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Montenegro 156) durch den K. K. Oberst Graf Karacsay und die Veröffentlichung mehrerer gediegener Reise werke, wie von Leake, Griesebach, J. Müller und Hahn, so können wir es nur als ein sehr zeitgemässes Unternehmen bezeichnen, wenn im Jahre 1853 Dr. Kiepert mit einer neuen Karte von der Türkei 157) im Maassstabe von 1000000 hervortrat. Die den Stoff völlig beherrschende Kenntniss des Autors hat Alles benutzt, was zur Herstellung eines neuen Karten-Bildes disponibel war; dasselbe hat die Lapie'sche Karte und alle dieser nachgemachten natürlich entbehrlich gemacht und steckt in der Geschichte der Kartographie der Türkei einen neuen Abschnitt ab. Ob die Kieperť'sche Karte ebenso lange maassgebend sein wird, wie die Lapie'sche, steht zu bezweifeln; denn schon hat Viquesnel's Carte de la Thrace 15) im Maassstabe von 500000 eine neue

156) Karta Zrnegore. Carte du pays de Montenegro, dressée d'après des opérations géodétiques sur les lieux et recherches les plus soigneuses, par M. le Comte Fédor de Karacsay. Mst. circa 360000 1 Bl. Wien. (?)

15) H. Kiepert: General-Karte von der Europäischen Türkei, nach allen vorhandenen Original-Karten und itinerarischen Hülfsmitteln bearbeitet und gezeichnet von Mst. Toooooo. 4 Bl. Berl., 1853.

158) A. Viquesnel: Carte de la Thrace et d'une partie de la Macédonie. Mst. 00000. 1 Bl. Paris, 1854.

Berichtigung nöthig gemacht, die Franzosen haben als Denkblatt ihres Aufenthalts in der Türkei ein recht anschauliches Karten - Bild der Halbinsel Gallipoli in Horizontalen - Manier 159) geliefert, die Österreicher haben die Triangulation der Walachei soeben beendet, die EisenbahnBauten in der Türkei nehmen ihren Anfang und die rasch fortschreitende Civilisation wird ihre messenden und zeichnenden Fühlhörner alsbald energisch in die Türkischen Landschaften hineinstrecken. Unter solchen Umständen

ist nichts wünschenswerther, als dass Hr. Kiepert selbst bald Gelegenheit haben möge, für die Kartographie der Türkei Weiteres zu schaffen und sie der Vervollkommnung insoweit zuzuführen, wie diess ohne eine geregelte und planmässige Landes - Vermessung überhaupt möglich ist; denn Karten - Entwürfe in dem bedeutenden ReduktionsMaasse von 1000000 oder 800000 können wir wären sie auch noch so minutiös ausgeführt doch unmöglich als Spezial-Quellen tiefer eingreifender Studien und Arbeiten bezeichnen.

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[Schluss (Central-Europa und Grossbritannien enth.) im nächsten Hefte.] 159) Carte de la Presqu'île de Gallipoli, levée par les Officiers d'Étatmajor de l'Armée d'Orient, publiée au dépôt de la guerre en 1854. Étant Directeur: le Colonel Blondel. Mst. 50000 2 Bl. Paris, 1854.

FORSCHUNGEN ZUR NÄHERN KUNDE VON JERUSALEM UND SEINER UMGEBUNG.

Von Dr. Titus Tobler.

