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daß Seine Majestät sich hierauf weigerte, den französischen Gesandten abermals zu empfangen, vielmehr ihm durch einen Arjutanten sagen ließ, daß er ihm nichts weiter mitzutheilen habe."

Diese Mittheilung wurde von der französischen Regierung und Nation sehr übel aufgenommen. Unter dem Volfe herrschte, wenigstens eine Zeit lang, die Ansicht, daß König Wilhelm den Gesandten vorsäglich insultirt habe, während das deutsche Volk und die deutsche Presse das Benehmen Benedetti's als einen absichtlichen Insult gegen den König auslegten. Die Stimmung der Deutschen fand ihren entsprechenden Ausdruck in den Aeußerungen Bismarck's gegen Lord Loftus, den brittischen Gesandten in Berlin. Am 13. Juli sagte er nämlich Lord Loftus, daß die Höflichkeit des Königs gegen Benedetti in ganz Preußen große Entrüstung hervorgerufen habe. Zugleich deutete er an, daß seine Regierung auf einem Widerruf der vom Herzog von Grammont ausgestoßenen Drohungen und auf Erklärungen in Bezug auf die militärischen Rüstungen Frankreichs bestehen würde. „Nach den Ausdrücken," fügte der Graf hinzu, „deren sich der französische Minister der auswärtigen Angelegenheiten im Angesicht von ganz Europa über Preußen beciente, konnte ich keinen weiteren Verkehr mit dem französischen Gesandten pflegen."

Am 15. Juli sagte der Herzog von Gramment in Bezug auf die Mittheilung der Journale von Berlin zum britischen Gesandten, Lord Lyons, daß die preußische Regierung Frankreich absichtlich insultirt habe, indem sie dem Publikum die Verhöhnung des französischen Gefandten durch den König auftischte. Es war augenscheinlich die Absicht des Königs von Preußen, sich vor dem deutschen Volke seines übermüthigen und unhöflichen Betragens zu rühmen und zu zeigen, daß es seine Absicht gewesen sei, Frankreich zu demüthigen.“

Schon am 8. Juli hatte Kaiser Napoleon zwei Armcecorps — das eine unter Bazaine, das andere unter Leboeuf - beordert, sich jeden Augenblick marschfertig zu halten. Am 12. trat die Armee von Paris ihren Marsch nach der Mosel an. Am 14. wurde in einem in den Tuilerien abgehaltenen Ministerrath beschlossen, Preußen den Krieg zu erklären und die Reserven aufzubieten. Am 15. wurde von der

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* Am Morgen des 15. Juli versammelte sich die Regierungspartei um zehn Uhr in dem Comité-Zimmer der französischen Kammer, worauf sich folgendes Gespräch in Bezug auf die Kriegserklärung entspann :—

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französischen Regierung der Krieg erklärt. Die Gründe, worauf sich die Erklärung basirte, waren: 1. Der dem französischen Gesaudten, Graf Benedetti, vom König von Preußen zu Ems widerfahrene Insult und die Billigung desselben durch die preußische Regierung; 2. die Weigerung des Königs von Preußen, den Prinzen Leopold zum Rücktritt von der Kandidatur für die spanische Krone zu zwingen; 3. der Umstand, daß der König darauf beharrte, dem Prinzen die Annahme der Krone freizustellen." Die Ankündigung wurde von der Kammer mit enthusiastischem Beifall aufgenommen. Die Herren Thiers und Jules Favre bemühten sich zwar, gegen das Verfahren der Regierung zu protestiren, wurden aber von der Majorität bald zum Schweigen gebracht. Die Kammern bewilligten mit überwältigender Stimmenmehrzahl einen Kredit von 50,000,000 Francs für die Armee und 16,000,000 für die Flotte, und ein Vorschlag, die Garde Mobile aufzubieten und den Anwerbungstermin auf die ganze Dauer des Krieges auszudehnen, wurde fast einstimmig angenommen.*

M. De Kératry.-Marschall, sind wir bereit?

Marschall Leboeuf.-Vollkommen bereit.

M. De Keratry.-Sie versichern uns das auf Ehrenvort? Bedenken Sie, welch' großes Verbrechen es wäre, Frankreich in einen Krieg stürzen, ohne auf jedes mög. liche Vorkommniß vorbereitet zu sein.

