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und præt. auf en nicht eigen, welche so oft in diesem Stücke vorkommt, gy moghen 12, 845, moten 27, scholen 37, laten 38, hebben 39, bewaren 73, konnen 632, hadden 822, wolden 785, scheppen 652 u. v. a. sogar in Reimen, verloren: horen 797, kamen: vramen 527, speren: keren 230, boden: soden 1412, straken: maken 1525, leren: vorkeren 1781 (vergl. Haupt 2, 378), ghedan: gan 1920, welche Wörter sämmtlich ausgeschrieben sind, während von denselben die gewöhnliche Form auf et eben so häufig ist.

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Die einzelnen Laute geben auch Beweise für die Sprachmischung. Am Niederrhein bleibt das hochteutsche ei (ai) und wird oft ey geschrieben, die niederländische und sächsische Sprache segt dafür e (ee). Nun reimt in diesem Schauspiele ghemeyne: reyne 1009, und der Artikel eyn und en kommen. so oft vor, daß keine Belege nöthig sind. Andere Wörter wie heydenen 289, clet 312, tekene 403, bereyt 590 u. s. w. zeigen dieselbe Mischung. Hagen reimt veire: scheire ganz gut, das kann aber diese Mundart nicht, sie hat vere: schire 896, vire: schire 1012, hir: ber 1630. Sie reimt vele: stele 65, spele 1660 wie der Niederrheiner, aber außer dem Reime hat sie vul 68. Sie schreibt die Vorsylbe ent- häufig unt-, entvaren 128, 635 daneben untvaren 100. Diese Form ist mehr sächsisch, jene (ent- int-) mehr niederrheinisch. Bei der Neigung der mecklenburgischen Mundart, das o des Inlauts in u zu verwandeln (Ritter 26, 22) sind Reime zwischen u und o, ů und o Beweise einer andern Mundart, bischop: up 805, lopen: rupen 427, rupen 1662, vorstüret: gheboret 860, küken: vloken 1369, roren: sturen 1460, su: to 1552, vot: gut 1559, klük: brük 1635, munde: konde 759, 1716, ghenughe: kroghe 1768, während 1079 noghen: voghen steht. Dieses Schwanken hat auch Hagen, doch neigt sich seine Sprache zu keinem der beiden Laute. Er hat duren: voeren, voren 648, 2471, hulde: wolde 738, 1273, hult: solt 935, 1211, 1270, 1720, vuren: voeren 905, turne: zorne 909,

begonde: wunde 1010, mude: blode 1044 u. v. a. Der Reim arken: patriarchen 465 ist auch nicht sächsisch. Eine Spur, welche in das Niederländische und Französische hinüber weist, ist das Wort ko'def 1649. Eine lehrreiche Quelle zur Vergleichung mit diesem Stücke ist das niederrheinische (nicht niederländische) Osterspiel in Haupts Zeitschrift 2, 303 flg.

Eigenthümlich gehören der Mundart des Stückes folgende Bildungen. A für o in sehr vielen Wörtern, gade 346, warm 421, ghebaren 661, kamen 745, namen 746, tarne 768 u. dgl. Diese a gehören aber nicht zum ursprünglichen Texte, denn sie reimen fast alle auf o, und man findet auch o, torne: vorne 985 in denselben Wörtern, vorloren 1626 .. Auch al: hål 1583. Wo dieses a richtig reimt, wie vorlaren: bewaren 1845, bedraghen: paghen 1905, da möchte es anzeigen, daß solche Stellen zugedichtet sind. U für o im Inlaut steht gewöhnlich vor I, n; u für i erscheint häufig vor d, 1, m, n. Im Anlaut steht zuweilen w für v, wullenbracht 357, 885, häufiger v für w, vunlik 751, 432, 443, 483. Das sch in schal, scholen u. s. w. gehört auch der Mundart an. Im Inlaut wechselt z mit s, wesen: lezen 791, tozet: loset 625, nezen: wesen 22, wezen: genezen 85. Die Aussprache war ein weiches 8; auch im Anlaut zagen 953. Es wechselt auch im Anlaut mit g, golt 148. Den Ausfall des r scheint der Reim to stot: got 1056 zu beweisen, was in der jeßigen Mundart viel häufiger ist (Ritter 45). Hagen hat es nur einmal, wort: got 3498.

