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Perspektive Grundgebilde.

Wir erklären zunächst einige öfter wiederkehrende Benennungen. 172. Faßt man eine Gerade als ein aus Punkten bestehendes Gebilde auf, so legt man ihm dem Namen Punktreihe bei und nennt die Gerade den Träger der Punktreihe. Von Geraden, die in einer Ebene liegen und durch einen Punkt derselben gehen, sagt man, daß sie einen Strahlbüschel bilden; der gemeinsame Punkt heißt der Scheitel und die Ebene der Träger desselben. Ähnlich sagt man von Ebenen, die eine gemeinsame Gerade enthalten, daß sie einen Ebenenbüschel bilden und nennt diese Gerade seine Achse. Die Punktreihe, der Strahlbüschel und der Ebenenbüschel sind die einfachsten Grundgebilde, die man aus Punkten, Geraden oder Ebenen als Elementen zusammensetzen kann. In ihnen ist das einzelne Element jedesmal durch eine einzige Bedingung bestimmbar (vergl. 210), weshalb sie auch als einförmige Grundgebilde bezeichnet werden.

173. Eine Punktreihe wird aus einem außerhalb gelegenen Punkte durch einen Strahlbüschel projiziert, ebenso ein Strahlbüschel durch einen Ebenenbüschel. Umgekehrt wird jeder Ebenenbüschel von einer nicht in ihm enthaltenen Ebene in einem Strahlbüschel und von einer Geraden in einer Punktreihe geschnitten. Zwei Punktreihen bezeichnen wir als perspektiv, wenn sie Schnitte des nämlichen Strahlbüschels sind. Ebenso heißen zwei Strahlbüschel perspektiv, wenn sie Schnitte desselben Ebenenbüschels sind, oder wenn sie eine und dieselbe Punktreihe aus zwei verschiedenen Centren projizieren. Endlich werden zwei Ebenenbüschel perspektiv genannt, wenn sie einen und denselben Strahlbüschel aus verschiedenen Centren projizieren. Auch von einer Punktreihe und einem Strahlbüschel, oder von einer Punktreihe und einem Ebenenbüschel, oder einem Strahl- und einem Ebenenbüschel sagt man, daß sie perspektiv seien, wenn die Elemente des einen Gebildes auf den entsprechenden Elementen des andern liegen.

Es gilt jetzt eine Reihe von Sätzen abzuleiten, die sich auf die erwähnten einfachen Grundgebilde beziehen und für die Projektionslehre von grundlegender Bedeutung sind. Wir dürfen uns dabei größtenteils auf die Betrachtung von Punktreihen beschränken, da die Übertragung der betreffenden Sätze auf Strahl- und Ebenenbüschel keiner Schwierigkeit unterliegt.

174. Wir gehen aus von zwei durch Centralprojektion Punkt

für Punkt aufeinander bezogenen Geraden g und g, (Fig. 126). Auf ihnen ist der Schnittpunkt beider G, als der sich selbst entsprechende Punkt ausgezeichnet, ferner auf g, der Fluchtpunkt G, das Bild

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Das Centrum O darf daher beliebig auf einer um G, mit dem Radius GG beschriebenen Kugel angenommen werden, worauf sich die Lage von g1 ergiebt.

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Sollen zwei Punktreihen g und 91 sich in perspektive Lage bringen lassen, so fragt es sich, zu wieviel Punkten der einen die entsprechenden Punkte der anderen willkürlich gewählt werden können. Hierüber geben die nächsten Sätze weiteren Aufschluss.

