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burg, Preßburg, Raab, Steinamanger bis in die Zeit Karls des Großen zurück; um die Mitte des 12. Jahrhunderts gründeten Deutsche die Städte Ofen und Pest an Stelle alter römischer Niederlassungen.

Die Sachsen Siebenbürgens schufen neben ihren städtischen Sißen in Hermannstadt, Klausenburg, Kronstadt eine Fülle stattlicher Dorfsiedelungen, die mit Kirchen-Burgen versehen waren, um den feindlichen Angriffen nicht wehrlos gegenüberzustehen.

Denn es war kein ruhiges, behagliches Dasein, das die Deutschen in Ungarn zu führen hatten; die Stürme des Mongolenzugs, der türkischen Eroberung brausten über sie hinweg - sie waren ihnen zuerst ausgesetzt und hatten am meisten zu verlieren.

Es ist bewundernswert, daß troß aller dieser Nöte dies Volk sich erhalten hat.

Die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts brachte die Türkenherrschaft, die, wie wir wissen, sich bald auf fast ganz Ungarn erstreckte, und bis zur endgültigen Beseitigung durch den Frieden von Belgrad (1739) zweieinhalb Jahrhunderte dauerte.

Die ewigen Kämpfe und Unruhen hatten das Land verwüstet und verarmt; seine Befreiung von den Türken geschah durch deutsche Waffentaten- Deutsche wurden nun von den Habsburgern gerufen, um die Öde wieder von neuem der Kultur zu erobern. Es waren Bauern aus Württemberg, Bayern, der Pfalz, Kur-Mainz und Vorderösterreich, die von Maria Theresia und Josef II. im Süden, an der Grenze, angesiedelt wurden, und die in rastloser Arbeit Mustergültiges geleistet haben. Aus dieser Zeit stammen besonders die Niederlassungen der Schwaben in Slawonien, der Batschka, dem Banat. Die Krone war der deutschen Bevölkerung Siebenbürgens mit ihrem Sachsengrafen“ an der Spiße zu größtem Danke verpflichtet, denn sie hat ihr anders als die Madjaren immer die Treue gehalten.

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So war es zuleht im Jahre 1848.

Damals hat Kaiser Franz Josef die heute von ihm vergessenen Worte an die Sachsen gerichtet: Thron und Altar, für die ihr gefämpft, werden euch die verdiente Anerkennung zollen und die Bürgschaften zu schützen wissen, welche eure von unseren Ahnen so oft belobte Tapferkeit, Ausdauer und Treue, vornehmlich aber euer Sinn für Ordnung und Geseßlichkeit, und der Gebrauch der hierdurch unter euch heimisch gewordenen Freiheit, für den Glanz des Staates und den Bestand der Krone gewähren."

Wir erinnern uns, daß der Niederwerfung der ungarischen Empörung die Zeit des zentralistischen Regiments folgte, wo das Gesamtreich einen einheitlichen Staat bildete, daß aber der Widerstand der Madjaren nicht

Einhart, Deutice Geschichte. 4. Aufl.

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eher ruhte, als bis unter den Einwirkungen der Niederlage von Königgräß die alte Verfassung wiederhergestellt wurde; das Jahr 1867 brachte den Ausgleich und am 7. Juni desselben Jahres wurde Franz Josef feierlich als König von Ungarn gekrönt.

Solange Deáks und Andrassys Einfluß währte, wurde der Ausgleich gehalten und durch die Ausübung der Staatsgewalt anerkannt, daß dies Gemeinwesen, in dem zwar die Madjaren der Zahl nach das stärkste Volk waren, in dem aber neben ihnen Deutsche, Rumänen, Serben, Kroaten und Slowaken wohnten, kein Nationalstaat, sondern ein Nationalitätenstaat sei.

Nachdem aber einmal der madjarische Adel die Macht in der Hand hatte, steigerten sich seine Ansprüche und er stellte die wahnwißige Forderung, daß Ungarn in einen Nationalstaat verwandelt werde; das heißt, alle nicht madjarischen Völker sollten ihr Volkstum aufgeben und im Madjarentum aufgehen.

Bedenkt man, daß damals noch nicht die Hälfte der Gesamtbevöllerung madjarisch war, so muß man über die Kühnheit dieser Forderung staunen - aber schon in der Mitte der siebziger Jahre gingen die zur Herr schaft gelangten madjarischen Politiker dazu über, sie in die Tat umzuseßen.

Koloman Tisza, Szell, Weckerle und wie sie alle heißen, die Ministerpräsidenten der heiligen Stephanskrone, ließen eine gewaltsame Madjarisierung ins Werk seßen, die von keinem roher und frecher betrieben wurde als von Baron Banffy.

Mit allen Mitteln der Bestechung und, wo sie nicht wirkten, des Polizeidruckes wurde gearbeitet, und es steht leider fest, daß ein großer Teil der Deutschen unter solchem Zwange sich zum Volksverrat bewegen ließ; im madjarischen Lager winkten ja Ehren und Ämter und Geldgewinn; für wenig Geld war die Umschreibung ehrlicher deutscher Namen in madjarische zu erzielen; es ist der Ruhm der Sachsen, daß sie durchweg threm Volkstum treu blieben.

