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In stummen Endsylben kann der legte Buchstabe seyn, wie er will, er stört in dieser Mundart den Reim nicht. schankt: dank 268. fassen: wassers 670. gebettet: vetter 685. dich: gesicht 1082. 1168. sach: gemacht 1094. gassen: wasser 1730. geschwigen: vigen 2695. widen: glider 2831. verkerer: leren 3171. triben: wiber 3686. Das Verstummen tonlofer Endsylben ist in diesem Gedichte schon so durchgängig, daß dadurch eine Menge Reime erlaubt werden, welche man im dreizehnten Jahrhundert noch nicht antrifft. stund (hora): pfund 210. klage: mag 321. stund: gesunt 452. 485. sag (dico): mag 858. 1351. tag 1634. 1660. 3474. ze hand: schand 2280. scheid (vagina): leið 2091. hand: schand 2280. frag (interrogo): tag 2661. ze schand: gesant 2543. pfad: gnad 3636. 2381. tag: clag 2411. 3105. 3651. end (finis): wend (vultis) 3465. schaf: straf (poena) 3915. 3uweilen wird noch im Neim, häufig aber außer dem Reime das tonlose e geschrieben, misselinge: dinge 1450. bitte 1530. 1604. füße 1795. måre 2641. hende 2835. Man sieht daraus, wie der Reim das Verstummen der Endungen befördert hat, denn sowohl die e als auch die Sylben en, ent, le, et, ist, el, us, get, als auch die Artikel der, die, die Präposition zů, das Pronomen in u. a. werden im Versmaße nicht mehr gezählt, wo sie doch der Sprache nach gelten sollten.

2. Formen. Der unsichere Gebrauch der Vokale ist schon ein deutlicher Beweis gemischter Mundart; dieses Schwanken erscheint nicht nur im Reim, sondern auch außer demselben, wofür wenige Beispiele genügen. rüte und rute 2874. 2875. lauß, las, laß 3026. 3030. müß für müß 3069. 1979. fün für fun 2018. ruwen für rüwen 2516. tün für tün 1923. u. v. a. Hatte der ueberarbeiter eine alte Handschrift vor sich, in deren Mundart das ů nicht gewöhnlich war, wie am Mittelrhein, so ist ein solches Schwanken begreiflich. Dasselbe zeigt sich im Gebrauche verschiedener Formen, z. B. hochteutsch umb, aber darauf der Reim

stumm 2681. Das hochteutsche Gerundium stand, aber darauf der Infinitiv gan 641. Man wird also auch mester 1948. konnen 3032. helig 3665. dien (quem) 3666. rechen an mich (mir) 2385. mit heiffen (heissem) für 2495. den nom. plur. knechten 3239. den gen. sing. müden 2868. den gen. plur. worten 2690. lúten 3051. nicht als Schreibfehler, sondern als Reste niederer Mundart zu betrachten haben, um so mehr, da der gen. plur. wigen auch im Reime steht 3853. Diese Vermuthung wird zur Gewißheit, wenn man neben zouberer 2833 sehr oft zouferer antrifft 1455. 1463. 2124. 3040. u. a.

Am häufigsten kommt vor die 2. p. plur. auf zen, statt auf et oder ent. Der Beweis liegt in den Reimen betten: tretten 1994. leben 1870. schowen 4084. stan 3758. bliben 93. schriben 1123. wellen 96. Kann die Form an solchen Stellen nicht geändert werden, so ist sie auch außer dem Reim zuläßsig und hier erscheint sie sehr häufig. triben 441. ziehen 445. wissen 336. 719. raten 581. söllen 594. hören 605. sigen 627. bestellen 643. und eine Menge anderer. Daneben das hochteutsche sind: blind 627. 1373. wend: hend (vultis, habetis) 1150. end: wend 3465. tünd 3147. sond 3167. send (videtis) 3032. 3833. 2395.

Die 1. p. sing. kommt manchmal in en vor. sagen 816. meinen 919. reden 2765. fragen 2766. spüren 3064. loben 1309. 3327. raten 3350. clagen 3675. danden 3893. 3927. füchen 1403. u. a. Daß auch diese Form der Mundart angehöre, beweist der Reim finden 2840. Seltener ist die 2. p. sing. auf t, wert 3187. fumpt 3075. Dagegen erscheint sie ziemlich häufig auf -ist; langist 2657. verachtist 2671. wårist 3492. redist 3803. gebist 3817. loftist 4001. badist 2494. wanist 3023. welches i auch im Plural vorkommt, wachint 3805. pflegint 3825. füchind 4049.

