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mittelbare Gegenüberstellung der allgemeinen Resultate der Arbeit gegen den betreffenden, an Irrthümern reichen Text des österreichischen Generalstabswerkes ist praktisch. Wir weisen mit großer Befriedigung auf diese Arbeit hin und sind keinesweges der Meinung eines Kritikers in der „Militär-Literatur-Zeitung," welcher bei Besprechung des Sobbe'schen Buchs die Ansicht vertritt, daß solche Detailschilderung der Poesie Eintrag thun, welche doch gerade einem Gefecht wie dem von Maslowed erhalten bleiben solle. Wirkliche Kenntniß von den Dingen thut niemals der Poesie Eintrag; denn die Poesie liegt nicht in der Oberfläche der Dinge, sondern in unserer Art die Dinge anzuschaun; sie ist möglich bei nur ganz allgemeiner Kenntniß von den Sachen, aber das tiefste Einzelverständniß schließt sie nicht nur nicht aus, sondern muß sie vielmehr vertiefen. Der Botaniker, der Astronom hat gewiß eine andere Art poetischen Genusses bei der Betrachtung einer blühenden Wiese oder des gestirnten Himmels als Kinder oder Frauen; aber wenn seine Phantasie nicht loskann von den Löschblättern des Herbariums oder den Tabellen der Ephemeriden, wenn nicht auch er bei jenem Anblick den wehenden Athem der Gotteswelt tief empfindet, so ist er ganz gewiß überhaupt nicht der Mann der poetischen Weltanschauung. Ganz ebenso aber verhält es sich mit den formellen Details eines Gefechts und dem über ihnen schwebenden begeisternden Hauche der Poesie des Kampfes.

Verantwortlicher Redacteur: W. Wehrenpfennig.
Druck und Verlag von Georg Reimer in Berlin,

Die verschiedenen Stadien des sogenannten preußischen Kirchenstreites.

Nach Bunsen's Papieren.

(Schluß.)

VII.

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Durch die unverhüllte Kriegserklärung des Erzbischofs von Droste gegen die zu Recht bestehenden Geseze lag ein ganz anders auf die Spite getriebener Conflikt vor, wie bei den Schwierigkeiten in den Jahren 1828 und 1834. Außerdem war seit der Note Lambruschini's vom 15. März 1836 das Verhältniß des preußischen Gesandten zur Curie selbst ein von dem früheren sehr verschiedenes geworden. Dennoch wurde auch dieses Mal wieder trotz der vielen ihm persönlich feindlichen Elemente Bunsen zur Lösung des Streites nach Berlin entboten, durch eine Note des Ministers von Werther vom 24. Juni 1837 (mitgetheilt in Bunsen's Leben I. S. 460). Gleichzeitig mit ihm sollte Msgr. Capaccini nach Deutschland kommen, um die erstrebte Ausgleichung der Gegensätze als päpstlicher Bevollmächtigter zu unterstützen. Capaccini, Schüler und Freund Consalvi's, war auch nach dem Tode Pius' VII. allen folgenden Regierungen unentbehrlich geblieben, bekleidete das wichtige Amt des Unterstaatssekretairs. Von Anfang an mit Bunsen persönlich befreundet, hat er das Freundschaftsverhältniß zu ihm auch durch alle späteren Conflikte hindurch_be= wahrt. Wie er noch im Jahre 1842 eine vertraute Zusammenkunft mit Bunsen suchte, so ist ihm von diesem und seiner Gattin bis zulegt ein warmes Andenken bewahrt worden: Beweis dafür Bunsen's Memorandum über Capaccini (I. S. 540-543) und die Charakteristik, welche Frau von Bunsen von ihm entwirft (I. S. 245-251). Das Vertrauensverhältniß zwischen dem römischen Prälaten und dem deutschen Diplomaten ist jedenfalls nicht zum Nachtheil der von dem Ersteren vertretenen Sache gewesen eher kann man vom staatlichen Gesichtspunkt berech= tigte Bedenken darüber erheben, im Hinblick auf die späteren Ergebnisse. Bereits am 9. August langte Bunsen in Berlin an. Wenige Tage darauf kam Msgr. Capaccini dorthin, wurde auch sofort vom Könige empfangen. Eine Cabinetsordre vom 13. August ermächtigte sodann Bunsen zu Preußische Jahrbücher. Bd. XXIV. Heft 4.

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Verhandlungen mit Capaccini über die Basis eines Ausgleichs zwischen Kirche und Staat, sowie zu einer Denkschrift über die Sachlage und die Rechtsverhältnisse. Das Ergebniß der Verhandlungen mit Capaccini bestand in dem Vorschlage einer Besprechung zwischen diesem und Droste auf Grund von vorher festgestellten Principien. Die Deutschrift, auf Grund genauer Aktenstücke über alle schwebenden Fragen (vergl. B.'s L. I. S. 471-472) entworfen, geht ebenfalls noch von der Voraussetzung einer friedlichen Lösung des Conflikts aus. Ihr bleibender Werth liegt besonders in der klaren Erkenntniß der weltgeschichtlichen Bedeutung des Principienkampfes; sie beweist dies vor Allem durch die Forderung, alle kleinlichen, der großen Aufgabe, die dem Staate in dieser Frage gestellt sei, nicht würdigen Maßregeln zu vermeiden.