1

175. Eine Gerade g1 kann zu einer anderen g stets in solche Lage gebracht werden, daß drei gegebene Punkte A, B, C der letzteren mit drei beliebig gegebenen Punkten A, B, C, der ersteren perspektiv sind. Vereinigt man z. B. zwei entsprechende Punkte C und C, durch geeignete Verschiebung der Geraden in einem Punkte G1, so bestimmen die Verbindungslinien ▲ und BB1 der übrigen das Projektionscentrum O als ihren Schnittpunkt. Dies Beispiel giebt indes nicht die allgemeinste Art der Herstellung der im Satz geforderten Lage. Vielmehr kann man noch die Lage des Centrums O gegen eine der Geraden, etwa g, willkürlich fixieren. Dann kann man der Geraden 91 stets eine solche Lage geben, daß ihre Punkte 41, B1, C, sich auf den entsprechenden Strahlen OA, OB, OC befinden. Es gilt nämlich der Satz: Eine Punktreihe und ein Strahlbüschel lassen sich stets in solche Lage bringen, daß drei gegebene Strahlen a, b, c des Büschels durch drei beliebig gegebene Punkte A, B, C der Reihe gehen. Um diese Lage herzustellen, lege man

ROHN u. PAPPERITZ. I. 2. Aufl.

10

A

1

=

zunächst die Reihe A, B, C derart auf den Strahl a, daß C mit dem Scheitel des Büschels zusammenfällt, bestimme dann B1 auf b, indem man BB1||c macht, und ziehe die Gerade AB1, welche c in C, schneidet (Fig. 127). Nun ist C1A: B1A CA: BA; legt man also zu ABC, eine Parallele, welche die Strahlen a, b, c in A', B', C' respektive schneidet, so hat man: CA: BA = C'A': B'A'. Sorgt man noch dafür, . daß C'A' CA wird, indem man AK = AC macht und KC || a zieht, so wird auch B'A' BA; die Reihe läßt sich somit so. verschieben, daß ihre Punkte A, B, C mit den Punkten A', B', C' zur Deckung kommen.

C

B

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B

b

a

C

B

CA

KY

B'

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A

Fig. 127.

2

2

=

=

176. Wie wir sahen, brauchen drei Punkte einer Geraden keinerlei Bedingung zu erfüllen, damit man sie mit drei gegebenen Punkten einer anderen Geraden in perspektive Lage bringen kann. Dagegen müssen vier Punkte auf g1 91 eine gewisse besondere Lage haben, damit sie zu vier gegebenen Punkten von g perspektiv gelegt werden können. Dies erhellt aus folgendem Satze: Liegen die vier Punkte A, B, C, D der Geraden g perspektiv zu den vier Punkten A1, B1, C1, D1 der Geraden 91 vom Centrum O̟1 aus, so kann man sie auch von jedem anderen Centrum O2 aus in perspektive Lage bringen, wobei die Lage von O, gegen g willkürlich fixiert werden darf. 177. Die Punktreihen A, B, C, D und A, B, C, D1 auf g und g, seien ursprünglich durch Centralprojektion aus dem Centrum O aufeinander bezogen (Fig. 128). Es werde nun im Raume beliebig ein neues Centrum 0, gegeben und die in der Ebene E1 = 0,g liegende Figur auf die Ebene E2 = 02 g in der Richtung 0,02 projiziert. Dann ist die Gerade g2 die Projektion von g1 und ihre Schnittpunkte A2, B2, C2, D2 mit den Strahlen aus O2 sind die Projektionen der Punkte 1, B1, C1, D. Zugleich gilt die Relation: A,B1: B, C1: C2D1 = A,B2: B2C2: C2D2 AB: B'C': C'D', wenn g' parallel zu 7, gezogen wird und die Strahlen aus O2 in den Punkten A', B', C', D' schneidet. Richtet man es zugleich so ein, daß A'B' AB1 wird, so wird auch BC, und C'D' = CD1. Man kann also die Punktreihe A, B, C, D, mit der Reihe A', B', C', D' zur Deckung bringen und dann liegt sie aus dem Centrum O, perspektiv zur Reihe A, B, C, D. 178. Diese neue perspektive Lage wird aber nach 175 schon durch die Wahl der drei Punkte A1, B1, C1 bestimmt; demnach ist

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D, nicht mehr willkürlich, hängt vielmehr von der Lage des Punktes D ab. Um D1 zu konstruieren, bringt man die Reihe A1, B1, C1 auf irgend eine Weise in perspektive Lage mit der Reihe A, B, C, dann liegt. D, mit D auf einem

Strahl durch das
Centrum.

