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freises nicht doch im Wege der natürlichen Entwicklung gekommen wäre, ob sie nicht mit den ungeheueren Opfern an Gut, vor allem aber an ebelstem Blut zu teuer bezahlt wurde.

Gewiß - man braucht nicht engherzig und klein zu denken, um zu sagen: was unser Volt betrifft, so wollen wir die Einwirkung auf das geistige Leben, seine Phantasie, sein Wissen, seine äußere Lebensführung ebensowenig unterschäßen, wie jene der ununterbrochenen Kriegszüge nach Italien, und doch waren alle die Opfer, die gebracht wurden, eine Vergeudung befter Volkskraft.

Man kann sich ein Bild davon machen, was unser Voll in Europa, vor seiner Türe, nach Osten mit minderem Einsaß von Kraft an dauernden Erfolgen hätte erreichen können, wenn die deutschen Könige und Fürsten, statt nach dem fernen Morgenland zu ziehen, dem Beispiele Heinrichs des Löwen gefolgt wären: der unternahm 1147 einen Kreuzzug gegen die slawischen Wenden in Mecklenburg; kurz danach ziehen Konrad von Wettin und Albrecht der Bär gegen Pommern. In beiden Gebieten nehmen Fürsten und Volk das Christentum an und öffnen ihre Grenzen deutscher Einwanderung: Mecklenburg und Pommern sind dauernd dem Deutschtum gewonnen und treten in Abhängigkeit vom Reich.

So war gemeinnüßige Arbeit geleistet Hand in Hand mit christlichkirchlicher: das Reich hatte sein Gebiet nach der Ostsee zu vergrößert und zwei heidnische Stämme zum Christentum bekehrt.

Der Rotbart.

Konrad III, der den zweiten unglücklichen Kreuzzug geführt hatte, stirbt bald nach der Rückkehr; sein Neffe Friedrich von Schwaben wird in Frankfurt einstimmig zum König gewählt (1152-1190).

Mit ihm gelangte eine gewaltige Persönlichkeit zur Herrschaft, ein Mann, der der Mit- und Nachwelt als das Vorbild eines Königs erschien. Friedrich L von Hohenstaufen, der Kaiser Barbarossa, verdiente es in der Tat, der Stolz seines Volkes zu heißen, er, deffen Namen die Augen noch nach Jahrhunderten begeistert aufleuchten läßt.

Eine männlich schöne Erscheinung mit blondem Haupt- und Barthaare, blizenden blauen Augen, war er ein echter Vertreter seines Volkes, geistig hoch begabt, kühn und leidenschaftlich, edeldenkend und vornehm, war er ein ganzer Fürst als Staatsmann wie als Krieger gleich ausgezeichnet.

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Leider unterlag auch er dem Zauber des Kaisergedankens, und suchte

die Größe seines Voltes, dem er mit ganzer Seele angehörte, da, wo sie

nicht zu finden war.

Die Weltmacht des römischen Kaisers deutscher Nation, die weltliche Oberherrlichkeit über die Christenheit wollte er wieder herstellen, wie Karl, Otto I. und Heinrich III. sie für kurze Zeit geschaffen hatten ein Ge danke, der eben so unnatürlich war, wie derjenige der päpstlichen Weltherrschaft./

Unser Herz nimmt die ritterliche Erscheinung des Rotbarts noch heute ein, stolz fühlen wir seine Tätigkeit als einen Höhepunkt unserer Geschichte aber unser Verstand sagt, daß dieser herrliche Mensch seine Kraft an eine Aufgabe gesezt hat, die im Widerspruch stand mit der nächsten Pflicht deutscher Politik: der Schaffung eines festen Staatsgefüges, das Mitteleuropa umfaßt und deutsch besiedelt hätte. Auch ihm gegenüber dürfen wir nicht vor der Gefahr zurückschrecken, spießbürgerlich im Urteil zu erscheinen, wenn wir bedauern, daß er nicht deutsche Politik getrieben hat; wir dürfen ihm aber auch seine Weltmachtpolitil nicht als persönliche Schuld anrechnen, sondern müssen anerkennen, daß er als Sohn seiner Zeit, als Erbe der Krone der größten Karolinger, Ottonen und Franken dem falschen Hochgedanken unterlegen ist, der den Weg nach Italien, nach Rom wies./

