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der sich in ein ihm günstiges Terrain, »den Wald von Orleans«, zurückgezogen hatte, wurde nirgends angetroffen. Erst am 10. kam es, eine Meile nördlich des eben genannten Waldes, zu einem Rencontre bei Artenay. Andren Tags (am 11.) wurde Orleans nach hißigem und zum Theil verlust. reichem Gefecht besetzt.

Dies in Kürze die Vorgänge. Wir geben nunmehr einige Details.

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Das Gefecht bei Artenay.

10. October.

Am 9. früh (Aufbruch von Etampes) rückte die Armee Abtheilung in jenen flachen, gleich einer Tenne da liegenden Landestheil ein, der die Beauce«, oder, wegen seiner Fruchtbarkeit, auch wohl le grenier de la France heißt. Der Umfang derselben wird durch die Punkte: Etampes, Pithiviers, Artenay, Chateaudun und Chartres bezeichnet, Namen, die in den Kämpfen der nächsten Wochen zu Alltags - Worten werden sollten. Der Landstrich selbst machte auf unsre, im Vormarsch gegen Süden begriffenen Colonnen, einen wenig günstigen Eindruck. » Im Sommer,« so schreibt ein baierischer Offizier, »mag der Anblick erfreulicher sein. Wenn das wogende Getreide noch auf den Feldern steht, ist das Bild der Fruchtbarkeit vielleicht im Stande mit dem der Einförmigkeit zu versöhnen. Als wir indessen in diese »Korn-Kammer« einrückten und nichts kennen lernten als monotone, meilenweit gestreckte Flächen, über die der Herbstwind hinfuhr, konnten wir der Beauce keine freundliche Seite abgewinnen, noch weniger ihren ungemüthlichen Dörfern und stupiden Einwohnern. Himmel und Erde spielten Grau in Grau, das Auge fand keinen Ruhepunkt und man erkannte in der Ferne kaum, wo der Himmel anfing und dies langweilige Stück Erde aufhörte. Nur 'Eines half über diesen Anblick hinweg, die sich aufdrängende Erkenntniß, daß ein besseres Actionsfeld für Cavallerie und Artillerie nicht getroffen werden könne. Da in beiden unsre Stärke lag, so mochte es uns gelingen, um der

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Marsche, von einer Schwadron des 16. (Schleswigschen) Husaren-Regiments und einer schwachen baierischen Infanterie - Abtheilung 11. Regiments, wenn wir nicht irren besezt worden. Rittmeister Ulrich führte das Commando. Die Müdigkeit der Truppen wurde Ursache, daß manche Vorsichtsmaßregel, so namentlich eine gründliche Nachsuchung in den Häusern, unterblieb. Als Alles schlief, brach man mit wüstem Geschrei über die Sorglosen herein, die, ihrer Waffen ledig, widerstandslos getödtet oder gefangen genommen wurden. Rittmeister Ulrich entkam, erlag aber bald darauf der schweren Verwundung, die er empfangen. Die baierische Infanterie, Abtheilung hielt sich bis zuletzt mit großer Bravour, erlag aber ebenfalls der Ueber zahl. Die Theilnahme der Dorfbewohner an diesem Ueberfall wurde festgestellt, und am 8. Abends bereits war Ablis. mittlerweile von nachrückenden Truppen umstellt, eine Trümmerstätte.

gebotenen militairischen Vorzüge willen über die landschaftlichen Mängel hinwegzusehen. Der Marsch am 9., bis Angerville, wurde ohne Zwischenfälle zurückgelegt; auch am 10. erwartete man keinen Zusammenstoß, vielmehr gedachte General v. d. Tann, wenn auch nicht bis Orleans selbst, so doch bis in die unmittelbare Nähe dieser Stadt vorzudringen. Der Feind war indessen nur bis an den »Wald von Orleans«, zurückgegangen, der sich, in ohngefährer Tiefe von anderthalb Meilen, der Stadt nach Norden hin vorlegt, und erwartete uns, die große von Paris nach Orleans führende Straße schließend, in guter Stellung bei Artenay. Hier entwickelte sich alsbald ein Gefecht.

