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„Ich“, Geist und Phantasie, Seele, auf die hier nicht im einzelnen eingegangen werden kann. Außerdem erwähnt er aber auch eine schon im „Schaltwerk der Gedanken mitgeteilte Schlußfolgerung aus seinen zahlreichen Kriegsbeobachtungen an Hirnverletzungen in seinem chirurgischen Lazarett. Er glaubt schließen zu dürfen, daß das rechte Gehirn imstande ist, das linke zu beobachten, was erst die Möglichkeit einer Introspektion, einer Beobachtung unseres Selbst begründet, überhaupt die Psychologie in uns selbst möglich macht. Erinnern ist Sache der rückläufigen rechtsseitigen Phantasieströme, Fühlen aber Sache der realen Augenblickswahrnehmung, welche in der linken Gehirnhälfte ausgelöst wird. Darum können wir uns so schwer einen einmal oder selbst mehrere Male erduldeten Schmerz vorstellen und vergessen ihn so leicht, weil der Kurzschluß der Nerven und Ganglien (bei diesem Bild müssen wir an Freuds katastrophalen Durchbruch des Reizschutzes denken!) ein Vorgang im realen Orgelregister ist, der in der Phantasiezone nicht imitiert werden kann. Ein Urteil über die Realität dieser Auffassung, die auch für die Lokalisation des Vorbewußten Bedeutung gewinnen könnte, werden wir uns noch versagen müssen, in der Annahme, daß Schleich seine ihr zugrunde liegenden Beobachtungen an Gehirnverletzten mitteilen wird. Immerhin hat sie etwas Ansprechendes wie alles Künstlerische. Ich kann mir in diesem Zusammenhang, ohne Schlußfolgerungen ziehen zu wollen, nicht die Wiedergabe folgender Lesefrucht versagen (Ribot, Die Persönlichkeit, Berlin 1894): Der Physiologe Professor North vom Westminster Hospital in London berichtet: „Während der Magnetiseur mich mit seinem Blick fixierte, behielt ich zwar mein volles Bewußtsein, es schien mir aber, als hätte ich ein doppeltes Dasein. In meinem Innern fühlte ich ein Ich, welches alle Vorgänge der Außenwelt mit lebhafter Teilnahme verfolgte, es dabei aber gänzlich vermied, die Handlungen des äußeren Ichs irgendwie zu beeinflussen. Diese Unlust oder Unfähigkeit des inneren Ichs zu einem tatkräftigen Eingreifen auf die Persönlichkeit schien immer stärker zu werden, je länger die Situation dauerte." (Zitiert nach Achelis, Die Ekstase, Berlin 1902). Vielleicht fällt von hier Licht auf die Tatsache, daß selbst in tiefster Hypnose der Widerstand gegen Befehle, die dem sittlichen Habitus allzusehr widersprechen, nicht völlig erloschen ist, zum Beispiel bei der Suggestion eines Mordes.

Ich gehe nun dazu über, auf einige mögliche Beziehungen zwischen Schleichs Anschauungen und Freuds metapsychologischen Versuchen, wenn auch nur andeutend,1 hinzuweisen. Vor allem scheint uns hier ein anatomisch-physiologisches Substrat für Freuds dynamisches Schema vom Bewußten, Vorbewußten und Unbewußten zu winken, und zwar wäre das Schema dann nicht ausschließlich vertikal, sondern auch horizontal zu denken. Letzteres insofern, als wir uns das Vorbewußte im Gegensatz zum Bewußten nicht ausschließlich in tieferen Schichten der Rinde vorzustellen hätten, sondern auch in der periphersten, regellosen Ganglienschicht, wobei an die hemmende, zeitweise ausschaltende Tätigkeit der Neuroglia zu denken wäre. Damit würde

Anmerkung bei der Korrektur. Diese Beziehungen konnte ich, um so mehr, als diese Arbeit schon vor mehr als 2 Jahren, kurz nach Erscheinen von Jenseits des Lustprinzips", fertiggestellt ist, nur systemlos tastend, mehr vom Zufall geleitet, aufspüren. Sollten Schleichs Gedanken, wenn auch vielleicht nicht in allen Einzelheiten und bei „freibleibender" Kritik sich als brauchbar für synthetische Forschung in dem von mir im folgenden angedeuteten Sinne erweisen, dann würde wohl Freuds überlegene Beherrschung des Materials und der Methodik weit systematischer und umfassender die möglichen Beziehungen herausfinden und andererseits die unmöglichen ausscheiden.

auch die relativ leichte Auslösbarkeit von Vorstellungen aus dem Vorbewußten auf assoziativem Wege gut zusammenpassen.