Wie groß die Verluste des Deutschtums sind, die so entstanden, läßt sich nicht zahlenmäßig feststellen - aber sie sind sehr groß; noch mehr als die Zahl fällt die Tatsache ins Gewicht, daß leider gerade die geistig führende Schicht der Anwälte, Ärzte, Schriftsteller und Geistlichen vom Deutschtum abfiel und dadurch die Treugebliebenen der Führung beraubten, gleichzeitig aber die Madjaren um ihre geistige Kraft stärkten. Besonders das Schulwesen und die Gestaltung der politischen Rechte wurden zielbewußt und rücksichtslos für die Zwecke der Madjarisierung mißbraucht.

Aber auch hier trug solches Verfahren sein Gegenmittel in sich; es erweckte den Widerstand und seit Ende der 90er Jahre entsteht eine deutsche Bewegung, die mutig und kraftvoll die Rechte des Volkstums vertritt.

Sie zeigt sich zuerst in Siebenbürgen im Auftreten der „Grünen“,

tommt dort aber leider zu schnell zum Stillstand, und erhebt sich selbständig im Banat, in Syrmien, in der Batschka.

Deutsche Zeitungen entstehen und verteidigen tapfer die deutsche Sache; ihre Schriftleiter und andere Führer der Deutschen werden schamlos verfolgt und gesetzwidrig schwer verurteilt. Dadurch wird der Widerstand nur gestärkt und das Jahr 1907 sieht eine ungarländische deutsche Volkspartei sich bilden, die sofort tausende von Anhängern findet und seitdem sich stetig ausbreitet; ihre Wirksamkeit wird unterstüßt von den gut geleiteten, deutschen Blättern, und kann auf den Beistand der rumänischen und slowakischen Nationalitäten rechnen, auf denen der Druc der Madjaren gleich schwer lastet, wie auf den Deutschen.

Tapfer und stolz sprechen die ihres Volkstums wieder bewußt gewordenen Deutschen Südungarns aus, daß sie in ihrer Muttersprache, in ihrer ererbten Kultur den höchsten Besit erblicken und ihn bis aufs äußerste verteidigen wollen; aber maßvoll und ruhig gestehen sie dem Staate, den Madjaren und den anderen Völkern ihre Rechte zu, so daß kein billig Denkender sie tadeln kann. Troßdem aber erblicken die Madjaren in ihnen die ärgsten Feinde und suchen die Bewegung durch alle Mittel polizeilichen Druckes tot zu machen.

Bedauerlich ist, daß die Siebenbürger Sachsen, die über politische Schulung, eine tüchtige Presse und geistige Kräfte verfügen, sich der südungarischen Deutschen nicht annehmen, sondern versuchen, der Regierung gegenüber durch Nachgiebigkeit die besondern Vorteile ihres Volkes zu wahren; doch bahnt sich eine Änderung ihrer Haltung an.

Wie dem jezt auch sei, das gesamtdeutsche Volk hat heute Ursache, auf die Deutschen Ungarns stolz zu sein: auf die Sachsen, die mit unendlichen Opfern ihre Schulen sich erhalten und inmitten von Millionen Fremdsprachiger mit ihrer knappen Viertelmillion Sprache und Volkstum sich bewahrt haben; auf die Schwaben Südungarns, die aus eigener Kraft sich gegen einen übermächtigen, rücksichtslosen Feind wehren. Für beide gilt es, im Widerstande zu verharren, bis das wahnwißige Streben der Madjaren in sich zusammengebrochen ist und an Stelle des erzwungenen, aber unmöglichen madjarischen Staates ein Völkerstaat entsteht, in dem neben den Madjaren, die Deutschen und die anderen Völker ihr Dasein ungestört führen können. Heute leben in Ungarn zusammen 2 Millionen Deutsche, von denen auf Siebenbürgen eine Viertelmillion, auf das Banat über 400 000, auf die Batschka 200 000, zwischen Drau und Donau in der „schwäbischen Türkei" über 200 000 fommen; der Rest wohnt im Norden und Westen und verteilt in den Städten des ganzen Landes.

Das Vorhandensein dieses östlichen Vorpostens ist für das

gesamtdeutsche Volk von größtem politischem Wert und auch wirtschaftlich von Belang: seinen weiteren Daseinskampf müssen alle Deutschen mit Aufmerksamkeit verfolgen wenn es not tut ihm auch helfen.

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Die Schweiz.

Wir wissen, daß die Eidgenossenschaft seit ihren Siegen über die nach der Landesherrschaft strebenden Habsburger, und zulezt nach ihrem erfolgreichen Widerstande gegen Kaiser Maximilian L. im Jahre 1499 eigentlich vom Reiche losgelöst war; aber die endgültige Trennung war erst im westfälischen Frieden vollzogen worden.

Von da an führt die Schweiz staatsrechtlich ihr Eigendasein, und es traten troß ihrer republikanischen Verfassung im Leben der Kantone dieselben Erscheinungen zutage, wie sonst auf dem Festlande.