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Um 6 Uhr früh (am 10.) war die 1. Brigade, die die Tête hatte, aufgebrochen. Es folgten, in der Reihenfolge wie wir sie hier geben, die 2., 3. und 4. Brigade; die 22. Division bildete die Reserve. Den beiden Cavallerie Divisionen ®) war der Befehl geworden, nach rechts und links hin aufzuklären und die Flanken zu decken. - Um 94 Uhr stieß die Spitze der Avantgarde, eine halbe Stunde nördlich von Artenay, auf den Feind. Geschüße fuhren hüben und drüben auf, und zu beiden Seiten der großen Straße, wie auch auf dieser selbst, entspann sich ein lebhaftes Gefecht. Um *) Die Ordre der Bataille der beiden Cavallerie - Divisionen (2. und 4.) war die

folgende:

2. Cavallerie Division, Generallieutenant Graf Stolberg.

3. Cavallerie Brigade, Generalmajor v. Colomb.

Leib- Cürassier - Regiment Nr. 1, Oberst v. Oppen.

Schlesisches Ulanen - Regiment Nr. 2, Oberstlieutenant Rode.

4. Cavallerie Brigade, Generalmajor v. Barnekow.

1. Leib- Husaren. Regiment Nr. 1, Oberst v. Hanste in.

Pommersches Husaren- Regiment (Blüchersche) Nr. 5, Oberstlieutenant Freiherr

v. Salmuth.

5. Cavallerie-Brigade, Generalmajor v. Baumbach.

1. Schlesisches Husaren - Regiment Nr. 4, Major v. Vrozowski.

2. Schlesisches Husaren-Regiment Nr. 6, Oberstlieutenant v. Gräveni ß.

Zwei reitende Batterieen.

4. Cavallerie Division, Prinz Albrecht (Vater) von Preußen.

8. Cavallerie Brigade, Generalmajor v. Hontheim.

Westpreußisches Cürassier Regiment Nr. 5, Oberstlieutenant v. Arents childt.
Posensches Ulanen Regiment Nr. 10, Oberst Freiherr v. Barnekow.

9.-Cavallerie Brigade, Generalmajor v. Bernhardi.

Westpreußisches Ulanen - Regiment Nr. 1, Oberst v. Recow.

Thüringisches Ulanen Regiment Nr. 6, Major v. Knobloch.

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10. Cavallerie Brigade, Generalmajor v. Krosigk.

2. Leib Husaren - Regiment Nr. 2, Oberst v. Schauroth.
Rheinisches Dragoner - Regiment Nr. 5, Oberst Wright.
Zwei reitende Vattericen.

11 Uhr war auch die 2. Brigade heran und griff ein; um 12 Uhr standen die Unfren wie folgt:

1. Brigade unmittelbar nördlich und westlich von Artenay;

2. Brigade unmittelbar östlich von Artenay, am Eisenbahndamm bis

zum Bahnhof hin;

3. Brigade bei Trinay;

22. Division bei Dambron; die 4. Brigade und die beiden CavallerieDivisionen noch nicht heran.

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Unsre in Front fechtenden zwei Brigaden würden, unter Heranziehung der nur 4000 Schritt zurück stehenden 22. Division, im Stande gewesen sein, Artenay dem Feinde zu entreißen; General v. d. Tann beschloß aber nicht größere Opfer einzusehen als nöthig und die Ueberflügelung des Feindes seitens unsrer 2. und 4. Cavallerie Division, die sich jeden Augenblick fühlbar machen konnte, abzuwarten. Dieser Zeitpunkt war um 2 Uhr da; die Batterieen beider Divisionen nahmen Stellung und richteten ihr Feuer einerseits gegen Autroches, andrerseits gegen La Grange und Arblay, auf diese

