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Nachdem in der oberwähnten Stelle der Schauenburgischen Hofgerichtsordnung von der Grafschaft Herkommen und Gewohnheit, worunter obbemerktermaaßen das Jus Saxonicum non scriptum zu verstehen, die Rede gewesen, wird tes Sächsischen Rechts als einer Sahung gedacht, wornach nicht gesprochen werden soll, wenn es nicht durch eine zu erweisende Gewohnheit Gültigkeit erhalten. Unter diesem Sächsischen Rechte kann, da des Juris Saxonici non scripti schon früher erwähnt, nur das Jus Saxonicum scriptum, der Sachsenspiegel, gemeint seyn (20). Diesem ward die fernere Gültigkeit abgesprochen, jedoch dadurch, daß man den Beweis der Gültigkeit als Gewohnheit frey ließ, deutlich zu erkennen gegeben, daß der Sachsenspiegel bisher war in der Grafschaft nicht unberücksichtiget geblieben. Das Gen gentheil würde dahin führen, daß die Gesetzgebung einen unmöglichen Beweis reservirt håtte, wie doch nicht anzunehmen ist.

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Jahrgang 1770, Stud 10 seq.; and Encyclopaedia jurium et Constitutionum Pinnebergensium in den Schlesw. Holst. Anzeis gen Jahrgang 1771, Stuck 40 seq. Endlich darf nicht übers gangen werden: Von dem in der Herrschaft Pinneberg gelten= dem Rechte der Abschiede oder Altentheile, in den Schlesw. Holst, Anzeig. Jahrg. 1801, Stück. 9 abgedruckt;-und Versuch einer Beschreibung der Herrschaft Pinneberg in besonderer Hinsicht auf den Geschäftsgang, in Niemanns Schl. Holst. Vas terlandskunde III. pag. 39 bis 768 Ueber das Pinneberger Ding und Recht oder Landgericht, und über das dortige Gó= ding vide Cronhelm historischer Bericht pag. 295.

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20) cfr. Cronhelm Historischer Bericht pag. 79. seq. welcher zeigt, daß der Ansdruck:,,Sachsen-Recht" den Sachsenspiegel bezeich net. Abhandlung: Von der Bedeutung des in den Holsteinischen Gesezen vorkommenden Ausdrucks: der Sachsen-Rechten; abgedruckt in den Schlesw. Holst. Anzeigen Jahrgang 1766 pag. 301 u. f. F. C. Jensen diss. de libera bona avita alienandi facultate $5.

Cronhelm führt endlich noch als Grund für die vor malige Gültigkeit des Sachsenrechts in der Grafschaft Pinneberg an 21): daß das Kloster Uetersen, welches in dem ehemals Schauenburgischen Districte belegen sey, noch jest nach Sächsischem Rechte beurtheilt werde. Diesem Grunde mangelt es aber an Haltbarkeit. Denn von den frühesten Zeiten an war, zuerst zwischen den Grafen von Pinneberg und den Herzogen von Holstein, und demnächst zwischen diesen selbst, die Zuständigkeit der Landeshoheit über das Kloster Uetersen der Gegenstand sehr lebhafter und fast ununterbrochener Streitigkeiten 2) und wenn gleich das Kloster Uetersen sich während des Streits zwischen den Grafen von Schauenburg-Pinneberg und, den Herzogen von Holstein für diese erklärte, sich stets zu den Holsteinischen Prälaten hielt, die Holsteinischen Landtage besuchte, vor dem Holsteinischen Landgerichte sich zu Recht einließ und von diesem nach Sächsischem Rechte beurtheilt wurbe, auch dieses Verhältniß fortdauerte, als nach dem Aussterben der Grafen von Schauenburg im Jahr 1640 das Königliche und Fürstliche Haus den, bisher gemeinschaftlich gegen einen Dritten geführten, Streit nun gegen einander fortsetten; so war der Stand der Sache, was die Verhält nisse des Klosters Uetersen zu den Landesgerichten betraf, doch immer mehr de facto als de jure, bis endlich per pactum ein Gewisses festgesetzt wurde. In dem Glückstådter Vergleiche vom 12. Octboer 1667 Arlic. 9 23) findef sich nämlich die Bestimmung, daß der Conventus Coenobialis zu Uetersen mit den Klostergebäuden der gemeinschaftlichen Regirerung unterworfen, die zum Kloster gehörigen Dörfer aber mit den gesammten Unterthanen unter den Kö niglichen Aemtern, wohin sie beståndig gehört, gelassen wer21) Cronhelm loc. cit.

22) vide Beitrag. 1.

23) Dieser Vergleich findet sich unter andern in: Hansens Staatsbeschreibung des Herzogthumes Schleswig, pag. 696.

den sollten. Dem gemäß verblieb auch die Klostervogten Uetersen und nur diese Klosterbesißung kommt hier als ursprünglich integrirender Theil der Graffchaft Pinneberg in Betracht, -in der bis dahin bestandenen Verbindung mit der Herrschaft Pinneberg, und behielt nach wie vor Römisches Recht. Dagegen war aber das Kloster als solches von nun an für immer dem Landgerichte unterworfen, und stand unter dem Sachsenrechte, aber nur in Folge der zwischen den Landesherren getroffenen Vereinbarung, so daß man von der solchergestalt begründeten Gültigkeit des Each. fenrechts für das in dem ehemals Schauenburgischen Dis stricte belegne Kloster Uetersen, nicht auf eine frühere Gültigkeit dieses Rechts in jenem Districte überhaupt rückwärts schließen kann.

