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Vorwort zur ersten Auflage.

Der wadere Schweizer Jeremias Gotthelf meint in seiner Erzählung „Kurt von Koppigen", daß der Mensch nach Gottes Willen die vergangenen Zeiten betrachten solle; denn „nicht als Eintagsfliege ohne Zukunft hat Gott die Menschen geschaffen, und wer die ihm geordnete Zukunft genießen will, muß sich dazu stärken an der Vergangenheit".

Er hat Recht, der tapfere Mann, der nicht nur einer der großen Dichter deutscher Zunge war, sondern auch einer der tiefsten Kenner der menschlichen Seele - und was er vom einzelnen Menschen verlangt, gilt auch von den Gesamtheiten, den Völkern, die durch die Kenntnis ihrer Geschichte sich kräftigen und rüsten müssen für Gegenwart und Zukunft. So unendlich reich und mannigfaltig die Geschichte des deutschen Volkes ist so groß fast ist die Fülle der Werke, die sie in ihrem ganzen Verlaufe oder in Teilen schildern, und kein Volk kann auf eine reichere Geschichtsschreibung blicken, als das unsere.

Aber trotzdem es fehlte ein Buch, das die Entwicklung des gesamten deutschen Volkes überall auf dieser Erde im engsten Rahmen darstellt, das volkstümlich geschrieben und doch erschöpfend in allem Wesentlichen, dem schlichtesten Manne gleich verständlich, wie dem Gebildeten willkommen wäre, und das durch billigen Preis in eines jeden Besitz kommen könnte, der die Schicksale seines Volkes kennen lernen will.

Unsere Deutschen wiffen zu wenig von ihrer Vergangenheit und die Schuld an dieser unbestreitbaren Tatsache liegt zum guten Teile daran, daß solch ein kurzgefaßtes, gemeinverständliches „Hausbuch" deutscher Ga schichte fehlte, das in der Hütte des Arbeiters gleich heimisch sein sollte, wie im Hause der mittleren und oberen Schichten der Gesellschaft.

Das Werk, das hiermit in die Hand des Lesers gelegt wird, will ein solches Hausbuch werden - und es mußte, wenn es die notwendigen Eigenschaften billigen Preises und doch umfassender Darstellung aufweisen sollte, sich darauf beschränken, nur Ereignisse und Personen von dauernder Wirkung zu schildern also aus der unendlichen Fülle der Er

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scheinungen nur die wesentlichen herauszugreifen.

Es handelt sich um einen ersten Versuch dieser Art — ob er gelungen, möge der Leser entscheiden, nicht minder die Frage, ob der Verfasser die Aufgabe gelöst hat, die aller Geschichtschreibung nach Goethes Wort gestellt ist: Begeisterung zu wecken - Begeisterung für unser Volk und die treue Arbeit an seiner Zukunft!

Solche Arbeit tut heute not: möge der Entschluß und die Bereitwilligkeit dazu in allen lebendig werden, die dies Buch lesen.

Weimar, 18. Januar 1909.

Einhart.

Aus dem Vorworte zur zweiten Auflage.

Nach zwei Richtungen konnte ich den Anregungen Wohlgesinnter nicht folgen: manche wünschten eine Fortführung der Geschichte, indem sie insbesondere die Entlassung des Fürsten Bülow und die reichsdeutschOsterreichische Politik bei der endgültigen Einverleibung Bosniens gewürdigt haben wollten andere rieten, die Geschehnisse der lezten zwanzig Jahre ganz auszuschalten, insbesondere die Person des heutigen Trägers der deutschen Kaiserkrone aus der Erörterung zu lassen.

Den ersten Wunsch durfte ich nicht erfüllen, wenn ich nicht in den politischen Tagesstreit eintreten wollte dazu ist dies Buch nicht geschaffen. Die Dinge bis zum November 1908 liegen flar und offen; bie Vorgänge jener stürmischen Beit bedeuten einen Abschnitt sollen ihn bedeuten.

Jener Tatsache gegenüber ist das Abtreten des Fürsten Bülow von untergeordneter Bedeutung, zumal da es eine notwendige Folge der Ereignisse des vorjährigen Spätherbstes war; und der durch das Zusammenstehen des Reichs und Österreichs errungene Erfolg hat an dem Gesamturteil über die auswärtige Politik des Reichs nichts wesentliches geändert; er bestätigte nur die wiederholt in meinem Buche ausgesprochene Ansicht, daß jeder Gegner vor uns zurückweichen wird, wenn wir festen Willen zeigen. Denn die Macht haben wir.

