Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Nach diesen Angaben scheint obige Beziehung auf die Zigeuner in die Mitte oder in die zweite Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts, zu fallen, und da die Beziehung wesentlich zu dem Schauspiele gehört, so kann dieses selbst nicht älter seyn.

Daß dieses Stück, wie seine Handschrift, in die Schweiz gehöre, möchte schon die Zurzacher Messe, die zweimal erwähnt ist (V. 288. 495) annehmen lassen. Die Mundart unterstüßt diese Vermuthung, denn es gibt viele Reime in dem Neujahrspiel, die nur in der Schweizersprache richtig find, wie die Vergleichung mit Stalders Landessprachen der Schweiz (Aarau 1819) beweist. Manche Reime lassen sich freilich durch Stalder nicht als schweizerisch nachweisen, entweder, weil sein Buch unvollständig ist (was ich nicht tadle, denn eine geschichtliche Dialektologie ist ein schweres Werk), oder weil solche Reime der Schweizermundart nicht angehören. Ich trenne daher diese beiden Arten der Reime und stelle zuerst die schweizerischen zusammen.

Am deutlichsten zeigt sich die Schweizersprache in den Formen der Hülfs- und ähnlicher Zeitwörter. Stalder S. 123. 124 gibt die Form hent für habemus, habetis, so steht sie unten im Reim auf erkent V. 534, auf end 206. 415. Stalder hat die Conjunktive hättist 134, heig habeat, het haberet 130, so erscheinen sie im Reim V. 225. 411. 440. 577. 753. Stalder witt vis, went volumus, wett vellem, wettist velles, well velit S. 140-142, so unten im Reim V. 263. 435. 542. 545. 690. 724. 837. St. gan und gon ire, gast is S. 159, ebenso im Reim V. 100. 343. 456. 475. St. lan und lon (lassen) S. 173, desgleichen im Reim V. 640. 670. 627. 335. St. hat thah, gethan factum S. 175,. so unten V. 205. 663. St. hat sege, säge dicere, träge ferre S. 166. 168, so unten V. 109. 250. 460. 668. 793. 850.

Auch in andern Laut- und Wortformen findet man schweizerische Mundart. Stalder hat eis unum S. 115, das

erscheint unten mehrmals im Reim S. 276. 339. 386, ferner die Verwechslung des i mit ü St. 74 wird ebenfalls durch Neime bestätigt, V. 99 fint: fúnt, 140 blick: glück, 240 fint: künt, 500 nit: schüt, 544 füeren: zidieren, 565 verkündent: hinden, 594 grüst: brist, 779 muet: lied, 805 ieman: rùeman, 845 beschissen: wüssen, 895 fig: vertrieg, 434 zúnden: finden.

Außer dem Reime gibt es noch sehr viele Beweise schweizerischer Mundart, z. B. der Wegfall des n im In- und Auslaut, der Conjunktiv auf i, die endung ig für ung u. a., was ich übergehe, denn obige Beispiele sind hinreichend. Dagegen sind solche Formen wohl zu beobachten, welche der Schweizersprache nicht angehören, wenigstens in der heutigen Mundart nicht vorkommen. Stalder hat z. B. nicht die Formen: tragen, sagen, sage dico, dicat, sie stehen aber unten im Reime V. 91. 187, 568. 647 an Stellen, wo man sie entweder nicht verändern kann, oder in Reimen wie sagen: wegen 604 tragen: wegen 620, wo der Vokal a in tragen und sagen sich nicht als ursprünglich erweist. Stalder hat kein ich segen, sondern ich seg, unten steht aber 379 segen dico im Reim, desgleichen ich gedencken 767, ich anfan 342, ferner ich reden 733 bütten 755 raten 771 hoffen 506 ien 523 geben 257 außer dem Reim. Die Schweizersprache sagt zwar han habere, aber nicht hon, St. 122; cho venire, aber weder kon noch kan, St. 170, dennoch reimt unten 507 gethon: han, 459 fan: man, 473 han: fan, daneben 183 man: kon, 205. 387. 848 gethan: kon, 299 don facere: kon, 303 kon: gnon (genommen), 627 glan: kon. Diese Stellen beweisen, daß in dem Stücke der Anlaut in kon nie geschärft wird, und daß der Vokal bald a bald o seyn muß, was beides der Schweizer Mundart nicht entspricht. Folgende verkürzten Formen stehen im Reime, gschen, gsen 135, gen dare, nen aufferre 309. 587. 665. 699. 625. 658, versen 331, vergen, vernen 355, genan ablatus 665, gen: vernen

