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13. Osterspiel.

Auf niederteutsche Reimgebete und Reimpredigten habe ich früher aufmerksam gemacht *). Daß auch die geistlichen Schauspiele.Eingang in die Gebet- und Erbauungsbücher fanden, davon kann ich ebenfalls aus Nordteutschland den Beweis geben. In dem Spiegel der Sanftmuth (Spegel der samitticheit), gedruckt 1507 in Sedez, wahrscheinlich zu Braunschweig, welches eine Sammlung von Betrachtungen ist, kommen für die Charwoche und Osterzeit Gebete vor, welche Bruchstücke eines Osterspieles enthalten. Da sie noch dem Mittelalter angehören, so habe ich sie ausgezogen und hier wieder mitgetheilt, obgleich darin die Verse meist in Prosa aufgelöst sind und die alte Form nur an wenigen Stellen erhalten ist. Aber das alte Osterspiel läßt sich darin nicht verkennen, das Gespräch in der Vorhölle zwischen Christus und den Seelen der Altväter zeigt es ganz deutlich und die noch erhaltenen Verse bestätigen es. Die andern Bruchstücke zeigen ebenfalls die Gesprächform und die gereimten Verse, und die Anführung aus dem alten Osterliede: Christ ist erstanden, verweist auch auf die alten Schauspiele. Als Ueberbleibsel eines verlornen Osterspieles mögen diese Bruchstücke zu weiterer Nachforschung anleiten.

Bedenck, mit welker unsprekeliker vroude de koninck der ere de helle vorstoerde unt der uth erkornen selen dar uth brochte unde welke vroude dar was, do de selen eren vorloser seggen.

Do repen se:

Kum alder gnedigheste schepper unde help nu uns vorlaren luden, vorbarme dy over uns yamerliken, de wi eweliken vordomet sint.

*) Quellen u. Forsch. S. 122 niederländ. Literatur S. 258.

*

De vorloser aller creaturen unde aller scheppinge. sprekt. Ik hebbe di dar nicht tho geschapen, dat du an desser plage unde an desse noet scholt kamen, ik hebe di dat paradys. bereyt unde nicht de helle, de wunne unde nicht den yamer, de vroude unde nicht dat wenent, dat levent unde nicht den doet. Adam sprak.

Seet de hant, de mi schapen heft, seet den loser, de uns geloset heft mit sinem duren blode.

De vorloser sprekt.

Adam, wor hestu dy hen gebrocht unde mi dar to getwungen, dat ik vom deme stole der almechticheit in dessen kerkener ghekommen bin? ik hebbe in der krubben gelegen unde bin gewassen also ein minsche, ick hebbe geslapen unde gewaket, ic hebbe gehungert unde gedorftet, ik hebbe neynen engel gesant, men ik bin sulven gekamen unde hebbe mi doden laten unde bin also in dusse helle gekamen.

De selen spreken.

Wes wilkame alder begerlikeste, des wy gewachtet hebben in duffer dusternisse, dat du an desser nacht de gefangenen losedest uth den sloten *).

De loser.

Du hefst mi dar to gedwungen, dat ik gefochten hebbe mit deme duvele bet to deme dode.

De selen.

Unse suchtinge heft dy geladen, de milde schryginge hebben di gefocht.

De loser.

Kamet hyr uth mine utherwelden, ick wil iuw vorlosen van iuwen vyenden.

juwe pyne heft mi so na gegaen,
dat ik groet ungemak hebbe bestaen,

*) Ueberseßung des Kirchentertes Advenisti. Bd. 1, 125.

dorch juwen angest unde noet

hebbe ick geleden den bitteren doet.
nu doet mi iuwe hende,

ick wil iuw losen de bende

unde wil iuw geven de ewigen krone.

gy schollet mit mi bliven in dem ewigen trone,

gy enscholen nummer sterven.

unde an deme dode vorderven.

De selen.

Du bist worden ein hopene der mistrostigen unde en groet trost in den dinen.

De loser.

Gat hyr uth gy gebunden, stat up gy iamerliken, unde vrowet iuw gy vangene, vortyet iuwer drofnisse unde iuwes wenendes unde gaet nu in de vroude unde blydeschop; mine almechticheit schall iuw voden, wan nen vlesch in deme hemmele is. Bl. 124 flg.

Nu is gades sone clarificeret, do he (de vader) en so sotliken upweckede unde sprak:.

sta up min seydenspyl, yd is en morgenroet, dat nen ende heft.

unde de sone antwerde mit groteme schalle:

ik wil upstan, alder leveste vader min, dorch den iamer, dorch wenent unde dorch dat suchten der armen.

des schole wy also vro syn

god wil unse troft sin. Bl. 128.

Wilkame fistu vrolike osterdach!
wylkame fistu utherwelde sondach!

du bist aller dage ere

unde alle des yars ein weldich here.

das.

Do din vader sede:
sta up min seydenspyl!
na diner upstandinge
wachtet al min begeringe.
unde du sprekest:

see myn vlesch ys wedder bloyende,
if wil upstan in der dageringe, (=rat?)
ik hebbe min werk nu vullenbracht.

O Maria, du van groter leve sprekest:
sta up herte leve troft!

wente du hest alle de werlt vorloft
van deme ewigen dode

mit dinem duren blode:
sta up herteleve begravene min
in deme alder levesten dage din.

unde he sede to di:

laet nu meer din wenent wesen,
wente ik nu warliken bin ghenesen,
schouwe, nu apenbar de clarheit
unde de wunne miner gotheit,

dar mede gegyret wart min menscheit,
do se entfen de undotlichkeit.

Bl. 130.

BI. 132.

14. Grablegung Christi.

A. Die Handschrift und ihr Gebrauch.

Die Handschrift dieses Stückes befindet sich in der Bürgerbibliothek zu Lucern Nr. 177 auf Papier, in gespaltenem Folioformat. Sie ist zu Anfang des eigentlichen Tertes mangelhaft, doch ist der Titel des Stückes und der Namen des Verfassers oder Anordners Matthias Gundelfinger und am Ende das Jahr der Handschrift 1494 angegeben.

Ueber das Format der Handschrift muß ich etwas sagen, so gleichgültig es auch scheint *). Fast alle der vielen Handschriften alter Schauspiele in Lucern, die am Ende dieses Bandes verzeichnet sind, haben dasselbe Format, so auch das folgende Stück Nr. 15 und die Handschrift der altteutschen Schauspiele. Einem Archivar ist diese Form und ihr Gebrauch wohl bekannt, es ist die Form der alten Hebregister und Zinsbücher, welche die Einsammler der Gülten und Zinse bequem auf ihren Rundreisen einstecken konnten, weil sie schmal find. In dem altfranzösischen Schauspiel hieß man daher die Handschrift des Stückes Register (Jubinal,.myst. 2, IX.) wie in Teutschland die Frankfurter Rolle und das Stück Nr. 15, und einer der Zugführer hatte es in der Hand (Fichard Franks. Arch. 3, 134). Dieß war die nämliche Person, die man jezt den Souffleur heißt. Hatte ein Stück nur einen Zugführer oder Herold, so wird er wohl auch der Souffleur gewesen seyn, denn da der Herold den Inhalt und die Anordnung des Stückes vorher sagte, sonst aber keinen Antheil am Spiele nahm, so scheint es, daß er durch sein Register den Schauspielern nachhalf. Ohne diesen Zweck war die

*) Ich bemerkte nämlich, daß Vilmar in Haupt's Zeitschrift 3, 477 dieß Format settsam findet.

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