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Sterben!" sagte ich lachend. „Aber ich bitte Sie, so ein kleiner Bruch ist das Harmloseste, was es gibt. In sechs Wochen sigen wir wieder zusammen

im Theater."

„Nein, lieber Freund, ich weiß es besser. Ich stehe nicht wieder auf, nun ich mich einmal hingelegt habe. Und ich habe auch heute in der Zeitung gelesen, sie wollen den alten Vorhang abseßen. An einen neuen würde ich mich, glaube ich, nicht mehr gewöhnen. Ich bin gar nicht besonders traurig . . . Was war denn schließlich dran ...“

...

Nach einem Weilchen fragte sie leise: „Nicht wahr, er ist entkommen?“ „Ja, leider. Aber ich hoffe, man kriegt ihn noch."

„Und ich hoffe, man kriegt ihn nicht. Ich bin ihm gar nicht böse. Wenn nicht dieser, so würde es ein andrer gewesen sein. Ich habe es ja immer gewußt, daß ich durch ein Rad oder Automobil ums Leben kommen würde.“

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Dieser Fatalismus wird im Tageslicht verschwunden sein," sagte ich. Was meinen Sie denn, meine erste Patientin werde ich doch durchbringen? Schon um Ihr Vorurteil gegen meinen Stand zu widerlegen!"

„Ihnen zu Gefallen möcht' ich's ja selbst beinahe wünschen,“ sagte sie mit einem kleinen Seufzer, und ihr fieberiger Blick ruhte unendlich gütig und liebevoll auf mir. Und mit einer leichten, beinahe scheuen Bewegung strich ihre kleine feine Hand über mein Haar.

Sie hat Recht behalten, daß sie nicht wieder aufstehen würde. Nicht an dem gebrochenen Fuße starb sie, aber an einer Lungenentzündung, zu der eine vernachlässigte Erkältung sich während ihres Krankenlagers auswuchs.

„Kein Wunder!“ sagte die Setteklotsch. „Sie hat sich ja nie ordentlich eingeheizt; und kräftiges Essen hat sie sich auch nicht gegönnt vor Geiz.“ „Vor Geiz!" rief ich empört.

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Na ja. Vors Theater, was unsereins sich nur an hohen Festen erlaubt, hatte sie ja immer Geld. Also war es doch Geiz," schloß die Frau mit sicherer Logik. Setteklotsch, was mein Mann ist, sagt das auch."

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So werden Menschen mißverstanden und hart beurteilt, dachte ich. Denn die Lebensmaßstäbe eines Setteklotsch finden sich auch in andern Kreisen. Arme Euphrosyne! So wird der Idealismus vom Materialismus gerichtet!

Als Arzt hatte ich übrigens alle Ursache, mit ihrer Budgeteinteilung zu hadern. Der zarte, bedürfnislose Körper hatte wohl eben existieren können, solange er gesund war, aber nun zeigte es sich, daß er aufgebraucht war und einer Krankheit nicht den mindesten Widerstand bieten konnte.

Es ging sehr rasch, glücklicherweise. Meist war sie ohne Besinnung. Sie phantasierte viel vom Theater und fang aus Opernrollen mit dünner, fieberheiserer Stimme. Das war jammervoll anzuhören. Ein paarmal schrie sie in furchtbarer Angst: „Der eiserne Vorhang! Er fällt auf meine Brusst!"

Und einmal, in einem halblichten Moment, sagte sie, mich groß und

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strahlend ansehend: Ganz die Stirn und der Mund! Nur viel schöner war er viel schöner!"

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Da merkte ich, daß ich die Zuneigung der alten Dame einer Aehnlichkeit verdankte, und ich ahnte einen tiefen, leidvollen Herzensroman, den sie ein Leben lang keusch gehütet.

Sie hat ihn mit ins Grab genommen. Als ich an einem dunkeln Wintermorgen zu ihr kam, war es vorbei. Ganz allein ist sie gewesen, als der eiserne Vorhang fiel.

Setteklotsch, was mein Mann ist“, ein entfernter Verwandter und ich waren das Gefolge. Setteklotsch schwenkte bald bei einer Wirtschaft ab. Dem entfernten Verwandten sah man es an, wie lästig ihm die Pflicht war, wo es noch nicht einmal etwas zu erben gab, denn die Tote hatte ihr kleines Vermögen auf Leibrente geben müssen, um existieren zu können.