1. Die Gräber der Könige. Ich kann nicht umhin, zu meiner Topographie von Jerusalem (p. 2, 277) nachzutragen, dass ein Rollstein (Mühlstein) zu Verschliessung der Eingangsöffnung von B (s. meinen Plan der Gräber am Rande meines Grundrisses von Jerusalem) auf meine Verwendung auch von einem freundlichen Manne in Jerusalem, dem ich die Mittheilung verdanke, nach einer Zuschrift vom 28. Januar 1856 wirklich gefunden wurde; es handelt sich nicht um Rechthaberei, sondern um Recht, welches diessmal dem Franzosen de Sauley gesprochen werden muss. Übrigens ist der Mangel an Bekümmerung um die Leistungen seiner Vorgänger, seine diessfallsige Unwissenheit und seine Leichtfertigkeit im Allgemeinen selber Schuld, dass ich ihm so wenig traute. Hätte er nur mit einer Silbe erwähnt, dass auf den Besuch anderer Reisenden Schutt weggeräumt und dadurch die merkwürdige Art der Verschliessung zu Tage gefördert wurde, so würde er in mir einen Gläubigen gefunden haben. Schutt hinderte mich nun einmal durchaus, mehr zu sehen, als was ich beschrieb. Zudem ist die Beschreibung Sauley's nicht sehr deutlich, sein Plan auch gar nicht, und sein Reisegefährte

Michon, deutlicher zwar, lehnt sich zu sehr an den Meister, der es doch nicht war. Die Beschreibung dieser beiden Franzosen und die folgende des Deutschen mag man nun gegen einander halten.

In der Vorhalle (B) findet sich eine trichterförmige, ziehbrunnenartige Vertiefung (D), die oben, wo der Umfang beträchtlicher, einen Durchmesser von 8' hat. Sie ist grösstentheils mit Schutt gefüllt, und die Tiefe konnte nur auf 3 bis 4' ermittelt werden. Von diesem Felsentrichter an richtet sich südwärts eine Stiege (E) mit zwei Stufen hinab, wovon die obere zerbrochen ist. Von da giebt es nicht nur einen Gang (G) gerade aus bis zum Schlupfloche (K) zwischen B und C, sondern auch, ungefähr in der Mitte zwischen der Cisterne und der Rollscheibe, an der Ostseite einen etwa 12' breiten und etwa 22' hohen, oben gewölbten Gang (F), der in einer Länge von etwa 4' nach links (Ost) zieht, dann beinahe rechtwinklig nach Süd umbiegt und in dieser Richtung, nach einer kurzen Strecke von etwa 12', in einen etwas weitern, ostwestwärts laufenden Gang für die Rollscheibe (H) führt. Letzterer Gang ist etwa 4' hoch, 82 lang, und bildet noch an der Westwand vor der

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Eingangsöffnung (K) in C einen seichten, bogenförmigen Ausschnitt. Oben und unten gestaltet er sich zu einer einige Zoll eingelassenen Nuth, und in dieser steht nun die Scheibe, die als Thüre so diente, dass sie von links nach rechts (OstWest) gerollt werden konnte, um jene Öffnung vollständig zu verschliessen. Das Vorschieben der Scheibe geschah, abgesehen davon, dass man durch den seitlichen Kniegang zu ihr gelangen konnte, um so leichter, als die Nuth linkshin etwas aufwärts lief. Wollte man öffnen, so musste man den Stein ostwärts zurückschieben und,,unterschlagen". Der harte, weissliche Stein (Scheibe, H), wie es im Lande viele giebt, misst 3' 8" im Durchmesser bei 1' 8" Dicke, er ist aber nicht mehr ganz rund, da ein Sehnenabschnitt gerade an der Stelle abgeschlagen ist, wo er vor den Eingang gerathen war. Er stak ganz im Schutt; allein mein Gewährsmann grub auf, um Alles deutlich sehen und richtig messen zu können. Offenbar sei der Stein oben, wo der Gang für ihn in einer Länge von etwa 5' offen stehe, hinabgelassen worden. Nicht mehr vorhanden ist ein Deckel von einer Steinplatte (I), wohl aber oben an der südlichen Felswandung, sowie am nördlichen und östlichen (westlichen?) Rande des Einganges ein Falz, in welchen jener, und zwar ein grosser, gefasst haben muss. Von einer Rollscheibe haben wir aus dem sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderte verschiedene Nachrichten, keine einzige Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1857, Heft I.

deutliche aber von einem ins Knie gebrochenen Nebengange, der zum Scheibengange führe. Wenn auch in unseren Tagen ein mit älteren Beschreibungen übereinstimmender Läufer aufgefunden worden ist, so unterliegt es gleichwohl keinem Zweifel, dass die heutigen Gräber der Könige mit denjenigen, die vom, freilich etwas unzuverlässigen, Bernardino Amico, mehr oder minder im Einklange mit andern Autoren (etwa 40 Grabkämmerlein, wovon die einen je drei Gräber enthalten, werden angegeben) geschildert und im Grunde gerissen sind, keinenfalls identifizirt werden dürfen. Nachgrabungen müssen Schöneres und Grösseres, als die heute gezeigten Gräber der Könige darbieten, erst wieder aufdecken.

