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Eine solche würdige Pionierin war Frau Elisabeth Siefert, die vers storbene Gattin des Präsidenten des Deutschen Pionier-Vereins. Frau Siefert, geborene Broßmer, war am 1. November 1813 in Waldburg, Amt Ettenheim, Ba= den, geboren. Im Jahre 1834 wanderte sie mit ihren Eltern und Geschwistern nach Amerika aus, und sie siedelten sich noch im selbigen Jahre in Cincinnati an woselbst der Vater eine Besenbinderei anfing. Später zog Herr Broßmer nach Ludlow, Kentucky, woselbst er auf der alten Ludlow Farm" Gärtnerei betrieb. Hier war es, wo sie ihren nachmaligen Gatten kennen lernte, und zwar unter Umständen, die das Liebesband der beiden Leute um so fester knüpfte und ihre mehr als gewöhnlich glückliche Ehe anbahnte. Herr Siefert war nämlich, als er einst für Herrn Ludlow arbeitete, schwer erkrankt, und auf Ludlow's Rath und Mithülfe wurde er in die Wohnung Broßzmer's gebracht, woselbst er durch seine spätere Frau so sorgsam gepflegt wurde, daß sich alsbald ein Liebesverhältniß zwischen dem Genesenden und seiner Wärterin entspann, welches mit einer ehelichen Verbindung be= schlossen wurde. Sie wurden am 8. Januar 1837 durch den Pfarrer Johann Melchior Henni (dem jezigen Erzbischof von Milwaukee) in der DreifaltigkeitsKirche in Cincinnati getraut. Ihre lange und äußerst glückliche Ehe wurde durch mehrere Kinder gesegnet, deren Erziehung zu braven Bürgern und Bürgerinnen, und deren Bewahrung eines frommen deutschen Gemüthes der Mutter zum höch sten Lobe gereichen. Sie starb am 7. Dezember 1875, tief betrauert von ihrem langjährigen Gesponse und sechs zumeist erwachsenen Kindern. Frau Siefert war eine milde und gastfreie Frau, deren höchste Freude darin bestand, daß sie den Nothleidenden Wohlthaten erweisen fonnte, und die Armen und Dürftigen werden. sie schmerzlich vermissen. Ein zahlreicher Kreis der „Alten" gaben der braven deutschen Pionierin das lehte Geleite. Möge sie in Frieden ruhen.

R.

Das deutsch-amerikanische Lehrer-Seminar.

Seit bereits zwei Jahren hat sich in den Vereinigten Staaten die Frage bezüglich der Gründung eines deutsch-amerikanischen Lehrer-Seminars, mit mehr oder minderer Dringlichkeit geltend gemacht, bis sie endlich gegenwärtig aller Orten eine festere Gestalt angenommen hat. Ueberall wird gesammelt, um die nöthigen Fonds zu beschaffen, damit das Project kein frommer Wunsch bleibe. Möchten doch die vielseitigen Bestrebungen alle mit Erfolg gekrönt werden!

Auch in Cincinnati hat sich ein Agitations-Committee gebildet, um hier bei unseren deutschen Bürgern anzuklopfen und ihr mildes Scherflein zu erlangen. Hoffentlich werden diese nicht hartherzig die Hände über das Portemonnaie falten und die Herren vom Committee, wenn sie bei ihnen vorsprechen, schnöde von sich weisen. Es gilt ja einen edlen, einen hohen Zweck: Vorsorge für die Festhaltung einer gründlichen deutschen Schulbildung für unsere Kinder und Kindeskinder.

Cincinnati nimmt in der Geschichte des deutschen Unterrichts in den öffentlichen Schulen Amerika's den ältesten und hervorragendsten Posten ein, ein

Ehrenposten, den wir dem unermüdlichen Ringen und der unabläfügen Wachsamkeit der deutschen Pioniere hiesiger Stadt ohne Ausnahme der politischen Ansichten und der Religionsmeinungen zu verdanken haben. Die meisten dieser wackeren Veteranen, die damals gekämpft für die Erhaltung des Deutschthums in Amerika, ruhen bereits unter der Erde: August Renz, Stephan Molitor, Ludwig Rehfuß, Heinrich Nödter, Georg Walker, Anton Kahny, Karl Wolf, Ritolaus Höffer und viele, viele Andere; aber ihr Werk, die deutsche Schule, lebt noch und blüht und trägt heute die schönsten Früchte. Sollten wir, die wir heute die Erndte einsammeln, welche diese Pioniere damals gefäet haben, blos das einerndten wollen, was Andere für uns gepflanzt haben, ohne daß auch wir wieder säen für Kind und Kindestinder? Gewiß nicht! Den errungenen Ehrenposten sollte sich das Deutschthum Cincinnati's nicht durch seine Lorheit in der vorliegenden Angelegenheit wieder rauben lassen. Es sollte zeigen, daß auch wir ebenso bereit sind zu handeln, wenn es gilt, deutsche Sprache, deutschen Geist und deutsches Gemüth zu fördern und zu vertreten. Jeder hat wohl noch ein überflüssige s Scherflein in diesem oder jenem Winkel liegen, das er mit Freuden geben sollte. Die Erziehung der Jugend ist ja eine der höchsten Pflichten der Menschheit. Haben wir unsere Kinder bereits erwachsen und erzogen, so denken wir an die Kindeskinder. Das Samenkorn, welches wir heute säen, das werden unsere Enkel erndten.

