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Gnaden Ihre Durchlaucht, die was nötig dein da, bis wohin wir für uns allein vorhat. gedrungen sind.

Jrdmann, für alles Gute leicht zu gewinnen, hatte kaum die nicht günstige Lage jener gemeinnützigen Anstalt vernommen, ais er schon in seiner Lebhaftigkeit einen Plan entwidelte, wie da zu helfen sei.

Gnaden Ihre Durchlaucht tauten vor dieser Dienstwilligkeit immer mehr auf.

Monegund und Kai saßen — das machte sich so, damit die andern Herrschaften nicht in der Beratung über den zu veranstaltenden Volksunterhaltungsabend gestört wurden — abseits am Fenster.

Als sie einander anschauten, hatten beide erst eine Enttäuschung durchzumachen.

Denn das Antlitz von Menschen, die uns etwas geworden sind, und die wir dann lange nicht sahen, verklärt sich in unsrer Erinnerung. Da müssen wir denn, wenn unser Auge wieder auf den Zügen ruht, eine kleine Entsagung üben: so schön und ebenmäßig und ausdrucksvoll, wie wir es uns nach und nach gedacht haben, sind sie doch nicht. Unser leibliches Auge verbessert beim Wiedersehen unerbittlich die Fehler des seelischen. Das geht nicht ohne Schmerz vonstatten. Aber dann lohnt sich auch das fleine Web: denn nun stellt sich das Bildnis des uns angenehmen Menschen richtig in uns ein und wird unveränderlich, nun behalten. wir es als etwas Erworbenes im Herzen. Wir haben darum gelitten. So ist es uns um so wertvoller: kein zufälliger Fund, ein mit uns verschmolzener Besitz.

Eo forschten auch Monegund und Kai einander auf den Angesichtern. Ja, da war manches falsch gewesen, wie sie sich's vorgestellt hatten, aber die Wahrheit, die Wirklichkeit wurde dann doch noch befriedigen= der als die Phantasie.

Und daß sie so schnell diesen Sieg über die Enttäuschung erreichten, das verdankten sie ihren Worten. Die waren von einem vertrauten Tone getragen.

Auch das nichts Seltsames. Denn wenn wir einer freundlichen Gestalt Lebewohl sagen, so ist das noch lange nicht die letzte Rede mit ihr. Wir fahren fort, mit ihr zu sprechen, und was wir mit ihr austauschen, das wird stets herzlicher und wärmer. Beim Wiedertreffen dann knüpfen wir nicht etwa da an, wo wir das vorige Mal, als wir zusammenwaren, aufgehört haben, son

Monegund und Kai war es zu Sinne, wie wenn sie seit ihrer Stunde auf Dusendjohrshof in geheimnisvoller Weise viel miteinander gesprochen hätten.

s war zu derselben Zeit, da Tennt-Jez und Monegund einander näher und näher kamen, daß Pastor Gregersen von einer furchtbaren Unrast und Aufregung ergriffen wurde.

In seiner Wohnung hielt er's nicht mehr. aus. Er lief aufs Feld und glaubte auch da zu ersticken. Erst war die Qual unbestimmt. Dann zog sich der Schmerz zusammen, und er erkannte ihn: es war seine Sehnsucht nach freundlichen, ihn verstehenden Menschen, es war die noch wehere Sehnsucht nach dem einen Geschöpf, das, wie er meinte, seine Erlösung in Händen hielt und die Hände nicht öffnete, um sie auf ihn niederträufeln zu lassen.

Er konnte nicht anders, er mußte zu 3rdmanns.

Und so stand er denn in einer Dämmerung nach langen Monden wieder einmal vor dem Hause in der Stille.

»Ist der Herr Professor zu sprechen?«

Und wieder einmal saß er oben bei dem Manne, der ihn einst in seiner Unbesonnenheit beschüßt und ihm so manches Gute getan hatte.

»>Die geistige öde - ich muß zugrunde gehen, Herr Professor!« Gregersen war noch magerer denn zuvor. Sein schlechter Rock, sein ungepflegtes Haar; sein Blick voller Düsternis.

