wendepunkte bezeichnet werden.

es

437. Wir können zu dem Krümmungskreis durch einen gewissen Grenzprozeß gelangen und dieser soll uns jetzt etwas näher beschäftigen. Ist der Krümmungskreis im Punkte P der Kurve c zu bestimmen, so fassen wir alle die Kreise ins Auge, die die Kurve in P berühren, deren Mittelpunkte also auf der zugehörigen Normalen n liegen. Wählen wir nun in der Nähe von P auf der Kurve einen Punkt Q1, so giebt es einen Kreis k der e in P berührt und in Q1 schneidet. Liegt nahe genug bei P, so wird der Kreis den Kurvenbogen PQ, nicht mehr schneiden und es liegt dieser Bogen Q1P und seine nächste Fortsetzung über P hinaus ganz innerhalb des Kreises k1, wie Fig. 283 zeigt. Ganz ebenso läßt sich ein Kreis k, angeben, der e in einem Punkte Q2 schneidet, wo Q2 in der Nähe von P, aber von Q1 durch P getrennt liegt. Der Bogen Q2P, sowie seine nächste Fortsetzung über P hinaus liegt

Fig. 283.

C

hier ganz außerhalb des Kreises k2 und somit liegt auch k2 innerhalb k1. Läßt man jetzt den Punkt Q1 sich stetig nach P hinbewegen, bis er zu P unendlich nahe wird, so nähert sich der Kreis k, unbegrenzt einer bestimmten Grenzlage k, die nichts anderes als der Krümmungskreis der Kurve c in P sein kann. Ebenso konvergiert der Kreis k2 beim Übergang zur Grenze unbegrenzt gegen k. Dieser Übergang läßt uns zugleich erkennen, daß der Krümmungskreis in seinem Berührungspunkte P von einer Seite der Kurve c auf die andere übertritt, oder wie wir auch sagen können, daß k drei konsekutive Punkte mit der Kurve gemein hat (Berührung 2. Ordnung, Oskulation vergl. 378).

Den Beweis für die Richtigkeit unserer Behauptung, daß k der bezügliche Krümmungskreis ist, erbringen wir, indem wir zeigen, daß beim Grenzübergang der Kurvenbogen QP gleich dem Kreisbogen QP und die zugehörigen Kontingenzwinkel ebenfalls einander gleich werden - abgesehen von unendlich kleinen Größen höherer Ordnung. Da die Krümmung in einem Kurvenpunkte gleich dem Quotienten von Kontingenzwinkel und Bogenelement ist, so ist dann die Übereinstimmung der Krümmung von k und c in P bewiesen.

438. Die Kurven c und k berühren sich in P, ihre gemeinsame Normale ist n, sie schneiden sich in Q1. Die Kreistangente in Q1 sei Q1S, die Kurventangente Q1T, wo S und T auf n liegen, und das Lot von Q, auf n sei Q, N. Nun ist in dem rechtwinkligen Dreieck: NQ1T offenbar: Q1N< Kurvenbogen Q1P < Q1T. Denn teilt man den Bogen QP in unendlich viele Teile und

1

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Fig. 284.

zieht durch die Teilpunkte Parallelen zu n, so teilen die Parallelen auch Q1N und Q17 in unendlich viele Teile. Jedes Element des Kurvenbogens ist aber kleiner als das entsprechende Element von QT, da dieses gegen die Parallelen stärker geneigt ist, die Stetigkeit des Bogens Q1P in Bezug auf die Tangente vorausgesetzt; hieraus ergiebt sich die Richtigkeit unserer Behauptung. Beim Übergang zur Grenze erkennen wir nach 417, daß Q1T - Q1N von der 3. Ordnung unendlich klein wird, da QN und NQT von der 1. Ordnung unendlich klein werden. Daraus schließen wir unmittelbar, daß der Kurvenbogen QP und der Kreisbogen Q1P sich in der Grenze nur um eine unendlich kleine Größe von mindestens 3. Ordnung unterscheiden, denn sie sind beide gleich Q1N bis auf solche Größen.

ROHN u. PAPPERITZ. I. 2. Aufl.

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439. Die Kontingenzwinkel, die dem Kreis- und Kurvenbogen QP zugehören, stimmen bis auf unendlich kleine Größen 2. Ordnung überein, denn die Sehne QP schließt mit den Kreistangenten in ihren Endpunkten gleiche Winkel ein, während sie mit den Kurventangenten beim Grenzübergang unendlich kleine Winkel einschließt, die sich nur um ein unendlich Kleines 2. Ordnung unterscheiden. Um sich davon zu überzeugen teile man eine Kurve in lauter gleiche Elemente und verbinde alle Teilpunkte mit einem bestimmten unter ihnen P. Die um P entstehenden Winkel sind alle unendlich klein 1. Ordnung, und wegen der vorausgesetzten Stetigkeit ist die Differenz zweier aufeinanderfolgender Winkel unendlich klein 2. Ordnung; zu den Strahlen durch P gehört auch die Tangente und es ist deshalb in Fig. 285 die Differenz: Q12PR1 -QPR unendlich klein 2. Ordnung. Aber auch die Differenz: R1Q1P — ≤ R2PQ2 ist unendlich klein 2. Ordnung, weil PQ, und QP gleiche Elemente und beide Winkel gleichartig definiert sind, und folglich ist: R1 PQ1 — R1Q,P unendlich klein 2. Ordnung (Fig. 284).

