Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Schleswig Holsteinische Anzeigen.

Redigirt von den Obergerichtsräthen Schirach und Nickels.
Gedruckt bei Augustin in Glückstadt.

3. Stück. Den 18. Januar 1841.

Gesetzgebung.

I.

Eine Königliche Bekanntmachung vom 30sten Dec. vorigen Jahres, enthält eine veränderte Organisas tion der Finanzdéputation, der Königlichen Direction der Staatsschuld und des sinkenden Fonds, der Königlichen Rentekammer und des Königlichen General: Zollkammer: und Com; merz: Collegii.

Die bisher stattgefundene Verbindung zwischen der Rentekammer und der Finanzdeputation, in Folge de: ren die Deputirten der Rentekammer als solche zu: gleich Mitglieder der Finanzdeputation find, soll in Zukunft aufhören, wogegen die Finanzdeputation fünf rig, außer dem Finanzminister, welcher nicht mehr die Benennung erster Deputirter der Finanzen führt, aus drei Deputirten, nebst einem wirklichen Assessor, welcher leßtere jedoch keine Unterschrift hat, bestehen soll. Zwei Rücksicht auf das Königreich und mit Rücksicht auf von den Deputirten theilen die Finanzgeschäfte mit die Herzogthümer, und der dritte har besonders die Geschäfte wahrzunehmen, welche sich auf die angeords nete Abfaffung und Bekanntmachung des Budgets und die Aufmachung der Rechnungen beziehen, und gleichfalls die Geschäfte auszuführen, die ihm speciell bom Finanzminister übertragen werden.

Expeditionen und namentlich Anweisungen sollen wenigstens von zwei der Finanzdeputirten unterschrie: ben werden.

Die Direction der Staatsschuld und des sinkenden Fonds soll, außer dem Finanzminister und dem Con: ferenzrath Holten, welcher den ausländischen Zahs langen vorsteht, ferner noch aus drei Mitgliedern be: Reben, von denen der eine das Departement des Staatsschuldenwesens im Allgemeinen verwaltet, einer Das Departement der Activa in Dänemark und den Colonien hat, und einer dem Departement der Activa in den Herzogthümern und den Expeditionen, welche diese angehen, vorsteht, so wie derselbe zugleich die Revision der Rechnungen, die von dem Bureau für

die ausländischen Zahlungen abgelegt werden, zu be forgen hat.

In der Rentekammer soll der Kammerdirector, des: sen Charge als interimistisch anzusehen ist, das Referat

im Geheimen: Staatsrath in allen Kammerfachen ha ben und die Oberaufsicht über den ganzen Geschäfts: gang im Collegio führen. Die zu dem Ressort dessel: ben gehörenden Verwaltungsgegenstände find unter drei Sectionen vertheilt.

Zu der ersten Section gehört das Kammerfecreta: riat und das Archiv, alle Domainensachen, die die Schlösser und Gebäude betreffenden Bausachen, Forst: und Jagdsachen auf den Domainen, die Verwaltung der für Rechnung der Staatsschuldenkasse administrir ten Güter.

[ocr errors]

Landwesens: Sachen, alle Korn: und Fouragefachen,
Zu der zweiten Section gehören alle Steuer: und
Matrikelsachen, in so weit sie nicht von der Committee
zur Einführung der neuen Matrikel behandelt werden,
Wegefachen, die Isländischen, Färöischen und Grön
Lauenburgischen Sachen gelegt, mit Ausnahme der Re:
ländischen Sachen.
3r dritten Section find alle Schleswig-Holstein:
vision und Decision der Rechnungen.