Irdmann jammerte es des verwahrlosten, trostlosen Menschen. »Bietet Ihnen denn Ihr Amt als solches gar nichts?«<

»Ich komme nicht zu Gott und kann auch nicht zu denen, für die ich verantwortlich bin.

Und dann! Wenn ich dem Superintendenten mein Leid klage, dann noch das Schrecklichste: Prüfung, Demut, diese Phrasen, diese entsetzlichen Phrasen!« Er knirschte mit den Zähnen.

»>Wenn Sie sich nun um eine größere Pfarre bewürben? Wenn Sie wieder eine Stelle an der Schule suchten?« meinte Irdmann. >>Wo ich Ihnen irgendwie nützen kann, geschieht es gern.<<

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»Kommen Sie, so oft Sie wollen, Herr Gregersen. Es war sowieso nicht recht, daß Sie fortblieben.<<

Schon an diesen paar Worten richtete sich Immanuels Herz empor. Er kam nun fast regelmäßig jede Woche einmal, und in den Gesprächen mit Irdmann entlastete er sich seiner Sorgen, daß er mit seiner Gemeinde nicht eins werden könne, daß er sich überhaupt sein Leben verpfuscht habe, als er vom Gymnasium wegging.

Irdmann ermutigte ihn nach Kräften: »Ihr Leben fängt ja erst an!«<

Monegund wich Gregersen nicht aus, sie behandelte ihn gleichmütig höflich, aber sie mußte immer eine Abneigung besiegen, bevor sie ihre Hand in seine legte, die weichlich und dabei von kalter Feuchte war. Ein Schauer durchlief sie jedesmal. Und dazu kam noch, daß er die ihm gereichte Hand gern recht lange drückte.

Schließlich es traf sich so, er war mit dem jungen Mädchen wieder einmal allein in der Stube, wo er ihr zuerst seine Nöte gestanden hatte, da trieb ihn, all seinen Willen zur Zurückhaltung völlig niederpressend, die ewig in ihm bohrende Liebe zu Monegund, daß er stammelnd, stotternd die Frage tat: »>Fräulein Irdmann, und wäre es vielleicht doch nicht so ganz unmöglich? Was ich damals von Ihnen erbat —?« >>Es hat sich nichts in mir geändert, Herr Pastor. Ihre Miene war plötzlich finster. Er, in der tödlichen Angst, sich ein noch größeres Unheil bereitet zu haben und auch den Halt zu verlieren, den er immerhin in diesem Hause noch fand: »Aber, nicht wahr, Sie zürnen mir nun nicht, weil ich noch einmal daran gerührt habe? Ich darf auch weiterhin noch hier ins Haus kommen?«<

»>Wenn Sie nie wieder von dem einen sprechen wollen: ja.«<

noch niemals weder vor ihrem Vater noch sonst vor irgend jemand geschehen war: »>Warum denn? Armer Mensch? Ja, warum ist er denn immer und ewig ein armer Mensch? Er sollte sich schämen, von Mitleid zu leben!« In der Bewegung, mit der sie den Stuhl von sich rücte, war Ekel und Haßz.

Irdmann, der Milde und Weise: »>Willst du richten, Kind? Können wir auch nur fragen? Der Vogel hat es leicht, auf das herabzusehen, was auf Erden kriechen muß. Es ist eben eine schwere Kunst, sich selber Flügel einzusetzen, wenn man sie nicht von Natur mitbekommen hat. Gregersen hat das noch nicht gelernt.«

>>Gut. Meinetwegen. Aber ich sage dir, Vater: dann geht er mich auch nichts mehr an! Ich will ihn nicht mehr sehen.«<

»>Laß uns die Hand nicht von ihm abziehen. Daß er dir nie wieder zur Last fällt, dafür werde ich sorgen. Geduld mit den Leidenden.<<

Ja, immer Geduld, Milde, Weisheit, Verständnis!

Ach, Monegund hätte jeßt oft gern alle diese Vortrefflichkeiten unter die Füße getreten! Sie hatte lange genug in der war= men Luft gelebt. Jetzt lechzte sie nach einem andern Atemzug, einem schneidend kalten oder glühend heißen — ihr galt das gleich. Nur nicht das immer alles sacht lösende Laue!

