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Landtags oder einer Kammer eines | genanstalt auf eine ihren Fähigzum Reiche gehörigen Staates bleiben von jeder Verantwortlichfeit frei.

Erster Theil.

Von der Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen im Allgemeinen.

Erster Abschnitt.
Strafen.

§. 13. Die Todesstrafe ist durch Enthauptung zu vollstrecken. §. 14. Die Zuchthausstrafe ist eine lebenslängliche oder eine zeitige. Der Höchstbetrag der zeitigen Zuchthausstrafe ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestbetrag ein Jahr.

Wo das Gesez die ZuchthausStrafe nicht ausdrücklich als eine lebenslängliche androht, ist dieselbe eine zeitige.

§. 15. Die zur ZuchthausStrafe Verurtheilten sind in der Strafanstalt zu den eingeführten Arbeiten anzuhalten.

Sie können auch zu Arbeiten außerhalb der Anstalt, insbesondere zu öffentlichen oder von einer Staatsbehörde beaufsichtigten Arbeiten verwendet werden. Diese Art der Beschäftigung ist nur dann zuläßig, wenn die Gefangenen da bei von andern freien Arbeitern getrennt gehalten werden.

§. 16. Der Höchstbetrag der Gefängnißstraße ist fünf Jahre, ihr Mindestbetrag ein Tag.

Die zur Gefängnißstrafe Verurtheilten können in einer Gefan

keiten und Verhältnissen angemessene Weise beschäftigt werden; auf ihr Verlangen sind sie in dieser Weise zu beschäftigen.

Eine Beschäftigung außerhalb der Anstalt (S. 15.) ist nur mit ihrer Zustimmung zuläßig.

8. 17. Die Festungshaft ist eine lebenslängliche oder eine zeitige. Der Höchstbetrag der zeitigen Festungshaft ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestbetrag ein Tag.

Wo das Gesez die FestungsHaft nicht ausdrücklich als eine lebenslängliche androht, ist dieselbe eine zeitige.

Die Strafe der Festungshaft besteht in Freiheitsentziehung mit Beaufsichtigung der Beschäftigung und Lebensweise der Gefangenen; sie wird in Festungen oder in anderen dazu bestimmten Räumen vollzogen.

9. 18. Der Höchstbetrag der Haft ist sechs Wochen, ihr Mindestbetrag ein Tag.

Die Strafe der Haft besteht in einfacher Freiheitsentziehung.

S. 19. Bei Freiheitsstrafen wird der Tag zu vierundzwanzig Stunden, die Woche zu sieben Tagen, der Monat und das Jahr nach der Kalenderzeit gerechnet.

Die Dauer einer ZuchthausStrafe darf nur nach vollen Monaten, die Dauer einer anderen Freiheitsstrafe nur nach vollen Ta= gen bemessen werden.

§. 20. Wo das Gesetz die Wahl zwischen Zuchthaus und Festungshaft gestattet, darf auf Zuchthaus nur dann erkannt wer den, wenn festgestellt wird, daß

die strafbar befundene Handlung | einen Widerruf ergeht von der aus einer ehrlosen Gesinnung ent- obersten Justizaufsichtsbehörde. Vor sprungen ist. dem Beschluß über die Entlassung ist die Gefängnißverwaltung zu hören.

§. 21. Achtmonatliche Zucht Hausstrafe ist einer einjährigen Gefängnißstrafe, achtmonatliche Ge= fängniß-Strafe einer einjährigen Festungshaft gleich zu achten.

S. 22. Die Zuchthaus- und Gefängnißstrafe können sowohl für die ganze Dauer, wie für einen Theil der erkannten Strafzeit in der Weise in Einzelhaft vollzogen werden, daß der Gefangene un ausgeseßt von anderen Gefangenen gesondert gehalten wird.

Die Einzelhaft darf_ohne Zu- | stimmung des Gefangenen die Dauer von drei Jahren nicht übersteigen.

S. 23. Die zu einer längeren Zuchthaus oder Gefängnißstrafe Verurtheilten können, wenn sie drei Viertheile, mindestens aber ein Jahr der ihnen auferlegten Strafe verbüßt, sich auch während dieser Zeit gut geführt haben, mit ihrer Zustimmung vorläufig entlassen werden.

S. 24. Die vorläufige Entlassung kann bei schlechter Führung des Entlassenen oder, wenn derselbe den ihm bei der Entlas= sung auferlegten Verpflichtungen zuwiderhandelt, jederzeit widerrufen | werden.

Der Widerruf hat die Wir kung, daß die seit der vorläufigen Entlassung bis zur Wiedereinlieferung verflossene Zeit auf die fest= gesezte Strafdauer nicht angerechnet wird.

Die einstweilige Festnahme vorläufig Entlassener kann aus dringenden Gründen des öffentlichen Wohls von der PolizeiBehörde des Orts, an welchem der Entlassene sich aufhält, verfügt werden. Der Beschluß über den endgültigen Widerruf ist sofort nachzusuchen.