Es ist nicht das erste Mal, daß Cincinnati einem derartigen Institute seine hülfreiche Hand geboten. Es war im Jahre 1841, gerade als hier die deutsche Schulfrage durchgefeßt worden war, daß das deutsche Lehrerseminar in Philippsburg, Pennsylvanien, begründet wurde. Im Laufe der Zeit ist jenes Seminar zwar in die Hände einer protestantischen Sette übergegangen, weil damals die deutschen Kräfte in den Vereinigten Staaten noch nicht stark, resp. zahlreich genug waren, ein derartiges Institut im selbstständigen Leben zu erhalten. Heute ist das anders geworden. Einmal gegründet und gepfründet, denn das ist der Plan des gegenwärtigen Projectes, wird sich ein Lehrerseminar in der Folge leicht halten können. Damals zählte das deutsche Element in den Vereinigten Staaten nach Tausenden, heute nach Millionen; was damals unmöglich war, ist heute sehr möglich.

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Ueber die Details der späteren Führung des Seminars sollten wir nicht von vorn herein zanken und darüber den Hauptzweck aus den Augen verlieren. Wir wissen es nur zu gut, die Deutschen sind stets geneigt, über die Einzelheiten zu debattiren, ja, wie man sagt „über die Haut verfügen, ehe sie den Bären haben," während sie ohne große Vorbehalte erst die Hauptsache feststellen sollten. In dieser Beziehung könnten sie sehr von den Amerikanern profitiren. Mit welchem Eifer zeichnen diese nicht alle nur möglichen Garantiefonds für Dieses, für Jenes und für Allerlei, und wie wenig wird da vorher gefragt: wer verwaltet es, wer leitet es, wer steht an der Spiße, wer ist der Präsident, der Sekretär, der Verwalter 2c.? Wenn nur der Zweck plausibel ist, so giebt der Amerikaner. Diese Lehre sollten sich die Deutschen zu Nuge nehmen.

Der Zweck, um den es sich hier handelt, ist ein edler, ein nicht genug zu schäßender. Er begreift in sich die Erhaltung alles dessen, was uns theuer ist: dic Pflegung der schönen deutschen Sprache, der Sprache Schiller's und Goethe's und

Humboldi's und der Tausende der größten Dichter und Denker aller Welt, die Erhaltung des deutschen Gemüthes, der deutschen Sittenreinheit in diesem sonst so materiellea, so äußerst kaltem Lande. Sollte da nicht Jeder willig seinen Antheil opfern? wir glauben es! Nicht Religion, nicht politische Rücksichten, sollten als Vorwand gelten, um sich einer Pflicht zu entziehen, die man gewissenhaft schuldig ist. Alle sollten harmonisch Hand in Hand gehen und das Ziel wird erreicht wer den. Selbst wenn wir, wie z. B. in Cincinnati, auch augenblicklich keinen Nugen aus dem projectirten Seminar ziehen könnten, da wir ja cine eigene Normalschule haben, so sollten wir bedenken, daß auf dem Lande und in den kleineren Orten Unterstübung Noth thut. Also ihr Deutschen, wenn das Committee an cure Thüre flopft und um eine Gabe für das projectirte Lehrerjeminar bittet, gebt mit wohlwollenden Händen, denn was ihr gebt, das gilt der Erhaltung der deutschen Sprache, der deutschen Sitte in Amerika! R.

Gustav Adolph Wislicenus.