Weise bereits die Rückzugslinie des Feindes bedrohend. Der Feind durfte jezt als erschüttert angesehen werden und General v. d. Tann gab nunmehr Befehl zum Angriff. Artenay wurde, aus Front und linker Flanke, im ersten Anlauf genommen; Truppentheile beider baierischen Brigaden (der 1. und 2.) drangen gleichzeitig ein. Der Feind wich rasch südwärts auf den Wald von Orleans zu, 1000 Gefangene und 3 Geschüße in unsren Händen lassend. Die 3. Brigade, die noch intakt hinter Artenay stand, erhielt Befehl, am Eisenbahndamme hin, dem Feinde zu folgen und das wichtige Dorf Chevilly, das als das Eingangsthor zum Walde von Orleans anzusehen ist, zu beseßen. Dies geschah; der Feind versuchte nicht den Kampf wieder aufzunehmen. Um 5 schwieg das Gefecht, das diesseitig, so weit die Infanterie in Betracht kommt, mit nur 9 Bataillonen der Division Stephan geführt worden war. Verlust: 6 Offiziere und 206 Mann. Unter den französischen Gefangenen befand sich ein Commandant der Nationalgarde in funkelnagelneuer Uniform und Lackstiefeln. Er stellte an General v. d. Tann das Ansuchen »mit Post nach Orleans zurückfahren zu dürfen, da man daselbst seinethalben in Unruhe sein werde«.

Treffen und Einnahme von Orleans

am 11. October.

General v. d. Tann war entschlossen, am nächsten Tage (11.) Orleans in Besitz zu nehmen und disponirte noch am Abend des 10. im Wesentlichen wie folgt:

Der Vormarsch auf Orleans wird morgen in drei Colonnen fortgesezt:

erste Colonne (22. Division)) steht um 9 Uhr bei les Varres auf der Straße Chateaudun - Orleans ;

zweite Colonne (4. baierische Brigade) steht um 9 Uhr bei Gidh auf der alten Straße von Chartres nach Orleans;

*) Die Ordre de Bataille der 22. Division war die folgende:

22. Division, Generallieutenant v. Wittich.

43. Brigade, Oberst v. Konzki.

32. Infanterie-Regiment, Oberst v. Förster.

95. Infanterie-Regiment, Major v. Gayette.

44. Brigade, Oberst Marschall v. Bieberstein.
83. Infanterie-Regiment, Oberstlieutenant v. Weber.
94. Infanterie-Regiment, Major v. Gélieu.

13. Husaren - Regiment, Oberst v. Heuduck.
4 Batterieen (später 6) unter Major v. Uslar.
2 Pionier Compagnieen.

dritte Colonne (3. baierische Brigade) steht um 9 Uhr bei Chevilly auf der Hauptstraße Paris - Orleans.

Die Division Stephan folgt als Hauptreserve. Die beiden Cavallerie. Divisionen sichern die Flanken wie bisher.

So die Disposition für den 11. Verglichen mit den Anordnungen vom Tage zuvor, ergab sich, daß alle Truppentheile die bei Artenay in Reserve gestanden hatten, für den Vormarsch gegen Orleans in die Front gezogen waren. Dieser Vormarsch ergab etwa folgendes Bild.

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Die 22. Division hatte den rechten Flügel. Als sie zu festgesetter Stunde (9 Uhr) les Barres erreichte, wurde sie von lebhaftem Gewehrfeuer empfangen. Generallieutenant v. Wittich zog die vier Batterieen seiner Di vision an die Windmühle bei Boulay und ließ les Barres mit Granaten bewerfen. Alsbald erschien der Maire in dreifarbiger Schärpe, um Schonung zu erbitten und zu versichern, daß der Ort von Seiten der Franzosen geräumt worden sei. Les Barres wurde ohne Widerstand besezt Es ermöglichte sich von hier aus ein vorzüglicher Ueberblick. Das Terrain, welches vorlag, bildete bis zu den weißen, deutlich sichtbaren Häusern von Ormes eine vollständige Ebene. Wald faßte zu beiden Seiten diese Ebene ein. Hinter Ormes schien das Terrain wieder anzusteigen, bedeckt mit Weinpflanzungen, aus denen hier und dort ein helles Haus hervorblinkte. Im Hintergrunde, als Ziel und Preis des Kampfes, ragten majestätisch die Thürme der Orleans Cathedrale auf.

Alsbald wurde seitens einer Spiße des zur 22. Division gehörenden 13. Husaren-Regiments gemeldet, daß sich in Front von Ormes, und zwar zwischen den beiden Fermen Bois Girard und les Masures, feindliche Verschanzungen befänden; Artillerie- und Gewehrfeuer bestätigten gleich darauf die Richtigkeit der Meldung. Generallieutenant v. Wittich zog sechs seiner

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