jeder Section wird daneben ein Committirter angefeßt,
Jeder Section steht ein Deputirter als Chef vor. In
welche Beamten den Verhandlungen des Collegii beiwoh
nen, aber keine Stimme oder Unterschrift haben, ausges
nommen wenn sie den Sectionschef in Behinderungsfällen
in jeder Section und übernehmen die Aufsicht über
vertreten. Sie besorgen die Kammer fecretair:Geschäfte
rector oder der Sectionschef ihnen überträgt.
die Comptoire oder andere Geschäfte, welche der Dis

wefen wird von der Expedition getrennt und unter Das bisher unter dem Collegio sortirende Revisions: zwei Revisionschefs oder General: Rechnungs: Decisoren gelegt, Einen für die Dänischen Rechnungsangelegenheiten und Einen für die der Herzogthümer. Diese Beamten Gage als Deputirte. Sie können von dem Kammers treten aus dem Collegio aus, haben aber Rang und director zu allen Verhandlungen, welche die Revision und die Ausarbeitung neuer Gefeßvorschläge über Steuer angelegenheiten betreffen, hinzugezogen werden, auch

3

können ihre schriftlichen Gutachten von ihm verlangt werden, so oft er dies für erforderlich hält. Bei dem Dänischen Revisionswesen wird daneben noch ein Com: mittirter, besonders für die Vornahme der angeordneten Kaffe Untersuchungen angeseßt.

Der Wirkungskreis jedes der obgenannten Beamten wird durch Instructionen nåher bestimmt, und nament: lich festgeseßt werden, welche Geschäftsfachen die Sec tionschefs unter amtlicher Verantwortlichkeit expediren und welche im Collegio vorgenommen werden sollen. Vorläufig ist als Regel festgesetzt, daß alle laufenden Geschäfte, Antworten auf Vorfragen in Gemäßheit der bestehenden Anordnungen, allein von dem Sectionschef ausgefertigt und unterschrieben werden, und wenn die Expedition allein von einem Sections; und Revisions: chef ausgefertigt ist, wird zugleich die Section oder Revision bezeichnet, von welcher sie ausgeht;_unter; schreibt aber der Director, so geschieht dies im Namen des ganzen Collegii.

Dem General Zolkammer: und Commerz Collegio foll bis weiter ein Director vorstehen, welcher im Ge heimen: Staatsrath das Referat in den Sachen des gedachten Collegii hat.

Unter seiner Oberaufsicht sind die bisher unter das Collegium gehörenden Verwaltungsgegenstände mit Aus: nahme des Rechnungs; und Cassenwesens unter drei Sectionen gelegt.

Zu der ersten Section gehört das Zoll und Cons fumtionswesen im Königreiche Dänemark, nebst den im Kattegat und in der Ostsee stationirten Kreuzfahrzeugen, jedoch mit Ausnahme derjenigen, welche an der östlichen Küste der Herzogthümer Schleswig und Holstein ihre feste Station haben.

Zu der zweiten Section gehört das Zollwesen in den Herzogthümern Schleswig, Holstein und Lauenburg, der Canals, Elb und Stecknitzoll, imgleichen die Kreuzfahrzeuge an der Westküste von Jütland bis Fande, so wie der Herzogthümer Schleswig und Holstein, fer: ner die Kreuzfahrzeuge, welche eine feste Station an der östlichen Küste der Herzogthümer haben.

Zu der dritten Section gehören die Handels, Cons sulat: und Colonialsachen, das Industries und Fabrikfach, so wie das Kanals, Hafen: und Leuchtfeuerwesen, nebst den Sund: und Stromzollsachen.

Einer jeden Section steht ein Deputirter als Chef vor, und in jeder Section ift daneben ein Committirter angestellt, der die Geschäfte ausführt, welche ihm von dem Director des Collegii oder von dem ihm vorge: seßten Sectionschef aufgetragen werden, und der den: selben in Behinderungsfällen vertritt.

Das bisher unter dem Collegio sortirende Rech: nungs nnd Kaffewesen wird, unter Oberaufsicht des Directors, von einem eigenen Revisionschef verwaltet, welcher Rang als Deputirter im Collegio hat, und an den Verhandlungen des Collegii Theil zu nehmen ver: pflichtet ist, wenn er hiezu von dem Director hinzuge: jogen wird.