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Minnaseele bekam zu dulden. Denn statt des Wortes »bitte«, das ihr Monegund bisher stets mitgegeben hatte, um jeglicher An= ordnung den Schein des Befohlenen fast völlig zu nehmen, flossen nun häufig die Wörter »rasch! gleich!« ein.

Minna stand bei dieser Wandlung, die ihrem Stolz als Dreiundzwanziger-Tochter bedenklich zu nahe trat, der Verstand still.

Irdmann aber, wenn er von Monegund Reden vernahm, die recht hart klangen, wenn sie beinahe lieblos über andre urteilte, wenn sie von den Kindern in der Schule abfällig sprach, wenn sie dem Vater sogar Widerstand leistete, schaute besorgt zu ihr

Gregersen ergab sich auf Gnade und Un- auf: »Ich weiß nicht, was in der leßten Zeit gnade. für Einflüsse auf dich wirken.<<

Monegund, ärgerlichen Gesichts, verschwieg ihrem Vater das Vorgefallene nicht. »Der arme Mensch!« sagte der Professor. Da fuhr das junge Mädchen auf, wie es

>>Gar keine! Nur ich will alles ein bißchen straffer, ein bißzchen —« Sie fand den Ausdruck nicht und preßzte statt dessen, indem sich ihr Körper spannte, die geballten

Hände vor die Brust. Dabei bog sie das Haupt zurück, so daß die Kehle frei ward. Das war die Stellung, die wohl einer einnimmt, der den Fußz zum Laufen heben will.

Tennt-Jeß schien es so, als ob sich alles Licht auf der Gestalt Monegunds versammelte.

Sie war ganz in Weiß gehüllt. An den Schultern bauschte es sich seidig und vielittergutsbesitzer von Tennt-Jeß und gefaltet. Der feine Hals und die vollen

REchwester luben Herrn Profeffor Dot. Arme hoben sich im zarten Gelb dagegen

tor Irdmann nebst Fräulein Tochter auf einen Januartag zur Abendgesellschaft ein. »Da sind wir ja hellschen in Gnade, mein Döchting, meinte Irdmann.

Er hatte mit Monegund den Besuch der Dusendjohrshofer in aller Form erwidert, seine Wirksamkeit zugunsten des Säuglingsheims hatte sich gelohnt, und sein mit bürgerlichem Liberalismus durchtränkter Name stand mitten unter einem hohen Adel, der den Ehrenausschuß für diese Anstalt bildete. Er war als brauchbar befunden worden, und so hatte das gnädige Fräulein nichts einzuwenden gehabt, als ihr Bruder ihn und seine Tochter unter den Gästen zu sehen wünschte. Überdies war es ja nur die sogenannte Zivilgesellschaft, die jedes Jahr um diese Zeit gegeben wurde.

Die Wagen fuhren durch das schmiedeeiserne Portal des Schlosses, und man versammelte sich, so recht feierlich hereinschreitend, im Saale, dessen reicher Kerzenglanz gedämpft von den dunkelbraunen Ölgemälden zurüdgeworfen wurde.

Da kamen die drei Senatorenfamilien, deren Töchter einander so ähnlich sahen und noch dazu so ähnlich gekleidet waren, daß die eignen Väter sie immer untereinander verwechselten; das behäbige, immer süßz lächelnde Bürgermeisterehepaar; der Superintendent, der bei aller Verachtung irdischer Güter nie eine Einladung zu einem voraussichtlich guten Abendessen ablehnte; er brachte Immanuel Gregersen mit, der nicht frei in einem Zimmer stehen fonnte und sich deshalb auch hier sofort in eine Ede verkroch.

Dann die Herrschaften vom Amt und vom Gericht, das unumgängliche Jungvolt: Konjulssöhne und Referendare, noch einige weiter nicht auffallende Persönlichkeiten, dazu eine mäßige Mischung nicht allzu agrarisch ausgeprägter Charaktere von Gutsbesitzern und, als besondere Ehre für die Eingeladenen, die siebzigjährige Witwe eines deutschrussischen Wirklichen Staatsrates.

