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Holsteinische Anzeigen

für

das Jahr 1859.

Neue Folge.

Dreiundzwanzigster Jahrgang.

Redigirt von den Obergerichtsräthen Etatsrath Henrici und Lucht.

Glückstadt.

Gedrudt bei W. Augustin.

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Holsteinische Anzeigen.

Redigirt von den Obergerichtsräthen Etatsrath Henrici und Lucht.
Gedruckt bei Augustin in Glückstadt.

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Entscheidungen.

Beweislast bei der vom Beklagten behaupteten Bedingtheit des abgeschlossenen Vertrages. In Sachen des Schiffszimmermeisters A. Conradi in Kiel, nach Gastrecht Beklagten und Appellanten, wider den Hufner Hans Desau in Wrist und L. C. Bade in Stellau, nach Gastrecht Kläger und Appellaten, hauptsächlich wegen 533 x 32 aus einem Kaufhandel,

ergeben die Acten:

Nach der Behauptung der Kläger hat der Beklagte von ihnen im Frühsommer 1855 eine Partie Eichenstämme zu 32 pr. Cubiffuß gekauft und auf die vor vollzogener Berechnung des cubischen Inhalts von dem Mitkläger Bade geäußerte Ansicht, daß sie feine 1600 herausbekämen, erwidert: da ist meine Hand, 1600 will ich für das Holz geben, dann soll alles Messen nichts gelten." Indem sie dabei bemerkten, daß beide Kläger diesem Anerbieten mittelst Handschlags zugestimmt hätten und Beklagter, der nach Ablieferung der Stämme von der vereinbarten Kaufsumme nur 1066 64 bezahlt habe, desfälliger Anforderungen unerachtet mit dem Rest von 533 32 ẞ in Rückstand geblieben sei, baten sie

um Verurtheilung des Beklagten zur Bezahlung der libellirten Summe nebst 5 pCt. Zinsen vom 1. Jan. 1856 und zur Erstattung der Proceßkosten.

Nach, der Erklärung des Beklagten dagegen hat derselbe sich zur Zahlung von 1600 nur für den Fall erboten, wenn die früher aufgemessenen 93 Stämme 3900 Cubikfuß ausmachten. Beklagter berief sich weiter darauf, daß die zuerst vermessenen Stämme

bis Nr. 93 keine 3900 Cubiffuß enthalten hätten, so wie daß ihm Credit bis Pfingsten 1856 ertheilt wors den sei, so daß durch die im December 1855 erfolgte Mahnung keine mora habe begründet werden können, und bat um Abweisung der Kläger mit ihrer unbegründeten Klage ref. exp.

Nach stattgehabter mündlicher Verhandlung ward vom Magistrat der Stadt Kiel unterm 23. September 1856 interloquendo dahin für Recht erkannt: *)

*) Die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses lauten:

In Erwägung, daß die Kläger die eingeklagte Forderung abgeleitet haben nicht aus dem Geschäft, wie solches ursprünglich abgeschlossen, sondern wie solches nach der späteren Vereinbarung modifi cirt worden;

in Erwägung ferner, daß der Beklagte diese Modification, wie solche von den Klägern behauptet worden, mittelst eines sogenannten qualificirten Geständnisses in Abrede gestellt hat, und daß demnach den Klägern der Beweis der factischen Grundlage ihrer Klage obliegt;

Könnten und würden innerhalb Gastrechtsfrist unter Vorbehalt des Eides und des Gegenbeweises rechtlicher Art nach darthun und erweisen:

a. die Kläger: daß der Beklagte auf die Aeußerung des Mitklägers Bade, sie würden aus dem fraglichen Vorrath Eichenholz feine 1600 herausbekommen, erwidert habe: da ist meine Hand, 1600 will

"

ich für das Holz geben, dann soll alles Messen nichts gelten", und daß beide Kläger diesem Anerbieten mittelst Einschlagens zugestimmt hätten;

b. der Beklagte: daß die Kläger ihm mit dem Kaufpreis für den ihm verkauften Vorrath Eichenholz bis Pfingsten 1856 Credit be= willigt haben,

dann würde nach solchen geführten oder nicht geführten Beweisen sowohl wegen der Haupt

in Erwägung ferner, daß die Darstellung des Beklagten, nach welcher der ursprüngliche Handel nur unter einer bestimmten Vorausseßung abgeändert worden, durch, den ihm vorzubehaltenden Gegenbeweis ihre Erledigung findet, und somit einer be sonderen Beweisauflage nicht bedarf;

sache, als der Kosten wegen, weiter ergehen, was Rechtens.