Am einfach

sten kann das durch eine Verschiebung geschehen, die 4, mit A zur Deckung bringt; dann ist

E,

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D

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Fig. 128.

trum. Zwei Punkt

reihen liegen

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perspektiv, wenn sie zwei Punkte entsprechend gemein haben. Ferner folgt der Satz: Zwei Gerade g und g1 lassen sich nicht derart in perspektive Lage bringen, daß vier gegebenen Punkten der ersten Reihe vier beliebig gegebene Punkte der zweiten entsprechen.

179. Aus dem Vorhergehenden wollen wir noch folgende spezielle Folgerung ziehen. Liegen die Punkte A, B, C einer Geraden g perspektiv mit den Punkten A, B1, C1 einer Geraden g, aus einem Punkte 0, und bestimmt man auf jeder Geraden den Gegenpunkt, also G, auf g und G auf g1 (OG,||g1 und OG || 9), so bleiben G, und G die Gegenpunkte bei jeder Lage von g und 91 für welche A, B, C mit Д1, B1, C1 perspektiv sind.

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180. Es ergeben sich auch die weiteren Sätze:

Sind zwei Punktreihen zu einer dritten perspektiv, so können sie zu einander in Perspektive gesetzt werden, indem man sie aus einem und demselben Centrum zur dritten Punktreihe perspektiv legt. Wenn zwei Punktreihen einerseits perspektiv gelegt und andererseits drei Punkte der einen mit den entsprechenden der andern zur Deckung gebracht werden können, so sind sie kongruent. Denn in dieser letzteren Lage sind sie von jedem Punkte aus perspektiv, so daß je zwei entsprechende Punkte beider Reihen sich decken müssen.

181. Den Sätzen über die perspektive Lage von Punktreihen in 175-180 stehen analoge Sätze gegenüber, die sich auf Strahlbüschel beziehen.

Zwei Strahlbüschel S und S, können stets in solche Lage gebracht werden, daß drei gegebene Strahlen a, b, c des einen mit drei beliebig gewählten Strahlen a1, b1, c1 des andern perspektiv liegen, d. h. sich auf einer Geraden der Perspektivitätsachse - schneiden. Die Lage der Perspektivitätsachse gegen einen der Büschel kann dabei willkürlich angenommen werden. Schneidet nämlich diese Achse die Strahlen a, b, c resp. in A, B, C, so kann man den Büschel S1 so verschieben, daß seine Strahlen a1, b1, c, resp. durch A, B, C hindurchgehen. Zu diesem Zweck schneide man den ursprünglichen Büschel S1 in einer Reihe A, B, C, die zu A, B, C kongruent ist (vergl. 175) und gebe ihm darauf eine solche Lage, daß A, B, C' mit A, B, C resp. zur Deckung gelangen.

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er

Die einfachste Lösung - freilich nicht die allgemeine giebt sich, wenn man zwei entsprechende Strahlen a und a1 zusammen fallen läßt; die Schnittpunkte b× b1 und ex c, der andern Strahlenpaare ergeben dann die Perspektivitätsachse als ihre Verbindungslinie. Zwei Strahlbüschel liegen perspektiv, wenn sie zwei Strahlen entsprechend gemein haben.

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S

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durch welche die bezüglichen Strahlen a, b, c, d des ersten Büschels und auch die entsprechenden Strahlen a, b, c, d des zweiten hindurchgehen (Fig. 129). Ferner möge e, die Strahlen des ersten Büschels in den Punkten A2, B2, C2, D2 resp. schneiden. Dann

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