Eine andere Berührungsmöglichkeit ist Freuds Annahme, daß gegen die von innen kommenden Erregungen ein Reizschutz nicht möglich sei. Nach Schleichs Meinung von der überinstanzlichen Bedeutung des Sympathikus würde dessen Tätigkeit (vielleicht neben anderen entwicklungsgeschichtlich älteren Zentren) doch als dieser Reizschutz in Frage kommen können, und zwar nicht allein auf dem Wege der Beeinflussung der apperzeptiven Stellen durch Hemmung und Ausschaltung mittels Neuroglia und Gefäße, sondern auch direkt kraft seiner seelischen Übergeordnetheit. Welch ein grandioser Reizschutz gegen innere Reize wäre dann der Schlaf und die Ohnmacht? Eine vom Sympathikus angeordnete Narkose. Freuds Erklärung der Projektion als Ersatz für den inneren Reizschutz könnte dabei zu Recht bestehen bleiben, wenn man annimmt, daß diese Projektion auf Anordnung des Sympathikus geschieht.

Freud hält ferner die Vermutung für notwendig, daß im System Vorbewußtes Dauerspuren nicht hinterlassen werden können, weil es sonst zur Aufnahme neuer Erregungen allmählich immer untauglicher werden müßte. Denn wir würden damit vor die Aufgabe gestellt, die Existenz unbewußter Vorgänge in einem System zu erklären, dessen Funktionieren sonst vom Phänomen des Bewußtseins begleitet wird. Hier hätten wir von den Anschauungen Schleichs zwei Punkte heranzuziehen: erstens die hemmende, isolierende Tätigkeit der Neuroglia, die ein Aufmerken überhaupt erst ermöglicht, wodurch die Möglichkeit unbewußter Vorgänge in der Bewußtseinssphäre begreiflich würde, dann aber vor allem die aus der entwicklungsgeschichtlichen Auffassung sich ergebende Möglichkeit des Anwachsens neuer peripherer Ganglienzellen. Wenn über einer Zelle, die durch Aufnahme von Dauereindrücken für die Apperzeption allmählich untauglicher geworden ist, eine neue proliferiert werden kann, dann würde die von Freud mit Widerstreben verlangte Ausnahme von der für alle Systeme zutreffenden Auffassung unnötig werden, daß alle Erregungsvorgänge Dauerspuren als Grundlage des Gedächtnisses hinterlassen.

Einer Weiterentwicklung scheint mir folgender Gedanke Freuds durch Synthese mit Schleichs Ideen fähig: Eine jenseits des Lustprinzips" liegende gesetzmäßige Quelle der Unlustentbindung ergibt sich nach Freud aus den Konflikten und Spaltungen im seelischen Apparat, während das Ich seine Entwicklung zu höher zusammengesetzten Organisationen durchmacht. Eine Zelle hilft dazu, das Leben der anderen zu erhalten, und der Zellenstaat kann weiterleben, auch wenn einzelne Zellen absterben müssen. Sind wir gezwungen, hier halt zu machen? Hören wir Schleich (Das Ich und die Dämonien, S. 88 ff.): „Sollte nun dies Ichgefühl, diese nur von geistigen Gefühltheiten, zusammengehaltene Einheit nicht eine Illusion, vielleicht ein Kniff der Natur sein, um auf dem Umweg der gefühlten Bedeutung des Ichs' ihre weit über dem,Ich liegenden Zwecke desto sicherer zu erreichen? Es ist in diesem Sinne ein hübsches Wort, daß man den Wald vor Bäumen nicht sieht, es heißt: Wir sehen auch zu viele Menschen, nehmen den einzelnen viel zu wichtig, überschätzen seine Individualität, hinter der doch der dunkle Trieb der,Menschheit zum freilich unerkennbaren, verhüllten, nur ahnbaren Ziel treibt. Es kann sein, daß die Geschicke aller Menschen wie ihrer Leiber durch ein unsichtbares, nie erkennbares, in sich selbst verschiebbares und verstülpbares, dem Äther (?) ähnlichem oder gleichem Grundstoff verknüpft sind, so