Großes hat Friedrich L geleistet im Dienste der kaiserlichen WeltmachtÜberlieferung: sechsmal zieht er nach Italien; er unterwirft die oberitalienischen Städte und bleibt Sieger im Kampf mit Papst Alexander III.

alles ungeachtet mannigfacher Rückschläge und Mißerfolge im Einzelnen. Ihm zur Seite stand eine reiche Zahl hervorragender Männer der Staatskunst und des Krieges; von ihnen sei nur der gewaltige Rainald von Dassel genannt, sein Kanzler und Erzbischof von Köln — ein kühner, staatsmännischer Geist, bewußt deutsch, ein scharfer Feind des Papsttums, das er der Kirche des Reiches unterordnen wollte, daneben ein tapferer Kriegsmann, der selbst die Rüstung anlegte und zu Felde zog - seinem Kaiser manchen Sieg in Oberitalien erfechtend.

Wie sehr Friedrich schon bei Beginn seiner Regierung anerkanntes Haupt des Abendlandes war, zeigte sich auf dem Reichstage zu Würzburg (Sept. 1157): Gesandte aus Burgund und Italien, aus England und Dänemark, aus Ungarn und Konstantinopel erschienen vor ihm in der glänzenden Versammlung. Den Höhepunkt seiner Macht bezeichnet das glänzende Reichsfest bei Mainz (Pfingsten 1184), mit dem er die „Schwertleite" (Mündigerklärung und Ritterschlag) seiner Söhne Heinrich und Friedrich feierte und bei dem die Blüte der Ritterschaft des Abendlandes dem ruhmbedeckten Kaiser huldigte: die Einheit des Reiches, die Macht des Kaisertums war unbestritten.

Sie war es, nachdem Friedrich nicht nur der äußeren Feinde Herr geworden war, sondern auch seinen Jugendfreund Heinrich den Löwen, den Herzog von Sachsen und Bayern, niedergeworfen hatte.

Zum zweiten Male standen sich Hohenstaufen und Welfen gegenüber, und als wolle das Schicksal unserem Volke das einträchtige Wirken zweier so machtvoller Persönlichkeiten nicht gönnen, wie Friedrich Rotbart und Heinrich der Löwe es waren, kam es zum inneren Kriege zwischen beiden. Der Anlaß war dadurch gegeben, daß Heinrich den Kaiser trotz der sie verbindenden Jugendfreundschaft im Lombardenkampfe (1176) im Stiche gelassen hatte, so daß Friedrich in der Schlacht bei Legnano unterlegen war. Als der Kaiser 1180 siegreich nach Deutschland zurückgekehrt war, lud er den stolzen Welfen wiederholt zur Rechtfertigung vor sich, und belegt ihn, als er nicht erscheint, mit der Reichsacht.

Auch dann noch fügte sich Heinrich nicht, so daß der Kaiser selbst gegen ihn zu Felde zog und ihn besiegte: schwer traf Friedrichs strafende Entscheidung den übermächtigen Großen.

Er wurde für drei Jahre nach England verbannt und nur mit Braunschweig und Lüneburg wieder belehnt; das Herzogtum Bayern wurde dem Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach verliehen; das übrige Sachsen wurde geteilt: das stark verkleinerte Herzogtum tam an die Askanier, Westfalen ans Erzbistum Köln, Lübeck wurde freie Reichsstadt, die Grafschaften Holstein, Schwerin und Oldenburg wurden reichsunmittelbar, d. H. fie standen nur noch unter dem Kaiser.