Es fehlten nur noch wenige, als Monegund und ihr Vater eintraten.

ab. Von der nach der Mode jener Jahre eng mit einem Gurt umschlossenen Taille fiel das Kleid vorn gerade herunter, während es sonst schräg weit abstand. Drei Rüschenreihen umkränzten es vom untersten Saum bis zur halben Höhe. Im braunen Haar, um das eine Handgelenk und über Brust und Nacken hin glänzte das tief lebendige Gold großzer, klarer, in lauter dreieckige Flächen geschliffener Bernsteinperlen.

So stand das junge Mädchen einen Augenblick nahe der Schwelle still, freudig auf das festliche Bild blickend, das sich ihr darbot.

Bis dann Tennt-Jeß auf sie zueilte...

Sein von Fräulein Aurelie als zu freundschaftlich ehrerbietig empfundener Handfuß brauchte es Monegund nicht erst zu sagen: sie fühlte sich eins mit dem, was sie trug, und in dieser Harmonie hatte sie auch die Sicherheit, schön zu sein.

Was Tennt-Jeß mit Monegund sprach, waren eigentlich dieselben Worte, die er allen seinen Gästen widmen mußte, aber der warme Ton, worauf sie ruhten, verlieh ihnen den Wert von Innigkeiten.

Gib eine Blume gleichgültig hin - fie wird dem andern nichts sein als ein rasch vergänglicher Schmud. Schaue vorher mit Liebe auf sie, und sie wird dem Beschenkten das Stübchen mit einem Duft erfüllen, der auch dann noch nicht vergeht, wenn die paar bunten Blätter längst vertrocknet in einer Grube liegen.

Der Diener meldete, daß angerichtet sei. Die Paare ordneten sich.

Kai mit der Exzellenz, Aurelie, auch heute in strengem Violett, mit dem Amtsverwalter. So suchte Männlein das ihm vorher zubestimmte Weiblein.

Dabei aber geschah es, daß der junge Gutsbesitzer, der Fräulein Irdmann zu Tisch. führen sollte, nicht flink genug bei der Hand war.

Da plötzlich tänzelte, wie wenn ein Fäßchen auf Federn herangehüpft kommt, der kleine Doktor Bimmichel auf sie zu und

machte seine Verbeugung. Monegund legte ihren Arm in den seinen; der jetzt erschroden herbeieilende Gutsbesitzer konnte nichts mehr ändern und mußzte sich nun rasch dorthin wenden, wo eigentlich Doktor Bimmichel hätte um die Ehre bitten sollen.

Doktor Bimmichel war dafür bekannt, daß er derlei Gewaltstreiche machte. Er kurierte in Lütthusen die Leute, die sich den Magen an geräucherter Gänsebrust und braunem Kuchen verdorben hatten, und suchte seit langen Jahren nach einer angenehmen Lebensgefährtin mit viel Mitgift. Lernte er nun in Gesellschaften irgendein junges Mädchen kennen, das er für seiner würdig hielt, so wußte er sich an die Seite dieser Dame zu schlängeln. Am nächsten Tage erhielt dann immer der Vater eines solchen jungen Mädchens die höfliche schriftliche Anfrage von ihm, ob sein Besuch angenehm sei.

Er bekam regelmäßig die ausweichende Antwort, daß es augenblicklich leider gar keine Magenverstimmungen in der Familie gäbe. Vorkommendenfalls werde man sich seiner gern erinnern.

So war er vierzig Jahre alt geworden und hatte noch immer nicht sein Ideal gefunden: die treue deutsche, gut kochende Hausfrau mit großzem Geldsack. Und da er allmählich ungeduldig wurde, so nahm er sich bei seiner Damenwahl immer freiere Eigenmächtigkeiten heraus.

Das Unglück war geschehen. Monegund schritt neben dem kleinen Doktor im Zuge über den Flur die Treppe hinauf, und da sie bei etlichen witzig gemeinten Bemerkungen ihres Herrn unwillkürlich auslachte, so war Doktor Bimmichel überzeugt, daß er eine tiefe Wirkung auf das Herz des Fräuleins ausgeübt habe. Da würde die ehrbare Annäherung sicherlich glücken.