Als wir am Hoftheater vorbeikamen, mußte ich, mochte es auch unpassend sein, lange hinsehen. Und ich meinte, einen Kranz hätten sie von dort wohl jchicken können.

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Berichte aus allen Wissenschaften.

Elektrochemie.

Neuere Forschungen auf elektrochemischem Gebiete.

Jenn auch die chemischen Wirkungen des elektrischen Stromes schon seit etwa hundert Jahren den Gegenstand mannigfacher Studien gebildet haben, so kann von einer rege betriebenen wissenschaftlichen Tätigkeit auf elektrochemischem Gebiete doch erst seit etwa zwei Jahrzehnten die Rede sein. Troß dieser noch verhältnismäßig großen Jugend der Elektrochemie beschäftigt sie sich gegenwärtig mit einer Anzahl von Problemen, denen nicht nur eine hohe wissenschaftliche, sondern auch eine weit über das Maß des Gewöhnlichen hinausgehende wirtschaftliche Bedeutung zukommt.

Zu diesen Problemen gehört in erster Linie die Verwertung des Stickstoffs der Luft. Seit im Jahre 1777 Joseph Priestley seine klassischen „Experiments and Observations on various kinds of air" abgeschlossen hatte, weiß man, daß die Luft aus rund 79 Volumprozenten Stickstoff und 21 Volumprozenten Sauerstoff besteht, daß sie also ein Stidstoffreservoir von unerschöpflicher Größe darstellt. Die Chemiker der alten Schule haben den Sauerstoff, da er die Verbrennung und die Atmung unterhält, „Lebensluft“ genannt, und suggestiv betrachtet man ihn auch heute noch als das das Leben in erster Linie unterhaltende Element, ohne sich im ersten Momente bewußt zu werden, daß der Stickstoff beim Lebensprozeß der Pflanzen sowohl wie der Tiere eine` nicht minder wichtige Rolle spielt, als der Sauerstoff. Wie wenig richtig man früher diese Rolle zu schäßen wußte, das beweist schon sein Name (französisch: „azote" von a privativum und Sōor, das Leben). Erst in jüngster Zeit ist sie der Menschheit in empfindlicher Weise klar vor Augen geführt worden, und das kam so: Während ihres Wachstums entzieht die Pflanze dem Boden ununterbrochen Stickstoff, der in Form verschiedener Verbindungen darin enthalten ist. Der Boden wird dadurch mit der Zeit immer stickstoffärmer,

und zulezt hört seine Ertragsfähigkeit ganz auf. Thaer und Liebig haben nun durch ihre Arbeiten bewiesen, daß es der Hauptzweck einer rationellen Düngung sein muß, dem Ackerboden den verloren gegangenen Stickstoff wieder zuzuführen. Die natürliche Düngung vermag dies bei der heute so gesteigerten Ertragsfähigkeit des Bodens bei weitem nicht in genügendem Maße, und man sah sich deshalb nach künstlichen Düngemitteln um, als deren hervorragendstes der Chilisalpeter gelten kann. Der größte Teil des dem Boden durch künstliche Düngung wiedergegebenen Stidstoffs stammt aus dem Chilisalpeter, der auch in der Technik eine vielseitige Verwendung findet. Seit nicht allzulanger Zeit ist man sich nun mit Schrecken bewußt geworden, daß die Salpeterlager Chiles rapid ihrem Ende entgegengehen, und daß sie allerlängstens noch ein Menschenalter vorhalten werden. Ihre Erschöpfung bedeutet aber eine Katastrophe von unabsehbaren Folgen für die gesamte Menschheit, eine Katastrophe, die eine Unterernährung und damit eine Degeneration zweifellos nach sich ziehen muß. Es handelt sich daher im gegenwärtigen Moment darum, eine neue Stickstoffquelle ausfindig zu machen, und Landwirtschaft und Industrie sehen den Versuchen der elektrochemischen Forschung, die den Zweck haben, den Stickstoff der Luft ihren Zwecken nugbar zu machen, mit begreiflicher Spannung entgegen.