Man bedarf dieses Grundes auch überall nicht, da schon die oben angeführten mehreren Beweise völlig genügen, um mit Cronhelm und Gadendam 24) anzunehmen, daß das Sachsenrecht ursprünglich auch in dem ehemals Schauenburgischen Districte gegolten hat.

Hiebey dringt sich die Frage auf: wodurch die Grafen von Schauenburg veranlaßt worden sind, in ihren Holsteinis schen Landen das fremde Recht so auffallend vor dem Lan desrechte zu bevorzugen, und nicht vielmehr jenem, wie in dem übrigen Holstein der Fall ist, nur in subsidium Gültigkeit einzuräumen ? Vergebens dürfte man in der Sache selbst nach einem ausreichenden Grunde forschen. Denn mußte auch dem Deutschen das Römische Recht mit Rücksicht auf dessen Vollständigkeit, innern Zusammenhang, Scharffïnn und Bündigkeit werthvoller erscheinen, als die eigenen Landesrechte, so gebührte doch diesen deshalb ein Vorzug, weil nur fie in solchen Fållen anwendbar waren, wo es sich von echt deutschen Instituten handelte. Diese waren so eng mit dem

24) Cronhelm historischer Bericht Cap. 14. juris Cimbrica pag. 94. §. 23.

Gadendam historia

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bürgerlichen Leben verflochten, daß man, wie Eichhorn be. merkt 25), den ganzen sittlichen Zustand der Deutschen håtte verändern müssen, um Römische Institute an ihre Stelle zu sehen, und auf solche Weise die Römischen Sahune gen in ihrem ganzen Umfange Anwendbarkeit zu verschaffen. Selbst eine analoge Anwendung des Römischen Rechts war bey den, den Deutschen eigenthümlichen, Instituten · nicht thunlich, und desfallsige mißlungene Versuche zeigten bald, daß die Deutschen Rechtsnormen durch das Römische Recht. nicht entbehrlich wurden.

Aeußere Veranlassungen müssen also die Schritte der Schauenburgischen Grafen und deren Rathgeber bey jener Bevorzugung des Römischen, und dem Ausschließen des ge› schriebenen Sächsischen Rechts geleitet haben. Die Geschichtschreiber schweigen hievon; vergebens sucht man auch aus den Landesarchiven die erforderliche Auskunft zu erhalten. Denn die von Cronhelm veranlaßten Nachforschungen in dem Bückeburgischen und in dem gemeinschaftlichen Bückeburgischen und Hessischen Archive- ergeben, daß in diesen nichts über den vorligenden Gegenstand zu finden ist 6), wie denn auch ein sorgfältig angestelltes Nachsuchen in dem zu Glückstadt befindlichen Schauenburg-Pinnebergischen Archive, so wie in dem åltern Landrostey Archive zu Pinneberg 27), zu der Gewißheit geführt hat, daß auf diesem Wege keine Aufs klärungen zu erlangen sind. Man muß sich daher mit Muthmaaßungen begnügen, und untersuchen, welche Conjectur die größere Wahrscheinlichkeit für sich hat.

Nachdem Lackmann 28) angeführt, daß nach Absterben des Grafen Adolph 8. im Jahre 1459 diesem der König

25) Eichhorn, Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte, Thl. 3. §. 442. 26) Cronhelm a. a. D. pag. 294.

27) Das Schauenburg - Pinnebergische Archiv reicht bis in das 14te Jahrhundert hinauf, und ist reich an Urkunden u. sonstigen Nachrichten.

28) Lackmann, historia juris pátrii Cap. 6. §. 1.

Christian 1. in dem Besiße von Holstein gefolgt, und dem Grafen Otto 3, von Schauenburg nur das Pinnebergische verblieben sey, äußert jener Schriftsteller:

,,daß wenn zwar die Schauenburger Grafen bas uralte unbeschriebene Jus Saxonicum nicht verkennen dürfen, fie dennoch aber eine besondere geheime Staatsursache veranlaßt habe, warum man von dem in Holstein recipirten Repgowischen Sächsischen Landrechte nichts wissen wollen, sondern vielmehr denselben in den Pinnebergischen Gerichten einen Zutritt gänzlich untersagt. Denn da das Gråflich-Pinnebergische Haus nicht so leicht verschmerzen konnte, daß es die hiebevor durch Graf Adolph Tode erledigte Lånder nicht zusammenerben sollen, gleich wol aber denselben sehr daran geleger war, daß man in alle Wege einen Unterschied zwischen dem Pinnebergischen District und dem übrigen Holstein bemerken, auch nicht auf die Gedanken gerathen möchte, als ob Das Pinnebergische Land ein corporirtes Lehnstück von Holstein wåre, so dürfte deshalb der Sachsenspiegel in foris Pinnebergensis keinen Eingang finden.“

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Wenn gleich Dreyer 29) den gegründeten Ladel gegen Gadendam ausspricht, daß dieser Lackmann's großen Verdien ften nicht Gerechtigkeit widerfahren lasse und von `dessen Schultern herab den stolzen Tadler mache, so hat jener doch mit Recht von der obigen Meinung gesagt 30):

,,speciosam esse, fatemur, rationem, sed non satis probatam.“

Denn, abgesehen davon, daß es doch immer ein höchst unzuverlässiges Mittel ist, das Gebiet zweier Landesherren durch die darin geltenden verschiedenen Rechte zu unterscheiden, zumal wenn bis dahin in beiden Låndertheisen gleiche Rechte

29) Dreyer, Beiträge zur Litteratur der Nordischen Rechtsgelchrfamkeit, pag. 162.

30) Gadendam, historia juris Cimbrici, pag. 94. not. 40.

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