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Militärmagazin eine bestimmte Quantität Proviant fassen. Der Magazinverwalter lieferte ihnen aber so wenig, daß es ganz unmöglich war, ihren Hunger zu stillen, bis einer aus der Volksmenge einem Offizier zuflüsterte, für ein Trinkgeld würden sie alles erhalten. Und wirklich, kaum hatte man die Hand des Verwalters versilbert, so war Proviant genug da. (Nach einem Privatbriefe, aber aus zuverlässiger Quelle.)

Zu den größten Uebelständen gehörte der Mangel an Trinkwasser auf dem Wege, den die fliehenden und die nachfolgenden Truppen durch Böhmen nahmen. Schon die Sachsen fanden die wenigen Ziehbrunnen bald erschöpft und mußten oft trübes Pfützenwasser trinken. Die Preußen fanden die Brunnen leer oder die Anstalten zum Heraufziehen des Waffers zerstört. Dem Genuß des schlechten Wassers hauptsächlich wurde das Auftreten und Umsichgreifen der Cholera zugeschrieben.

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Der Kamerad" brachte schon drei Tage nach der Schlacht bei Königgrätz eine Kritik des Feldzugs. Irrthümlich schob er die Schuld auf die Langsamkeit der Bayern. Wir sagen irrthümlich, weil Desterreich auch ohne die Bayern die Offensive so gut hätte ergreifen können, wie es Preußen gethan hat. Man ist berechtigt anzunehmen, daß, wenn Benedek rasch in Sachsen eingerückt wäre, auch die Bayern viel schneller vorwärts gegangen wären. Die Bayern, als die schwächern Bundesgenossen, warteten das Vorgehen der Oesterreicher ab und das kann man ihnen auch nicht verdenken, da sie nicht wissen konnten, ob die Preußen, obwohl sie fast alle ihre Armeecorps in Böhmen concentrirten, gegen die allein vorrückenden Bayern nicht mit überlegener Macht von Sachsen aus einen Hauptstoß geführt haben würden. Dagegen hat der Kamerad“ vollkommen Recht, wenn er weiter auseinanderseßte, daß Benedek, sofern er nun einmal doch so lange in Böhmen wartete, auch Zeit genug gehabt hätte, die Gebirgspässe zu besetzen und die wichtige Iserlinie zu verschanzen.

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Wenn die Preußen, nachdem sie siegreich in Böhmen eingedrungen waren, das hinter ihnen liegende Dresden sogleich zu befestigen anfingen, so war das, obgleich ein Anrücken der Desterreicher auf Dresden zunächst außer aller Wahrscheinlichkeit lag, doch die kluge Vorsicht eines Feldherrn, der nicht auf blindes Glück rechnet, sondern auch an Wechselfälle denkt. Wie viel mehr wäre eine solche Vorsicht nicht von Benedek zu erwarten gewesen, da er die Punkte, welche zu befestigen so wichtig war, nicht schon hinter sich, sondern erst vor sich liegen hatte. Der Kamerad" bemerkte: „An der nöthigen Zeit gebrach es nicht, da man sich blos der Feldschanzen zu bedienen brauchte. Weder an der Seite des Riefengebirges, noch an jener gegen das Glatz'sche waren die Pässe verschanzt. Auch die so wichtige Linie des Jserflusses hatte man vergessen durch fortificatorische Werke zu verstärken. Wären diese bei Turnau, Podol, Münchengräß und Jungbunzlau vorhanden gewesen, so würden die Kämpfe vom 26. bis 30. Juni anders ausgefallen seyn. In deren Folge wäre die Armee nicht genöthigt ge= wesen, den Rückzug nach Königgrätz anzutreten. Ein gleiches läßt sich auch von der obern Elbe sagen. Wenn man wußte, daß der Feind über das Riesengebirge vordringen werde, so mußte man darauf bedacht seyn, sich nach Verlust der Jserlinie ein Schlachtfeld vorzubereiten, auf welchem der Feind erwartet werden konnte. In der Richtung der bestimmten Rückzugslinie nach Olmüz gab es keinen andern hiezu geeigneten Punkt, als den Kniebug der Elbe bei Pardubiß. Hier wäre sogar die Errichtung eines verschanzten Lagers angezeigt gewesen, in welches die Armee im Unglücksfall, der auch wirklich eintrat, direct und auch über die Brücken bei Königgrät sich zurückziehen konnte. Das Terrain am rechten Elbeufer bei Pardubitz ist so be schaffen, daß ein Lager in der kürzesten Zeit verschanzt gewesen wäre. Einen natürlichen Brückenkopf für dasselbe bilden schon die Teiche von Bochdanes. Die Linie der Schanzen konnte bei. Chlumetz vorgeschoben werden, mit dem linken Flügel an die Elbe bei Teinik, mit dem

