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Port Marly an der Seine. Position einer deutschen Batterie.

wurde sofort nach allen Theilen Frankreichs telegraphirt, und allenthalben ließ man ausposaunen, daß der neue Heiland Frankreichs jest an seinem Posten sei. Das Volk war entzückt über die Kühnheit des Ministers, der sich so großen. Gefahren ausseßte, um ihm zu Hilfe zu kommen, und schon gab man sich den ausschweifendsten Hoffnungen von den großen Thaten hin, die dieser vom Himmel gekommene Messias vollbringen würde.

Gambetta's erster Akt steigerte noch den Enthusiasmus, mit dem feine Ankunft in Tours begrüßt wurde. Kaum hatte der kühne Luftschiffer den Fuß auf die feste Erde geseßt, so erließ er folgende fulminante Proklamation:

Auf Befehl der Regierung der Republik habe ich Paris verlassen, um euch mit den Hoffnungen des pariser Volkes Instruktionen und Befehle zu bringen von denen, welche die Mission übernommen haben, Frankreich zu befreien. Paris, welches seit siebzehn Tagen belagert ist, gewährt das Schauspiel von mehr als zwei Millionen Menschen, die, alle ihre Meinungsverschiedenheiten vergessend, um sich um das Banner der Republik zu schaaren, die Erwartungen der Eindringlinge vereiteln werden, die auf unsere bürgerlichen Zwistigkeiten spekuliren. Die Revolution hatte Paris ohne Kanonen und ohne Waffen gefunden; jezt sind 400,000 Mobilgarden aus den Departements, sowie 60,000 reguläre Truppen um die Nationalflagge versammelt. Die Werkstätten gießen Kanonen; die Frauen machen eine Million Patronen täglich; die Nationalgarde hat zwet Mitrailleusen für jedes Bataillon. Auch werden Feldgeschüße für Ausfälle gegen die Belagerer gegossen. Die Forts sind mit Marinesoldaten bemannt und mit gewaltiger Artillerie versehen, die von den besten Artilleristen der Welt bedient wird. Bis jezt hat es ihr Feuer dem Feind unmöglich gemacht, auch nur die geringsten Erdwerke anzulegen. Die Umwallung, die am 4. September nur 500 Kanonen hatte, hat jeht 3800 mit 400, Patronen für jede.

Der Guß von Kanonen fährt ohne Unterlaß fort. Jeder steht an dem ihm angewiesenen Posten. Die Enceinte ist Tag und Nacht von Nationalgarden besezt, die von Patriotismus glühen und beständig ererziren. Die Wirksamkeit dieser improvisirten Truppen nimmt mit jedem Tage zu.

Hinter der Umwallung ist eine dritte Vertheidigungslinie, aus Barrikaden bestehend, hinter denen die Pariser zur Bertheidigung der Republik den Genius der Straßenkämpfe wieder gefunden haben. Das Alles ist mit Ruhe und Ordnung durch die Mitwirkung und den Enthusiasmus Aller ausgeführt worden. Paris ist nicht zu erobern; es kann weder

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überrumpelt noch genommen werden. Zwei andere Mittel bleiben den Preußen, um sich der Hauptstadt zu bemächtigen: der Aufruhr und die Hungersnoth. Aber der Aufruhr wird nicht kommen und die Hungersnoth auch nicht. Paris, welches sich zu versorgen verstand, hat genug, um dem Feinde lange Monate zu trozen. Dank den aufgehäuften Les bensmitteln, wird es mit männlicher Ausdauer die Beschränkungen des Mangels ertragen, um seinen Brüdern in den Departements Zeit zu lassen, zu seiner Hilfe herbeizueilen.

So ist ohne Verhüllung die Lage von Paris, und diese Lage legt euch große Pflichten auf. Die erste ist, keine andere Sorge zu haben, als für den Krieg. Die zweite ist, brüderlich die Befehle der republikanischen Regierungsgewalt entgegen zu nehmen, die hervorgegangen ist aus der Nothwendigkeit und dem Recht, welche keinem Ehrgeize dienen wird und keine andere Leidenschaft hat, als die, Frankreich dem Abgrunde zu entreißen, in den die Monarchie es gestürzt hat. Ist dies geschehen, wird die Republik gegründet sein, geschüßt gegen die Verschwörungen des Reactionärs. Ich habe den Auftrag, ohne den Schwierigkeiten oder dem Wiederstande Rechnung zu tragen, den Unzulänglichkeiten und Verzögerungen abzuhelfen und die fehlende Zeit durch Thätigkeit zu erseßen. Es fehlt nicht an Männern; was fehlt, ist die entscheidende Entschlossenheit und die Folge in der Ausführung der Projekte. Was nach der schimpflichen Capitulation von Sedan fehlte, waren Waffen, und alle Vorräthe dieser Art, die nach Sedan und Straßburg dirigirt worden waren. Man sollte sagen, daß durch eine lezte sträfliche Combination die Urheber unserer Unfälle uns im Falle noch alle Mittel nehmen wollten, um unsern Schaden auszubessern. Gegenwärtig werden die abgeschlossenen Ankäufe die Folge haben, uns alle verfügbaren Gewehre des Erdballs anzuschaffen, und für die Ausstattung und Kleidung der Soldaten fehlt es weder an Arbeitern, noch am Gelde. Man muß alle unsere Hilfsmittel in Thätigkeit sehen, die unermeßlich sind, man muß die ländliche Schläfrig keit abschütteln, man mnß dem thörichten panischen Schrecken entgegenwirken, den kleinen Krieg vervielfältigen, den Kriegslisten Kriegslisten entgegenseßen, dem Feinde keine Ruhe lassen, man muß den nationalen Krieg eröffnen. Die Republik fordert die Mitwirkung Aller. Sie wird jeden Muth nüglich machen und alle Fähigkeiten anwenden. Ihrer Tra dition gemäß wird sie junge Anführer schaffen. Der Himmel wird auf hören, unsere Gegner zu begünstigen. Die Herbstregen werden kommen und, zurückgehalten und zusammengehalten durch die Hauptstadt, werden die Preußen, entfernt von der Heimath, beunruhigt und gestört, Stüd für Stück durch unsere Waffen, durch den Hunger, durch die Natur deci

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Ein Bataillon Franc-Tireurs zieht mit der schwarzen Flagge durch die Straßen von Tours.

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