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Da diese - am 25. August 1837 dem Könige überreichte und von diesem gebilligte Denkschrift das wichtigste Dokument für die Anschauungsweise der einen Partei ist, so theilen wir hier die Grundgedanken mit, für den wörtlichen Text auf die Biographie Bunsen's, wo das Aktenstück zuerst veröffentlicht worden ist (I. S. 556-579), verweisend.

Die Denkschrift beginnt mit einer eingehenden Einleitung über die dreifache Frage: Was will, kann und soll der Erzbischof von Köln?“

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Fragt man zuvörderft: was will der Erzbischof? so sind hier zwei durchaus verschiedene Stadien und Epochen seiner Opposition zu bemerken. Die Aften beweisen zur Genüge, daß bis zum vergangenen Monat der Erzbischof fich begnügt hat, in dem Gange der laufenden Verhandlungen mit den Behörden Ausstellungen über einzelne positive Punkte zu machen, in denen er das erzbischöfliche Ansehen und die Rechte der römischen Kirche verlegt oder gefährdet glaubte... In allen diesen Punkten befindet man sich auf dem Gebiete positiver einzelner Beschwerden; es handelt sich um Modificationen in dem bestehenden, und von ihm, wie es seine Pflicht ist, ja wie er sich selbst ausdrücklich vor der Wahl verpflichtet, anerkannten System der Regierung. Ganz anders ist aber der Erzbischof in dem zweiten Stadium aufgetreten. Durch seine (oben sub No. VI. im Auszuge mitgetheilte) Antwort auf den Verständigungsversuch des Ministers von Rochow ist die Frage über Einzelnes in eine Principienfrage verwandelt worden. Es wird nicht mehr dies oder jenes, sondern das ganze System angegriffen. Kann man darauf eingehen? oder wie soll man diesem Begehren entgegnen?

2) Was kann der Erzbischof! Jede geistige und insbesondere jede geistliche Macht kann gerade so viel und so wenig, als die geistige und geistliche Stimmung der Welt und die religiösen Bedürfnisse der Völker mit ihr oder gegen fie find. Ein Erzbischof, der in Deutschland um das Jahr 1770 mit solchen Grundfäßen aufgetreten wäre, wie sie der jezige Erzbischof von Köln geäußert, wäre lächerlich erschienen. Was findet aber der Erzbischof von Köln im Jahre 1837?

Zuvörderft in fast allen Theilen des gebildeten Europa eine große Theilnahme an religiösen und kirchlichen Angelegenheiten, ja eine entschiedene religiöskirchliche Aufregung. Daß diese den Katholiken wie den Evangelischen gemein. ist, daß sie sich in edeln und frommen Gemüthern zeigt und von den Revolutionären als Werkzeug gebraucht wird, daß sie sich mit den entgegengesetztesten politischen Gesinnungen verbunden findet, beweist mehr als eine weitläufige Erörterung der Ursachen, welche sie hervorgerufen, es zu thun vermöchte, wie tief die Aufregung in der Natur des gegenwärtigen welthistorischen Moments gegründet sein muß.

Bei dem besonderen Zwecke dieser Denkschrift wird es erlaubt sein, von dieser allgemeinen Bemerkung unmittelbar zu den Betrachtungen des Wesens jener Theilnahme an religiösen Dingen, und des Drängens bei Regierungen und Völkern zu Gestaltung, Herstellung und Umgestaltung kirchlicher Verhältnisse innerhalb der römischen Kirche ausschließlich überzugehen. Hier treten uns die zwei Stadien, welche die Aeußerungen des Erzbischofs durchlaufen haben, als zwei sorgfältig zu sondernde Ansichten und Richtungen der Zeit entgegen.

Dem ersten entspricht eine in der katholischen Welt Deutschlands und Frankreichs weitverbreitete Ansicht, daß die Katholiken in den Rheinlanden und Westfalen, Geistlichkeit wie Volk, sich in manchen einzelnen Punkten als solche zurückgesezt und gedrückt fühlen im Vergleich mit den Evangelischen, und daß die Ausübung der Staatscontrole seitens der Behörden in manchen Punkten als lästig, ja, nach der Behauptung Vieler, als die Gewissen drückend empfunden wird.