rechten an denselben Fluß bei Königgrät. Wie ganz anders wäre die Schlacht am 3. Juli ausgefallen, wenn alle diese leicht und schnell herzustellen gewesenen nothwendigen passagèren Fortificationen nicht vergessen oder versäumt worden wären. Das Zusammentreffen vielfacher Unterlassungsfünden war die Ursache des Mißglückens des ganzen Felbzugs. Der Feldzug 1859 mißlang, weil man zu viel Befestigungen und zu wenig Soldaten hatte, und der jetzige, weil man die Kräfte strategisch allerdings concentrirte, taktisch aber zersplitterte und gar keine Schanzen hatte. Im Feld in allem das richtige Maaß zu treffen, dies ist die Feldherrngabe."

Benedek genoß alten verdienten Ruhm, und der Kaiser soll ihm unumschränkte Vollmacht in Bezug auf die Kriegführung und die Wahl seiner Untergenerale gegeben haben, wenigstens rühmte man, daß es geschehen sey und daß man dadurch den Hauptfehler des Feld= zugs von 1859 vermeide, sofern damals der Kaiser und seine Suite sich in den Armeebefehl einmischten, wodurch die Einheit des Plans und der Ausführung gestört wurde. Allein Benedek hat von seiner Vollmacht keinen genügenden Gebrauch gemacht, denn er ließ Männer im Commando, deren Unfähigkeit sich schon 1859 erprobt hatte und denen nichts zur Seite stand, als der hochadelige Verwandtschaftshimmel und die Hofgunst. In Bezug auf Henikstein frug ein Correspondent der Augsb. Allg. Zeitung vom 8. Juli: Wie und wodurch dieser getaufte Jude eine der wichtigsten Stellungen in der österreichischen Armee erklommen habe, da derselbe schon früher in Italien das Generalstabswesen ohne Talent und Geschick geleitet, „ja sich auch nicht gern seines gegebenen Wortes erinnert habe?" Benedek mußte doch seine Leute kennen, also war seine Vollmacht nicht unbedingt, oder er wagte keinen Gebrauch davon zu machen, um die maßgeben= den Kreise in Wien nicht zu beleidigen.

Benedek mußte eben so gut die Beschaffenheit seiner Truppen und ihrer Verpflegung kennen, Wenn er auch glaubte, seine Truppen

seyen zahlreich und tapfer genug, um die Preußen zu schlagen, so hätte er doch besser für die Verpflegung sorgen und schon früher seinen Einfluß geltend machen müssen, um eine Reform der Armeeverwaltung durchzusetzen. Davon war nicht die Rede. Die Verpflegung der Armee war wieder so schlecht wie früher. Viele Soldaten desertirten aus Hunger. Auch die Ausrüstung der Truppen war ungenügend. Immer noch wurde der gemeine Mann zu sehr beschwert. Man hatte das im italienischen Feldzug gerügt und wollte alles beffer machen, fiel aber unvermerkt in das alte Unwesen zurück. *)

In der Ostdeutschen Post las man bald nach der Schlacht bei Königgrät: „Wer die Sorglosigkeit der österreichischen Behörden hinsichtlich der Bewegung des Grenzverkehrs mit Preußen kennen gelernt hat, wird über die Schlauheit des preußischen Spionirsystems bei