RP R2

Fig. 285.

1

2

Das Gesagte läßt weiter erkennen, daß der Krümmungsmittelpunkt der Schnittpunkt zweier benachbarter Kurvennormalen ist. Denn schneiden sich die Kreisnormalen in P und Q1 im Punkte M1, die bezüglichen Kurvennormalen in M', so ist MM' unendlich klein von der 1. Ordnung, da ▲ MQM' = ≤ SQ2T von der 2. Ordnung unendlich klein ist.

440. Denkt man sich in allen Punkten einer Kurve c die Normalen gezeichnet, so umhüllen diese eine neue Kurve v, welche als Evolute von c bezeichnet wird, während c selbst die Evolvente heißt. Da sich benachbarte Normalen in einem Krümmungsmittelpunkte schneiden, so bildet die Evolute der Kurve c den Ort aller ihrer Krümmungsmittelpunkte. Aus dem Früheren geht unmittelbar hervor, daß die Längen zweier Normalen in zwei benachbarten Kurvenpunkten, gemessen von der Kurve bis. zu ihrem Schnittpunkte (dem Krümmungsmittelpunkt) sich nur um eine unendlich kleine Größe 3. Ordnung unterscheiden. Daraus können wir folgendes schließen. Läßt man eine Tangente der Kurve v auf ihr abrollen, ohne daß dabei ein Gleiten stattfindet, so beschreibt jeder ihrer Punkte eine Evolvente zu v. Denken wir uns also an die Evo

Fig. 286.

lute einen Faden angelegt und wickeln ihn von ihr ab, wobei er immer gespannt bleiben muß, so beschreibt sein Endpunkt eine Evolvente.

441. Wie wir oben gesehen haben, tritt der Krümmungskreis in dem zugehörigen Kurvenpunkte im allgemeinen von der einen Seite der Kurve auf die andere über. Es ist indessen hier ein Ausnahmefall zu erwähnen. Berührt ein Kreis k, die Kurve e im Punkte P und schneidet sie in einem nahe bei P liegenden Punkte Q1, so kann es eintreten, daß er c noch in einem Punkte

1

P

Q schneidet, der ebenfalls nahe bei P aber von durch P getrennt liegt. Läßt man Q1 dann Q1 stetig nach dem Berührungspunkte P hinrücken und tritt dann von selbst das Gleiche für Q2 ein, so daß sich in der Grenzlage k gleichzeitig Q, und Q, mit P vereinigen, dann hat der Krümmungskreis k in P vier (nicht nur wie im allgemeinen drei) benachbarte Punkte mit der Kurve c gemein, und diese liegt in der Nähe von P ganz auf einer Seite von k. Ein solches Verhalten (Berührung 3. Ordnung) zeigen z. B. die Krümmungskreise in den Scheiteln der Kegelschnitte, und deshalb sollen derartige Punkte auch bei andern Kurven als Scheitelpunkte bezeichnet werden (vergl. 381 und 382).

Fig. 287.

Das Verhalten der Evolute im vorliegenden Falle ist leicht zu übersehen. Während ein Punkt sich auf e fortbewegt, umhüllt die zugehörige Normale die Evolute und der zugehörige Krümmungsmittelpunkt durchläuft dieselbe. In dem Augenblick, wo die Normale einen Scheitelpunkt passiert, bleibt ihr Berührungspunkt mit der Evolute still stehen, um dann seinen Fortschreitungssinn auf der Tangente umzukehren; demgemäß weist die Evolute an der betreffenden Stelle nach 422 eine Spitze auf.

442. Verhalten der Krümmung im Wendepunkte, bei der gewöhnlichen Spitze und der Schnabelspitze. Beim Wendepunkte sehen wir, daß der Winkel benachbarter Tangenten, d. h. der Kontingenzwinkel sein Vorzeichen ändert. Stellen wir uns vor, daß die Kurve in lauter gleiche Elemente geteilt sei, so ist ja der Drehsinn der Tangente beim Übergange von einer Lage in die Nachbarlage (wenn man die Kurve in demselben Sinne durchläuft) ein verschiedener, je nachdem ihr Berührungspunkt vor oder hinter dem Wendepunkte liegt. Der Kontingenzwinkel wird deshalb im Wendepunkte selbst gleich Null sein, d. h. es werden zwei benach

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