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bleiben mußte. Die Reste anderer römischer Theater am Oberrhein find nur halbe Bühnen, die unsern jeßigen gleichen, wie zu Augst bei Basel und zu Mandeure. * Wurde die Scene im Mittelalter an eine Wand angelehnt, so konnten die Zuschauer auch nur in einem Halbkreis herum stehen, und dann war die Einrichtung ähnlich dem einfachen Theater, war aber die Scene auf einem freien Plage, wie gewöhnlich, so standen die Zuschauer in zwei Halbkreisen um dieselbe, das Theater war also ein doppeltes oder Amphitheater. Gebäude wie im Alterthum hatte man dafür nicht mehr, man mußte daher mit ärmlicher Nachahmung vorlieb nehmen (S. oben 129).

D. Aufführung des Stückes.

Die Bühne heißt in diesem Stücke der Plaz, wahrscheinlich weil es auf dem Marktplag aufgeführt wurde, im Alsfelder Stücke der Plan, die Ebene (Haupt 3, 483). Es ist darunter auch der freie Raum einer jeden Abtheilung verstanden, der zur Handlung bestimmt war, der Spielraum oder die Scene.

Die Schauspieler saßen nämlich an den vier Seiten der Abtheilung herum (V. 504. 648. 762.), und an wen die Reihe kam, der gieng hervor auf den Spielraum, was in diesem Stücke auch „her fur gan“ heißt. In der Frankfurter Rolle steht dafür: surgat a loco suo (Fichard 138), jede Person hatte ihren Play (locus suus, locus

*) Ueber die Neste des Theaters zu Augst s. Schöpflin Alsat. illustr. 1, 161. Von Augst gieng eine römische Straße nach Mandeure (Epamanduodurum) am Doubs bei Montbeliard, wo sich ebenfalls Ruinen eines großen römischen Theaters befinden. S. die Abbildungen in den Antiquités de l'Alsace par de Golbery, Mulhouse 1828. planches 3, 4, 5, und Tert Seite 14. Ueber den Hang zum Theater, den die Einwohner von Trier noch im fünften Jahrhundert hatten, spricht Salvian. de gubernat. dei lib. 6 p. 211 ed. Rittershus. Die Abbildung der Neste des römischen Amphitheaters zu Trier sieh in Schmidt's Baudenkmalen der röm. Periode und des Mittelalters in Trier. Lief. 5, Tafel 5.

Judaeorum. Fichard 140. 141.), wo sie blieb, bis die Reihe des Spieles an sie fam (donec ordo eum tangat. Fichard 141).

Dieses Spiel hat keine musikalische Ouvertüre wie das Frankfurter, sondern den Ausrufer begleiten nur zwei Hornisten (V. 20). Die Rede jedes Schauspielers heißt ein Spruch, für die Chorgesänge kommt kein eigener Namen vor.

Das alte Schauspiel hatte so viel darzustellen, daß es sich nicht auf eine täuschende Nachahmung der Wirklichkeit einlassen konnte, wie das jezige Theater, weil die alte Bühne dazu nicht eingerichtet war. * Man behalf sich mit Andeutungen. So besteht das Gastmal Simons in diesem Stücke aus Brot und Fisch (146), zu dem Abendmal kommt noch ein Lamm, der Apotheker ist nur für eine Salbe da, und in dem Frankfurter Spiele ist der Berg, worauf Christus versucht wird, ein aufrecht stehendes Faß, in diesem ein Gerüst (388). Von einer Theaterperspektive ist dabei keine Rede, da die Papierwände (Coulissen) fehlen. Der Brunnen war auch kein laufender, sondern nur eine Cisterne oder ein Loch. War etwas gebraucht auf der Bühne, so wurde es nicht wie jegt hinaus getragen, sondern nur auf die Seite gestellt, wie z. B. die übrigen Speisen und Tischgeräthe nach dem Essen (V. 764.) So wird man es auch mit dem Krankenbett des Lazarus und dem Sarge des Jünglings von Nain gemacht haben. Der Esel, der zum Einritt in Jerusalem nöthig war, blieb den ersten Tag ebenfalls auf der Bühne.

Für die Nachahmung des Donners diente ein Flintenschuß (1604). Die Fußwaschung wurde aber förmlich vorgenom= men (1788).

Einige Anfänge von Theatermaschinerie sind auch vorhanden. Um darzustellen, daß der Teufel in den Judas eingegangen sey, mußte dieser einen lebendigen schwarzen Vogel an den Füßen vor den Mund halten und flattern lassen (1844).

* Vgl. Jubinal 1, préf. XLI. flg.

Mone, Schauspiele.

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Wie aber der blutige Schweiß und das Blutvergießen bei der Kreuzigung dargestellt wurde, ist nicht angegeben. Es ist überhaupt schwer, sich eine Vorstellung zu machen, wie bei dem Mangel aller optischen Täuschung die Mißhandlung und Kreuzigung Christi konnte aufgeführt werden. Der Selbstmord des Judas ist eine förmliche Hinrichtung durch den Belzebub, der das Geschäft des Henkers versieht. Der Teufel steigt dem Judas auf der Leiter voran und zieht ihn an dem Stricke nach. Den Judas konnte man aber nicht henken lassen, das hätte eine gefährliche Mechanik werden können, daher ging. ein Seil mit Rollen von dem Baume bis in die Hölle, um darzustellen, daß die Seele des Judas verdammt sey.* Diese Maschinerie ist nicht genauer angegeben (2410), es heißt nur, der Teufel soll ihn wohl am Haken versorgen und sich hinter ihn auf einen Bengel segen (2470). Judas soll aber vorn im Kleide einen schwarzen Vogel und Gedärme von einem Thiere haben, so daß der Vogel fortfliegt und die Gedärme herausfallen, wenn ihm der Teufel das Kleid aufreißt, worauf dann beide auf dem schiefen Seile in die Hölle rutschen (2478). Lucifer nimmt den Judas vom Seile ab und die Teufel tragen denselben in die Hölle. In dem Frankfurter Stücke (Fichard 148) wurde nur ein Bild des Judas (imago facta ad instar Judae) gehenkt.