Neben der Form nit, die häufig auf bit (Bitte) reimt 910. 961. 1075. 1165. 1185. 2047. erscheint auch die

andere nút im Reim auf bút (biete, bietet) 1350. 2407. Neben der 2. p. pl. wüssen 3725. auch wissen 336. 719. So auch wüssent 1095 und wissent 1098. Neben der 2. p. plur. conj. fin 1871. auch die Form sig im Reim auf lig 3354. figent 32 und figen 627. Neben der 1. p. pl. föllen 1657 auch sönd 2089. 3481. Ebenso die 2. p. pl. wellen im Reim 96. und wend im Reim 3466. 1150. und außerdem wellent 1086. Die 2. p. sing. imperat. gan 2609. gang 2158. und gand 2817. Die 2. p. pl. imperat. gand 2151. und gen 2155. Die 1. und 2. p. pl. gend 1692. 907. im Reim, außer demselben auch so 2025. und geben 1453. 53. Neben 2. p. pl. fönd 2082. 3866. auch sond 1021. 1062. 1083. Die 2. p. pl. hend im Neim 1150. außer demselben hand 1225. 1292. Der Infinitiv gen 2793 und gan im Reim 1233. Die 2. p. pl. sehent 1564 und send 3032. 3833. nement 2049. nemen 1011. nåment 95 und nent 1597. land 2103 und Tond 2143. uwer, ûwer und ewer 462. 297. 474.

Die Schreibung hat den Charakter des fünfzehnten Jahrhunderts. Nach kurzen Vokalen werden häufig die Mitlaute verdoppelt, was nur ein Zeichen der schnellen Aussprache ist und auf das Versmaß keinen Einfluß hat. Auch nach vielen langen Vokalen tritt die Verdoppelung ein, weil solche Selbstlaute in der Aussprache verkürzt wurden, wie uff, túffel u. dgl. Bei einsylbigen Wörtern kommt oft ein doppelter Auslaut vor, wenn sie auf einer Hebung stehen, wie hann, ann, behennd, getann, kenn, inn u. a., doch ist dieser Gebrauch weder regelmäßig noch durchgängig.

Bei einem Werke gemischter Mundart muß der Herausgeber den Charakter desselben so schonend wie möglich behandeln, um ihn beizubehalten. Eine durchgeführte Uebersetzung in die eine oder andere Mundart wäre völlig verkehrt und würde die Urkundlichkeit des Werkes zerstören. Diese Vorsicht ist bei dem folgenden Stücke vor Allem nöthig, denn es

muß noch untersucht werden, welche Mundart der Ueberarbeiter gesprochen hat und was dem Abschreiber zur Last fällt. Die Kritik muß sich dabei auf folgende Punkte beschränken. 1) Die Reinheit der Reime ist Regel in jeder Mundart, diese Reinheit beruht zunächst in der Gleichheit der Vokale. Es ist daher zulässig, die Ungleichheit der Vokale zu berichtigen und die abweichende Lesart der Handschrift dabei anzugeben. Was in dieser Hinsicht nicht verbessert werden kann, bleibt als Verderbniß stehen. 2) Die in der Mundart erlaubten Uebergänge in verwandte Consonantreihen werden. bei den Reimen nicht verändert. 3) Verdoppelte Consonan= ten dürfen vereinfacht werden, wenn sie auf einfache reimen; man kann überhaupt den einfachen Mitlaut segen, wo er unrichtig verdoppelt ist, oder auch den doppelten stehen lassen, um die Hebung im Verse zu bezeichnen. 4) Außer dem Reime sind die mundartlichen Abweichungen beizubehalten und nur Personen, Numerus und Casus zu verbessern, wo sie offenbare Schreibfehler sind. Durch die Beobachtung dieser Regeln wird die Mischung der Mundarten anschaulich. Wer diese Mischung nicht liebt, dem ist es nicht zu verargen; ich liebe es, sie nicht zu verlegen.

In der Mundart des Ueberarbeiters kommen viele oberrheinische Formen vor, die an das Elsaß, die Ortenau und den Breisgau gemahnen. Er war ein Geistlicher, was nicht nur die lateinischen Verse und Worte verrathen, sondern noch mehr die Ausdrücke, die aus dem Latein entlehnt und auf teutsche Art gebildet sind und häufig vorkommen, 104. 190. 521. 601. 927. 995. 1005. 1374. 1219. 1580. u. v. a.

H. Passions spiel.

[Erster Tag der Aufführung.]

Fol. 1.

Hie nach volget das register des lidens Ihesu Chrifti unsers behalters zů sprüchen gesezt, in mass das man das der

.

welt zu gut und andacht woll spillen mag; und sind dis nach
benåmpten die huffer und höff, so man dar zu haben müß.
Der gart Marie Magdalene.
Symons huß.

Die appented.

Der berg, da der tüffel got versücht.

Der tempel.

Die Jüden schül.

Die stat Naym.

Die cristenen huß.

Der zwölfbotten huß.
Cayphas huß.

Herodes huß.
Annas huß.
Pilatus huß.

Der brunn oder cistern.

Lausarus grab.

Der Ölberg.

Die hell.

Das himelrich.

Und ein gemeine burge, dar in man front, geislet,
das nachtmal und ander ding volbringt, den stock,
dar' die gefangen ligen, drüy crúcz, die sul und
anders 2. ainen esel.

Item und wen das obgeschriben alles nach sinem wåssen 2 zů gericht ist und yederman nach finem stat cleidet, als dan zehindrest im register stat, und man an den plag kompt und man das volk geheit siczen und schwigen, so fahent die engel an mit luter stimm singen dis nachgeschriben :

(1.) Silete, silete, silentium habete.

Und nach diffem gesang so facht die Juden schül ir gefang an zu fingen

1 Handschr. das.

Gamahu formatum etc.

2 wassen d. i. wesen. vergl. 18. 69.

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