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rinnt hier und das andere dort hin. Also desgleichen. ist es mit den Worten.

Wer es toben hörte in den Gewerksstuben, in den Låden und Kellern, håtte gemeint, es sei morgen um den Rath geschehen. Da wollten sie ihn steinigen und da zerreißen, da ihn austreiben und da seine Häuser über dem Kopf anstecken. Über, wo der Sturm am lautesten, blåst er zum ehesten aus, und hinwiederum sind die stillsten Gewässer am tiefsten. So ward auch in den Hinterstübchen und den Winkeln der Keller des meisten Rath ge= pflogen, wo die Leute nur mit leiser Stimme spra= chen und die Köpfe zusammensteckten.

gewesen, die Herren unter

Und wie die Zünfte untereinander verkehrten und tobten, so kochte es nicht minder unter den Geschlechtern. Es gab böse Zerwürfnisse bei jedem Mittagsschmaus, bei jedem Abendtrunk, und es war doch die Absicht einen Hut zu bringen. Aber der Meister, der diefen Hut fertigte, war nicht in Berlin zu finden, und in Köln auch nicht, ob es doch der Biber, die ihre Felle hergaben zu den schönen Hüten, noch in unsern Landen gab. Die zusammen gekommen wa ren als Freunde, gingen auseinander als Feinde, und wer den Andern gelobt hatte vor den Uebrigen,

daß er ihm helfe durchseßen, was er wollte, der konnte ihm nachher nicht Schlimmes genug nachres den und vor ihm warnen, wenn sie in einem Dinge nicht eines Sinnes geworden.

Also sprechen die Chroniken aus jener Zeit. Aber es geschah Vieles, wovon sie nicht sprechen, und noch mehreres wurde gedacht, und dasjenige grade, was den Funken in den Zunder warf, deß gedenken sie gar nicht. Denn so ist es in der Welt, daß was einen großen Ausgang hat, einen kleinen Anfang nimmt, und die es mit ansehen, achten es nicht; und wenn man nachsucht, was denn die Ursach war von dem Großen, leben die nicht mehr, die davon Zeugen waren. Auch verschlingen die großen Ereignisse die kleinen Ursachen, wie denn, wenn ein Haus in Flammen steht, `es zu spåt ist, den Ofen nachzusehen, da das Feuer ausbrach, und den Funken zu finden, der durch die Kacheln fiel.

! Es war jener Tag, von dem wir schrieben, ein wichtiger für Berlin. Aber wer glaubt's, es steht in den Chroniken nichts zu lesen, als daß die rothe Hanne gebrannt und die Salome gepeitscht wurde vor dem Thore, das nach Spandow führt. Nichts davon, wie der Bürgermeister, Herr Johannes Ra

thenow, zum kölner Herrn Bartholomeus Schumm in die Brüderstraße ging und mit ihm verhandelte wegen der siebenundvierzig Schock Groschen, die er, auf sein Part, an den Henning Mollner zahlen wollte. Nichts auch steht davon geschrieben, wie er nachhause ging über den Plaß an der langen Brücke, und auf den Mummenschanz stieß, und so arge Unbill erfuhr. Dies wohl håtte müssen niedergeschrieben werden; aber der Rath untersagte es dem Schreiber, aus den Ursachen, die wir nachher melden werden. Ebendesgleichen steht nichts da von dem Streit an der Bude des Meister Ferbis, und wie Paweln Strobant ein Stein an den Kopf flog, daß er Wochen lang daniederlag. Und wer die Fremden gewesen, die dazumal auf dem Söller beim Bartscheer gesessen, es wußte es späterhin jedes Kind, aber in die Chronik kam es nicht; was wieder andern Grund hat. Auch haben sie nichts aufgeschrieben von dem Banket bei Thomas Wyns, ob es doch da grade war, wo die Feindschaft gegen die Rathenows losbrach; noch auch von dem Streit zwischen des Bürgermeisters Tochter, der Elsbeth, und der Eva Schumm, der darum herkam, weil der Herr Dietrich Wyns die Eine für die Andere ges nommen, und nachher Beide fißen ließ, was nicht

recht war, aber zu entschuldigen war's doch, denn er hatte des süßen Weines zu viel getrunken.

Es trifft sich, fagen die Weisen, daß sie in der Geschichte der Welt, seit sie erschaffen ward, das aufzeichneten, was nichts ist, und das fortließen, was etwas ist. Und so war es in Berlin auch von je an. Denn wo steht zu lesen, wer es gebaut hat, und wer ihm Stadtrechte verlieh, und noch Vieles mehr, was zu wissen noth thate, woraus Irrungen allerlei Art entsprungen sind? Aber wenn die Her ren Alles zugelassen håtten zu schreiben, was wahr ist und wirklich geschehen, was bekåmen die zu lesen, die nachher kamen! Zumal von jenem Tage. Denn wo fand man Morgens die meisten Herren vom Rathe und die ehrsamen Ueltermånner, die so froh gewesen und sich gütlich gethan bei Herrn Thomas Wyns? Wie sahen sie Alle bleich aus und stierdugig, und regten sich nicht im Bett, und ihre Ehefrauen mußten ihnen dünne Suppen kochen von der Kamille, die auf dem Felde wächst; die tranken sie, und wie manchen mußte der Feldscheer bluten laffen! Aber wie viele fand man gar nicht im Bett, vielmehr da, wo kein Rathmann hingehört. Wenn solches in der Chronik geschrieben stånde, was möchten die Spötter, die nach uns kommen,

von der Ehrbarkeit denken, die doch gewiß hier zuhause war wie in einer deutschen Stadt; und konnte ein guter Bürger sich mit jedem wo anders her messen, was ein rechtschaffenes · Trinken war, und vertrug auch wohl noch mehr.

In der Rathssißung am andern Tag sah es gar traurig aus, wie wir noch vermelden werden; und wie Viele fehlten da! Die Frauen der Herren die konnten sich nun gar nicht zufrieden geben. Das war ein Laufen und Besuchen, und hinterm Ofen ward gezüschelt, und wenn sie gingen, auf dem Flur, und die halbe Treppe hinunter! Die Hånde schlugen sie über den Kopf und entsekten sich, und doch waren Manche recht froh; daß Eine und die Andere das Gesicht schelmisch verzog, wenn sie von dem und jenem erzählen konnte, wie er ge= funden worden, und wie sie ihn nachhause gebracht, das wird von glaubhaften Zeugen auch als gewiß versichert.

Und es waren auf beiden Seiten der Spree wenige Frauen, welche nicht die Elsbeth Rathenow um ihren Hochmuth schalten, und unter den Månnern waren noch weniger, welche nicht schlimm redeten von ihrem Vater Johannes, und es ward Alles wieder hervorgebracht, was die Geschlechter:

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