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Die damalige preußische Regierung fügte sich leider der Politik der Karlsbader Beschlüsse, verbot das Turnen und die Burschenschaft, maßregelte die Patrioten im offenen Widerspruch mit den Grundsäßen von 1813 und begünstigte auf den Universitäten Tendenzen, die ausdrücklich darauf berechnet schienen, der preußischen Jugend die christlich deutsche Begeisterung systematisch aus den Herzen zu reißen. Deshalb verließ der Verfasser seine preußische Heimath und suchte ein Asyl in der Schweiz, später in Schwaben. Hier ist er in einem nun fast fünzigjährigen Wirken als Publicist und Geschichtschreiber dem einfachen und natürlichen Grundgedanken des Patriotismus von 1813 treu geblieben und hat ihn in Zeiten verfochten, wo es fast niemand anders mehr gethan hat. Denn in einer erschreckenden Weise sank der Geist in Deutschland seit dem Wiener Congreß tiefer und immer tiefer herunter und als die neue Generation heranwuchs, war die große Zeit von 1813 schon vergessen. Das Metternich'sche Polizeisystem und die russische Vormundschaft wachten in höchster Instanz, daß der nationale Geist in Deutschland nie wieder erwache, und die Kleinstaaterei und Philifterei arbeiteten eifrig für denselben Zweck. Bedurfte die jüngere Generation noch des Geistes, so schickte man sie in die Hegel'schen Hörsäle und machte sie mit der hoffärtigen Selbstvergötterungslehre trunken. Fanden sich noch männliche Charaktere, um einem politischen Ziele zuzustreben, so tappten sie doch nur in die Fußstapfen des französischen Liberalismus hinein und vergaßen über der abstrakten Freiheit den nationalen Gedanken so gänzlich, daß sie mit den Feinden unseres Vaterlandes sympathisirten, wenn es nur liberale oder radikale Parteien waren. Daher die Unmöglichkeit, daß die nationalen Hoffnungen im Jahr 1848 hätten erfüllt werden können. Die Liberalen trachteten mehr nach Freiheitsbürgschaften im Innern, als nach nationalem Zusammenhalten und Schuß der Grenzen nach außen und wurden überdieß

durch den Abfall der Demokraten geschwächt. Daher ihr Fiasko und die Wiederherstellung des alten Bundestags mit seiner ganzen Misere.

Einundfünfzig Jahre lang hat der deutsche Bund bestan= den, diese Metternich'sche Schöpfung, die keinen andern Zweck hatte, als den Geist von 1813 zu ersticken. Was Thiers unlängst in einer Rede aussprach, die wichtigste Aufgabe Europa's fey, die Einheit der Deutschen zu verhindern, das hat Metternich schon auf dem Wiener Congreß zur unveränderlichen Praris des österreichischen Kabinets gemacht. Preußen wurde gehindert, ferner den deutschen Einheitsbestrebungen Vorschub zu leisten. Indessen blieb Preußen doch verhältnißmäßig stark und erseßte durch musterhafte Verwaltung, was ihm an Länderbesig fehlte. Es war daher erlaubt, in der langen Zeit, in welcher die deutsche Nation selbst den Geist von 1813 verleugnete, das relative Heil für Deutschland wenigstens noch in einem Bündniß Desterreichs mit Preußen zu suchen. Aber Desterreich hat durch ein stets feindseliges Benehmen gegen Preußen die dauernde Befestigung eines solchen Bündnisses unmöglich gemacht und Preußen endlich zur Nothwehr gezwungen.

In dieser Nothwehr aber hat Preußen einen Geist entfaltet, der dem von 1813 wie ein Kind dem Vater ähnlich sieht. Ja, dieser Geist, den der Wiener Congreß begraben zu haben wähnte, er lebt wieder. Der einfache und natürliche Patriotismus von 1813 ist wieder an die Tagesordnung gekommen und auch das Volk in Waffen und die ruhmreichen Helden von 1813, sie stehen alle wieder lebendig da, vom Feldherrn bis zum leßten Landwehrmann. Es sind immer noch die Alten, die Ewigjungen.

Sollte ich, ein Greis, der ich das Jahr 1813 erlebte, mich nicht freuen, sie wieder zu begrüßen?

Wenn die großen Hoffnungen der deutschen Nation in Erfüllung gehen, so verdankt sie es allein dem kriegerischen Geist

des Volks in Waffen, dem Blut und Eisen, nicht dem Geschwäß liberaler Kammern, nicht den Toaften der ClassenKappelmänner, nicht der Judenpresse. Ahnungsvoll fang der zu frühe gestorbene Graf Strachwig, als der deutsche Geist am tiefsten gesunken war, es werden bessere Tage wiederkommen:

Es wird eine Zeit der Helden seyn,

Nicht mehr der Schreier und Schreiber.