Führt die einstweilige Festnahme zu einem Widerrufe, so gilt diefer als am Tage der Festnahme erfolgt.

S. 26. Ist die Ist die festgesette Strafzeit abgelaufen, ohne daß ein Widerruf der vorläufigen Entlassung erfolgt ist, so gilt die Freiheitsstrafe als verbüßt.

S. 27. Der Mindestbetrag der Geldstrafe ist bei Verbrechen und Vergehen ein Thaler, bei Ueber= tretungen ein Dritttheil Thaler.

§. 28. Eine nicht beizutrei= bende Geldstrafe ist in Gefäng= niß und, wenn sie wegen einer Uebertretung erkannt worden ist, in Haft umzuwandeln.

Ist bei einem Vergehen GeldStrafe allein oder an erster Stelle, oder wahlweise neben Haft angedroht, so kann die Geldstrafe in Haft umgewandelt werden, wenn die erkannte Strafe nicht den Betrag von zweihundert Thalern und die an ihre Stelle tretende Freiheitsstrafe nicht die Dauer von sechs Wochen übersteigt.

$. 25. Der Beschluß über die War neben der Geldstrafe auf vorläufige Entlassung, sowie über | Zuchthaus erkannt, so ist die an

deren Stelle tretende Gefängniß- | Sinne dieses Strafgesetes sind Strafe nach Maßgabe des §. 21 die Advokatur, die Anwaltschaft in Zuchthausstrafe umzuwandeln. und das Notariat, sowie der Ge= Der Verurtheilte kann sich durch | schworenen- und Schöffendienst mitErlegung des Etrafbetrages, so begriffen. weit dieser durch die entstandene Freiheitsstrafe noch nicht getilgt ist, von der letteren freimachen.

§. 29. Bei Umwandlung einer wegen eines Verbrechens oder Vergehens erkannten Geldstrafe ist der Betrag von einem bis zu fünf Thalern, bei Umwandlung einer wegen einer Uebertretung erkannten Geldstrafe der Betrag von einem Dritttheil bis zu fünf Thalern einer eintägigen Freiheitsstrafe gleich zu achten.

§. 32. Neben der Todesstrafe und der Zuchthausstrafe kann auf den Verlust der bürgerlichen EhrenRechte erkannt werden, neben der Gefängnißstrafe nur, wenn die Dauer der erkannten Strafe drei Monate erreicht und entweder das Gesez den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte ausdrücklich zuläßt oder die Gefängnißstrafe wegen Annahme mildernder Umstände an Stelle von Zuchthausstrafe ausgesprochen wird.

Der Mindestbetrag der an Die Dauer dieses Verlustes beStelle einer Geldstrafe tretenden trägt bei zeitiger Zuchthausstrafe Freiheitsstrafe ist ein Tag, ihr | mindestens zwei und höchstens zehn Höchstbetrag bei Haft sechs Wochen, Jahre, bei Gefängnißstrafe minbei Gefängniß ein Jahr. Wenn destens ein Jahr und höchstens fünf jedoch eine neben der Geldstrafe | Jahre. wahlweise angedrohte Freiheitsstrafe ihrer Dauer nach den vorgedachten Höchstbetrag nicht erreicht, so darf die an Stelle der Geldstrafe tretende Freiheits-Strafe den angedrohten Höchstbetrag jener Freiheitsstrafe nicht übersteigen.

S. 30. In den Nachlaß kann eine Geldstrafe nur dann vollstreckt werden, wenn das Urtheil bei Lebzeiten des Verurtheilten rechtskräftig geworden war.

S. 31. Die Verurtheilung zur Zuchthausstrafe hat die dauernde Unfähigkeit zum Dienste in dem deutschen Heere und der kaiserlichen Marine, sowie die dauernde Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter von Rechtswegen zur Folge.

Unter öffentlichen Aemtern im

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§. 33. Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte bewirkt den dauernden Verlust der aus öffentlichen Wahlen für den Verurtheilten hervorgegangenen Rechte, ingleichen den dauernden Verlust der öffentlichen Aemter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen.

§. 34. Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte bewirkt ferner die Unfähigkeit, während der im Urtheile bestimmten Zeit

1) die Landescocarde zu tragen: 2) in das deutsche Heer oder in die kaiserliche Marine einzutreten;

3) öffentliche Aemter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen zu erlangen;

4) in öffentlichen Angelegenheiten

Bayerns Geseze u. Gesezb. XII. Bd. (Reichsges. II. Abth. Strafges.) 2

zu stimmen, zu wählen oder | gewählt zu werden oder andere politische Rechte auszuüben; 5) Zeuge bei Aufnahme von Urfunden zu sein;

gerlichen Ehrenrechte überhaupt oder einzelner bürgerlicher EhrenRechte zur Folge hat oder zur Folge haben kann, so ist ein neues StrafVerfahren zuläßig, um gegen den in diesem Verfahren für schuldig Erklärten auf jene Folge zu erkennen.