daß alle Allgemeinaffekte, wie Mitgefühl, Mitleid, Raserei, Dämonien, Enthusiasmen und Erregungen von Seele zu Seele buchstäblich sich fortpflanzen, daß schließlich der allgemeine rhythmische Vorwärtstrieb des Äthers, unter dem allein wir uns so etwas wie eines Schopenhauers ,Weltwillen' denken können, sich mehr oder minder geltend macht am Rhythmus des eingestellten Einzelwillens, Da mag es denn der Natur vielmehr darauf ankommen, die Gesamtheit der Menschheit vorwärts zu bringen, als den einzelnen, das ist vielleicht der Grund aller gleichzeitigen Fortschritte und ihrer scheinbaren Grausamkeit, daß sie immer den einzelnen rücksichtslos opfert, wenn es sich irgendwo um ihre unabänderlichen, generellen Pläne handelt. Die Natur gab jedem seinen individuellen Erhaltungs- und Entwicklungstrieb, um aus einer Summe von Egoismen desto sicherer das außer dem Ich liegende höhere Ziel zu erreichen! Der unweigerlich dagegen sich aufbäumende Mensch, der Titan, der Prometheus lebt von einem Triebe der Vernichtung, der, wie wir zeigen werden, funktionell den Dämonien zufällt.“ Zu noch höherer Harmonie hinauf steigt Rabindranath Tagore, der nicht den einzelnen für die Gesamtheit „opfert“ (Sadhana).

„Einer meiner Schüler erzählte mir einst sein Abenteuer im Sturm und beklagte sich, daß er während der ganzen Zeit unter dem Gefühl zu leiden hatte, dieser große Aufruhr der Natur benehme sich gegen ihn, als ob er nicht mehr wäre als eine einfache Handvoll Staub. Daß er eine ausgezeichnete Persönlichkeit mit eigenem Willen war, übe auf das, was geschah, nicht den mindesten Einfluß. Ich antwortete, daß die Verwandtschaft des,Ich' mit etwas bestehe, das ein,Nicht-Ich' wäre. Darum müssen wir ein beiden gemeinsames Verbindendes haben und dessen absolut gewiß sein, daß es das Gleiche für das,Ich' wie für das ,Nicht-Ich' ist. Wir sehen also, daß die Individualität des Menschen nicht seine höchste Wahrheit ist; die höchste Wahrheit in ihm ist das Universale, Allumfassende. Die universale Kraft, die sich im Weltgesetz offenbart, ist mit unserer eigenen Kraft eins. Es wird sich uns in die Quere stellen, wo wir klein sind, wo wir gegen den Lauf der Dinge sind. Aber es wird uns helfen, wo wir groß sind, wo wir im Einklang mit dem All sind. Wie wir so durch die Hilfe der Wissenschaft immer mehr von den Gesetzen der Natur erfahren, gewinnen wir an Kraft; wir sind darauf angelegt, einen allsamen Körper zu erlangen. Unser Gesichtsorgan, unser Bewegungsorgan, unsere physische Stärke werden weltweit; Dampf und Elektrizität werden unser Nerv und Muskel. So finden wir, daß, wie in unserer ganzen körperlichen Organisation ein Prinzip des Zusammenhanges herrscht, wodurch wir eben den ganzen Körper unser Eigen nennen und als solchen gebrauchen können, so auch im Weltall dieses Prinzip ununterbrochenen Zusammenhanges besteht, das uns befähigt, die ganze Welt unseren erweiterten Körper zu nennen und ihn demgemäß zu gebrauchen.1 Und in diesem Zeitalter der Wissenschaft ist es unser Bestreben, unseren Anspruch auf das Welt-Ich voll aufzurichten. Wir wissen, daß wir all unsere Armut und unsere Leiden nur unserer Ohnmacht verdanken, diesen unseren gesetzmäßigen Anspruch auch zu verwirklichen. In der Tat, es gibt keine

1 Von mir unterstrichen, weil in diesem Satz die von mir oben vermutete Möglichkeit ausgedrückt ist, daß vielleicht eine Weiterbildung von Freuds Gedanken möglich ist, der eine „jenseits des Lustprinzips" liegende Quelle in den Konflikten sieht, die sich aus der Opferung einzelner Zellen für den Gesamtorganismus ergaben.