Daß es aber nur auf elektrochemischem Wege möglich sein wird, die ungeheuren in unsrer Atmosphäre enthaltenen Stickstoffmengen in eine geeignete Form umzuwandeln, darüber ist man sich heutzutage vollkommen klar. Einerseits kann der Stickstoff nur dann von der Pflanze oder dem Tiere assimiliert und in den Kreislauf der Lebensfäfte übergeführt werden, wenn er in Form gewisser Verbindungen vorhanden ist, andrerseits aber ist es ungeheuer schwierig, das Element Stickstoff in die Form dieser Verbindungen zu bringen. Die Chemie kennt keinen Grundstoff, der weniger Neigung hätte, mit andern Grundstoffen Verbindungen einzugehen, als gerade der Stickstoff. Eine Verbindung mit dem Sauerstoff der Luft läßt sich nur mit Hilfe ganz außerordentlicher Mittel, als da sind Entladungen hochgespannter elektrischer Ströme, besonders hohe Temperaturen u. s. w., erreichen, und die Elektrochemie sucht gegenwärtig einerseits diese Verbindungsmöglichkeiten wissenschaftlich zu ergründen, andrerseits sie in einer für die Technik geeigneten Form auszugestalten. Die Versuche, die lange Zeit sehr wenig aussichtsreich erschienen, haben nun in jüngster Zeit so gute Erfolge gezeitigt, daß man heute die durch die Erschöpfung der Salpeterlager in Chili drohende Gefahr als abgewendet ansehen kann.

Die beiden Forscher Bradley und Lovejsy sind die Begründer einer Methode, die von der schon früher beobachteten Tatsache ausgeht, daß sich unter dem Einflusse starker elektrischer Entladungen der Stickstoff und der Sauerstoff der Luft zu untersalpetriger und salpetriger Säure verbinden. Bekannt ist ja der außerordentlich angenehme und erfrischende Geruch, den die Luft nach Gewittern aufweist, und den man früher fälschlich für den Geruch von Ozon gehalten hat. Bereits vor mehr als zehn Jahren haben zwei junge französische Chemiker die Unrichtigkeit dieser Annahme festgestellt und bewiesen, daß bei Gewittern nicht Ozon, sondern Verbindungen des Stickstoffs entstehen. Bradley und Lovejsy untersuchten zunächst, welche Form des elektrischen Funkens am besten geeignet sei, die obengenannten Verbindungen zu erzeugen. Sie experimentierten nacheinander mit statischen Funken sowie mit Wechsel- und Gleichstrombögen und fanden, daß die besten Resultate vermittelst einer konstanten Spannung von etwa 10000 Volt erhalten werden, wenn man den elektrischen Lichtbogen zunächst zwischen zwei sehr nahe aneinander gelegenen Spizen übergehen läßt und dann plößlich durch Auseinanderziehen der Spigen eine Unterbrechung des Bogens bewirkt. Der Apparat, den sie zu ihren Versuchen benüßen, besteht aus einer senkrechten Trommel, in der die Lichtbögen erzeugt werden und die mit Oeffnungen versehen ist, durch welche während der Dauer der Entladungen die Luft zirkuliert. Durch einen Elektromotor werden die Spizen, zwischen denen die Lichtbögen übergehen, genähert und entfernt, und zwar geschieht dies mittels einer besonderen Anordnung so schnell, und es sind so diele Spigen angebracht, daß in der Minute 414 000 Lichtbögen entstehen. Auf diese Weise ge

lingt es, einen Teil des in der Luft enthaltenen Stickstoffs in Stickstoff - Sauerstoffverbindungen überzuführen, von denen die austretende Luft etwa 22% enthält. Diese wird dann durch Wasser hindurchgeleitet, das diese Verbindungen unter Bildung von Salpetersäure absorbiert, die dann leicht in die verschiedenartigsten landwirtschaftlich und technisch nußbaren Produkte umgewandelt werden kann. An den Niagarafällen wurde bereits von der Gesellschaft „The Atmospheric Products Company" eine große Fabrik angelegt, in der nach ihrer Fertigstellung Stickstoffverbindungen im großen Maßstabe aus Luft gewonnen werden sollen. Von der Wasserkraft der Niagarafälle sollen 2000 Pferdestärken zu diesem Zwecke ausgenügt werden.

