Gesammelte Schriften, Band 7

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Seite 45 - Die Sprache, in ihrem wirklichen Wesen aufgefasst, ist etwas beständig und in jedem Augenblicke Vorübergehendes. Selbst ihre Erhaltung durch die Schrift ist immer nur eine unvollständige, mumienartige Aufbewahrung, die es doch erst wieder bedarf, dass man dabei den lebendigen Vortrag zu versinnlichen sucht.
Seite 64 - Wenn man bedenkt, wie auf die jedesmalige Generation in einem Volke alles dasjenige bildend einwirkt, was die Sprache desselben alle vorigen Jahrhunderte hindurch erfahren hat, und wie damit nur die Kraft der einzelnen Generation in Berührung tritt und diese nicht einmal rein, da das aufwachsende und abtretende Geschlecht untermischt neben einander leben, so wird klar, wie gering eigentlich die Kraft des Einzelnen gegen die Macht der Sprache ist.
Seite 42 - Die Sprache ist gleichsam die äußerliche Erscheinung des Geistes der Völker; ihre Sprache ist ihr Geist und ihr Geist ihre Sprache, man kann sich beide nie identisch genug denken.
Seite 53 - Die Sprache ist das bildende Organ des Gedanken. Die intellectuelle Thätigkeit, durchaus geistig, durchaus innerlich und gewissermassen spurlos vorübergehend, wird durch den Laut in der Rede äusserlich und wahrnehmbar für die Sinne. Sie und die Sprache sind daher Eins und unzertrennlich von einander.
Seite 54 - Wie das Denken in seinen menschlichsten Beziehungen eine Sehnsucht aus dem Dunkel nach dem Licht, aus der Beschränkung nach der Unendlichkeit ist, so strömt der Laut aus der Tiefe der Brust nach aufsen, und findet einen ihm wundervoll angemessenen, vermittelnden Stoff in der Luft, dem feinsten und am leichtesten bewegbaren aller Elemente, dessen scheinbare Unkörperlichkeit dem Geiste auch sinnlich entspricht.
Seite 94 - Von dem ersten Elemente an ist die Erzeugung der Sprache ein synthetisches Verfahren, und zwar ein solches im ächtesten Verstande des Worts, wo die Synthesis etwas schafft, das in keinem der verbundenen Theile für sich liegt.
Seite 17 - Es ist kein leeres Wortspiel, wenn man die Sprache als in Selbstthätigkeit nur aus sich entspringend und göttlich frei, die Sprachen aber als gebunden und von den Nationen, welchen sie angehören, abhängig darstellt.
Seite 55 - Dasein selbst, aus der Brust hervor, begleitet, auch ohne Sprache, Schmerz und Freude, Abscheu und Begierde, und haucht also das Leben, aus dem sie hervorströmt, in den Sinn, der sie aufnimmt, so wie auch die Sprache selbst immer zugleich mit dem dargestellten Object die dadurch hervorgebrachte Empfindung wiedergiebt, und in immer wiederholten Acten die Welt mit dem Menschen, oder, anders ausgedrückt, seine Selbstthätigkeit mit seiner Empfänglichkeit in sich zusammenknüpft.
Seite 109 - Denkens ist ein neuer Act des sprachlichen Selbstbewufstseins, durch welchen der einzelne Fall, das individuelle Wort, auf die Gesammtheit der möglichen Fälle in der Sprache oder Rede bezogen wird. Erst durch diese, in möglichster Reinheit und Tiefe vollendete, und der Sprache selbst fest einverleibte Operation verbindet sich in derselben, in der gehörigen Verschmelzung und Unterordnung, ihre selbstständige, aus dem Denken entspringende, und ihre mehr den äufseren Eindrücken in reiner Empfänglichkeit...
Seite 14 - dem Laufe der Jahrtausende und in dem Umfange des Erdkreises, dem Grade und der Art nach, verschiedenartige Offenbarwerdung der menschlichen Geisteskraft ist das höchste Ziel aller geistigen Bewegung, die letzte Idee, welche die Weltgeschichte klar aus sich hervorgehen zu lassen streben mufs.

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