Die Sachen sollen, in Uebereinstimmung mit einer. allerhöchst autorisirten provisorischen Instruction für das Collegium und dessen Rechnungs- und Kassewesen, entweder in Plenarversammlungen erwogen und bes schlossen, oder durch die Sectionschefs und den Revis fionschef vorbereitet und unmittelbar erledigt werden. Gleichfalls werden in Zukunft die Ausfertigungen ent weder von dem gesammten Collegio, oder von dem be treffenden Sectionschef, oder dessen Stellvertreter, oder dem Revisionschef, entweder in Verbindung mit dem Director oder allein unterzeichnet, und wenn die Expedition allein von einem Sections: oder Revisionss chef ausgefertigt ist, wird zugleich die Section oder Revision bezeichnet, von welcher sie ausgeht; unters schreibt aber der Director, so geschieht dies im Namen des ganzen Collegii.

Alle Beikommenden haben den von der Rentekam: mer oder dem General Zollkammer: und Commerz Collegio abgegebenen Resolutionen und ausgefertigten Expeditionen, welche unter der einen oder der andern der obenangegebenen Formen ergehen, unweigerlich nach: zukommen und zu geleben.

Berichte, Vorfragen und Gesuche sind nach wie ver an die Königliche Rentekammer oder das König liche General:Zollkammer: und Commerz: Collegium zu richten.

II.

Nach der Bekanntmachung vom 29ften December v. J. ist der Quartalcours unverändert.

III.

In der Sigung der Deutschen Bundesversamm: lung vom 22sten October d. J. ist der Beschluß ges faßt worden, daß den Werken des Jean Paul Friedrich Richter in den mit seiner oder seiner Erben Bewilligung davon veranstalteten oder noch zu veranstaltenden Ausgaben, der Schuß gegen den Nachdruck und den Berkauf des Nachdrucks für den Zeitraum von 20 Jahren, vom Tage des gefaßten Beschlusses angerechnet, in allen zum Deutschen Bunde gehörigen Staaten gewährt werden solle.

Seiner Majestät Willen und Befehl zufolge, ist Vorstehendes durch ein Kanzelei: Patent vom 12ten December v. J. bekannt gemacht.

[blocks in formation]

In Sachen des Obergerichtsadvocaten Friederici in Kiel, m. n. der Gesellschaft freiwilliger Armen freunde, Klägers, Provocanten, jest Supplicanten, ge: gen den Controlleur Reimers in Kiel, Beklagten, Pro: vocaten, jest Supplicaten, in puncto Erstattung der auf den Bäcker Sievers sen. verwandten Versor: gungskosten,

hat der gegenwärtige Supplicant, Namens der Ge sellschaft freiwilliger Armenfreunde, den Supplicaten als Schwiegersohn des verarmten Bäckers Sievers auf Wiedererstattung der seit dem 1sten August 1838 pro: visorisch für denselben ausgelegten Alimentationsgelder in Anspruch genommen, weil die übrigen Kinder des Berarmten zur Alimentation desselben unfähig, die Ehefrau des Beklagten aber, welche mit ihrem Manne in beerbter Ehe lebe, gefeßlich zur Alimentation ihres Baters verpflichtet sei.

Excipiendo bat Beklagter die Verpflichtung zur Alimentation seines Schwiegervaters sowohl im Allge: meinen, als auch deshalb bestritten, weil dem Verarm ten annoch anderweitig contractliche Alimentationsan sprüche zu Gebote stånden.

Nachdem replicando die Inexigibilität dieser con: tractlichen Ansprüche behauptet worden war, hat das Kieler Niedergericht unterm 2ten Mai 1838 erkannt: daß Kläger mit seiner Klage zur Zeit noch nicht zu hören, vielmehr unter Verurtheilung in die Kosten abzuweisen sei.

Gegen dieses Erkenntniß hat Kläger die Provocation an den Magiftrat ergriffen und seine Beschwerden darin gelegt, daß Beklagter nicht nach seinem Klagantrage verurtheilt, event. aber demselben der Beweis aufer: legt worden sei, daß dem Sievers sen. wirklich an: Roch realisirbare contractliche Alimentationsansprüche zuständen.