Gegen dieses Erkenntniß hat der Beklagte appellirt und seine Beschwerden darin gesezt:

1) daß erkannt, wie geschehen, und nicht vielmehr
den Klägern der Beweis auferlegt worden, daß
Beklagter fich pure und unbedingt zur Zahlung
von 1600 verpflichtet habe, oder wie dieser
Beweis sonst den Acten gemäß zu fassen;
2) event. daß nicht dem Beklagten der Beweis
freigelassen worden, daß er sich nur für den
Fall zur Zahlung von 1600 x verpflichtet habe,
wenn die früher aufgemessenen Stämme bis
Nr. 93 incl. 3900 Cubikfuß ausmachten, oder
wie dieser Beweissaß den Acten gemäß anders
zu formuliren sein möchte.

Es steht daher zur Frage: in wie weit diese Beschwerden für begründet zu erachten find.

In Erwägung nun, daß das klägerische Vorbringen, demzufolge Beklagter sich erboten hat, für die eingeräumtermaaßen ihm verkaufte und gelieferte Partie Eichenholz 1600 geben zu wollen, zur Begründung der auf Zahlung des Kaufpreises gerichteten Klage genügt, Beklagter aber, indem er behauptet, daß die Vereinbarung hinsichtlich des Kaufpreises

in Erwägung ferner, daß der von den Klägern nicht angeführtermaaßen, vielmehr anders geschlossen

etwa geführte Beweis dadurch vollständig entkräftet wird, wenn der Beklagte den Gegenbeweis zu liefern vermöchte, daß er nur unter der fraglichen Voraus setung die 1600 versprochen habe, ohne daß es noch des Beweises bedürfte, daß die Vorausseßung nicht vorhanden gewesen, daß diesemnach die mangelnde Einlassung der Kläger auf die bezügliche Behauptung des Beklagten nicht in Betracht kommt;

in Erwägung endlich, daß der Abschluß des Handels und die geschehene Lieferung der Waare zur thatsächlichen Begründung der Klage ausreichen, während die Behauptung des Beklagten, die nach Maaßgabe dieses Geschäfts fällige Forderung auf Zahlung des Kaufpreises sei durch bewilligten Credit

in eine betagte verwandelt, als Einrede aufgefaßt

und somit dem Beklagten zum Beweise verstellt werden muß, so wie daß die betreffende Behauptung des Beklagten mit hinreichender Deutlichkeit vorge tragen worden ist.

worden, eine Thatsache anführt, die nicht bloß ver= neinend ist, sondern auch einen selbstständigen Umstand enthält, der nach den Regeln des Beweises dem Kläger deshalb nicht zum Beweise verstellt werden kann, weil ihm lediglich der Beweis der von ihm angeführ ten Thatsachen obliegt, welche die angestellte Klage zu begründen genügen, und daher die erste Bes schwerde des Appellanten sich zur Berücksichtigung nicht eignet;

in Erwägung, daß indeß Beklagter, da die von ihm der Klage entgegengeseßte selbstständige gegen die Begründung des Klagerechts in seinem Entstehen ge= indem selbige sich ihrem Wesen und processuali richtete Behauptung als eine exceptivische sich darstellt, schen Zweck nach von denjenigen Behauptungen nicht unterscheidet, deren Inhalt die Wiederaufhebung eines bereits entstandenen Rechts zum Gegenstand hat, in