Internat. Zeitschr. f. Psychoanalyse, IX/1.

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Grenzen für unsere Kräfte, denn wir sind nicht außerhalb der universalen Kraft, die der Ausdruck des Weltgesetzes ist. Die Freiheit eines Menschen besteht niemals darin, von Leiden befreit zu sein, sondern das ist Freiheit, das Leid zum eigenen Guten hinzunehmen, es zu einem Element eigener Freude zu machen. Dies kann nur geschehen, wenn wir erkennen, daß unser einzelnes Selbst nicht der höchste Sinn unseres Wesens ist, daß wir den Weltmenschen in uns haben, der unsterblich ist, der Tod oder Leiden nicht fürchtet und der im Schmerz nur die andere Seite der Freude sieht.1 Denn er (der Schmerz) ist wie die vestalische Jungfrau dem Dienst unsterblicher Vollendung geweiht, und wenn er seinen Platz vor dem Altar des Unendlichen einnimmt, dann wirft er seinen dunklen Schleier von sich und entblößt sein Antlitz dem Beschauer als eine Offenbarung erhabenster Freude."

Wir sind unversehens in das Gebiet der Weltanschauungsfragen hineingeraten und sehen uns vor die Wahl gestellt: sollen wir mit Schopenhauer und Freud als das „Ziel“ alles Lebens den Tod ansehen, oder sollen wir mit Schleich die Aufwärtsentwicklung zu neuen, höheren Bewußtseinsformen, mit Schleich und Tagore die Unsterblichkeit alles Lebens annehmen? Aber wir sind gar nicht vor die Wahl gestellt, und Freud gehört gar nicht an die Seite Schopenhauers! Was er in „Jenseits des Lustprinzips" ausspricht, das ist nur die „Verfolgung eines Gedankenganges aus wissenschaftlicher Neugierde oder, wenn man will, als advocatus diaboli, der sich darum doch nicht dem Teufel selbst verschreibt". Er hält uns und sich selbst mit wissenschaftlicher Unbestechlichkeit die Möglichkeit vor Augen, daß er mit der Folgerung des regressiven Charakters der Triebe aus der durch beobachtetes Material gesicherten Tatsache des Wiederholungszwanges zu weit gegangen sei. Er traut zwar der Intuition bei diesen Arbeiten wenig zu und ist geneigt, in ihren Ergebnissen nur den Erfolg einer gewissen Unparteilichkeit des Intellekts zu sehen. Aber er fügt nicht ohne Resignation hinzu, daß man leider selten unparteiisch sei, wo es sich um die letzten Dinge, die großen Probleme der Wissenschaft und des Lebens handelt. Was zwingt auch zu einer Geringschätzung der Intuition in diesen Fragen, wenn Freud doch auch die Überzeugung ein affektives Moment nennt? Resignation liegt auch darin, wenn er mit Rückert feststellt: „Was man nicht erfliegen kann, muß man erhinken." Mit seinem innersten Wünschen und Fühlen berührt Freud sich vielleicht doch mehr mit Schleich, als es den Anschein hat. Dafür bringe ich einen Zeugen: Schleich. „Von Eduard v. Hartmann über Nietzsche, über Tolstoi, Dostojewski, Strindberg bis zu Rathenau, Freud und Bergson dringt der Schrei: Genug des ewigen Wissenwollens! Besinnt euch alle einmal auf die Tiefsee der Güte, auf Unterbewußtes und Unbewußtes, gebt Raum der Intuition, der großen Prophetin, macht der Ahnung Platz und glaubt endlich, daß sie als echtes Urgefühl mehr ist als Beweis, daß alle Verstandestätigkeiten doch nur sklavische Dienerschaften sind im Dienst eines offenbarenden Vorempfindens." („Berl. Tagbl." Nr. 274, 1914.)