2. Die St. Anna-Kirche in Jerusalem. Es verbreitet sich die erfreuliche Kunde, dass der Padischah in Konstantinopel dem nunmehrigen Kaiser der Franzosen die St. Anna-Kirche in Jerusalem zum Geschenke machte. Schon längst sehnten sich die Christen, insbesondere die Lateinischen nach dem Wiederbesitze dieser Kirche. So haben sie namentlich im Jahre 1698 zu dem Ende Schritte gethan. Auch ehe die Anglikaner vor anderthalb Jahrzehnden den Bau ihrer Christus-Kirche begannen, bestrebten sie sich, die Anna-Kirche sich anzueignen und dem Christlichen Kult wieder zu eröffnen; allein die Mohammedaner wollten dazu nicht einwilligen. Die Lage des Anna-Tempels gerade nördlich ziemlich nahe gegenüber der grossen Moschee (Kubbet es - Sachrah), gar günstig zum Belauschen des Moslemischen Heiligthums, mochte hauptsächlich die Türkischen Gewalthaber in ihrem Bescheide leiten.

Die Geschichte der Anna-Kirche reicht über ein Jahrtausend zurück. Genauere Nachrichten wurden aber erst zur Zeit der Kreuzfahrer überliefert. Nach der Tradition wohnte hier, wo sich der Tempel erhob, mit ihrem Manne die heil. Anna und gebar Maria, die Mutter unseres Heilandes. In der grossen Kirche war ein Stück Legende durch Gemälde veranschaulicht. Daneben lebten nach der Regel des heil. Benedikt Frauen in einem Kloster, das immer mehr in Aufnahme kam, nachdem der König Balduin I. seine Gemahlin in dasselbe geschickt und unter den Schleier gezwungen hatte. Vor dem siegreichen Schwerte Salâh edDin's mussten dann im Jahre 1187 die Nonnen weichen, und von da an hiess das St. Anna-Kloster bei den Arabern nach dem Bezwinger Jerusalems Salahieh; es wurde im Jahre 1192 in eine Schule dieses Namens für Fakîre aus der Sekte der Schâfiten und die Kirche in eine Moschee verwandelt. Beide hatten jedoch nicht sehr lange Bestand. Es lässt sich übrigens nicht ermitteln, ob die Abtei im fünfzehnten Jahrhunderte gesellschaftsweise noch bewohnt war; sicher dagegen ist, dass die Moschee als solche nur bis zum achtzehnten Jahrhunderte diente.