744, gsen: zwen 851. Die Reime zeigen, daß diese Formen nothwendig sind, daneben stehen auch die gewöhnlichen, geben: vergeben 706, und mundartlich geschechen: sehen 451 und sechen: zwen 453, wo der Reim sen fordert. Reime wie grommen: fumen 242, truwen: fröwen 286 sind nur niederteutsch zu berichtigen, wie auch dich: mir 715, wenn es stehen bleibt, wett 2 p. sing. præt. 577 im Reim, nempt: kempt 610, sprecht: recht 826, und außer dem Reime sprecht 613, find nicht schweizerisch. Niederteutsch kommen sie vor (Hagens Köln. Chronik V. 770, vergl. oben 1, S. 208). Don steht im Reim 299 und dů 580, außer dem Reime dünt 311. Die Schweizersprache hat für die Präpositionen vor und für nur den Umlaut ü, für, füre (Stalder 233), so auch unten. im Neim für 116, aber im Terte oft for 247. 215. 317. 369. 373. 481. Für oder steht regelmäßig ald 420. 453, aber einmal auch och 379 für ocht, und dieses für oft, wie es im Niederteutschen gewöhnlich ist. Well für wol 554 gehört auch zur niederen Sprache. Das Zeitwort können zeigt ebenfalls Formen, die vom Hochteutschen abweichen. Der Wegfall des t im Auslaut erscheint in und außer dem Reim; gedenck: schenck 635, ach octo 294. 611, gemerck 891, grint: fin 908, grich 543, důch 553. 318, villich 444, botschaff 564. Das Wort allde erinnert an das italienische al dio (adieu) 457. 571, und die Anrede her der richter an das französische monsieur le juge 645. 717. Auffallend ist auch comun für Gemeinde 901.

Ungenaue Reime find theils solche, deren Vokale ungleiche Länge haben, die auch im dreizehnten Jahrhundert häufig sind, wie kuchen: brüchen 31, schlân: man 422, herren: erweren 714, stât: stat 605, anen: zannen 755; theils solche, die ungleiche Vokale haben, welche nur nach der Aussprache gleich werden, best: tröst 641, bed: gseit 660, clin: gesin 823, söttist: rettist 843, versezt: geschößt 873, schicken: glücken 84; theils solche, die ungleiche In- oder Auslaute haben, sag: ab 680,

gemessen: vergesse 295, sinnen: bringen 346; theils solche, die der Mundart nach das stumme und tonlose e abwerfen, bhend: wend(e) 42, tag: sag(e) 91, mag: klag(e) 119, end(e): hent 206. Die Reime ungleicher Vokale lassen Verbesserung zu, wenn der übrige Text die entsprechende Schreibung hat, wie z. B. sot, söt, set (sollte), wot, wet u. dgl.; aber außer dem Reime ließ ich die verschiedenen Vokale stehen. So blieb auch die 2 p. plur. in et und ent unverändert, weil die Schweizer Mundart beide Formen hat. Unrichtige Reime mit Gleichheit des Sinnes und der Laute kommen auch vor. So steht 493 bracht: bracht, der Unterschied dieser Reime könnte nur darin liegen, daß das erste bracht mit von mir (Ablativ), das zweite mit mir (Dativ) konstruirt ist. Von gleicher Art ist der Reim gelt: gelt 208. Die Reime übel (adv.): übel (substant.) 340 gehören nicht hieher, weil die Wörter verschiedenen Sinn haben. Im Versmaß werden die stummen und tonlosen Endungen e, en, ent, et u. dergl., so wie auch manchmal der Artikel nicht beachtet.

Die Handschrift dieses Stückes befindet sich in der Bürgerbibliothek zu Luzern Nr. 166 in gespaltenem Folio. Der Text hat viele Korrekturen und ist daher vielleicht die Urschrift des Verfassers.

1 well.

E. Tert des Neujahrspiels.

Exclamator.

Ein ietlicher, der da horen will,

der lose uff und schwige still
wie ieg die welt so gar ist geflissen,
gefiert, listen vol und beschiffen
uff zitlich gut, daz zu gewinnen.
da bruchent si vil list und sinnen,

5

[blocks in formation]

8 han. 14 for, diese Schreibung ist häufig in diesem Stücke, die gewöhnliche mit v trifft man mehr in den Verbindungen vorhin, vorher an 870. 898. 690. 538. 60. 22 weizt, seltene Schreibung, gewöhnlich weifst 283. Diese schweizerische und schwäbische Form wechselt aber selbst im Reime ab mit weiß 735.

« ZurückWeiter »