Provocat hat diesem Antrage die Einrede der feh: lenden Legitimation zur Sache entgegengestellt, weil die Gesellschaft freiwilliger Armenfreunde nicht ohne Zustim mung des Armendirectorii Proceß führen könne, auch die Zustimmung von wenigstens zwei Drittheilen der Mitglieder dieser Gesellschaft zu einem solchen Schritte erforderlich sein würde; er hat sich ferner darauf beru: fen, daß nach lübschem Rechte überall keine Güterge: meinschaft stattfinde und er daher zur Erfüllung der feiner Ehefrau etwa obliegenden Verpflichtungen recht: lich nicht verbunden sei. Endlich aber hat er die Eins rede feines eigenen Unvermögens entgegen gestellt.

Das Magistratsgericht hat hierauf unterm 16ten April v. J. erkannt:

daß das Erkenntniß des Niedergerichts vom 2ten Mai dahin zu reformiren: fönnte und würde Pro vocant c. darthun und erweisen, daß Beklagter und Provocat, seinen Vermögensumständen nach, wohl im Stande sei, die eingeklagten Versorgungs: kosten zu erstatten u. f. w.

Provocat hat dieses Erkenntniß die Rechtskraft beschrei

ten lassen, Provocant dagegen das Rechtsmittel der Supplication ergriffen und seine Beschwerden darin geseht, daß Beklagter nicht unbedingt zur Erstattung der eingeklagten Vorschüsse verurtheilt, event. aber, daß demselben nicht mindestens der Beweis auferlegt wor den, daß er hiezu nicht des Vermögens sei. Zur Be gründung dieser Beschwerden führt er an, daß nach der Natur der Berufungsinstanz, das judicium a quo gar nicht befugt gewesen sei, die erst in dieser Instanz vorgebrachte und bei dem Niedergerichte gar nicht op ponirte Einrede des eigenen Unvermögens weiter zu be rücksichtigen. Hiezu sei auch um so weniger Veranlass sung gewesen, als in den Gefeßen nur den Eltern im Verhältnisse zu ihren Kindern, nicht aber umgekehrt, diesen gegen die Eltern die Wohlthat der Competenz zugesichert werde; die Berufung auf eine solche Compe tenz aber jedenfalls als selbstständige Einrede zu be trachten sei, deren factische Vorausseßungen vom Ex: cipienten erwiesen werden müßten.

In der eingezogenen Gegenerklärung sucht Suppli cat durch weitere Ausführung der bereits in inferiori vorgebrachten Einwendungen dem vom Gegentheile zur Hand genommenen Rechtsmittel accessorisch zu adhåriren, trägt daher auch seinerseits auf eine Abänderung des Erkenntnisses nach seinem Exceptionalantrage an, und sucht nur in eventum die vom Supplicanten. dawider erhobenen gravamina zu widerlegen.

Da nun aber eine accessorische Adhåsion bei dem Rechtsmittel der Supplication mit der bestehenden Pro zeßordnung unvereinbarlich ist, *) die von dem Pros vocaten und Supplicaten in inferiori erhobenen mate: ciellen Einwendungen, so weit sie nicht bereits in dem "Erkenntnisse vom 16ten April v. J. Berücksichtigung gefunden haben, daher durch die zum Nachtheil des Provocaten eingetretene Rechtskraft dieses Erkenntnisses aberkannt und zu einer fernerweitigen Prüfung in der Recursinstanz nicht geeignet sind, der ausnahmsweise in jeder Lage des Processes auch ex officio zu berücksich tigenden Einrede der fehlenden Legitimation **) aber durch die in supplicatorio beigebrachte ratihabirende Vollmacht des Armendirectorii abhülfliche Maaße geges ben ist; so steht lediglich zur Folge, wie weit die vom Supplicanten erhobenen gravamina für begründet zu achten sind?