Der Christ, welcher den Schicksalen der Kreuzfahrer Aufmerksamkeit schenkt, wird, wenn er durch das Josaphats- oder das Stephans-Thor in die Stadt Jerusalem tritt, sein Augenmerk einem einsamen, auf der Ostseite an Schutt hoch hinan gelehnten Gebäude zuwenden. Es ist St. Anna, von dem heute noch genug vorhanden ist, um einen bleibenden Eindruck zu machen. Allein das Kloster selbst, südlich neben der Kirche, das bis nahe an den sogenannten Bethesda-Teich sich erstreckte, suche man nicht mehr. Da grollt nur ein Wirrsal von Trümmern, unter denen man noch Zellen aufdecken wird, und in der Mitte des Klosterhofes eine Zisterne, wenn auch nicht den berühmten Brunnen, welchen zur Zeit der Kreuzfahrer die Pilgrime besuchten, eher noch in nordwestlicher Nähe den von jenen entdeckten Teich (piscina). Dafür steht doch noch der Tempel der Wallbrüder da, aber freilich nicht mehr in seiner Unversehrtheit, nicht mehr mit Kreuz und Glocke, hingegen mit der fremden Zugabe von MinaretStümpfen. Der Tempel hat eine Basilika-Form, sein Dach zieht sich, ehe es in die Kuppel endet, der ganzen Länge nach von Ost nach West in zwei Absätze zusammen. Die dreischiffige Anlage des Innern sieht man, wie bei allen mustergültigen Domen des Mittelalters, auch aussen an der Vorder- oder Westseite klar und organisch ausgesprochen durch vier Strebepfeiler, welche ihre Fläche in drei Partieen mit den drei spitzbogigen Portalen ordnen. Leider versagte mir das Schicksal, das Innere zu betreten, und da ich doch genauere Kenntniss von dem heutigen Befunde wünschte, so nahm sich, auf mein Ansuchen, erst in diesem Jahre (1856) ein freundlicher Mann in Jerusalem die Mühe, Kirche und Gruft zu besuchen, zu beschreiben und die Beschreibung mit einem Plane zu begleiten, den ich als einen vorläufigen bezeichne, auch wie er hier wiedergegeben ist. Man wird an dieser Darstellung, die, was

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Wissbegierde völlig zu befriedigen. Die Kirche, aus mörtelfreien, gerne 1' messenden Quadersteinen erbaut, hat von West nach Ost eine Länge von 40 Schritten bis zu den drei Altar-Nischen und eine Breite von 27 Schritten, den Schritt zu etwa stark 2′ gerechnet. Zwei Reihen von je vier Pfeilern, darunter zwei Halbpfeiler rechts und links an der Hochaltar-Nische (A), stützen die Dachung und theilen den Raum in drei Schiffe, wovon die Seitenschiffe vom ersten im Osten frei stehenden Pfeilerpaare an bis zur westlichen Wandung niedriger sind, während das Mittelschiff an Höhe dem in seiner ganzen Breite von Süd nach Nord gleich hohen Chore (B), ohne seine höhere Kuppel, gleichkommt. Alles ist gewölbt und der Boden einfach mit viereckigen Steinplatten besetzt. Licht empfängt das Chor von Fenstern der Laterne (C) und das Schiff von Fenstern der Süd- und Nordseite des schmälern und höhern Mittelbau's, sowie von Fenstern über den drei Portalen oder dem nunmehr verschlossenen Haupteingange (D); denn ein kleinerer, aber der gewöhnliche Eingang findet sich auf der Südseite (E). Das Chor trennt von der mittlern oder grossen Altar-Nische (A) eine mehr als mannshohe Mauerwand mit einer Thüre in der Mitte. Am südlichen Halbpfeiler und zwar über der Höhe der Scheidewand sieht man noch Spuren von Fresken und erkennt ganz deutlich wenigstens noch den Umriss von zwei Menschenköpfen und den Heiligenschein, und gegenüber am nördlichen Halbpfeiler gewahrt man ebenfalls, aber undeutlicher, Spuren von Fresko-Gemälden. Die Pfeiler sind übrigens nur paarweise von gleicher Grösse und Gestalt, die meisten eine rohe Arbeit, das mittlere frei aufragende Paar technisch am vollendetsten. Da, wo der Bogen beginnt, zeigt sich jedesmal am äussersten Talus eine Art Kapitäler, es sind aber nicht zwei einander gleich. Einige haben Blätter, andere Schnörkel, noch andere nur Striche oder Punkte. Am südlichen Halbpfeiler sicht man über der Figur statt des Kapitäles einen stark herausragenden, deutlich erkennbaren Ochsenkopf, am andern Halbpfeiler gegenüber einen Adler. Als Moslemische Zugabe aus späterer Zeit bezeichnet man mitten in der Südwand der Kirche die von zwei niedrigen Säulen flankirte GebetsNische (F) mit einer wohl längst erloschenen Lampe und in der Südwest-Ecke ein Minaret mit einer Wendeltreppe (G), die auf das Dach führt. An der Nordwand des Chors erblickt man den nackten röthlichen Felsen als Unterlage der Mauer und westlich daneben ein tiefes Loch, etwa eine Zisterne oder eine Lichtöffnung für die unterirdische Abtheilung der Kirche oder für die Krypte. Der Eingang (H) in diese findet sich etwa in der Mitte West-Ost, etwa fünf Schritte von der südlichen Kirchenwand. Nördlich daneben ist ein Fenster, sowie an jener ein schiefes Loch (I),