Schwierig war auch die Maschinerie bei dem Tode Christi. Der Vorhang des Tempels mußte herabfallen, also mußte man dazu eine Vorrichtung haben, die Todten standen auf, was noch schwerer darzustellen war, Sonne und Mond mußten hinter sich gehen, nebst den Leuten, welche dazu geordnet waren. Wie das gemacht wurde, ist auch nicht angegeben (3446). Während dem hing den Schächern ein gemaltes Bild (ihre Seele) aus dem Munde, der Engel nahm des

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Guten Seele in den Himmel, der Teufel des Bösen in die Hölle (3454). Bei dem Beinbruch der Schächer lief Blut, wie bei dem Stich des Longinus (3476). Da die Seelen der Altväter und unschuldigen Kinder in der Vorhölle nicht bekleidet sind, so wurde die Nacktheit bei jenen durch Hemden vorgestellt, die sie über ihre Kleider zogen, oder auch durch eng anschließende fleischfarbene Gewänder, die Kinder aber sollten ganz nackt seyn, was bei der rauhen Jahreszeit um Ostern doch schwerlich immer thunlich war (3890).

Je größer die Spiele und ihre Vorbereitung waren, sowohl für die Kleidung als die Bühne, desto bedeutender auch die Kosten der Aufführung. Kleine Stücke, oder auch einzelne Theile von größern, wurden von den Schülern einer Kloster-, Stifts- oder Domschule aufgeführt, wie in diesem Spiele (1558), in dem Frankfurter (Fichard 131) und in Christi Auferstehung (altt. Schauspiele 144) erwähnt ist. Diese Sitte behielten die Jesuiten in ihren Schulen bei, welche in ihren Gymnasien einen Theatersaal hatten, worin von ihren Schülern alljährlich ein lateinisches geistliches Schauspiel aufgeführt wurde. Die Schüler erhielten nach der Vorstellung Essen und Trinken, was im Schlußwort der altteutschen Schauspiele 144 geradezu verlangt wird. Damit werden auch andere dramatische Volksspiele, wie das Tre ri ro am Sonntag Lätare, der Pfingstlümmel (Schmid Schwäb. Wörterbuch u. d. W.) und die Erschaffung der Menschen (Tobler Appenzell. Sprachschaz u. d. W. Adam und Eva) belohnt.

Ueber die Kosten der größeren Schauspiele im sechzehnten Jahrhundert enthalten besonders die Handschriften in Lucern viele Nachrichten, wovon nur wenige im Lucerner Wochenblatt von 1837, Nr. 1 bis 3 gedruckt sind. Solche Angaben darf man in der Geschichte der dramatischen Dichtkunst nicht unbeachtet lassen, weil die Aufführung wesentlich zu dieser Dichtungsart gehört. Aus dem Mittelalter habe ich darüber keine Nachricht. In Frankreich trugen die Vereine der Schau

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spieler diese Kosten (Jubinal 1, préf. XLIII.) und ließen sich von den Zuschauern etwas bezahlen, was unserm Eintrittsgeld entspricht, also in ähnlicher Weise, wie auf unsern Märkten die Zuschauer den kleinen Hanswursttheatern etwas bezahlen. Im Mittelalter war es bei uns auf ähnliche Weise, denn ein für die Zuschauer wohlfeiles Osterspiel wird bei Hoffmann 2, 298 erwähnt.

E. Zusammenhang mit dem französischen Schauspiel, In dem folgenden Stücke treten die christliche Kirche und die Synagoge (Christiana und Judäa) als redende und handelnde Personen auf (3545 flg.), das erste Beispiel in einem teutschen Drama. Das weist nach Frankreich und in der Passion bei Jubinal (2, 258) erscheinen die sainte églize, vieille loy und die synagogue als handelnde Personen und zwar an derselben Stelle des Dramas wie im Teutschen, nämlich nach der Bekehrung des Longinus. Dieser Zusammenhang in einem speciellen Punkte spricht für die Verwandschaft der dramatischen Dichtkunst beider Völker. Und es steht dieses Beispiel nicht allein, sondern kommt auch in dem Frankfurter Stücke vor (1. Bd. 1, 195) und in dem Maestrichter (Haupt 2, 306–310), die beide auch in andern Zügen auf französische Muster zurück weisen.

Ein anderer Zug ist dieser. Bei Jubinal heißt der Knecht des Pharifäers Simon, der Diener beim Abendmahl und der Knecht des Hohenpriesters Malquin, Malchus (2, 146. 174. 184), was demnach überhaupt ein Knechtsnamen ist. In dem teutschen Stücke ist diese Verwechslung vermieden, Simons Knecht heißt Matusalem (V. 138). Von der Gefangennehmung Christi an ist aber Malchus in beiden Stücken. dieselbe Person. Da ihm Christus das abgehauene Ohr wieder anheilte, so sollte man nach menschlicher Weise Dankbarkeit von Malchus erwarten, er tritt aber darnach im teutschen. Stücke (V. 2090 flg.) als der bitterste Feind Christi auf,

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