§. 38. Neben einer FreiheitsStrafe kann in den durch das Geseg vorgesehenen Fällen auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht er

6) Vormund, Nebenvormund,
Curator, gerichtlicher Beistand
oder Mitglied eines Familien-
Rathes zu sein, es sei denn,
daß es sich um Verwandte
absteigender Linie handle und
die obervormundschaftliche Be- | kannt werden.
hörde oder der Familienrath

Die höhere Landespolizeibehörde die Genehmigung ertheile. erhält durch ein solches Erkennt§. 35. Neben einer Gefängniß die Befugniß nach Anhörung nißstrafe, mit welcher die Aber der Gefängnißverwaltung den Verkennung der bürgerlichen Ehren- | urtheilten auf die Zeit von höch= Rechte überhaupt hätte verbunden | stens fünf Jahren unter Polizeiwerden können, kann auf die Un- Aufsicht zu stellen. fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren erkannt werden.

Die Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter hat den dauernden Verlust der bekleideten Aemter von Rechtswegen zur Folge.

§. 36. Die Wirkung der Aberkennung der bürgerlichen EhrenRechte überhaupt, sowie der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter insbesondere, tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein; die Zeitdauer wird von dem Tage be= rechnet, an dem die Freiheitsstrafe, neben welcher jene Aberkennung ausgesprochen wurde, verbüßt, verjährt oder erlassen ist.

§. 37. Ist ein Deutscher im Auslande wegen eines Verbrechens oder Vergehens bestraft worden, welches nach den Geseßen des deut schen Reichs den Verlust der bür

Diese Zeit wird von dem Tage berechnet, an welchem die Freiheitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist.

§. 39. Die Polizeiaufsicht hat folgende Wirkungen: 1) dem Verurtheilten kann der Aufenthalt an einzelnen bestimmten Orten von der höheren Landespolizeibehörde untersagt werden;

2) die höhere Landespolizeibehörde ist befugt, den Ausländer aus dem Bundesgebiete zu verweisen;

3) Haussuchungen unterliegen feiner Beschränkung hinsichtlich der Zeit, zu welcher sie stattfinden dürfen.

S. 40. Gegenstände, welche durch ein vorsäßliches Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht, oder welche zur Begehung eines vorsäßlichen Verbrechens oder Ver

gehens gebraucht oder bestimmt | einen Anfang der Ausführung diefind, können, sofern sie dem Thäter | ses Verbrechens oder Vergehens entoder einem Theilnehmer gehören, | halten, bethätigt hat, ist, wenn das eingezogen werden.

Die Einziehung ist im Urtheile auszusprechen.

§. 41. Wenn der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar ist, so ist im Urtheile auszusprechen, daß alle Erem- | plare, so wie die zu ihrer Her= stellung bestimmten Platten und Formen unbrauchbar zu machen find.

Diese Vorschrift bezieht sich je doch nur auf die im Besiße des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befindlichen und auf die öffentlich ausgelegten oder öffentlich angebotenen Eremplare.

Ist nur ein Theil der Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar, so ist, insofern eine Ausscheidung möglich ist, auszusprechen, daß nur die strafbaren Stellen und derjenige Theil der Platten und Formen, auf welchen sich diese Stellen befinden, unbrauchbar zu machen sind.

§. 42. Ist in den Fällen der SS. 40 und 41 die Verfolgung oder die Verurtheilung einer bestimmten Person nicht ausführ bar, so können die daselbst vorge= schriebenen Maßnahmen selbstständig erkannt werden.

Zweiter Abschnitt.

Versuch.

§. 43. Wer den Entschluß, ein Verbrechen oder Vergehen zu verüben, durch Handlungen, welche

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beabsichtigte Verbrechen oder Verge= hen nicht zur Vollendung gekommen ist, wegen Versuches zu bestrafen.

Der Versuch eines Vergehens wird jedoch nur in den Fällen bestraft, in welchen das Gesez dieß ausdrücklich bestimmt.

S. 44. Das versuchte Verbrechen oder Vergehen ist milder zu bestrafen, als das vollendete.

Ist das vollendete Verbrechen mit dem Tode oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bedroht, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter drei Jahren ein, neben welcher auf zuläßigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden kann.

Ist das vollendete Verbrechen mit lebenslänglicher Festungshaft bedroht, so tritt Festungshaft nicht unter drei Jahren ein.

In den übrigen Fällen kann die Strafe bis auf ein Viertheil des Mindestbetrages der auf das vollendete Verbrechen oder Vergehen angedrohten Freiheits- und GeldStrafe ermäßigt werden. Ist hiernach Zuchthausstrafe unter einem Jahr verwirkt, so ist dieselbe nach Maßgabe des §. 21 in Gefängniß zu verwandeln.

§. 45. Wenn neben der Strafe des vollendeten Verbrechens oder Vergehens die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte zuläßig oder geboten ist, oder auf zuläßigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden kann, so gilt Gleiches bei der Versuchsstrafe.

§. 46. Der Versuch als solcher bleibt straflos, wenn der Thäter

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