*) cfr. Schlesw. Holst. Anzeigen, Neue Folge, Ißer Jahrg., S. 282.

**) cfr. Schlesw. Holst. Anzeigen, Neue Folge, 4ter Jahrg., S. 130.

In thatsächlicher Erwägung nun, daß die erhobene. Entscheidungen der Schleswigschen OberKlage auf die den Kindern gefeßlich obliegende Ali mentationsverbindlichkeit begründet ist, und

in rechtlicher Erwägung, daß das Eintreten einer gefeßlichen Alimentationsverbindlichkeit nicht bloß durch das Bedürfniß des Berechtigten, sondern zugleich auch dadurch bedingt wird, daß der Verpflichtete mehr befigt, als zu feiner eigenen Existenz erforderlich ist, L. 2 C. de alend. liberis; *)

in Erwägung, daß daher nicht bloß die Realisirbar: keit, sondern die Existentwerdung des Alimentationsrechts felbst, insofern dasselbe nicht etwa auf einen contracts lichen Rechtstitel begründet ist, durch das Vorhandensein der obigen Vorausseßung bedingt erscheint, welche daher einen nothwendigen Bestandtheil des Klaggrundes bildet, dessen Beweis, im Laugnungsfalle, nur dem Kläger zur Last fallen kann;

in Erwägung, daß daher in der der Klage zum Grunde gelegten Behauptung der geseßlichen Alimenta: tionsverbindlichkeit implicite auch die Behauptung eines dazu ausreichenden Vermögens des Beklagten enthalten ist, und insofern auch in der Provocationsinstanz von dem judicio a quo berücksichtigt werden mußte, und

in endlicher Erwägung, daß die Beantwortung der Frage, ein wie großes Vermögen zur Begründung der gefeßlichen Alimentationsverbindlichkeit erforderlich sei, nach der Natur der Sache lediglich richterlicher Beur theilung ist, und die Beweisführung des Klägers' nur darauf gerichtet sein kann, solche Thatsachen beizubrin gen, welche den Richter zu einem desfälligen Urtheile befähigen;

in Erwägung, daß dieses Verhältniß durch die in dem angefochtenen Erkenntnisse gebrauchten Worte,,wohl im Stande sei" hinreichend bezeichner und daher keines: wegs das dem Richter vorbehaltene Urtheil selbst zum Beweise verstellt worden ist,

[ocr errors]

wird, in Erwägung vorstehender Gründe, auf die sub præs. den 4ten Juni v. J. hieselbst eingebrachte vorrubricirte Supplication, nach eingegangener Gegen: erklärung und erstattetem obrigkeitlichen Berichte, dem Supplicanten hiedurch von Gerichtswegen ein abschla giger Bescheid ertheilt, derselbe auch schuldig erkannt, die zu 6 v. Cour. modificirten Kosten der eingezo: genen Gegenerklärung innerhalb 4 Wochen zu erstatten. Urkundlich 2c. Gegeben 20. Glückstadt, den 27ßten Februar 1840.

"),,Competens judex a filio te ali jubebit, si in ea facultate est, ut tibi alimenta praestare possit."

dicasterien.

Wegen Verabsäumung obervormundschaftlicher Pflichten sind nur diejenigen Mitglieder eines Gerichts in Anspruch zu nehmen, welche zur Zeit des begangenen Bersehens fungirt haben. In Sachen des Obersachwalters, Ober; und Land gerichts Advocaten Hancke in Schleswig, in Voll: macht des Eingesessenen Hans von Rehn zu Albers: dorf auf Fehmarn, als gerichtlich bestellten Curators des abwesenden Peter Muus ans Lemkenhafen, Klä gers, wider das mittelste Kirchspielsgericht des Land: schaft Fehmarn, Beklagten, in pcto. schuldiger Er: sehung des durch Versäumniß obervormundschaftlicher Obliegenheiten im Concurse des weiland Kämmerers Rahl zu Neuhof verloren gegangenen Vermögens des abwesenden Peter Muus f. w. d. a.,

wird, nach geschehenem dreimaligen Rufen und des beklagten mittelsten Kirchspiels ungehorsamen Auss bleiben, hierdurch auf des Klågers gehaltenen Vortrag für Recht erkannt:

daß Kläger mit der angestellten Klage abzu: weisen sei.