durch welches ich von aussen in ein Gewölbe hinabschauen konnte, zur Erhellung des unterirdischen Bau's angebracht, der auf unserm Plan in ungefährer Weise mit punktirten Linien angedeutet ist (K), der jedoch möglicher Weise unter die Altar-Nischen sich hindehnt. Die Höhle besteht aus röthlichem Kalkfelsen, wo aber die punktirte Linie doppelt ist, aus Mauerwerk, und bildet gleichsam zwei Kämmerlein. Weiter gegen Osten ist dieselbe dunkel, ganz roh ausgehauen, ohne geebnete Wandungen. Unten bei der Treppe, auf der man hinabsteigt, bemerkt man an der Wand eine kleine Nische und eine ähnliche in der

Kirche neben der Eingangsthüre der Krypte. An einer Stelle gegen Mitternacht, wo der Fels oder die Mauer übertüncht erscheint, schaut eine menschliche Figur noch freundlich herunter, und die Wand daneben, sowie die Decke sind mit röthlichen grössern Sternen geschmückt.

Man mag nur wünschen, dass die angeblich wieder in den Besitz der Christen übergegangene und eben jetzt besonders unser Interesse in Anspruch nehmende Kirche mit Schonung und Einsicht, indem man in die Idee des alten Baumeisters gründlich eingeht, restaurirt werde.

DER GROSSE OCEAN,

EINE PHYSIKALISCH-GEOGRAPHISCHE SKIZZE.

Von A. Petermann.

(Mit einer Karte, siehe Tafel 1.)

Zustand der geographischen Kenntniss des Grossen Oceans und seiner Insel - Gruppen im Jahre 1857. Der Grosse Ocean, herkömmlicher, aber unberechtigter Weise auch „Stilles Meer" genannt, drängt sich als Schauplatz grossartiger, gewaltiger Ereignisse mehr und mehr in den Vordergrund unserer Zeit. Der Grosse Ocean mit seinem Litoral wird dereinst allem Anscheine nach der Haupt-Tummelplatz sich einander berührender Thätigkeit und Interessen der herrschenden Völker unseres Planeten werden. Engländer und Amerikaner, Franzosen und Russen, Chinesen und Japanesen stehen, wie die Haupt- Figuren auf einem grossen Schachbret, neben einander oder gegenüber, um eine jede die ihrer Eigenschaft und Machtstellung entsprechenden Züge zu thun. Die Thatkraft und Industrie unseres Jahrhunderts bietet in der Dampf-Schifffahrt das Haupt-Mittel, um von einem Punkte zum andern zu rücken, und der elektrische Faden, von Europa östlich und westlich entlang gleitend, wird bald das Litoral dieses Beckens doppelt umschliessen, um der übrigen Welt von den noch bevorstehenden Ereignissen augenblickliche Kunde zu geben.

Eine kartographische Darstellung des Grossen Oceans wird desshalb in unserem Journal zeitgemäss und unseren geehrten Lesern nicht unwillkommen sein. Wir haben sie (Tafel 1) in der Projektion eines Planigloben gezeichnet, die eine viel richtigere Vorstellung von Form und Ausdehnung giebt, als eine Mercator's-Karte, welche z. B. die Entfernung zwischen dem Kap Horn und Australien beinahe noch einmal so gross angiebt, als sie in Wirklichkeit ist. Unsere Karte ist eine genaue Reduktion der theilweise