Am 15. October dieses Jahres starb in Fluntern bei Zürich in der Schweiz der Vater der frei-religiösen Gemeinden, Gustav Adolph Wislicenus. Derselbe war am 20. November 1803 zu Battaune bei Eulenburg geboren, woselbst sein Bater protestantischer Pfarrer war. Während Wisticenus noch auf der Universität Halle seine Studien machte, wurde er im Jahre 1824 als der Betheiligung an den sogenannten demagogischen Umtrieben verdächtig in Untersuchungshaft gezogen u. später zu einer längeren Festungshaft verurtheilt, aus welcher er im Jahre 1829 durch Begnadigung entlassen wurde. Nach nunmehr fortgefeßten Studien, erhielt er im Jahre 1834 die Predigerstelle in Klein-Eichstädt, und 1841 eine solche an der Neumarktskirche in Halle. Hier entwickelte sich bei ihm die frei-religiöse Anschauungsweise, die er natürlich auf der ihm zu Gebote stehenden Kanzel öffentlich kundgab und wodurch er mit dem evangischen Consistorium in Conflikt gerieth, welches im Jahre 1846 zu seiner Amtsentsegung führte. Seine Grundsäge hatte Wisticenus bereits in 1845 in einer kleinen Schrift „Ob Schrift, ob Geist ?" (Leipzig 1842, 1-4 Auflage) kundgegeben, und nach seiner Amtsenthebung stellte er seinen Prozeß in einer Broschüre „Die Amtsentschung des Pfarrers Wislicenus in Halle," (Leipzig 1846) dar. Nachdem er vollständig mit dem evangelischen ConHistorium gebrochen hatte, gründete er in Halle die Freie Gemeinde", an welcher er als Prediger lebte, bis er in 1853 durch seine Schrift Die Bibel im Lichte unserer Zeit" sich einer abermaligen Verfolgung der orthodoxen protestantischen Geistlichfeit zuzog, die mit einem Prozeß endigte, in welchem Wielicenus zu einer zweijährigen Gefängnißhaft verurtheilt wurde. Dieses veranlaßte ihn im November 1853 sich der Gefangenschaft dadurch zu entziehen, daß er nach Amerika floh, resp. mit seiner Familie auswanderte.

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Zuerst hielt Wislicenus nun frei-religiöse Vortäge in Boston, allein bereits im Mai 1854 siedelte er nach New York über und gründete in Hoboken ein Erzie

hungsinstitut, welches er zwei Jahre lang fortführte, bis er durch die amerikanischen Verhältnisse abgestoßen, in 1856 den Entschluß faßte, nach Europa zurückzukehren. Hatte ihn bei seiner Nebersiedelung nach Amerika Europa quasi nicht fortlassen wollen er wurde, von Liverpool abfahrend, durch Stürme auf dem Meere so umhergeworfen, daß das Schiff, nachdem es Irland umkreist hatte, wieder nach Liverpool zurückkehren mußte, um dann noch einmal auszulaufen - so zerstörte ihm das amerikanische Leben alle seine Illusionen, die er sich von der Freiheit dieses Landes ehemals geträumt hatte. Er wandte sich mit dem Bekenntniß: „Ist Deutschland verloren, ist Alles verloren," nach der Schweiz, woselbst er sich in Zürich niederließ und abermals eine Eziehungsanstalt begründete. Hier gab er noch „Die Bibel für denkende Leser" (2 Bde., Leipzig 1863-64) heraus, zog sich später von der Erziehungsanstalt wieder zurück und nahm dann seinen Wohnß zu Fluntern bei Zürich, woselbst er, wie eingehends bemerkt, am 15. October 1875 gestorben ist.

Wislicenus war der Nestor und die Seele der frei-religiösen Bewegung, die in der Vereinigung der evangelischen Kirche Deutschlands ihren Ursprung hatte. Man nannte ihre Anhänger damals die „Lichtfreunde". Auch war man bemüht, diese frei-protestantische Bewegung mit der zur Zeit ebenfalls agitirten deutschkatholischen Bewegung, an deren Spiße Ronge, Terzly und Dowiat standen, zu verschmelzen, was jedoch nicht gelang.

Am bekanntesten ist von den Wislicenus'schen Schriften seine „Bibel", allein auch seine Broschüre „Ob Schrift, ob Geist?" bildet heute noch das unausweich = Fragezeichen an der Thür des Protestantismus. Ernst, fest, mild, aber conse= quent," sagt Schünemann-Pott in einem kleinen Gedenkblatt des Verstorbenen in seinen Blättern für freies religiöses Leben“,,saß er wie ein Patriarch im Kreise. der Seinen und der Freunde, ein klarer, selbstfuchtloser Charakter." Sein Sohn Hugo, ein hoffnungsvoller Naturforscher verunglückte am 8. August 1866 am Tödi: ein Windstoß riß den einsamen Alpenreisenden in die Tiefe. Sein ältester Sohn, Johannes Wislicenus ist gegenwärtig Rektor der Universität Würzburg.