In einem geräumigen Zimmer stand die lange Tafel mit Tannenreisern und Rosen als Schmuck. Man nahm Platz, und schnell ließzen die Diener, gut geschult, die Flaschen in den weißzbekleideten Händen vorstreckend, den Wein mit der Schaumkrone in die Gläser perlen.

Schnell wurden die Teller herumgetragen, und das nach und nach immer mehr anschwellende Summen der Tischbehaglichkeit setzte ein.

Monegund hörte von ihrem Nachbar zur Linken nicht viel, denn Doktor Bimmichel

konnte sich während des Essens beim besten Willen nicht mit Gespräch abgeben. Das kam schon nach der Tafel.

Monegund vermißzte nichts.

Sie ließ die Augen gern über die Tafel schweifen. Tennt-Jeßz hob sein Glas zu ihr hin, sie nickte ihm fröhlich zu.

Reichliches taten die Herren im Trinken. Das lag hier so von alters her in der Luft.

So wechselten die Teller, so leerten sich und füllten sich die Gläser, so wurden die Reden lauter und freier. Nur in Fräulein Aureliens Umgegend herrschte mehr der höfische Flüsterton vor.

Endlich ein geräuschvoller Aufbruch, dann wieder im Zuge hinunter, und während sich die Herren in den Nebenräumen verteilten, blieben die Damen, jede ehrgeizig danach, vom gnädigen Fräulein angeredet zu werden, im Eaale.

Gnaden hielten Cercle.

Auch Monegund ward gewürdigt: »Bernstein sehr apart, liebes Fräulein Jrdmann. Er trägt sich aber wirklich auch nur zu Weiß. Werden Sie das Karl-Mayer= Konzert besuchen? Ihr Herr Vater hat wohl sehr viele Stunden? Ich denke mir doch das Unterrichten sehr anstrengend. Und der viele Staub in solchen Klassen. Sie sind auch —?«

»Ja, ich bin Lehrerin. Ich möchte nur gern mehr zu tun haben.«<

>>Ja, die jungen Mädchen haben heutzu= tage Ehrgeiz. Aber meiner Ansicht nach bleibt doch das Haus der eigentliche Ort für uns, nicht wahr?«

»Gewiß, nur bei unserm kleinen Haushalt...«

>>Lesen Sie nicht viel?«
»Doch.«

>>Kennen Sie Natalie von Eschstruths neuesten Roman?«

»Nein. Ich habe nur einen von ihr in der Hand gehabt, und der war mir recht langweilig.«<

»>Nun, wenn man in den Gesellschafts= freisen, die sie bevorzugt, versiert ist... Ich bitte, Exzellenz! Hier!«

Damit war Monegund entlassen, und das gnädige Fräulein zeigte der Wirklichen Staatsratswitwe den Ehrensiz.

Bald kamen, lebhafter, als es Ihro Gnaden eigentlich gefallen konnte, die jungen Leute herein, flüsterten mit den Mädchen,

ein Kichern dann wurde Fräulein von sehnige Gestalt hielt, führte sie, wie und woTennt-Jeß bittend umringt.

Sie wußte schon: ein paar Tänze! Um die Musik dafür zu haben, hatte sie den Drewißer Schulmeister in Bereitschaft. Der saß hinten bei der Dienerschaft und wurde immer so eben unter Alkohol gehalten, damit er frisch blieb.

Nun holte man ihn herein, er kam in seinem langen Küsterrode, dienerte, wie es solcher unterdrückten Kreatur zukommt, und schob sich an den Flügel. Kaum hatte er die Tasten berührt, so vergaß er alles rundumher. Die Melodien flossen ihm nur so zu, und das junge Völkchen schwang sich lustig danach im Kreise.

Die älteren Herren erschienen aus den Nebenzimmern und ließen sich, schon mit fleinen Anzeichen von Müdigkeit, an den Seiten des Saales nieder.