Der Krieg hat die Basis der Verträge von 1815 umgeworfen. Dieser Alp drückt Deutschland nicht mehr. Die deutsche Nation kann wieder frei athmen, aber ihre Stämme sind noch getheilt. Es gibt noch Deutsche, die von der Gemüthlichkeit der Kleinstaaterei wie Kinder eingewickelt und gewiegt seyn wollen, die noch ihre deutschen Stammesbrüder ungerecht verachten oder haffen und dagegen jeder fremden Mode nachlaufen, lächerlichen Respect vor allem Fremden zur Schau tragen, im Ausland ihre deutsche Geburt verleugnen und sich vor den Fremden erniedrigen. - Der Uebel größtes ist der confessionelle Gegensaß. Weil die protestantische Regierung in Preußen die deutsche Bewegung zur Einheit leitet, hat man von katholischer Seite angefangen, dagegen blind und unverständig zu eifern. Preußen hat den katholischen Geist frei sich entwickeln lassen. Der gläubige Protestantismus hat den katholischen Geist überall gestärkt, der frivole Unglauben dagegen, der in Defterreich mit dem Josephinismus und mit der Judenpresse, in Italien durch den Cavourismus und Mazzinismus aufgekommen ist, hat ihn auf das bedenklichste geschwächt. Sodann —- welchem einsichtsvollen Katholiken könnte diese Wahrheit verborgen bleiben - die Einheit der Kirche war es, welche vor tausend Jahren die Einheit des weltlichen Reiches nach sich zog, es ermöglichte und bedingte. Der Particularismus und der VaterLandsverrath, der die Fremden herbeirief, hat die Einheit unseres Reichs zerrissen, was auch die Zerreißung der Kirche nach sich

zog. Er hat an die Stelle der großen einigen Kirche kleine Staatskirchen wie an die Stelle des großen einigen Reichs die kleinen fürstlichen Souveränetäten geseßt. Wird das Reich wieder einig, so wird damit der Weg gebahnt, auf dem wir allmählig auch wieder zur kirchlichen Einheit gelangen können. Die Weltgeschichte hat einen großen Wellenschlag und die Genossen der katholischen Kirche sind am wenigsten berechtigt, den majestätischen Gang dieser Weltgeschichte kleinlich und ängstlich aufzufassen.

Der Gang der Weltgeschichte drängt uns Deutsche zur Einheit. Fassen wir das Werk gemeinsam, entschlossen und freudig an, denn es öffnet uns eine große Zukunft. Der Deutsche wird wieder geehrt werden unter den Völkern und auch als Privatmann wird er eine erleichterte Existenz finden. Was dabei herauskommt, wenn eine Nation nicht einig ist, nicht fest nach außen zusammenhält, lehrt das Beispiel der durch eigene Schuld so unglücklichen Polen. Mit Recht wies Graf Bismarck in seiner Reichstagsrede am 18. März d. J. auf dieses Beispiel hin, um den deutschen Volksvertretern ans Herz zu legen, daß jede Nation untergehen muß, die nur der persönlichen Freiheit nachjagt und nach außen zusammenzuhalten versäumt.

Das Bedürfniß einer Orientirung in der Geschichte des lezten Jahres entschuldigt wohl die beschleunigte Herausgabe des vorliegenden Werkes. Bei der Schwierigkeit, ein so großes Material zu überwältigen und in die Geheimnisse der Kabinete einzudringen, werden die geneigten Leser auch wohl Nachsicht haben, wenn irgend ein Irrthum sich eingeschlichen haben sollte, oder es unmöglich war, Aktenstücke oder geheime Artikel zu kennen, ehe sie veröffentlicht sind.

Inhalt des ersten Bandes.

Vorwort

Erstes Buch. Das alte ößerreichische System und der Bundestag .

Deutschlands Hoffnungen von 1813 durch Desterreich vereitelt S. 1. System des Fürsten Metternich 3. Schädliche Folgen davon für Oesterreich selbst 6. Scheinliberalismus in den Mittelstaaten 7. Mißlungener Versuch einer Einigung Deutschlands mit Ausschluß Desterreichs 10. Olmüß 11. Dänische Intrigue und Londoner Protokoll 12. Der italienische Krieg 15. Corruption in Desterreich 17. Eynatten und Bruck 19. Opposition in Ungarn 21. Desterreich verspricht Reformen und beruft einen Reichsrath 22. Oesterreich bemüht sich um die Mittelstaaten. Frankfurter Fürstentag 26. Zweites Buch. Oesterreichs innerer Verfall.

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Grundfehler des österreichischen Systems S. 31. Panslavismus in Böhmen 33. Vernachlässigung des katholischen Staatsprincips 35. Judenwirthschaft 37. Judenpresse 39. Nußlosigkeit des Schmerlingschen Liberalismus und Sistirung der Reichsverfassung 48. Mißstände im Heerwesen 51. Föderalistischer Versuch des Minister Belcredi 54. Czechischer Uebermuth 58. Kühne Forderungen der Ungarn 59.

Drittes Buch. Die Bedeutung Preußens für Deutschland.

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Die lange Vernachlässigung Norddeutschlands S. 62. Das Ver= dienst Preußens um Norddeutschland 68. Preußens deutsche Politik in den Befreiungskriegen 71. Complott Desterreichs mit den auswärtigen Mächten zur Unterdrückung der deutschen Einheitsbestrebungen und Zurückseßung Preußens am Wiener Congreß 72. Der Abfall der preußischen Regierung von der deutschen Politik 74. Die liberale Opposition in Preußen 75. Die Feudalpartei 76. Wieder

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