noch unpublizirten grossen, von der Englischen Admiralität herausgegebenen Karte dieses Meeres in zwölf Blättern Adler - Format und in einem 6 bis 15 mal grössern Maassstabe als die unsrige. Die Englische, auf Veranlassung und unter der Leitung des Kapitäns J. Washington, des jetzigen Chefs des Hydrographischen Departements der Britischen Admiralität in London, ausgeführte Karte, ist eine der verdienstvollsten und für die allgemeine Geographie des Erdballs wichtigsten kartographischen Leistungen, die aus dieser ungemein thätigen Offizin hervorgegangen sind. Im Westen bis 1100 Östl. Länge von Greenwich oder zu den westlichen Gestaden Borneo's, im Osten bis 58° Westl. Länge oder bis zu den Falkland - Inseln und New-Foundland, im Norden bis 6640 Nördl. Br. oder über die Behring - Strasse hinaus, im Süden bis 65o Südl. Br. oder bis an die Wilkes'schen Eisränder reichend, umfasst diese Karte beinahe die Hälfte der Erde und stellt das Litoral und die ganze Inselwelt dieses Raumes dar, wie sie im Lichte der Gegenwart und nach den zuver

lässigsten wir möchten sagen offiziellen Angaben

bekannt sind. Denn bei weitem der grösste Theil dieses Karten-Werkes stützt sich auf Englische Aufnahmen, die vom Hydrographischen Amt dirigirt wurden und die immer noch im Gange sind, während die von fremden Aufnahmen entnommenen Data in demselben Amt, welches zugleich die reichste Seekarten-Sammlung der Welt besitzt, ám zuverlässigsten mit den eigenen Arbeiten in Verbindung gebracht werden konnten.

Wenn jedoch diese Karte zahlreiche Irrthümer und

Mängel, wie sie auf allen bisherigen Karten dieses Theiles der Erde enthalten sind, nicht trägt, so ist sie demunerachtet nicht frei davon. Denn so oft auch das Grosse Meer befahren und durchforscht worden ist, so fehlt noch viel, um eine ähnliche genaue und umfassende Kenntniss von demselben und seinen Insel-Gruppen zu besitzen, als vom Atlantischen Occan. Fast alle Schiffe steuern einen und denselben Haupt- Kurs, wie ihre Vorgänger, und berühren desshalb Punkte, die schon längst genau bekannt sind, während die weniger bekannten selten besucht werden. Expeditionen aber, die, wie jene von Cook und in neuerer Zeit die von Wilkes, nicht bloss von einem Ende zum andern durchsegeln, sondern Monate und Jahre hindurch die weniger oder gar nicht besuchten Theile nach allen Richtungen hin durchkreuzen, kommen nur selten vor. Zwar haben die zahlreichen Amerikanischen Walfischfänger in den letzten Jahrzehnden wohl kaum einen Bezirk unberührt gelassen und viele hundert Kurse ihrer und anderer Amerikanischen Schiffe sind durch die energische Thätigkeit des Amerikanischen Hydrographen Lieutenant Maury niedergelegt, aber trotz alledem sind zahlreiche Inseln des Grossen Meeres noch zweifelhaft oder ihre Position nicht genau bestimmt.

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Wir finden auf der besagten Englischen Karte inmitten des Grossen Oceans - die Insel-Gruppen längs des Festlandes ganz ausgeschlossen nicht weniger als 104 Inseln, Riffe oder Bänke als zweifelhaft mit einem ? angegeben, während von 20 die Position als zweifelhaft bezeichnet steht. Wir haben jene Punkte auf unserer Karte mit feiner Schrift, diese mit einem unterschieden.

Es giebt also in unserm Weltmeere für nautische Expeditionen wie die bevorstehende Österreichische in der ,,Novara" selbst noch zahlreiche positive Entdeckungen zu machen oder Positionen festzustellen, ehe man seine Zuflucht zu Beobachtungen untergeordneter Art zu nehmen braucht.