Marschall Leboeuf.-Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß wir vollkommen gerüstet sind.

M. De Cassagnac.-Noch eine Frage: Was verstehen Sie unter den Worten: ,,bollkommen gerüstet ?"

Marschall Leboeuf.—Ich will damit sagen, daß wir auch nicht einen Knopf zu kaufen brauchten, selbst wenn der Krieg ein Jahr dauern sollte.

* Die Mittheilung der Kriegserklärung an die Kammern von Seiten des Ministe riums war von folgenden Bemerkungen begleitet:

,,Wir glauben Ihrer Unterstüßung sicher zu sein. Am 6. eröffneten wir Unterhandlungen mit auswärtigen Mächten und baten um deren Verwendung bei Preußen. Von Spanien verlangten wir nichts. Ebenso wenig wandten wir uns an den Prinzen von Hohenzollern, da wir denselben vom König von Preußen unter stügt glaubten.

,,Die meisten der auswärtigen Mächte gaben mit mehr oder weniger Wärme die Gerechtigkeit unserer Forderungen zu. Der preußische Minister der auswärtigen Angelegenheiten weigerte sich, unserem Verlangen nachzukommen, indem er vorgab, daß er von der Affaire nichts wisse und daß das Kabinet von Berlin durchaus nichts damit zu thun gehabt habe. Wir wandten uns nun an den König selbst; dieser gab zu, daß er den Prinzen von Hohenzollern autorisirt habe, die Kandidatur für die spanische Krone anzunehmen, behauptete aber, daß er

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Ganz Paris war wild vor Aufregung. Selbst die bittersten Gegner der napoleonischen Dynastie riefen: "Vive l'Empereur! und allerwärts hörte man das Geschrei: Hurrah für den Krieg!" „Nieder mit den Preußen!" „Vorwärts nach Berlin!" und dergleichen. Wenn man äußern Anzeichen Glauben schenken darf, so steht es außer Frage, daß der Krieg bei den Parisern ungemein populär war, und stündlich liefen Bestätigungen dieser Popularität auch von den Provinzen ein. Mit wenigen Ausnahmen wurde das Verfahren der Regierung von der Presse des ganzen Landes indossirt. Der Ton berselben ergiebt sich aus folgenden Bemerkungen des Constitutionnel:

ebenfalls keinen Antheil an den Unterhandlungen gehabt und seine Genehmigung nur als Haupt der Familie. nicht als Souverän, gegeben habe. Er stellte indessen nicht in Abrede, daß er die Affaire dem Grafen Bismarck mitgetheilt hatte. Wir konnten diesen feinen Unterschied zwischen dem Haupt der Familie und dem Souverän nicht gelten lassen. Mittlerweile wurde uns vom spanischen Gesandten mitgetheilt, daß der Prinz von Hohenzollern auf die Krone verzichtet habe. Wir ersuchten den König, diese Verzichtleistung persönlich zu genehmigen und sich ver. bindlich zu machen, seine Genehmigung zu versagen, falls die Krone dem Prinzen ́ von Hohenzollern abermals angeboten würde. Unsere mäßige Forderung, in einem Echreiben an M. Benedetti in ebenso mäßige Worte gekleidet, ließ klar erscheinen, daß wir keinen Hintergedanken hegten, und daß wir in dieser Hohenzollern-Affaire keinen Vorwand suchten. Der König weigerte sich, dieses Versprechen zu geben und schloß seine Unterredung mit M. Benedetti mit den Worten, daß er sich in dieser wie in allen andern Angelegenheiten das Recht vorbehalte, den Umständen gemäß zu handeln. Dennoch brachen wir den Verkehr mit Preußen nicht ab, da es uns vor Allem an der Erhaltung des Friedens gelegen war. Unser Erstaunen war daher nicht gering, als wir erfuhren, daß der König sich weigerte, M. Benedetti zu empfangen, und daß er diese Weigerung dem Cabinet offiziell mittheilte. Baron Werther hatte Befehl erhalten, seine Pässe zu verlangen, und ganz Preußen rüstete sich. Unter solchen Umständen wären wir unserer Würde, sowie aller Klugheit uneingedenk gewesen, wenn wir keine Vorbereitungen getroffen hätten. Wir trafen daher Vorkehrungen für den Krieg, zu dem wir herausgefordert wurden, indem wir Jedem die ihn treffende Verantwortlichkeit überließen. (Enthusiastischer und lang anhaltender Applaus.) Seit gestern haben wir die Reserve aufgeboten; auch werden wir die nothwendigen Maßregeln ergreifen, um unsere Interessen, sowie die Sicher. heit und Ehre Frankreichs zu wahren.