Einen noch interessanteren Weg zur Lösung des Stickstoffproblems schlagen zwei deutsche Elektrochemiker, die Herren Dr. A. Frank und Dr. Georg Erlwein ein. Während Bradley und Lovejsy von elektrischen Entladungen ausgehen, benußen sie die hohe Lemperatur des elektrischen Ofens, um zunächst das bekannte Calciumcarbid darzustellen. Wird dieses bei Gegenwart von Stickstoff in hermetisch geschlossenen Eisenmuffeln geglüht, so entsteht einesteils Calciumcyanid und andrerseits Calciumchanamid, beides Körper mit vers hältnismäßig hohem Stickstoffgehalt, in denen der Stickstoff in einer gut verwertbaren Form enthalten ist. Vor ganz kurzem ist es ihnen nun noch gelungen, den Prozeß bedeutend zu vereinfachen und die Herstellung des Calciumcarbids ganz zu vermeiden. Sie glühen jezt bei der hohen Temperatur des elektrischen Ofens, die in diesem Falle wohl fast 2000 Grad Celsius betragen dürfte, ein Gemenge von Kalk und Kohle bei Gegenwart von Stickstoff, und erhalten so direkt eine geschmolzene Masse, die größtenteils aus Calciumchanamid besteht und die 12 bis 14 Prozent Stickstoff enthält. Das Calciumchanamid wird dann mit Soda umgeschmolzen, wodurch verschiedene äußerst wertvolle stickstoffhaltige Verbindungen erhalten werden, die leicht in die verschiedenartigsten, den mannigfachsten Zweden angepaßten Produkte umgewandelt werden können.

Im Anschluß an die vorstehenden Ausführungen wollen wir nicht unerwähnt lassen, daß auch Lord Rayleigh und W. Kamsay in ähnlicher Weise wie Bradley und Lovejsy die elektrischen Entladungen benußten, um der Luft Stidstoff zu entziehen und auf diese Weise das in ihr in äußerst geringen Mengen enthaltene und von ihnen entdeckte Element Argon zu gewinnen. Der von Rayleigh konstruierte Apparat zeigte jedoch viele Nachteile und war insbesondere für einen Dauerbetrieb nicht geeignet, da er von den elektrischen Funken leicht zersplittert wurde. Becker in Kiel hat ihn nun in jüngster Zeit dadurch bedeutend verbessert, daß er die Funkenstrecke in eine Anzahl kleinerer Teile zerlegte, wodurch ihre Gefährlichkeit für den Apparat selbst so weit herabgemindert wurde, daß dieser auch ausgedehnte Dauerversuche auszuhalten vermag. Es gelang ihm mit diesem bereits 600 Kubikzentimeter des Elementes Argon zu erhalten.

Ist durch die Verwertung des Stickstoffs der Luft tatsächlich eine der Menschheit drohende Gefahr abgewendet worden, so hat ein andres elektrochemisches Verfahren die Utopien einer Dichterphantasie wenigstens teilweise zur Wirklichkeit werden lassen. In seinem Romane „Le Travail" 1) beschreibt Zola einen Zukunftsstaat voll der größten Herrlichkeit: alle Klassenunterschiede sind verschwunden, Friede, Freude und Einigkeit herrschen unter den glücklichen Menschen, und die Arbeit ist auf ein Minimum reduziert! Das Mittel aber, das diese Epoche reinsten Glücks herbeigeführt hat, war ein elektrischer Stahlofen!

Nun, dieser Stahlofen existiert seit kurzem in der Tat, und wenn er auch der Menschheit den von Zola so phantasievoll geschilderten Frieden nicht zu bringen imstande ist, so bedeutet er doch vielleicht für die Eisen- und Stahlindustrie den Beginn einer neuen Entwicklungsepoche, einer Epoche, die immerhin insofern einen Kern der von Zola erträumten Verhältnisse in sich zu schließen vermag, als ja bekanntlich die Preise des Eisens mit der Ausgestaltung der sozialen Verhältnisse im engsten Zusammenhange stehen. Daß aber der

1) „Arbeit“. Roman. Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt. M. 6.—; gebunden M. 8.—.

