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In hoc 1 gaudeo,

quod pro vobis doleo:

vicem quæso rependite

[et 2] matris dampnum plangite.

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K. Adventslieder.

Mit der Scene in der Vorhölle hängen die Adventslieder zusammen, worin die Erwartung der Menschen überhaupt und besonders der Altväter in der Vorhölle auf die Ankunft Christi ausgesprochen ist. Der Eingang der Messe im Advent beginnt mit den Worten: Rorate cœli desuper et nubes pluant justum, aperiatur terra et germinet salvatorem. Es liegt hierin kein direkter Bezug auf die Altväter, wohl aber kommt er in teutschen Kirchenliedern vor, und ich will deshalb eines mittheilen, das ich einer Ausgabe Taulers vom Jahr 1521 beigeschrieben fand. Obgleich es nicht mehr dem. Mittelalter angehört, mag es doch am Schluffe dieser geistlichen Schauspiele stehen, weil es mit ihnen so deutlich zusammenhängt. Es lautet also:

Aus hartem wehklagen wir menschen
in bitteren schmerzen und ängsten
beklagten uns alle zuo mahl,
ach schwere, ach bittere qual!
Laß einmal die porten zerspringen,
den grechten herunder abrinnen,

den wir so lang haben begert,
viel tauffent jahr haben verehrt.

Wir ligen im finstern mit sorgen
im kercher der hellen verporgen,

ach schiche doch einmal dein wort,
zerstöre die hellische port.

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1 fehlt ein Wort von zwei Sylben. fehlt.

Es haben die frombe propheten
uns vilmahl begehren zuo trösten

und sagten, es wirdt doch einmahl
fich enden die peinliche qual.
Vil tausend jahr ligen wir gfangen,
aus herßen nach dir wir verlangen,

ach schickhe doch einmahl dein sohn
herunder vom himmlischen thron.

16. Neujahrspiel.

A. Wesen der Neujahrspiele.

Seines komischen Inhalts wegen könnte man folgendes Stück für ein Fastnachtspiel halten, aber im Schlußverse wird ein glückliches Neujahr angewünscht, es gehört also zu jenen Spielen, die vom 26. bis 28. December aufgeführt wurden (altt. Schausp. 14). Die Ausgelassenheit dieser Schauspiele kann ich nicht besser beweisen, als durch eine Urkunde des Stiftes zu Wimpfen im Thal, deren Abschrift aus dem Anfang des vierzehnten Jahrhunderts in dem Nekrologium des Stiftes Bl. 2 steht, das sich in der Hofbibliothek zu Karlsruhe befindet. Die Urkunde lautet also:

Cum decorem domus Dei omnes christiani et præcipue viri ecclesiastici diligere debeant et amare, propheta attestante qui ait: domine, dilexi decorem domus tuæ, et clericorum mores in melius reformari debeant et componi: hinc est, quod nos decanus et capitulum ecclesiæ Wimpinensis considerantes illud, quod olim ab prædecessoribus nostris causa devotionis ordinatum fuerat et statutum, videlicet ut sacerdotes ecclesiæ nostræ singulis annis in festivitate beati Johannis ewangelista (27. December) unum ex se eligant, qui more episcopi illa die in honorem sancti Johannis missam gloriose celebret et festive, nunc in ludibrium vertitur et

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in ecclesia ludi fiunt theatrales, et non solum in ecclesiam introducuntur monstra larvarum, verum etiam presbyteri, dyaconi et subdyaconi insaniæ suæ ludibria exercere præsumunt, facientes prandia sumptuosa et cum rigellis, 1 tympanis et cymbalis ducentes coreas per domos et plateas civitatis, 2 non attendentes, quod apostolus non solum a malo sed ab omni specie mali præcipit abstinere: igitur ne id quod ob devotionem inchoatum est, ad indevotionem ac ludibrium vergat populorum, omnium nostrum approbante consensu statuimus: ut nulli canonici vel præbendarii ecclesiæ nostræ talia præsumant de cetero exercere. præterea districte inhibemus, ne sacerdos, qui ut in festo s. Johannis more solito missam celebret, assumetur, aliquam personam ecclesiasticam vel mundanam, mimas, vigellatores vel tympanatores ad cœnam vel ad prandium vocet vel invitet; nec vigellatores, tympanatores vel eos, qui in aliis musicis instrumentis canere consueverunt, nisi essent personæ ecclesiæ nostræ, in ecclesia vel extra in domo vel platea eundo vel corizando sequatur, sed ut devotius et sollempnius officium sibi injunctum valeat celebrare, a crapula et ebrietate illa nocte abstineat reverenter; de mane vero officio cum omni sollempnitate curali completo potest, si voluerit, sacerdotem, qui sibi tanquam capellanus astitit in altari, dyaconum et subdyaconum, qui ei concelebraverunt ministrando, ad prandium vocare et eis præbendam suam cum gratiarum actione benivole impertiri. prandio autem facto prædictus sacerdos non equo vel asino, more insani, per vicos equitet et plateas, sed si aliquantulum jocundari delectat, ecclesiam cum religione intret et circumstantibus non impetuose sed cum mansuetudine aquam projiciat et aspergat. Si quis vero canonicorum vel præbendariorum ecclesiæ nostræ contra

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1 vigella für fidella, Geige, Fiedel. 2 D. i. Wimpfen am Berg, was ganz nahe bei dem Stifte liegt.

hoc statutum in aliquo præmissorum forefecerit, sciat se a beneficio ipso facto suspensum et antequam restituatur, carcerem claustralem intraturum nec inde exiturum, donec decanus de consensu capituli ipsum abinde libere recedere faciat et exire, sciat et rigidius contra se procedendum, si id meruerit protervitas delinquentis. Das Datum ist nicht beigefügt.

Die Nachrichten dieser Urkunde geben schägbare Auskunft. Ursprünglich war die Feier ein religiöses Fest, es artete aber aus, und zwar in folgender Art: 1) es wurden in der Kirche. Schauspiele gehalten, 2) Maskeraden in die Kirche gebracht, 3) außerhalb der Kirche wurden Gastmähler gehalten, Musik gemacht, und in Häusern und auf der Straße getanzt, 4) nach dem Gastmahl ritt der Priester, welcher an diesem Johannistag (27. December) den Bischof machte, auf einem Pferd oder Esel durch die Straßen der Stadtviertel, 5) er überschüttete die Leute beim Eintritt in die Kirche mit Wasser. Dieser Ausgelassenheit gaben sich Geistliche und Laien hin; daß sie verboten werden mußte, war nothwendig. Für uns wäre es aber belehrend, wenn wir noch den Text eines solchen Schauspiels hätten, oder die Lieder, welche bei dem Tanze gesungen wurden.

Wenn auch das Spiel aus der Kirche vertrieben war, so konnten es doch die Laien außer derselben fortseßen, und zu dieser Klasse scheint mir eben das Neujahrspiel zu gehören, das ich hier mittheile.

B. Ursprung der Neujahrspiele.

Die gänzliche Verschiedenheit dieser und der Fastnachtspiele von dem religiösen Drama fällt Jedem auf. Sie müssen daher wohl auch einen andern Ursprung haben, zu dessen Erforschung ich Einiges anführen will.

In diesen Stücken ist die spielende Person etwas anders als sie scheint, sie ist verkleidet, und zwar vermummt; die

Mone, Schauspiele. II.

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