Aber auch der zweiten Anregung konnte ich nicht nachkommen, wenn ich die Hauptabsicht meiner Arbeit nicht preisgeben wollte. Wer meint, man dürfe von Herrschern nur reden, wenn man sie preisen will, befindet fich im verhängnisvollsten Irrtum.

Wahrheit muß sein zwischen Fürst und Voll das entspricht der deutschen Auffassung vom Treuverhältnis zwischen beiden; das verlangt in gleicher Weise das Wohl der Gesamtheit, wie das des Herrscherhauses und die Einrichtung des Kaisertums selbst.

Wer darüber im Zweifel ist, dem rate ich nachzulesen, was Willibald Alexis in seinem gewaltigen Zeitromane „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht" den preußischen Finanzminister Freiherrn vom Stein zu einem jungen Mitarbeiter bei der Besprechung einer Denkschrift sagen läßt, bie für König Friedrich Wilhelm III. bestimmt war und in der das Verhalten des Königs selbst scharf gekennzeichnet werden sollte. Jener, der Geheimschreiber des Ministers, meint, man solle die Person des Herrschers aus dem Spiele lassen; ihm antwortet

„Wir leben nicht in England.

Stein:

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Wir leben in Preußen, wo der „Monarch mit dem Volke eins ist. Das scheint eine Anomalie, aber es ist eine Wahrheit. Wehe ihm und dem Volke, wenn es nur ein „Schein werden könnte. Wo ein Fürst diese abnorme Stellung hat, „wo der Kopf sich eins fühlt mit dem Körper, muß er auch das „bertragen können, wie die andern Glieder. Preußens „König ist nur, der er ist, indem er eine Partikel seines „Volles ist."

Diese Worte hat einer der besten Preußen geschrieben, der ein unbedingter Anhänger des Königtums war; er hat sie dem Wiederhersteller Breußens in den Mund gelegt, ganz aus deffen Seele gesprochen.

Was für den preußischen König galt, gilt in höherem Maße vom deutschen Kaiser, der der Hort des deutschen Gedankens geworden ist.

Die Wahrheit war ich bemüht zu ermitteln, und ich glaube sie ermittelt zu haben.

Sie auszusprechen, erkannte ich als Pflicht, weil wir aus der Geschichte nicht nur lernen, sondern gelernt haben sollten. Und ihre Lehre lautet, wie ich sie verstehe:

Die Wahrheit, von treuen Freunden des Kaisertums ausgesprochen, wird niemals schaden, sondern nur nüßen; schädlich und zerstörend wirkt der geheime Unwille, die geheime Kritik.

Aus dem Vorworte zur dritten Auflage.

Den öfter an mich herangetretenen Wunsch nach einer JugendAusgabe konnte ich jedoch nicht erfüllen und ebenso war eine besondere Bearbeitung für katholische Leser, die mir nahegelegt wurde, nach Absicht und Zweck meiner Geschichte unmöglich. Sie will der Gegenwart und Zukunft dienen, indem sie durch die Kenntnis der Vergangenheit den Lebenden den Willen stärkt und sie politisch erziehen hilft. Gerade was diesem Zweck dient, hätte aber nach der Anregung jener Freunde in der Jugend-Ausgabe fehlen sollen. Das wäre ein Preisgeben des eigentlichen Zweckes dieses Buches, das ich nicht verantworten könnte. Ich bin zudem überzeugt, daß es den Heranwachsenden mit aller Ruhe in die Hand gegeben werden kann und freue mich, dies durch hervorragende Jugend-Erzieher bestätigt zu finden.

Eine katholische Ausgabe ging mir in gleicher Weise gegen das Gewissen, wobei darauf hingewiesen sei, wie bezeichnend ein solcher Wunsch für die Spaltung unseres Volles ist. Zunächst bestreite ich nach reiflichster Überprüfung, daß meine Darstellung etwas enthalte, was dem gläubigen Katholiken anstößig erscheinen könnte und habe wertvollste Zeugnisse

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