elektrische Stahlofen je nach den örtlichen Verhältnissen eine ganz bedeutende Verbilligung des Eisens und Stahls herbeizuführen vermag, steht heute schon fest. Die Methoden zur Erzeugung von Eisen und Stahl auf elektrochemischem Wege sind noch sehr jungen Datums, und die Versuche reichen noch nicht ganz drei Jahre zurück; auf der ganzen Welt existieren bis jezt erst drei Anlagen, die nach diesen Verfahren arbeiten und die, da sie zum Teil noch Versuchsanlagen sind, der wissenschaftlichen und technischen Ausgestaltung der einzelnen Verfahren dienen sollen. Eines aber haben diese Anlagen bis jezt klar und deutlich gezeigt, nämlich, daß durch sie der reinste Stahl erhalten wird, der bis jezt überhaupt jemals erzeugt wurde, ein Stahl von außerordentlich wertvollen Eigenschaften. Ehe wir auf die elektrochemische Stahlbereitung selbst eingehen, wollen wir nicht verfehlen, darauf hinzuweisen, daß außer Zola auch ein andrer weitblickender Geist bereits vor Jahren die Gewinnung von Eisen und Stahl auf elektrischem Wege als etwas durchaus Mögliches und Durchführbares hingestellt hat und dies zu einer Zeit, als man sich von der Anwendung der Elektrizität auf die Metallurgie noch kaum einen besonderen Erfolg versprechen konnte. Damals bereits es war am Beginn der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts sprach Werner Siemens den Gedanken aus, daß es mit der Zeit gelingen müsse, alle Metalle, und darunter auch das Eisen, auf elektrischem Wege darzustellen, und er veranlaßte William Siemens dazu, Versuche in dieser Richtung zu unternehmen. Diese Versuche führten in der Tat zur Gewinnung eines allerdings sehr unreinen Produktes und wurden bald wieder eingestellt. Erst jest hat sich gezeigt, wie richtig damals bereits Siemens Möglichkeiten zu erkennen vermochte, die noch in weiter Ferne lagen.

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Die heutigen Verfahren weichen zwar in den Details ihrer Ausführung voneinander ab, beruhen aber, wissenschaftlich betrachtet, auf denselben Prinzipien, und wir können uns daher darauf beschränken, die lehteren an einem derselben zu erörtern. Wir wählen hierzu das am meisten durchgebildete, nämlich das des Italieners Stassano, der es in einer Verfuchsanlage zu Darfo am Lago d'Iseo bei Rom ausarbeitete und der eben im Begriffe steht, mit Unterstützung der italienischen Regierung eine größere Anlage in der Nähe von Turin zu errichten. Stassano hat seine Methode soweit ausgebildet, daß er auf Grund forgfältiger Analysen seines Rohmaterials einen Stahl von ganz bestimmten Eigenschaften zu erzeugen vermag. Sein Ofen hat die Form eines gemauerten Schachtes, der im Innern mit Magnesitsteinen ausgelegt ist. Im unteren Teil desselben ragen von zwei gegenübertiegenden Seiten gewaltige Kohlenstäbe hinein, zwischen denen ein elektrischer Wechselstrom von etwa 2000 Ampère und 170 Volt übergeht, der einen mächtigen Flammbogen hervor bringt. Dieser schlägt unter gewaltigem Knattern und Sausen durch die ganze Breite des Dfens hindurch und erzeugt in dessen Innerem eine Temperatur von nahezu 2000 Grad. Die Eisenerze werden fein gepulvert und mit ebenfalls feingepulverter Kohle und Kall unter Zusatz von Teer als Bindemittel in Brikettform gebracht. Diese Briketts werden von oben in den Ofen eingefüllt, schmelzen im Innern desselben, und die geschmolzene Masse gelangt dann in den elektrischen Flammbogen, wo unter Bildung einer Schlade, die alle Verunreinigungen aufnimmt, reiner Stahl entsteht. Durch Aenderung in der Zusammenseßung seiner Briketts vermag Staffano auch andre Eisensorten, wie Graueisen oder Eisenlegierungen, wie Chromstahl und Wolframstahl, zu erzeugen.

Der so erzeugte Stahl ist, wie wir bereits erwähnten, von ganz außerordentlicher Reinheit und, was noch wichtiger ist, von ungemeiner Billigkeit. Seine Herstellungskosten berechnen sich auf etwa 75 Mark pro Tonne, eine Zahl, die von einwandfreiester Seite, nämlich durch einen von seiten des deutschen Patentamtes entsandten Vertreter nachgeprüft worden ist. Sie ist eine so außerordentlich niedrige, daß wir es uns nicht versagen können, die wirtschaftlichen Aussichten, die die Erzeugung von Eisen auf elektrischem Wege eröffnet, noch kurz zu streifen. Dem ebengenannten Preise für die Tonne Stahl liegen italienische Verhältnisse zugrunde, d. h. Erze von außerordentlicher Reinheit, sowie sehr billige Wasserund Arbeitskräfte. Selbstverständlich werden sich in einem Lande, das im Gegensage zu

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