*) Der oben schon erwähnte österreichische Offizier sagte in seiner Flugschrift S. 46:,,Während man im Jahr 1859 zu der Ueberzeugung kam, daß der Mann zu stark bepackt sey, und der Armee deshalb die Röcke abnahm und sie nach Laibach abführte, ließ man die Mannschaft der Nordarmee im Jahr 1866 mit dem berühmten Aermelleibel am Leibe, darüber den Mantel, den Tornister, bepackt mit dem Rock, einem zweiten Paar Schuhe, größtentheils einer zweiten Hose, der Holzmüße, nebst der Wäsche und den Reservepatronen, den Deckel geziert mit der höchst sinnigen Kochmaschine am Rücken, den Czako oder Hut am Kopf, die Extramüße am Bajonet, den Brodsack gefüllt mit Proprietäten und Brod, marschiren (hier ist noch die Feldflasche vergessen). Dazu kam noch das Schanzzeug, bestehend aus Säge, Krampen und Schaufel. So ausgerüstet, sah der Mann einer aufrecht stehenden Riesenschildkröte nicht unähnlich. Darin bestanden die verheißenen Reformen und die zweckmäßigen Adjustirungsänderungen, welche unsern Koryphäen sieben Jahre Studium und dem Staate enorme Summen gekostet haben. Auf den böhmischen Schlachtfeldern blieben die Tornister mit sammt den Röcken 2c., blieben auch die Kochmaschinen liegen oder waren von Kugeln durchlöchert, so daß der Mann lange vor Ende des Feldzugs kein Geschirr mehr zum Kochen besaß.“

offenen Grenzen weniger staunen, als wir den Bericht von der Stärke unserer Nordarmee angestaunt. Mit Armeen, die blos auf dem Papier existiren, wenn auch bei uns die Verpflegung für papierne Soldaten geleistet wird, hat noch kein Feldherr Krieg geführt und Schlachten gewonnen. Daß unsere Nordarmee kaum die Stärke von 250,000 Mann beträgt, nachdem doch die vollen 800,000 Mann auf dem Papiere standen und bei dem Siege von Custozza gewiß keine 500,000 Mann, eingeschlossen sämmtliche Besaßungstruppen, betheiligt waren: das wäre niemanden beigefallen, wenn man sich bei dem Vorrücken der Preußen und der stereotypen überlegenen Macht' auch in auffallender Weise befragte: wo denn unsere Nordarmee hingerathen seyn müsse, wenn ihr selbst die einzelnen preußischen Armeecorps schon zu überlegen waren? Sie standen eben auf dem Papiere. Begreiflich läßt sich das nur finden, wenn man weiß, daß ganze Bezirke schon bei der ersten Abstellung nicht rekrutirt wurden. So gibt es im österr. Oberschlesien mehrere Bezirke, die ihre Militärpflichtigen aus dem einfachen Grunde nicht abstellen konnten, weil es ihre Commission vergessen hatte, an dem bestimmten Tage zu erscheinen. In einem Bezirke Niederschlesiens lief die Commission auf den blinden Lärm, daß die Preußen im Anmarsche seyen, über Stock und Stein davon, ohne noch ans Werk gegangen zu seyn. Die Militärpflichtigen folgten ge= treulich dem Beispiel der Commission. Ueber die Fahrlässigkeit bei

der Verpflegung kann sich derjenige den

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besten Begriff machen, der

die massenhaften Vorräthe an einzelnen Knotenpunkten sah und troßdem erleben mußte, daß ganze Brigaden tagelang ohne Brod blieben. Hier verschimmelte und verfaulte das Brod, während es dort gänzlich fehlte."

Von der Flucht der geschlagenen Armee und der in blinder Angst Städte und Dörfer verlassenden Einwohner erfuhr man schaudervolle Berichte. So wurde der Schlesischen Zeitung am 5. Juli aus Skaliz geschrieben: „Die Luft ist verpestet und bald giebt es hier keine Nah

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