Auch Winde, Strömungen und andere physikalischgeographische Phänomene sind viel unvollkommener im Grossen Ocean bekannt als im Atlantischen Meere. TiefenMessungen zumal sind, ausser in den Binnen-Meeren und in der Nähe des Festlandes, fast noch gar nicht vorgenommen worden. Der erste uns bekannte Versuch einer beträchtlichern Tiefen - Messung im Äquatorialen Theile des Grossen Oceans ist der des Englischen Kapitäns Denham mit 1120 Faden, wie im Folgenden näher angege

ben ist.

NEUERE FORSCHUNGEN IM GROSSEN OCEAN. Denham's Aufnahmen im südwestlichen Grossen Ocean, 1853-1856. Im südwestlichen Theil des Grossen

Oceans ist Kapitän Denham, Kommandant des „Herald", scit 1853 thätig, die bisher ungenau bekannten Inseln, Riffe, Bänke u. s. w. sorgfältig aufzunehmen, die Tiefe des Meeres an wichtigen Punkten zu messen, die Fluthzeiten und die magnetische Variation zu bestimmen 1).

Im Jahre 1853 untersuchte er die zwischen der OstKüste Australiens und der Norfolk-Insel belegene Lord Howe - Insel mit der Balls - Pyramide, das Middleton - Riff, die bei Neu-Caledonien gelegenen Island of Pines (FichtenInsel) und Barrier - Riff, mehrere Inseln der Neuen Hebriden, wie Futuna (Erronan), Annatom, Matthew, Hunter und die Mari-Insel in der Gruppe der Loyalty - Inseln. Mehrere Inseln und Bänke, welche auf den Karten angegeben sind, konnten trotz der sorgfältigsten Nachforschung nicht aufgefunden werden und existiren daher sicher nicht. So eine Insel unter 26° 11' Südl. Br. und 160° 52′ 38′′ Östl. L. von Paris, ein Riff unter 23° 49' S. Br. und 1610 51′ 38" Östl. L. und die sogenannte La Brilliante - Bank unter 230 14' S. Br. und 168° 34' 38" Östl. L.

Im folgenden Jahre begab er sich nach der KermadecGruppe. Auf dem Wege dahin überzeugte er sich, dass zwei Riffe, die auf bisherigen Karten unter 31° 27′ S. Br. und 175° 40′ Östl. L. von Paris und unter 30° 25′ S. Br. und 1760 48' Östl. L. angegeben sind, nicht existiren; an dem erstern Orte fand er bei 852 Faden, an dem letztern bei 930 Faden keinen Grund. Von den Kermadec- Inseln wurde die nördlichste, Sunday- oder RaoulInsel, astronomisch bestimmt. Zwei Inseln, die in 280 30' S. Br. und 179° 10′ 22" Westl. L. von Paris und in 28o 14' S. Br. und 179o 26′ 38′′ Östl. L. von Paris liegen sollen, existiren nicht, ebenso wenig die Vasquez-Insel im Nordosten der Kermadec-Gruppe. Auch ein in 26° 2' S. Br. und 179° 20′ 22" Westl. L. von Paris angegebenes Riff konnte nicht aufgefunden werden; bei 400 Faden erreichte an dieser Stelle das Senkblei den Grund nicht. Das Minerva - Riff, welches auf früheren Karten als eine Gruppe zahlreicher Riffe zwischen 23° 30′ und 24o S. Br. und 1790 40' und 177° 40' Westl. L. von Paris dargestellt wurde, reduzirte sich durch Denham's Beobachtungen auf zwei Riffe, zwischen denen die Meerestiefe 967 Faden beträgt. Beide Riffe gehören zu den sogenannten Atolls. Das nördliche ist 32 Engl. Meilen lang und 3 Engl. Meilen breit, das südliche 2 Meilen lang, 11⁄2 Meile breit.

Von der Umgebung der Kermadec-Gruppe ging Denham nach den Fidschi - Inseln über und bestimmte hier ebenfalls mehrere Inseln und Riffe. Zwischen der Insel An

1) Das Folgende entnehmen wir hauptsächlich zweien an Kapitän Washington gerichteten und von diesem veröffentlichten Schreiben Denham's vom 14. Mai und 16. Juni 1856.

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