Der Superintendent ließ Gregersen nicht von sich. Der mußte ihm über die Drewitzer Kirchenverhältnisse Bericht erstatten: wieviel Taufen? Wieviel Trauungen? Sterbefälle?

»>Nur vierzig Abendmahlsgäste? Aber lieber Amtsbruder, das muß besser werden, viel besser! Wir werden hier ein Missionsfest feiern. Unser lieber Bruder Karrig spricht herrlich im Lichte des Wortes: die armen Heiden - was sie meiden, und woran fie leiden. Gemütsergreifend, sage ich Ihnen!« Gregersen hörte halb zerstreut, halb gequält zu. Er sah Monegund ... angeredet hatte er sie nicht, einmal nur war er auf sie zugegangen, da kam es ihm vor, als wiche Das lähmte ihn für den ganzen Abend. Nun sah er sie nur von ferne: die schlanke, hohe, weiße Erscheinung, wie sie fich in Jugendlust dem Tanze hingab, wie sie für jeden eine freundliche Antwort hatte; nur mit ihm zu sprechen, das fiel ihr nicht ein. Er sah, wie Herr von Tennt-Jeß sich um fie bemühte. Sie lachte ihm oft zu. Ja, wie leicht mußte es eigentlich sein, sich so zu unterhalten, das Wohlgefallen eines Mädchens zu erringen!

hin es ihm beliebte. Und dann flüsterten sie miteinander.

Gregersen verzehrte sich in Neid, in Eifersucht; da hörte er neben sich den Superintendenten: »>Und versäumen Sie ja nicht, in den Bibelstunden auf das Mangelhafte, Gott unmöglich Wohlgefällige einer nur vor dem Standesamte geschlossenen Ehe hinzuweisen.«<

Abendmahlsgäste Bibelstunden! Gregersen hätte aufschreien mögen: was geht mich das alles an?! Er spähte nach einer Gelegenheit jetzt wurde der Superintendent zur Erzellenz gebeten, da drückte er sich ohne Abschied zur Tür hinaus und ging ins Dunkle.

Er sah noch zurück. Die hellen Fenster! Monegund tanzte, freute sich, sie scherzte, sie war so holdselig blühend, in ihr war das ganze anmutige Leben selbst, und in ihm hier draußen, in ihm, der ängstlich über die Pfützen kroch, da war nichts andres als der Tod.

Tennt-Jeß führte das hochatmende Mädchen, um ihr Erfrischungen zu reichen, in den Raum beim Saale. Der Zufall schenkte es ihnen: für Augenblicke waren sie allein.

In seiner wohl kecen und zuversichtlichen und dabei doch seinen und bescheidenen Ehrlichkeit stand er vor ihr: »>Es klingt so furchtbar abgebraucht, aber wie soll ich es anders sagen? Wundervoll sehen Sie aus, gnädiges Fräulein!«

Ein kurzes Senken ihres Hauptes wie aus Scham, dann ein Erheben in gerechtem Stolze.

»Ich möchte,« sagte er weiter, »>alle andern Menschen wären fort und Sie gingen einmal durch den Saal, nur einmal, und ich dürfte irgendwo ganz still sitzen und Sie nur anschauen. Das müßte...«<

Was sein Mund nicht zu Ende sprach, sein ganzes Sich-zu-ihr-hindrängen verriet es ihr.

Monegund hatte das Gefühl eines Durchrieseltwerdens. Sie merkte diesen Mann

Geist braucht man sicherlich nicht dafür, auf einmal viel näher an sich als selbst vorbloß den Mut mußte einer haben.

Jetzt erflangen vom Klavier her Töne, so weich, so einschmeichelnd, daß sie Gregersen beftig erregten, daß sie ihn fast zum Weinen brachten. Und wieder war Tennt-Jeß Monegunds Herr. Sie wiegte sich an ihm, seine

hin, wo er sie im Tanze umschlang. Sie unterschied die Dinge um sich herum nicht. ganz scharf. Davor erschraf sie und trat einen Schritt von ihm zurück.

Da erschien auch bereits Fräulein Aurelie an der Tür.

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