V. R. W. Publicatum im Königl. Schleswigschen Obergericht auf Gottorf, den 12ten Septbr. 1839.

Entscheidu n g s g rü n d e.

Kläger, als unterm 6ten Juni 1838 gerichtlich bestellter Curator des abwesenden Peter Muus ́ aus Lemkenhafen, erhebt wider das mittelste Kirchspiels gericht der Landschaft Fehmarn als solches, wegen der demselben behauptetermaßen zur Last fallenden Ver: fäumung obervormundschaftlicher Obliegenheiten, Klage auf Auszahlung des im Concurse des früheren Curas tors Rahlff verloren gegangenen Vermögens seines Curanden, an Betrag 673 Rbth. 51 ß. S. M. cum usuris, vom Anfange des Jahres 1817 angerechnet, indem er vorstellt, das beklagte Gericht habe es ge: stattet, daß der erwähnte Curator Rahlff jenes Ver mögen in eigenen Gebrauch genommen, sei auch seiner Öbliegenheit, für die Protocollation des curatorii auf dem Folio des Curators Sorge zu tragen, nicht nachgekommen und dadurch, wie er es näher aus: führt, der Verlust des Vermögens verursacht worden. Rahlff habe unterm 14ten Mai 1817 für das Jahr 1816 Rechnung abgelegt, einige Tage später bonis: cedirt und sei die Rechnung pro 1817 von dem Güters pfleger, ohne daß jedoch der Vermögens:Status dieses Jahrs abgeschlossen worden, abgelegt, weshalb diese Rechnung kaum in Betracht komme. Eine spätere

Rechnungsablage habe nicht stattgefunden, nur sei, als der Verlust des Vermögens entschieden gewesen, feinem Curanden kein neuer Curator bestellt worden, bis solches erst im Jahre 1838 auf Antrag der nåch; fen Intestat Erben und eines impetrirten Befehls des Obergerichts geschehen. Das mittelste Kirchspiels: gericht hafte für den durch die erwähnten Versäum niffe herbeigeführten Verlust, als solches; die jeßigen Mitglieder des Gerichts, welche zum Theil schon im Jahre 1805 fungirt, könnten sich damit nicht ent: schuldigen, daß sie zur Zeit der Curatel:Bestellung des Rahlff im Jahre 1797 noch nicht in officio gewesen; denn abgesehen davon, daß das Gericht eine juristische Versen, mithin ohne Rücksicht auf die einzelnen jedes: maligen Mitglieder, nur Ein Subject seiner Rechte und Pflichten sei, so bestimme die Vormünder: Ver: ordnung, daß das Gericht alljährlich genau und forgfältig untersuchen solle, ob die Capitalien vor: schriftsmäßig belegt worden und ob auch sonst alles richtig sei. Wäre dies nur Ein oder zwei Jahre vor dem Ausbruche des Concurses geschehen, so würde bei dem damaligen Credit des Rahlff das Vermögen habe gerettet werden können. Die culpa der Ober: vormundschaft habe anch im vorliegenden Fall bis zu dem Augenblick fortgedauert, wo Kläger zum Curator bestellt worden, denn der langjährige Mangel eines Curators habe die Wiederherstellung des verlorenen Vermögens gehemmt und wenn diese jest Schwierig feiten habe, welche gleich nach dem Verluste nicht Hattgefunden, so sei das allein Schuld des beklagten Gerichts; er bitte daher, selbiges salvo regressu feiner einzelnen Mitglieder unter sich, so wie contra quem et quoscunque in Gemäßheit seines bereits oben erwähnten petiti unter Verurtheilung in die Proceßkosten schuldig zu erkennen.