Ist eine Metapsychologie möglich, die sich von Metaphysik grundsätzlich fernhält? Als wir, die heutige ältere Generation, zu denken und zu fragen anfingen, da herrschte eine ahnungslose und selbstgefällige Büchner

1 Sollte nach dieser Analogie in der jüdischen, auf asiatischen Boden gewachsenen Auffassung, daß Gott Schmerz und Leiden zur Einkehr, Läuterung und Aufwärtsentwicklung schickt, nicht doch etwas anderes liegen als, wie Pfister meint, „die Psychologie des verschuldeten Kleinbürgers"?

Orthodoxie, die alles verwarf, was man nicht riechen, schmecken, sehen, tasten, wiegen, messen konnte. Das ist anders geworden. Selbst ein Mediziner, der Gott sucht, läuft heute nicht mehr Gefahr, daß er von seinen Kollegen schonend und unauffällig veranlaßt wird, mal dritte reitende Artilleriebrigade" zu sagen.

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Darf ein Psychoanalytiker, der Freuds Totem und Tabu" und Reiks religionspsychologische Forschungen kennt und anerkennt, auch mit Schleich und Tagore gehen? Das will ich bejahen. Hinter Ludwig Feuerbachs und Freuds nach dem Ebenbild des Menschen geschaffenem Gott steht der Gott Schleichs und Tagores, Jesajas und Platos, Spinozas, Goethes und des Steinklopferhannes. Tagore ist nicht ein Einzelner, sondern der Exponent einer viele Jahrtausende umfassenden Entwicklung. Können wir kulturstolze und doch, ach, so neue Europäer unseren Narzißmus soweit beugen, um den Gedanken zu vertragen, daß die Gehirne der Asiaten mit ihren weit älteren adeligen Kulturstammbäumen im Sinne der Schleichschen Lehre in der instinktiven Regulierung dieser den Inhalt unseres jetzigen Problemlebens ausmachenden Fragen, wie Ethik, Religion, Kunst, Politik, vielleicht schon einen Schritt weiter gekommen sind?

Zum Schluß eine Verwahrung. Müssen wir Schleich, wenn uns seine Grundideen einleuchten, wenn wir uns dem Zauber seiner dichterischen Sprache, dem dithyrambischen Schwung seiner wie Meereswogen heranrollenden Satzgefüge hingeben, in allen seinen Gedanken und Einfällen, besonders der neueren Schriften, folgen? Nein. Die Ideenflucht des Genies mag ihn manchmal auf ungangbare Seitenpfade und in Sackgassen fortreißen. Aber wir sollen uns nicht, wie es leider der Psychologie des wissenschaftlichen Sachverständigen entspricht, verleiten lassen, das Ganze zu verwerfen, wenn uns Einzelheiten nicht einleuchten. In einer Fabel Lessings kommt das Kälbchen zum Hirten und berichtet selbstgerecht: „Der Stier, den du mir immer vorziehst, hat mit seinen Hörnern den oberen Pfosten der Stalltür zersplittert, während ich dir doch niemals solchen Schaden verursacht habe." Der Hirt aber weist es unwirsch ab und antwortet: „Ich wünschte, du wärst imstande, mir ebenfalls solchen Schaden zuzufügen, dann könntest du mir auch soviel nützen wie der starke Stier."

Erfahrungen und Beispiele aus der analytischen Praxis.
Ptyalismus bei Oralerotik.

Ein Mediziner der höheren Jahrgänge erzählt mir, daß er, so oft er eine Frau auskultieren will und den Kopf zu diesem Zweck ihrer Brust nähert, von stürmischem Speichelfluß befallen wird; für gewöhnlich übersteigt seine Speichelsekretion das normale Maß nicht. Ich zweifle nicht an der infantilen (oralerotischen) Quelle dieser Besonderheit. (Vergl. dazu auch den von Abraham mitgeteilten Fall mit „Mundpollutionen"; diese Zeitschrift Jahrg. IV, S. 71 ff.) Ferenczi.

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In einem im Verhältnis zur Patientenzahl - auffällig hohen Prozentsatz der Fälle findet man unter den männlichen Neurotikern solche, deren Väter einen in irgend welchem Sinne „imposanten" Beruf hatten. Bei einer anderen Gelegenheit wies ich darauf hin, daß die Loslösung des Vaterideals

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