Dem zweiten Stadium der Opposition des Erzbischofs dagegen entspricht die von zwei entgegengeseßten politisch-kirchlichen Parteien gehegte Ansicht, jenem Misbehagen könne nicht abgeholfen, die einzelnen Beschwerden können nicht gehoben werden, so lange die Kirche nicht ganz vom Staate emancipirt und ihre Unabhängigkeit in allen geistigen Angelegenheiten anerkannt sei. Praktisch also wird gefordert, der Geistlichkeit die gesammte Nationalbildung der Katholiken und die ausschließliche Leitung des geistlichen Unterrichts insbesondere zu überlaffen, und sich um den Verkehr derselben nicht im geringsten zu bekümmern. . .

Faßt man nur die, theils allgemeinen, theils provinziellen Elemente dieser Partei zusammen, so erscheint der Erzbischof offenbar als der Mann, welcher leicht in den Fall kommen könnte, von einer großen, ja furchtbaren Macht der Meinung getragen zu werden. Glücklicherweise hat er noch keine sehr starke Partei in den Rheinlanden, aber wenn er erst den ihm entgegenstehenden aufgeklärten Theil der Geistlichkeit, und namentlich die von Hermes gebildeten Geistlichen besiegt und beseitigt haben wird, so kann ihm ein überwiegender Einfluß auf die ganze Provinz nicht fehlen. Seine strenge Lebensweise und sein apostolischer Eifer werden ihn dem Landvolke als einen Heiligen erscheinen lassen; es fehlte dann nur noch ter Schein der Verfolgung, um ihn allen Katholiken als einen Märtyrer darzustellen. Gelänge ihm dies, so wäre er troß aller persönlichen und politischen Verschiedenheit der Menschen und Umstände mächtiger als O'Connel in Irland.

Noch ist's nicht soweit gekommen, allein der kritische Augenblick ist erschienen, wo Preußen eine entschiedene und unangreifbare Stellung nehmen muß, dem Erzbischof und seiner ganzen Partei gegenüber. Diese Stellung muß für eine bedeutende Zukunft hinaus haltbar sein, denn wie auch das Schicksal der Welt sich wenden mag, große Begebenheiten stehen offenbar der katholischen Kirche bevor ...

Preußens Stellung kann bei solchen bevorstehenden geistigen Bewegungen nur die schlechteste oder die beste sein. Es ist offenbar in der Gefahr, in den westlichen Provinzen ein zweites Belgien zu nähren, sei es durch unbillige und unzeitige Härte, sei es durch falsche Nachgiebigkeit: aber es hat es auch offenbar in seiner Gewalt, sich so zu stellen, daß diese Gährung und dieser Kampf ganz innerhalb der katholischen Kirche bleibe, und die Parteien unter den Katholiken, statt sich durch die Gehässigkeit oder die Verachtung der Regierung gegen dieselbe zu vereinigen, vielmehr sämmtlich zu der Weisheit und Gerechtigkeit der Regierung mit Anerkennung und Bewunderung aufblicken.

Die legte praktische Folge dieser Betrachtungen scheint also die zu sein, daß es von der größten Wichtigkeit sein muß, ohne Verzug wie ohne Uebereilung die richtige Stellung in den gegenwärtigen Verhältnissen, und namentlich dem Erzbischofe gegenüber, zu nehmen. Nachgeben, wo nicht nachgegeben werden darf, ist ebenso schlimm als Nichtbewilligung da, wo Nachgeben an seiner Stelle wäre. Falsch angebrachte Milde erscheint und wirkt als Schwäche: übel angebrachte Strenge verdoppelt und heiligt den stillen oder offenen Widerstand der Gemüther.

3) Was soll der Erzbischof? Bei der wichtigen und verhängnißvollen Frage, die sich unter diesen Umständen aufdrängt: was soll die Regierung vom Erzbischofe verlangen, worauf soll sie den katholischen Forderungen gegenüber bestehen, oder wo soll sie auf mildernde und billige Modificationen eingehen? treten drei verschiedene Ansichtsweisen sich gegenüber, die es nothwendig ist unumwunden und unverhüllt auszusprechen. Denn wie verderblich es ist, in fritischen Umständen nach einer falschen Ansicht zu handeln, so ist es doch noch verderblicher, mit Unklarheit über Principien und deren Folgen bald nach dieser bald nach jener Seite hin zu verfahren. Ist die gegenwärtige Praxis und sind die Grundsäße des Landrechts und der weiteren Verordnungen, auf welche sie gegründet, wirklich unvereinbar auf die Länge mit dem Wesen der katholischen Kirche und mit dem Gewissen der katholischen Bevölkerung?

Ist das der Fall, so muß das ganze Verhältniß des Staates und namentlich Preußens als des mächtigsten evangelischen Staates zur römischen Kirche ganz und gar verändert und das bisherige System als unrichtig und schädlich weggeworfen werden. Man muß sich darüber nicht täuschen, daß viele Menschen diesen Gedanken, mehr oder weniger klar und bewußt, wirklich hegen, und zwar Menschen sehr verschiedener politischer und religiöser Sinnesweise. Sind dagegen nicht allein die Anfeindungen gegen das bisherige System Preußens ungegründet, sondern überhaupt die Beschwerden der katholischen Geistlichkeit und

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