Für die kulturgeschichtliche Entwickelung des Deutschthums in Amerifa war Wislicenus insofern von Bedeutung, als er, wenn auch nur durch seine reformatorische Stellung, zur Gründung der zahlreichen deutschen frei-religiösen Gemeinden, denen wir in allen amerikanischen Großstädten begegnen, den Hauptanstoß gege= ben hat.

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Zwei deutsch-amerikanische Literaten gestorben.

Mangel an Naum halber waren wir genöthigt, das Ableben zweier deutscher Literaten unserer Stadt bis auf die heutige Nummer zurückzustellen. Da sie aber in der Entwicklungsgeschichte der deutschen Literatur Amerifa's (jeder in seiner Sphäre) höchst aktiv thätig waren und außerdem auch am Pionier" mitarbeitend gewirkt haben, so dürfen wir denselben ein, wenn auch nur bescheidenes, Pläßchen. in unseren Spalten nicht versagen.

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Joseph Fredeweft.

Am Mittwoch den 27. October 1875 starb in seiner Wohnung in Cincinnati der auch in weiteren Kreisen bekannte deutsch amerikanische Literat Joseph Fredewest. Derselbe war am 13. Juni 1817 in der Stadt Osnabrück, im da maligen Königreiche Hannover geboren. Er studirte in seiner Jugend in seiner Vaterstadt und beschäftigte sich bereits in seinem 18. Lebensjahre als Mitarbeiter an einer Zeitschrift. Diesem seinem Berufe als Journalist blieb er mit größeren oder kleineren Unterbrechungen bis zu seinem Tode tren.

Vor etwa 18 Jahren kam er mit Herrn Joseph A. Hemann, der eine Besuchsreise nach Deutschland gemacht hatte, nach Amerika, und fungirte zuerst als Lehrer an einer Schule in Galveston, Texas. Hier verblieb er jedoch nur kurze Zeit, worauf er dann nach Cincinnati fam und bald darauf an der katholischen Wochenschrift „Wahrheitsfreund“ eine Anstellung als Mitredakteur erhielt. Vor 15 Jahren verheirathete er sich mit Rosalie Donnersberger, Tochter des alten deutschen Cincinnatier Kunstgärtners Anton Donnersberger. Ein Jahr später gab er in Verbindung mit seinem Schwager Donnersberger eine katholische Wochenschrift, der „Voltsbote" heraus, die drei Jahre bestand. Er gründete ebenfalls den MarienKalender.

Als in Cincinnati das katholische Institut in's Leben trat, fungirte er eine Zeitlang als Sefkretär, abeitete dann wieder in der Nedaktion des „Wahrheitsfreund", dann vor etwa fünf Jahren in der Redaktion des „Volksfreund", besorgte ferner die regelmäßigen Wochen- Correspondenzen für die „Baltimorer Katholische Volkszeitung", die er mit „Joseph im Westen“ zu unterzeichnen pflegte, und war in den lezten Jahren bis kurz vor seinem Tode im „Wahrheitsfreund“ beschäftigt.

Er war Mitglied der bischöflichen Ehrengarde, Mitglied des christlichen KunstVereins, Ehrenmitglied von drei Unterstüßungsvereinen, Mitglied des Festcommit tees der 20. General-Versammlung des D. R. K. Centralvereins und mehrerer wohlthätiger Gesellschaften. Er war ein Deutscher von ächtem Schrot und Korn, der ein entschiedenes Wort und ein herzhaftes Auftreten liebte, und entwickelte eine ungemein lebhafte Thätigkeit, wenn es galt, etwas Gemeinnütziges und Wohlthätiges in's Werk zu sehen und zu stiften.

Karl von Schmidt-Bürgeler.

„Draußen auf Spring Grove grünt es und blüht es auch! Neues Leben bereits überall! Die Matten grünen, die Sträucher sproßen, die Schwäne wiegen sich auf klarer Fluth, die Vögel zirpen in den Zweigen und die Locomotive saust durch diesen Friedensgarten. Der Maurer rührt Hammer und Kelle. Prächtige Monumente werden errichtet. Das ist Leben! Hoffnungsgrünes Leben! und die kausend stattlichen Monumente sind so viele zum Himmel gehobene Finger, die Euch jungen und auch wohl Euch, Ihr alten Erdenpilger, die Richtung zeigt, wo aus diesem armen Leben der sichere Pfad in Euer neues Leben führt. **** Neues Leben! Wie eng verbunden ist damit der Tod! Neichen sich diese Geschwister nicht freundlich die Hand? Wollt Ihr Leben und Tod scheiden? Ihr könnt es nicht! Aus dem Tod kommt Ihr zum Leben und aus dem Leben führt Euch der Tod wiederum zum ewigen Leben! Die Geschwister reichen sich freundlich die Hand. Wehe

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