Uebereinstimmung mit seiner zweiten Beschwerde zu verlangen berechtigt ist, daß ihm der Beweis seiner Einrede freigelassen werde, und der hiergegen erhobene Einwand, daß es dem Beklagten hierzu an allem Interesse fehle, als begründet deshalb nicht erscheint, weil es, abgesehen davon, daß eine Präcisirung des directen Gegenbeweises zur Vorbeugung möglicher Weiterungen über die Zulässigkeit gewisser Beweismittel als wünschenswerth sich darstellt, dem Beklagten auch von Wichtigkeit ist, daß die Frist für den Be weis der Einrede erst nach Beendigung des Hauptverfahrens zu laufen anfängt,

wird auf eingelegte Recesse und Unterinstanzacten, so wie stattgehabte Verhandlung, von Obergerichtswegen hiedurch erkannt:

daß das angefochtene Erkenntniß des Kieler Magistrats vom 23. September 1856 dahin abzuändern, daß außer den darin erkannten Beweisen dem Beklagten in eventum der Bes weis darüber freizulassen, daß er sich nur für den Fall zur Zahlung von 1600 für den gekauften Vorrath Eichenholz verpflichtet habe, wenn die zuerst aufgemessenen 93 Stämme 3900 Cubikfuß ausmachten, im Uebrigen aber das gedachte Erkenntniß zu bestätigen sei. Unter Vergleichung der Kosten dieser Instanz.

Wie denn solchergestalt hiedurch erkannt wird

V. R. W.

Urkundlich 2c. Publicatum im Königl. Holsteinischen Obergerichte zu Glückstadt, den 23. März 1857.

wird, nach verhandelter Sache, unter abschriftlicher Mittheilung der Gegenerklärung der Appellaten an den Appellanten,

in Erwägung, daß zur Begründung der vorliegenden Klage namentlich gehört, daß ein ursprünglich unter Bestimmung des Preises per Cubiffuß unter den Parteien abgeschlossener Handel über Eichenstämme durch nachträgliche Vereinbarung dahin modificirt worden, daß an die Stelle jener Preisbestimmung die Aversionalsumme von 1600 R.-M. treten solle;

in Erwägung, daß die Kläger die mündlichen Erflärungen beider Parteien, aus welchen sie diese nachträgliche Vereinbarung herleiten, wörtlich angeführt haben, daß ferner von dem Beklagten zwar zugegeben ist, daß die von den Klägern angeführten Worte gesprochen worden, derselbe aber bestritten hat, daß das Gesprochene vollständig angeführt sei, indem nach feiner Angabe die Offerte der Aversionalsumme unter einer von ihm angeführten Bedingung gemacht und angenommen sein soll, und daß in Folge der vom Beklagten und Appellanten aufgestellten Beschwerde jezt hieselbst zur Entscheidung steht, ob nicht nach Maaßgabe solcher Feststellung des Streitpuncts der den Klägern in der Unterinstanz auferlegte Beweis ihrer eigenen thatsächlichen Anführungen dahin zu erweitern sei, daß sie das Zustandekommen der Vereinbarung über die Aversionalsumme ohne Hinzufügang einer Bedingung zu erweisen haben;

in Erwägung, daß, da Willenserklärungen nur in ihrer Vollständigkeit die Auffassung der wahren Bedeutung des Gewollten gestatten, und nur in dieser Bedeutung für die Begründung von Rechtsverhältnissen in Betracht kommen, die Bestreitung der Voll

Die weitere Appellation, des Beklagten führte zu ständigkeit der Anführung einer Willenserklärung, dem nachstehenden reformatorischen Erkenntnisse:

Frederik der Siebente &c.

In Sachen des Schiffsbaumeisters A. Conradi in Kiel, Beklagten, jezt Appellanten, wider die Hufner Hans Oesau in Wrist und Ludwig Christian Bade in Stellau, Kläger, jezt Appellaten, betreffend eine Restforderung von 533 32 R.-M., jezt Appellation gegen das Erkenntniß des Holsteinischen Obergerichts vom 23. März 1857,

aus welcher geklagt wird, der Natur der Sache nach eine Ableugnung des Klagegrundes in sich schließt, daß die vorliegende Klage, in welcher ohne Berufung auf die Erfüllung einer Bedingung die Verurtheilung des Beklagten zur Bezahlung der angeblich vereinbarten Aversionalsumme verlangt wird, nicht schlüssig sein würde, wenn man nicht als stillschweigend be= hauptet vorausschen müßte, daß die behauptete Vereinbarung ohne Bedingung abgeschlossen sei, und daß dieser vorausgesezte zur Klagebegründung wesentlich

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