Die Kriegserklärung des Ministerrathes In Seine Majestät, den König von Preußen.

Da die Regierung Seiner Majestät. des Kaisers der Franzosen, nicht im Stande ift, das Projekt, einen preußischen Prinzen auf den spanischen Thron zu sehen, anders betrachten zu können, als eine Handlung, welche die Sicherheit des franzö fischen Gebietes bedroht, so fand sich besagte Regierung Sciner Majestät, des

„Preußen insultirt uns; laßt uns über den Rhein marschiren! Die Soldaten von Jena sind bereit."

Am 15. August erlich Graf Bismarck ein Rundschreiben, worin alle deutschen Schiffe notifizirt wurden, in einem Hafen Schuß zu suchen. Holland beorderte die Mobilisirung seiner Armee; Defterreich erklärte seine Neutralität, ausgenommen für den Fall, daß eine dritte Macht sich in den Streit mische. Die deutsche Armee aber erhielt Ordre, sofort nach der Grenze zu marschiren.

Früh am Morgen des 13. reiste König Wilhelm von Ems nach Berlin ab. Am Bahnhof hatte sich eine große Menge Bürger eingefunden, um seine Abreise mit anzusehen. Er sagte zu ihnen: „Gott ist mein Zeuge, daß ich diesen Krieg nicht wünschte; wenn ich aber

Kaisers der Franzosen, genöthigt. von Seiner Majestät, dem König von Preußen, die Zusicherung zu verlangen, daß eine solche Combination mit seiner Einwilligung nicht ausgeführt werden könne, da Seine Majestät sich weigerte, eine solche Garantie zu geben, im Gegentheil dem Gesandten Seiner Majestät, des Kaisers der Franzosen, erklärte, daß er sich in dieser wie in allen andern Angelegenheiten das Recht vorbehalte, sich durch die Umstände leiten zu lassen, so sah sich die kaiserliche Regierung genöthigt, in dieser Erklärung des Königs einen Hintergedanken zu zu erblicken, der Frankreich sowohl wie das europäische Gleichgewicht bedroht. Diese Erklärung wurde noch erschwert durch die verschiedenen Cabineten gemachte Mit. theilung von der Weigerung des Königs, den Gesandten des Kaisers zu empfangen, oder sich in weitere Erklärungen mit ihm einzulassen. In Folge dessen hielt es die französische Regierung für ihre Pflicht, sofort Schritte zur Wahrung ihrer Ehre und ihrer gefährdeten Interessen zu thun, und hat beschlossen, zu diesem Zwecke alle Maßregeln zu ergreifen, die durch die Lage, in die sie sich versezt findet, geboten werden. Sie betrachtet sich daher von diesem Augenblicke an in einem Zustand des Krieges mit Preußen.

Der Unterzeichnete hat die Ehre, Ew. Excellenz die Versicherung seiner vollkom. mensten Hochachtung zu geben.

(Gezeichnet von dem Ministerrath.)

Die Oppositionspartei im Corps Legislatif verlangte, daß die Minister die auf obige Mittheilung bezügliche Note der preußischen Regierung vorlegen sollten, was jedoch M. Ollivier ablehnte. Die preußische Regierung ließ augenblicklich die Erklärung veröffentlichen, daß,,die Note, die M. Ollivier sich weigerte vorzulegen, gar nicht als Note existire, sondern nur als Abschrift eines Telegramms, das in den Zeitungen erschien und den deutschen Regierungen, sowie den norddeutschen Gesandten an einigen nichtdeutschen Höfen zur Belehrung mitgetheilt wurde, und zwar genau in denselben Worten, wie sie in den Journalen erschien, und bloß als eine Darlegung der französischen Forderungen und der festen Entschlossenheit des Königs, fich denselben nicht zu fügen. Es stehe daher nicht in M. Ollivier's Macht, eine derartige diplomatische Note vorzuweisen.

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