Die Welfenmacht war gebrochen gebrochen für immer! Ein schweres Schicksal für den tüchtigen und kraftvollen Löwen, der gerade in den Jahren vorher seine Eroberungen im Nordosten zum Abschluß gebracht hatte. Diese Tätigkeit Heinrichs ist in ihren bleibenden Folgen so wichtig, daß wir darauf eingehen müssen:

Während der Rotbart damals noch sein Freund im fernen Süden im Dienste des Kaisergedankens kämpfte, eroberte Heinrich das ganze Dbotritenland (etwa das Gebiet beider Mecklenburg) und teilte es unter die Grafen von Schwerin, Razeburg und Dannenburg; den östlichen Teil ließ er dem angestammten slawischen Herrscherhause unter seiner Lehnshoheit. Das Christentum wurde eingeführt und drei Bistümer, die Heinrich einrichtete, sorgten neben den Grafen für die Eindeutschung des Gebietes. Nach diesem bedeutenden Erwerb schritt Heinrich weiter nach Osten, er zwang den Pommernherzog, der seinen Sit in Stettin hatte, sich dem Reiche als Lehnsmann zu unterwerfen, und griff über die Dder hinüber; da kam sein Bruch mit dem Kaiser und sein tiefer Fall.

Wahrlich, ein eigenartiges Schicksal: der Welfe niedergeschmettert in dem Augenblick, wo er Großes, Dauerndes geleistet hatte zur Strafe dafür,

daß er seinen taiserlichen Freund im nußlosen Kampf um Italien im Stiche gelaffen. Die geschichtliche Gerechtigkeit gebietet es auszusprechen: mögen Friedrichs Taten glänzender, weiter sichtbar gewesen sein bie ähe, ruhige Arbeit Heinrichs des Löwen hat sie in ihren Erfolgen überdauert und ihren Meister wert ge. macht, unter der Zahl der großen Deutschen genannt zu werden.

Nach dem glänzenden Reichsfest in Mainz ging Friedrich zum leßten Male nach Italien; ein weitausschauender Plan, so recht ein Kind seines Weltmachtgedankens, wurde verwirklicht, indem er Konstanze, die Erbtochter Rogers II., Königs beider Sizilien, mit seinem Sohne König Heinrich vermählte.

Ein kühner Plan, der dem schwäbischen Hause der Hohenstaufen neben der deutschen Hausmacht eine solche im äußersten Süden Italiens schaffen und gleichzeitig durch die unmittelbare Nachbarschaft dieses italienischen Hausbesizes mit Rom den Papst in Abhängigkeit bringen sollte — ein politischer Gedanke, der den Boden des dauernd Möglichen verließ; gewiß, der Glanz des hohenstaufischen Kaisertums wurde für den Augenblick erhöht, aber gleichzeitig wurde die Entfremdung des edeln Hauses von Deutschland eingeleitet und sein Verhängnis heraufbeschworen. Um Sizilien vergessen die Nachfahren Friedrichs die deutsche Heimat, um Sizilien zu fichern, ließen sie die Dinge in Deutschland ihren Lauf gehen und vergaßen der deutschen Königspflicht; um Sizilien starb der lezte Hohenstaufe, der tönigliche Jüngling Konradin in Neapel auf dem Schafott.

Nachdem Friedrich auch diesen Erfolg mit der Verheiratung seines Sohnes errungen, bestellte er ihn, den König Heinrich, zum Reichsverweser und zog als Führer des dritten Kreuzzuges zum Morgenland; er sollte Jerusalem nicht schauen; in der Südostecke Kleinasiens ertrank der heldenhafte Greis beim Durchschwimmen des Flusses Saleph.

Sein Tod in der Ferne entsprach so ganz dem Wesen dieses Mannes, der über dem Streben ins Weite, unerreichbare die nächsten Aufgaben vergaß; das deutsche Volk, das ja selbst erst durch die harte Schule vieler Jahrhunderte zum Erkennen der politischen Notwendigkeiten gezwungen wurde, bewahrt diesem im Sinne seiner Zeit überragend großen Herrscher ein stolzes Andenken und liebt ihn noch heute, seinen Kaiser Rotbart.

Die Weltmacht der Hohenßlaufen.

Größer als er noch war sein Sohn Heinrich VI. (1190-1197), ein Staatsmann ersten Ranges, ebenso kühn und groß in Plänen, wie in der Ausführung; mit eisernem Willen und rücksichtsloser Strenge ging er

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