[ocr errors]

Das mittelste Kirchspielsgericht ist in termino, nicht erschienen, daher lis pro negative contestata anzunehmen und auf die Acten zu erkennen. folgt nun aus der Natur der Sache und bekannten Rechtsgrundsäßen, daß nur diejenigen einzelnen Mits glieder eines Collegiums wegen Verabfäumung ihnen. obliegender Pflichten in Anspruch genommen werden tönnen, welche solche Pflichten verabsäumt haben. Eine Klage gegen das Gericht. als solches ist also an und für sich und wenigstens in so fern nicht zugleich behauptet wird, daß die sämmtlichen Mitglieder zur Zeit, da die in Betracht kominenden, der Klage zu Grunde gelegten Versäumnisse stattgefunden, bereits fungirt hát: ten, nicht begründer; haben aber nicht alle um diese Zeit fungirt, so kann mit Rücksicht auf diesen Umstand gegen das Collegium nicht geklagt werden. Im Jahre 1817 ist das Vermögen des Curanden verloren gegangen, Kläger hat aber nicht behauptet, daß alle jeßigen Mitglieder des Gerichts vor 1817 fungirt haben. Und was die Schwierigkeiten betrifft, welche wegen des stattgehabten langjährigen Mangels eines Curators gegenwärtig der Wiederherstellung des Ver:

mögens entgegenstehen und auch von denjenigen Mit:
gliedern verschuldet sein sollen, die nur zur Zeit der
Curatel: Bestellung des Klägers in officio gewesen,
so ist in dieser Beziehung der Klage überall keine
bestimmte und relevante factische Behauptung zum
Grunde gelegt, auch können ja nach der Curatel: Be:
stellung des Klägers, im Jahre 1888, Mitglieder in
dies Gericht eingetreten sein, gegen welche auf keinen
Es hat unter
Fall die Klage begründet sein würde.
diesen Umständen nicht anders, wie geschehen, erkannt
werden können.

Namens Sr. Königl. Majestår.

Auf die am 5ten Dec. v. J. hieselbst eingereichte Appellationsschrift des Eingesessenen Hans von Rehn zu Albersdorf, als Curators des abwesenden Peter Muus, Klagers, jest Appellanten, wider das mittelste Kirchspielsgericht der Landschaft Fehmarn, Beklagten, jest Appellaten, betreffend Erfeßung des durch Ver abfäumung obervormundschaftlicher Obliegenheiten vers loren gegangenen Vermögens des abwesenden Beter Maus, jest Appellation wider das Erkenntniß des Königl. Schleswigschen Obergerichts vom 12ten Sept.

1839,

wird,

in Erwägung, daß wegen Verabsäumung ober: vormundschaftlicher Pflichten bloß diejenigen Gerichts: mitglieder verantwortlich sind, welche auf irgend eine Weise solche Pflichten vernachlässigt haben, im vorlie genden Falle jedoch, wo wegen des bereits im Jahre 1817 im Rahlffschen Concurse verloren gegangenen Vermögens des abwesenden Peter Muus auf Scha: densersaß geflagt wird, aus dem eignen Vorbringen des Klägers sich ergiebt, daß bei weitem nicht sämmt: liche jegige Mitglieder des insgesammt belangten Kirchspielsgerichts damals schon im Amte sich befun den haben, übrigens aber gegen diejenigen Mitglieder des besagten Gerichts, welche erst seit dem Jahre 1817 in ihr Amt eingetreten sind, in der Klage keine bestimmte Thatsachen angeführt werden, aus welchen man eine Verbindlichkeit dieser Mitglieder zum Schadensersatz entnehmen könnte,

dem Appellanten hiemit ein abschlägiger Be: scheid ertheilt.

Urkundlich unterm vorgedruckten Königl. Insiegel. Gegeben im Königl. Oberappellationsgerichte zu Kiel,

den 26sten August 1840.

[blocks in formation]
« ZurückWeiter »