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Unter den Wortformen sind selten aber eigenthümlich die 1 pers. pl. præs. auf et, wy waket 84, wilt 1825, 1927, hebbet 539, auch die 3. p. pl. bevet 1864, scholt 1926, dot 2006; us für uns 798, 924, 1055, 1056, 1059, user 966, uses 979. Diese Bildungen kommen mir zu oft vor, um sie für Schreibfehler zu erklären, was auch der Reim us: clus 711 verbietet. Das Wort stan (stehen) zeigt die meiste Verschiedenheit. Es gilt die Form stan: dan 783, und oft im

Reim auf flan, han u. dgl., daneben sten: schen 91, sen 942, steyst: gheist 1196, und die 3 p. pl. stat: rat 1326, dat 79, daneben steyt: leyt 544, sta: Galilea 886. Das Adverbium betalle lautet im Reim auch bedille 497, und bedelle 1230. Ebenso danne im Reim dynne 819. Der Reim hynnen: ghesinnen (Gesinde) 580 ist der Mundart gemäß (Ritter 40), auch bei Hagen selten, begunden: verwonnen 1124. Die Reime brynghen: henghen, drengen 728, 748, wynden (wenden): vinden 1022, dy (tibi); we (weh) 1641, domine: my 1710, lassen sich nicht alle berichtigen, denn die Mundart gibt dazu keine Anleitung.

Das Versmaß des Schauspieles ist sehr ungeregelt; sowohl die jüngere Handschrift als auch die Bearbeitung aus einem älteren Terte mögen davon die Schuld tragen. Unter solchen Umständen darf man keine Wiederherstellung versuchen, sondern es ist viel lehrreicher, das Stück in seiner Eigenheit zu belassen.

Das Ergebniß obiger Beobachtungen ist: es hatte dieses Schauspiel einen niederrheinischen Text zur Quelle, der zum Theil übersegt, zum Theil bearbeitet wurde. Die Heimatlichen Anspielungen auf die Umgegend von Wismar standen nämlich nicht in dem niederrheinischen Terte, sondern sind vom Bearbeiter eingefügt. Die Städte am Niederrhein, hauptsächlich Köln, hatten mit den Hansestädten an der Ostsee vielen Verkehr und es ist wahrscheinlich, daß durch diese Verbindung auch geistige Erzeugnisse umgetauscht wurden, also auch. ein niederrheinisches Schauspiel nach Wismar gelangen konnte.

Die Hs. trennt das Augment und andere Vorsylben von dem folgenden Worte, schreibt also vor leghen, ghe leden, ghe dan, doch nicht durchgängig, weßhalb ich die gewöhnliche Schreibung vorgezogen. Das Bindewort unt kommt nie ausgeschrieben vor, ich folgte daher der Abkürzung, die Mundart braucht aber häufiger unde. Die Inklinationen der Zeitwörter habe ich wie die Hs. nur in der 2 pers. sing. mit dem Stammwort verbunden.