In den Kantonen maßte sich die dünne Oberschicht der „Herren“ die Macht an und führte ein strenges, böses Regiment; französische Sitten, Gebräuche und Moden fanden Eingang, so daß die deutsche Eigenart des Landes gefährdet war.

Wie in Deutschland, lehnten sich auch hier gegen diese Herrschaft des Welschtums bedeutende Geister auf und gewannen der deutschen Sprache ihr geschichtliches Recht wieder zurück.

Seit den Tagen Bodmers, Breitingers, Geßners und Albrecht von Hallers ist der geistige Zusammenhang mit dem Reiche aufrecht erhalten geblieben, wie er auch vorher immer mit Ausnahme der vorübergehenden Welschtümelei gefühlt und erkannt worden war.

Das strenge Regiment der Herren vom städtischen Patriziat brachte es mit sich, daß die französische Revolution in der unterdrückten Bevölkerung mit Freuden begrüßt wurde; die Unzufriedenen riefen französische Hilfe an und durch die feindlichen Heere wurden die bestehenden Kantons-Regierungen gestürzt und eine einheitliche helvetische Republik begründet, die ganz unter französischem Einfluß stand.

Der Sturz Napoleons brachte die Befreiung und die Wiederherstellung der alten Kantons-Verfassung. Auf dem Wiener Kongreß wurde die Schweiz für neutral erklärt; sie durfte von keinem der vertragschließenden Teile angegriffen werden, durfte feinen angreifen und durfte bei einem Kriege zwischen andern keine Partei ergreifen.

Damit war der Fortbestand der Eidgenossenschaft gewährleistet, sie selbst aber gleichzeitig aus dem großen politischen Leben ausgeschaltet.

Die Folgezeit brachte wieder in einigen Kantonen die alten Geschlechter zur Herrschaft, gegen die mannigfache Volkserhebungen erfolgten,

Die Schweiz. 341 bis das Jahr 1830 eine tiefgehende Bewegung hervorrief, die im großen Ganzen segensreiche Wirkungen hatte.

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Die Kantone erhielten durchweg freiheitliche Verfassungen; Träger der Staatsgewalt wurde das Volk selbst; Verwaltung und Rechtspflege wurden getrennt, Stadt und Land gleichgestellt kurz der Bevölkerung wurden alle Freiheiten eines neuzeitlichen Gemeinwesens zu Teil. Aber die rückschrittlichen Kreise gaben sich noch nicht geschlagen; unter Führung der katholischen Strenggläubigen fam im Jahre 1847 der Sonderbund der katholischen Kantone zu stande, der mit der Eidgenossenschaft und ihrer Verfassung im Widerspruche stand; als der Sonderbund sich entgegen der Aufforderung der Tagsaßung nicht auflöste, wurde Waffengewalt angewandt und in kurzem Feldzuge wurden die katholischen Kantone zur Unterwerfung gezwungen. Infolge dieses Sieges wurde eine Umgestaltung der Verfassung der Eidgenossenschaft vorgenommen: nach dem trefflich bewährten Vorbilde der Vereinigten Staaten von NordAmerika wurden alle Kantone zu einem Bundesstaate zusammengefaßt, der die militärische Hoheit und die äußere Vertretung des Landes, sowie einen Teil der Verwaltung und der obersten Gerichtsbarkeit, als Einnahmequelle aber die Zölle erhielt.

Damit hatte die staatliche Entwicklung der Eidgenossenschaft ihren Abschluß gefunden und seit dem Jahre 1848 lebt sie selbst und ihre Glieder in gedeihlicher Entwicklung.

Gewiß ist kein großer Zug in dem Dasein dieses kleinen Staates, tein fortreißender, mächtiger Gedanke ringt sich durch; er ist zwar gefichert vor den großen Nachbarländern, aber auch ausgeschlossen von den Vorgängen eines reichen politischen Lebens.

Nach der Zählung vom 1. Dezember 1900 hatte die Schweiz rund 3315 000 Einwohner, von denen 2312 000 deutsch, 730 000 französisch, 220 000 italienisch und 38000 räto-romanisch sprachen; die Zahl der dort lebenden Reichsdeutschen betrug damals rund 170 000.

Daraus ist zu ersehen, daß das Land, seinem Ursprunge entsprechend, weit überwiegend deutsche Bevölkerung hat aber es muß ausgesprochen werden, daß diese, die Deutschschweizer, keine Hinneigung zum Deutschen Reiche haben. Zwar ist die alte Vorliebe für Frankreich heute nicht mehr zu finden und der Gebrauch der französischen Sprache gilt in der deutschen Schweiz nicht mehr wie im 18. Jahrhundert als ein Zeichen von Vornehmheit; aber die Erhebung der nichtdeutschen Landesteile zu selbständigen und gleichberechtigten Kantonen seit der französischen Revolution hat dazu geführt, daß die Deutschen an der Sprachgrenze der Verwelschung nicht mehr den zähen Widerstand entgegenseßen, wie in früheren Jahrhunderten, so daß auf das ehemalige stetige Vordringen der deutschen Sprache seit

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