C. Anlage des Schauspiels.

Schon aus der Uebersicht dieses Stückes ergibt sich, daß darin das ganze Zwischenspiel von den drei Marien und dem Salbenhändler fehlt; und doch gehen die Anfänge dieses Zwischenspiels in die lateinischen Kirchentexte zurück und kommen bei den meisten Osterspielen wieder vor. Das erfordert eine sorgfältige Untersuchung der Anlage dieses Schauspiels. Es hat einen andern Zweck als die übrigen Osterfeiern, daher auch eine verschiedene Abfassung. Die Auferstehung ist hierin dargestellt als der göttliche Sieg über die menschliche und teuflische Klugheit und Bosheit. Daher hat das Stück zwei Theile, der erste umfaßt die vier ersten Handlungen, worin die menschliche Klugheit zu Schanden wird, der zweite enthält die fünfte Handlung, worin die Hölle ihre Niederlage bekennen muß. Der erste Theil ist das ernste Spiel, der zweite das Lustspiel, aber in anderer Bedeutung, als es jet verstanden wird, wie ich unten nachweise.

Hieraus begreift sich die Anlage. Die Grabwächter mit allem, was dazu gehört, sind der durchziehende Faten des ersten Theils, damit fängt er an und hört er auf. In diesen Zusammenhang paßt das Zwischenspiel mit dem Salbenhändler nicht, darum blieb es weg. Der erste Theil geht aber beruhigend aus, den Wächtern wird verziehen, auch sie sollen der Erlösung theilhaftig werden, denn es sind Menschen, für die Christus gestorben ist. Der zweite Theil aber, das Teufelspiel, geht aus mit Verzweiflung, denn die Erlösung und Auferstehung hat den Teufeln bewiesen, daß sie nichts gegen Gott vermögen und die Weltordnung nicht zerstören können. Die Wächter haben das Grab Christi vergebens bewacht, die Teufel vergebens die seligen Altväter in der Vorhölle, siegreich gieng der gestorbene Christus aus dem geöffneten Grabe hervor, siegreich führte er die längst verstorbenen Altväter aus der zertrümmerten Vorhölle in sein himmlisches Paradies.

Das Grab Christi und die Vorhölle sind sich gegenüber gestellt, beide werden gesprengt, jenes zur Auferstehung, diese zur Einführung in die Seligkeit. Umsonst will der Mensch die Auferstehung und der Teufel die Seligkeit hindern, sie werden beide zu Schanden, sie sind mit der boshaftesten Klugheit dennoch schlafende Wächter und das folgende Stück ist in diefem Sinne ein Wächterspiel und als solches konsequent durchgeführt. Ich will das nachweisen.

Die Juden verlangen eine bewaffnete Grabwache. Beißend verhöhnt sie Pilatus (55), einen Todten bewachen? das könnten sie ja selbst thun. Allein da kommt die Furcht dazwischen, die Juden fürchten die Anhänger Christi und Pilatus sieht ein, daß er weiteres Aergerniß verhüten müsse. Um Ruhe zu bekommen, bewilligt er die Wache, vier Mann, nach den vier Weltgegenden, eine Satire der allergrößten Art. Denn diese vier Wächter sind nicht undeutlich ein Gegenstück der vier Engel, welche am jüngsten Tage durch den Posaunenschall nach den vier Weltgegenden die Todten erwecken. Und wie treten diese Wächter auf? Als Prahlhansen, die es so zu sagen mit den vier Welttheilen aufnehmen, um die Auferstehung Christi zu hindern, blos für das Geld der Juden. Diese nehmen die Prahlerei für Wahrheit und ihr Geldversprechen bildet einen schneidenden Gegensag zu dem Ernste, womit Pilatus aus ganz andern Rücksichten die Wache anordnet.

Der strenge Zusammenhang dieser Einleitung ist klar. Nun kommt die Schlafscene (195), vortrefflich lokalisirt, was auf die Zuschauer einen großen Eindruck machen mußte. Die Scene ist auf einmal nach Wismar verlegt. Ist dieß ein Verstoß? Keineswegs. In jeder Kirche zu Wismar war ja ein heiliges Grab am Charfreitag, warum hätte man also die Grabfeier nicht lokalisiren dürfen? Also der Thurmwächter von Wismar ermahnt die Grabwächter zur Wachsamkeit, er sieht fern auf der Ostsee etwas herkommen, er hört die Hunde

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